Die Honorartafelwerte der HOAI sind stark veraltet. Im Leistungsbild Technische Ausrüstung ist die Unterdeckung besonders hoch. Wer mit den Tafelwerten kalkuliert, muss auslagern, ausbeuten oder Leistungen unterschlagen.
„Bei der Bestimmung der Honorartafeln zur Honorarorientierung […] ist zur Ermittlung angemessener Honorare den berechtigten Interessen der Ingenieure und Architekten und der zur Zahlung Verpflichteten Rechnung zu tragen.“
Gemessen an dieser Pflicht aus dem Gesetz zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen (ArchLG), das die Bundesregierung zum Erlass einer Honorarordnung für Ingenieur- und Architektenleistungen ermächtigt, hat der Verordnungsgeber auf ganzer Linie versagt:
Berechnungsformel von 2013 weiterentwickelt
Nach einem aktuellen Gutachten sind die Honorartafelwerte der HOAI stark veraltet und müssen deutlich angehoben werden. Das Gutachten wurde im Auftrag des Instituts für Wissen in der Wirtschaft IWW und dem Verband Beratender Ingenieure VBI von Dipl.-Ing. Klaus-Dieter Siemon erarbeitet, der 2013 im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums die aktuelle HOAI mitentwickelt hat.
Für das Gutachten wurde die Berechnungsformel von 2013 weiterentwickelt und durch weitere Einflussfaktoren ergänzt. Zudem wurden Planungsbüros zu Rationalisierungseffekten, Mehr- und Minderaufwänden sowie Kostenentwicklungen der letzten acht Jahre befragt. In den sechs untersuchten Leistungsbildern wurden die Ergebnisse nach kleineren und größeren Projekten unterschieden. Der Steigerungsbedarf wurde detailliert nach der Höhe der anrechenbaren Kosten in den einzelnen Honorarzonen ermittelt.
Großes Defizit im Leistungsbild Technische Ausrüstung
Günter Göbel, IWW-Chefredakteur: „Es zeigt sich, wie wichtig die Beauftragung des Gutachtens war. Es konnte nachgewiesen werden, dass die HOAI-Tafelwerte stark veraltet sind und weder die Kostensteigerungen der letzten Jahre noch die gestiegenen Anforderungen für Ingenieure und Architekten abgebildet werden. Nun haben sie für eine realistische Honorarermittlung validere Werte.“
Im Leistungsbild Technische Ausrüstung wurde für ein Objekt mit 1,0 Mio. Euro anrechenbaren Kosten und der Honorarzone II eine erforderliche Steigerung von 26,7 % ermittelt. Für ein typisches Objekt im Leistungsbild Gebäude beträgt die erforderliche Steigerung 24,5 %, bei der Tragwerksplanung sind es 17,6 %.
Kein Zusammenhang: Baukostensteigerungen und steigende Bürokosten
Im Gutachten wurde auch hinterfragt, ob eine Steigerung der Baukosten die gestiegenen Aufwendungen bei den Planungsbüros ausgleichen kann oder nicht. Die eindeutige Antwort ist, dass Baukostensteigerungen in keinem Zusammenhang mit den Steigerungen bei den Bürokosten und bei dem Mehraufwand stehen. Auch inhaltlich bzw. kalkulatorisch bestehen hier keine rechnerischen Zusammenhänge.
Mit dem Gutachten können auch Fragen der Angemessenheit der Honorare bei öffentlichen Vergabeverfahren gewürdigt werden. Wichtiger ist es aber, dass die Bundesregierung endlich handelt und die Orientierungswerte in der HOAI an ein dem Leistungssoll angemessenes Honorar anpasst. Mit den aktuellen Orientierungswerten ist die HOAI eine Anleitung zum Honorar-Dumping. Und Honorar-Dumping gefährdet die Planungsqualität und verschärft den Ingenieurmangel.
Ohne die Aktualisierung der Orientierungswerte verfallen HOAI-Werte
Im Koalitionsvertrag haben CDU, CSU und SPD die HOAI als „unverzichtbares Instrument zur Sicherung von Bauqualität und Baukultur und Voraussetzung eines fairen Leistungswettbewerbs“ hervorgehoben. Ohne die Aktualisierung der Orientierungswerte, auch wenn sie seit Anfang 2021 unverbindlich sind, werden diese Werte dem Verfall preisgegeben.
Jochen Vorländer
Chefredakteur TGA Fachplaner
vorlaender@tga-fachplaner.de
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