Kürzlich begrüßte der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) das Einfrieren der energetischen Anforderungen auf EnEV-2016-Niveau im Straßenbahnentwurf zum Gebäudeenergiegesetz (GEG) unter anderem so: „Deutschland hat einen Anteil von 2,2 % an den weltweiten CO2- und Treibhausgasemissionen. 1990 waren es noch 4,7 %. Deutschland hat […] von 1990–2015 seine CO2-Emissionen um 24,8 % gesenkt.“ Sprich: Nun sind andere dran.
Dazu ein paar Fakten. Deutschland hatte 1990 einen Anteil von 1,5 % an der Weltbevölkerung, 2015 waren es gut 1,1 %. Ein Teil des verkleinerten Tortenstücks basiert also auf einem statistischen Effekt. Bei einer Pro-Kopf-Betrachtung verantworten die Bundesbürger CO2-Emissionen, die etwa doppelt so hoch wie die der Weltbevölkerung sind. Bilanziert man sie nach dem Konsumprinzip, sind sie etwa viermal so hoch.
Innerhalb des „Aktionsprogramms Klimaschutz 2020“ hat die Abgrenzung „Verbrennungsprozesse in privaten Haushalten“ von 1990 bis 2015 sogar eine CO2-Minderung um 33,3 % geleistet; von 2015 bis 2017 sind sie jedoch wieder gestiegen. Fakt ist auch: Ein Großteil der Wohngebäude wird schon seit Jahren freiwillig deutlich besser als nach den jeweils gültigen EnEV-Anforderungen errichtet, auch weil der Staat dies fördert. Und mehrere Studien haben widerlegt, dass hohe Energiestandards ein Kostentreiber sind. Ergo: Für die Dekarbonisierung des Gebäudebestands sind erhebliche weitere Anstrengungen erforderlich und möglich.
Im gleichen Kontext lehnt der ZDB eine CO2-Bepreisung der Energieträger ab; „sie würde am Ende einer Vereinfachung des [GEG-]Nachweises entgegenstehen und zu Folgekosten bei Planern und Ausführenden führen“.
Da drängt sich die Frage auf: In welcher Rolle sieht sich das Baugewerbe in der Zukunft? Neben einer CO2-Bepreisung der Energieträger und einer Reglementierung der CO2-Emissionen im Gebäudebetrieb ist eine Berücksichtigung der CO2-Emissionen für die Gebäudeerstellung überfällig.
Auch der ZVSHK hat sich mit einem Präsidenten-Statement positioniert: „CO2-Besteuerung? Nein danke!“ Michael Hilpert: „Im Koalitionsvertrag eine steuerliche Abschreibung auf energetische Sanierungen versprechen und dann stattdessen mit der CO2-Steuer um die Ecke kommen – das ist schon dreist. […] Hauseigentümer […] brauchen als Anstoß für die Modernisierung ihrer Heizungsanlagen keine zusätzliche Steuerbelastung, sondern eine Steuerentlastung.“ Klingt markig, auch wenn die Bundesregierung beteuert, dass sie die Bepreisung von CO2 im Sektor Wärme aktuell nicht konkret verfolgt.
Wichtiger ist: Der GroKo-Vertrag weist indirekt darauf hin, dass eine steuerlich geförderte energetische Gebäudesanierung nur realisiert werden kann, „wenn sich zusätzliche finanzielle Spielräume ergeben oder eine entsprechende unmittelbare, vollständige und dauerhafte Gegenfinanzierung sichergestellt ist.“ Zusätzliche finanzielle Spielräume wird es nicht geben, die Signale sind eindeutig. Jedoch: Eine CO2-Bepreisung könnte die geforderte Gegenfinanzierung ermöglichen. Steigende Energiepreise, eine steuerliche Förderung, sinkende Energiekosten, das sind gewichtige Argumente für eine Modernisierung. Mit einer angemessenen CO2-Bepreisung und einer attraktiven Rückführung der Einnahmen wäre dies möglich. CO2-Bepreisung? Ja bitte!“
Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner vorlaender@tga-fachplaner.de · www.tga-fachplaner.de