Immer öfter wird bei der Klimatisierung von Lagerhallen, Tankstellen, Bürokomplexen und Restaurants Rooftop-Einheiten der Vorzug gegenüber herkömmlichen RLT-Geräten gegeben. Ausführungen als Wärmepumpengeräte sind hier bereits Standard. Doch wo genau sind die Unterschiede zu herkömmlichen RLT-Geräten und wo findet eine Abgrenzung statt?
Der Artikel kompakt zusammengefasst
■ Rooftop-Einheiten können eine interessante Alternative zu RLT-Geräten sein, wenn mit ihnen die kundenseitigen Anforderungen erfüllt werden können. Gerade bei der Klimatisierung großer Lagerhallen haben die Plug-and-play-Lösungen ihre Berechtigung gefunden.
■ Besonders die vollständige Fertigung im Werk mit Probelauf und Abstimmung der „Gewerke“ Lüftung, Wärmepumpe und Regelung sind vorteilhaft. Dadurch wird eine Einsparung bei der Montage und Inbetriebnahme auf der Baustelle erreicht.
■ Für die projektspezifisch optimale Entscheidung sollten die Konzepte Rooftop-Einheit und RLT-Gerät zunächst gegenübergestellt werden. Pauschale Bewertungen sind nicht möglich.
Bei einer Rooftop-Unit (RTU) handelt es sich um ein kompaktes Lüftungsgerät mit Heiz- oder Kühlfunktion. Die Installation erfolgt (entsprechend der Namensgebung) normalerweise auf dem Dach von Gebäuden (Bild 1), sie kann aber auch ebenerdig, z. B. auf einer Bodenplatte, aufgestellt werden. Zunehmend werden diese Geräte auch im Mietgeschäft eingesetzt.
(Bild 2) zeigt den typischen Geräteaufbau einer Rooftop-Einheit. Hieraus wird ersichtlich, dass die umschaltbare Luft/Luft-Wärmepumpe direkt mit den Sektionen Luftbehandlung, Abluft und Wärmerückgewinnung fest auf einem Grundrahmen zu einer Einheit verbunden ist. Es sind auch Sole- bzw. Wasser/Luft-Wärmepumpenausführungen verfügbar, jedoch dominiert die Anwendung mit Luft als Rückkühlmedium aufgrund der größeren Unabhängigkeit und Flexibilität bei der Außenaufstellung.
Da bei einer Rooftop-Einheit alle Sektionen fertig auf einem Grundrahmen montiert sind, gibt es natürliche Begrenzungen. Die maximale Baugröße liegt derzeit ungefähr bei einer Luftleistung von 50 000 m3/h, einer Kälte- bzw. Heizleistung von 270 kW, als externe Luftpressung können 1000 Pa erzielt werden. Aufgrund der begrenzten maximalen Luftgeschwindigkeiten im Gerät sowie der Limitierung der Gehäusebaugröße für den Transport mit einem Standard-Lkw sind auch in Zukunft keine signifikanten Luftmengenerhöhungen zu erwarten.
Funktionsprinzip
Das Funktionsprinzip mit Rotations-Wärmeübertrager für den Winterfall zeigt (Bild 3). Bei 100 % Umluft (RCA) ist der Rotations-Wärmeübertrager aus, die Zuluft (SUP) wird durch die Wärmepumpe von 20 °C auf 23 °C erwärmt.
Bei 50 % Umluft (RCA) und 50 % Außenluft (ODA) ist die WRG in Betrieb und erwärmt ODA von − 10 °C auf + 10 °C. Durch die Mischung mit der 20 °C warmen Abluft (ETA) entsteht eine Mischlufttemperatur von 15 °C. Durch die Wärmepumpe wird diese auf 23 °C Zuluft (SUP) erwärmt.
Bei 100 % Außenluft (ODA) wird die Außenluft von − 10 °C auf + 8 °C erwärmt. Durch die Wärmepumpe erfolgt dann eine Erwärmung auf 23 °C Zulufttemperatur.
(Bild 4) verdeutlicht den Sommerfall. Auch hier ist bei 100 % Umluft (RCA) der Rotations-Wärmeübertrager logischerweise aus, die Zuluft (SUP) wird durch die Kältemaschine um 5 K auf 18 °C abgekühlt.
Bei 50 % Umluft (RCA) und 50 % Außenluft (ODA) ist der Rotations-Wärmeübertrager in Betrieb und kühlt die Außenluft (ODA) von 35 °C auf 25 °C ab, die restliche Kühlung auf 18 °C Zuluft (SUP) wird durch die integrierte Kältemaschine erbracht.
Bei 100 % Außenluft wird die Außenluft über die Wärmerückgewinnung (bzw. in diesem Fall Kälterückgewinnung) auf 27 °C abgekühlt, durch die Kältemaschine erfolgt dann die weitere Abkühlung auf 18 °C Zulufttemperatur.
Abhängig von der Verdampfungstemperatur kann in diesem Fall die Entfeuchtung beeinflusst werden. Um eine ausreichende Temperatur- und Feuchteregelung zu erreichen, wird der Einsatz von drehzahlgeregelten Scrollverdichtern sowie Multiverdichter-Anwendungen empfohlen.
Wo erfolgt die Abgrenzung zwischen Rooftop-Einheiten und RLT Geräten?
Eine Abgrenzung zwischen Rooftop-Einheiten und RLT Geräten kann auf Basis der ErP(Ökodesign)-Richtlinie 2009/125/EG erfolgen. Sie legt Rahmenbedingungen für energieverbrauchende Geräte (mit einer bestimmten Marktrelevanz) fest und ist für alle in der Europäischen Union verkauften und verwendeten Produkte verbindlich.
Die Bestimmungen, die sich aus der Ökodesign-Richtlinie ergeben, legen für jede Produktfamilie Mindestwirkungsgrade fest, siehe (Bild 5). Die Einhaltung der jeweils relevanten Verordnung ist Grundlage der Berechtigung zur CE-Kennzeichnung und somit Voraussetzung zum Inverkehrbringen der Geräte.
Zur Abgrenzung zwischen Rooftop-Einheit und RLT-Gerät sind unter anderem die nachstehenden Umsetzungsverordnungen der Ökodesign-Richtlinie zu berücksichtigen:
● EU 2016/2281 für Rooftops / Roomtops, Komfort-Kaltwassersätze (Kühlen) und Hochtemperaturkühler
● EU 1253/2014 für Lüftungsgeräte
Jedes Produkt kann nur unter eine Verordnung fallen. Interpretationsbedürftig scheint die Zuordnung der Rooftops zwischen der Verordnung EU 1253/2014 für Lüftungsgeräte und der Verordnung EU 2016/2281 zu sein, da es sich bei einem Rooftop um ein integriertes Gerät mit mehreren Funktionen handelt. Allerdings werden in der Verordnung EU 1253/2014 in Artikel 1 „Gegenstand und Geltungsbereich“ Luftbehandlungsgeräte mit Wärmepumpenfunktion ausgeschlossen. Hier heißt es wörtlich:
„(2) Diese Verordnung gilt nicht für Lüftungsanlagen, die […] g) einen Wärmetauscher und eine Wärmepumpe zur Wärmegewinnung beinhalten oder eine Wärmeübertragung oder -entnahme über die des Wärmerückgewinnungssystems hinaus ermöglichen, mit Ausnahme der Wärmeübertragung zum Frostschutz oder zum Abtauen;“.
Die Frage, welche Lüftungsanlagen in den Geltungsbereich der EU-Verordnung 1253/2014 fallen oder nicht, wurde im Dokument „EVIA / Eurovent Leitfaden zu Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung von Lüftungsanlagen“ mit folgender Begründung nochmals geklärt:
„Kern der Verordnung ist die Spezifikation der Lüftungsfunktion einer Anlage. Stellt die Anlage zusätzliche Funktionen in Kombination mit Wärmepumpen oder durch Verwendung von Rezirkulations- oder Sekundärluft zur Verfügung, ist Lüftung möglicherweise nicht die Hauptfunktion.“ Es wird des Weiteren auf eine Tabelle mit 16 Punkten verwiesen, von denen die ersten sechs in (Bild 6) wiedergegeben sind.
Somit fallen Rooftops nicht unter diese Verordnung, sondern sind – da sie einen Wärme- und Kälteerzeuger beinhalten (Wärmepumpe) – konsequenterweise in der Verordnung EU 2016/2281 geregelt. Hier sind im Anhang I die folgenden Begriffsbestimmungen zu finden:
„38. „Rooftop-Wärmepumpe“ bezeichnet eine von einem elektrischen Kompressor angetriebene Luft-Luft-Wärmepumpe, deren Verdampfer, Verdichter und Kondensator in ein gemeinsames Gehäuse integriert sind;“ sowie
„44. „Rooftop-Raumklimagerät“ bezeichnet ein mit einem elektrischen Verdichter betriebenes Luft-Luft-Raumklimagerät, dessen Verdampfer, Verdichter und Kondensator in ein gemeinsames Gehäuse integriert sind;“.
Eine Möglichkeit, um bestimmen zu können, ob ein Gerät unter die EU-Verordnung 1253/2014 für Lüftungsgeräte fällt, haben EVIA (European Ventilation Industry Association) und Eurovent zusammen einen Entscheidungsbaum entwickelt. Das gesamte Dokument kann im „Mitgliederbereich Klimatechnik“ des Autors im Bereich Rooftop auf www.tga-lars-keller.de eingesehen werden.
Rooftop-Einheit im Vergleich zum Lüftungsgerät: Vor- und Nachteile
Wie bereits festgestellt, erfüllen auf den ersten Blick beide Gerätebauarten die Bedingungen für die Belüftung und Klimatisierung von Gebäuden. Im Detail bestehen aber signifikante Unterschiede, die je nach Anwendung und Anforderung den Einsatz von entweder Rooftops oder Lüftungsgeräten rechtfertigen. Nachfolgend werden die beiden Geräteformen anhand wichtiger Punkte miteinander verglichen.
Flexibilität
Rooftop-Einheiten sind seriengefertigte, zertifizierte Produkte mit einer hohen Fertigungsqualität, Modularität und Standardisierung. Die Einheit wird im Werk einem Testlauf unterzogen, es findet eine gleichzeitige Prüfung der Sektionen Kältemaschine, Luftbehandlung, Abluft, Wärmerückgewinnung und Regelung statt.
Abhängig vom Hersteller sind viele Optionen verfügbar (z. B. Wasserregister, Gasbrenner, Elektroheizung), Luftvolumenströme bis ca. 50 000 m3/h bei maximal 1000 Pa externer Pressung werden erreicht, Kälte- bzw. Heizleistung bis ca. 270 kW sind möglich.
Jedoch ist hier nicht die gleiche Flexibilität sowie Individualisierung wie bei Lüftungsgeräten möglich, wo explizit auf Kundenwünsche- und Anforderungen tiefer eingegangen werden kann (Abmessungen, Schallanforderungen, Schaltschrankbau nach Werksnorm usw.).
Eine Entfeuchtung ist systembedingt nur in den Einsatzgrenzen des Kälteprozesses möglich. Hingegen muss (soweit gefordert) eine Befeuchtung im Allgemeinen über einen externen Befeuchter erfolgen. Dies gilt auch für eine Fettabscheidung und eine Geruchsneutralisation, die ebenfalls über weitere Komponenten im Kanalnetz realisiert werden müssen. Generell ist eine Abluftreinigung im industriellen Umfeld nur begrenzt möglich (Ölnebel-Abscheidung u. ä.). Hygieneausführungen für Krankenhausanwendungen mit Erfüllung der VDI 6022 sind mit Rooftop-Einheiten nicht möglich.
Effizienz
Bezüglich der Effizienz ist bei Rooftop-Einheiten positiv zu bewerten, dass die Kälteerzeugung als unabhängiges Modul auf dem Grundrahmen montiert ist. Die Kompressionskälte- und -wärmeerzeugung führt somit nicht zu luftseitigen Druckverlusten, die durch stärkere Ventilatoren kompensiert werden müssen, wie das z. B. bei im Zusammenhang mit Lüftungsgeräten installierten Lösungen in der Regel der der Fall ist.
Durch die Direktverdampfung und -kondensation sind kein weiterer Wärmeübergang (wie bei wasserbeaufschlagten Registern) und keine Pumpen notwendig, Verteilverluste entfallen vollkommen. Effizienzkennzahlen geben Auskunft über das gesamte System. Somit haben in diesem Punkt Rooftop-Einheiten ihre Stärke.
Lüftungsgeräte haben bei der Wahl und Auslegung der Wärmerückgewinnung, bei der Verschaltung sowie bei der Möglichkeit der indirekten adiabatischen und sorptionsgestützten Kühlung mehr Möglichkeiten, die Effizienz positiv zu beeinflussen. Eine pauschale Aussage, welche Bauart effizienter ist, und ein allgemeingültiger Vergleich der Betriebskosten können somit nicht vorgenommen werden.
Montage und Inbetriebnahme
Da Rooftop-Einheiten standardisierte Geräte sind, ist der Planungsprozess sowohl durch vorhandene Dokumente und Daten im klassischen DWG-Format als auch durch die Möglichkeit zur Nutzung BIM-fähiger Software vereinfacht. Schnittstellen mit beteiligten Gewerken reduzieren sich, Abmessungen und Gewicht sind in der Regel geringer als bei Lüftungsgeräten.
RTU werden als eine Komponente geliefert; hierdurch wird die Montage deutlich vereinfacht und beschleunigt. Sofern gewünscht, kann ein sogenannter Roofcurb oder Dachrahmen mit- oder vorab geliefert werden, der lediglich positioniert und ausgerichtet werden muss, wodurch sich die Montagezeit verkürzt.
Aufgrund des Werksprobelaufs und des stimmigen Standardkonzepts verkürzt sich die Inbetriebnahme im Vergleich zu einem Lüftungsgerät. Es ist weniger Kältemittel erforderlich und der Fertigungsstandard ist höher als bei einer Kälteverrohrung auf der Baustelle. Die Wartung kann von einem Servicetechniker des Herstellers durchgeführt werden. Das spricht für die RTU. Aufgrund der kompakten Bauweise können je nach Maschinenkonfiguration reduzierte Wartungsfreiräume vorzufinden sein.
Durch die kompakte Bauweise, die Vorkonfiguration und die dadurch mögliche schnelle Inbetriebnahme haben Rooftop-Einheiten in den letzten Jahren auf dem Mietmarkt oftmals den Vorzug gegenüber luftgekühlten Kaltwassersätzen in Kombination mit Lüftungsgeräten erhalten. Eine Rooftop-Ausführung ist fast nur noch als Wärmepumpe erhältlich, reine Kälte-Ausführungen verlieren aufgrund höherer Kosten bei Lagervorhaltung und Zertifizierung immer mehr an Bedeutung. Der Einsatz einer ohnehin vorhandenen Wärmepumpen-Funktion ist somit besonders in den Übergangszeiten Frühling und Herbst vorteilhaft.
Investitionskosten
Aufgrund der Serienfertigung und der kompakten Bauweise mit geringerem Material-aufwand kann man bei Rooftop-Einheiten von um 30 bis 50 % geringeren Investitionskosten gegenüber Lüftungsanlagen ausgehen. Werden die Projekt- und Kundenanforderungen durch eine Rooftop-Einheit erfüllt, ist dies bezüglicher der Investition die deutlich kostengünstigere Variante. Aussagen zu den Betriebskosten sind immer projektspezifisch zu ermitteln und pauschal nicht möglich. Allgemein lässt sich aber für beide Gerätebauarten festhalten, dass bei einer hohen Betriebsstundenzahl der größte Teil der Lebenszykluskosten in der Betriebsphase anfällt.
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