Der Energieverbrauch in Deutschland ist 2020 um 8,7 % gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen und erreichte mit 11 691 (PJ) oder 3247,5 TWh (Mrd. kWh) einen historischen Tiefststand. Im Vergleich zu 2006, dem Jahr mit dem bisher höchsten Energieverbrauch in Deutschland seit der Wiedervereinigung, beträgt der Rückgang rund 21 %, berichtet die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AG Energiebilanzen).
Infolge des rückläufigen Verbrauchs sowie weiteren Verschiebungen im Energiemix zugunsten der erneuerbaren Energien und Erdgas rechnet die AG Energiebilanzen mit einem Rückgang der energiebedingten CO2-Emissionen in einer Größenordnung von rund 80 Mio. t. Das entspricht einer Minderung gegenüber dem Vorjahr um rund 12 %.
Heizöl: Bestandsaufbau gleicht Witterungseffekt aus
Für die deutlich rückläufige Verbrauchsentwicklung sind vor allem die gesamtwirtschaftlichen und sektoralen Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie verantwortlich. Hinzu kamen langfristige Trends, wie die weitere Zunahme der Energieeffizienz, Substitutionen im Energiemix hin zu mehr erneuerbaren Energien sowie die vergleichsweise milde Witterung.
Leichte verbrauchssteigernde Effekte gingen von den im Jahresverlauf spürbar gesunkenen Energiepreisen aus. Der verbrauchsdämpfende Effekt der milden Witterung wurde nach Einschätzung der AG Energiebilanzen durch einen Bestandsaufbau beim leichten Heizöl weitgehend ausgeglichen.
Hintergrund: Für die Energiebilanz wird der Heizölabsatz dem Verbrauch ohne Lagerstandskorrektur gleichgesetzt. Niedrige Preise aufgrund des weltweiten Verbrauchrückgangs und der Start der CO2-Bepreisung Anfang 2021 haben den Heizölabsatz angekurbelt.
Alle konventionellen Energieträger im Minus
Bei den erneuerbaren Energien stieg der Beitrag zum gesamten Energieverbrauch 2020 um insgesamt 3 % auf 1962 PJ (545 TWh). Die Wasserkraftwerke (ohne Pumpspeicher) lieferten 5 % weniger Strom als im Vorjahr. Dagegen stieg der Beitrag der Windkraft um 7 %. Die Solarenergie verzeichnete ein Plus von 9 %. Bei der Biomasse gab es nur ein kleines Plus von 1 %. Der Primärenergieverbrauch aus biogenen Abfällen lag 1 % niedriger als im Vorjahr.
Der Verbrauch von Mineralöl sank 2020 insgesamt um 12,1 % auf 3965 PJ oder 1101,4 TWh. Während der Absatz von Otto- und Dieselkraftstoff leicht zurückging, kam es beim Flugkraftstoff zu einer Halbierung des Verbrauchs. Beim leichten Heizöl kam es zu Absatzsteigerungen in der Größenordnung von gut 5 %. Die Lieferungen von Rohbenzin an die Chemische Industrie nahmen um rund 3 % zu.
Der Erdgasverbrauch verringerte sich 2020 um 3,4 % auf 3105 PJ oder 862,5 TWh. Hauptursache für den Verbrauchsrückgang ist der gesunkene Erdgasbedarf der Sektoren Industrie sowie Gewerbe, Handel und Dienstleistungen infolge der Coronavirus-Pandemie. In der Strom- und Wärmeerzeugung wurde hingegen mehr Erdgas eingesetzt. Bei den privaten Haushalten wird trotz vergleichsweise milderer Temperaturen ein leichtes Verbrauchsplus erwartet.
Der Verbrauch an Steinkohle lag 2020 um 18,3 % unter dem Vorjahreszeitraum und erreichte eine Höhe von 894 PJ (248,3 TWh) oder 30,5 Mio. t SKE. Beim Einsatz von Steinkohle in den Kraftwerken zur Strom- und Wärmeerzeugung betrug der Rückgang mehr als 26 %. Der Einsatz von Steinkohle in der Stahlindustrie ging wegen der schwachen Stahlnachfrage gegenüber 2019 um rund 14 % zurück.
Der Verbrauch von Braunkohle verminderte sich 2020 um 18,2 % und lag bei 950 PJ (263,9 TWh) oder 32,4 Mio. t SKE. Diese Entwicklung hat unterschiedliche Ursachen: Es wurden zusätzliche Kraftwerksblöcke in die Sicherheitsbereitschaft überführt und witterungsbedingt erhöhte sich die Stromeinspeisung von Wind- und PV-Anlagen. Hinzu kamen ungeplante Kraftwerksausfälle, Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie auf den Stromverbrauch sowie durch niedrige Erdgaspreise bedingte Verschiebungen der Wettbewerbssituation auf dem nationalen und europäischen Strommarkt. Während in den Monaten Februar bis August der Verbrauch an Braunkohle deutlich unter den jeweiligen Vorjahresmonaten lag, war ab September eine deutliche Erholung zu verzeichnen.
Bei der Kernenergie kam es 2020 infolge der planmäßigen Abschaltung des Kraftwerks Philippsburg zum Jahresende 2019 zu einem Rückgang der Stromproduktion um 14,4 %.
Der Verbrauch sonstiger Energieträger – hauptsächlich ist dies nicht-biogener Siedlungs- und Industrieabfall – sank um knapp 15 % auf insgesamt 189 PJ (52,5).
Weniger Strom exportiert
Deutschlands negativer Stromaustauschsaldo mit den Nachbarstaaten fiel 2020 mit rund 21 TWh deutlich geringer als im Vorjahr aus. Nicht nur die Strommenge, die aus dem Ausland nach Deutschland floss, nahm stark zu, auch die Stromflüsse aus Deutschland in die Nachbarstaaten gingen zurück.
Die Anteile der verschiedenen Energieträger am nationalen Energiemix haben sich 2020 gegenüber dem Vorjahr weiter verschoben: Bei den fossilen Energien kam es in Summe zu einem Rückgang, sodass die Energieversorgung in Deutschland ihre Kohlenstoffintensität weiter verringern konnte.
Kennzeichnend bleibt aber ein breiter Energiemix. Gut 60 % des inländischen Energieverbrauchs entfallen auf Öl und Gas. Stein- und Braunkohle deckten zusammen knapp 16 % des Verbrauchs. Die Erneuerbaren steigerten ihren Beitrag auf fast 17 %. ■