Die Umstellung des deutschen Mietmarkts von Kalt- auf Warmmieten kann den klimafreundlichen Umbau von Mietshäusern fördern, Mieter vor teuren, ineffizienten Modernisierungen schützen und den Hebel der CO2-Bepreisung vergrößern.
Das Dilemma ist hinreichend bekannt und beklagt: Energetisch sinnvolle Investitionen in vermietete Gebäuden unterbleiben, wenn Vermieter langfristig keinen Ertrag aus ihrer Investition erzielen können, während Mieter von der Energieeinsparung profitieren würden. Und die Möglichkeit der Modernisierungsumlage wird von anderen Regelungen geschwächt, eine zumindest wirtschaftliche Gleichstellung gegenüber Vermietern, die keine entsprechenden Investitionen tätigen, ist so nicht gewährleistet.
Nun haben Agora Energiewende und die Uni Kassel einen Vorschlag vorgelegt, wie Klimaschutz mithilfe des Warmmieten-Prinzips auch in deutschen Mietshäusern attraktiv wird. Vorbild ist Schweden, wo seit dem Jahr 2000 eine Kombination aus steigenden CO2-Preisen bei gleichzeitiger Einführung des Warmmieten-Prinzips gilt. Die Emissionen der dortigen Haushalte sind seither um 95 % gesunken.
„Das jetzige System ist überholt und gehört abgeschafft“
Dr. Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende: „Der ab Januar 2021 geltende CO2-Preis auf Erdgas und Heizöl muss durch ein Warmmieten-Konzept ergänzt werden. Nur so können wir Vermietern den Anreiz geben, energetische Sanierungsmaßnahmen vorzunehmen. Das jetzige System, das die Heizkosten an die Mieter weiterreicht und gleichzeitig pauschale Mieterhöhungen nach Sanierungen erlaubt, ist überholt und gehört abgeschafft.“
Im Warmmieten-Modell profitieren Vermieter davon, wenn die Heizkosten dank guter Dämmung, neuer Fenster oder energieeffizienter Wärmeerzeugung sinken. Um es rechtssicher einführen zu können und gleichzeitig Mieter zum sparsamen Heizen zu animieren, schlägt Agora Energiewende eine Variante mit „Temperaturfeedback“ vor.
Vermieter und Mieter vereinbaren dabei eine Raumtemperatur, die der Vermieter während der Wintermonate garantiert. Über eine kalibrierte Messung der Raumtemperatur bei normalem Heizverhalten wird ein Referenzverbrauch ermittelt. Übersteigt der Mieter in einer Heizperiode diesen Verbrauch, zahlt er nach. Spart er beim Heizen, erhält er eine Rückzahlung.
Durch Referenzverbrauch werden die Vermieter geschützt
Wird nun die Wohnung oder die Wärmeerzeugung energetisch saniert, sinkt der Referenzverbrauch, da weniger Energie notwendig ist, um dieselbe Temperatur zu erreichen. Der Preis für die vereinbarte Raumtemperatur bleibt hingegen gleich, der Vermieter profitiert von den gesparten Heizkosten. Durch den Referenzverbrauch mit Rück- und Nachzahlung ist das Energiesparen auch im Interesse der Mieter – die Vermieter werden so vor verschwenderischem Heizverhalten geschützt.
Warmmieten und stetig steigende CO2-Preise auf Brennstoffe sind der Studie zufolge zwei von vier Voraussetzungen für eine erfolgreiche Wärmewende. Zudem schlägt Agora Energiewende für Investitionen, die sich heute noch nicht rechnen, aber das Ziel Klimaneutralität im Jahr 2050 im Blick haben, eine gezielte Förderung vor. Viertes Element sind verpflichtende Sanierungsfahrpläne für alle Gebäude. Das ist kein neues Element, jedoch ist die Planung von Sanierungsmaßnahmen über mehrere Jahre hinweg trotz Förderung bisher nicht in der Breite angekommen.
Nicht nur wegen des Nutzer-Investor-Dilemmas, auch wegen der aktuellen Diskussion über eine schon im Klimapaket vorgedachte begrenzte Umlagefähigkeit der Kosten der CO2-Bepreisung, ist das Warmmieten-Prinzip mit Temperaturfeedback ein echter Missing Link zur Beschleunigung der Wärmewende, von dem auch die TGA/SHK-Branche profitieren würde.
Jochen Vorländer
Chefredakteur TGA Fachplaner
vorlaender@tga-fachplaner.de
Alle TGAkommentare finden Sie im TGAdossier TGA-Leitartikel.