In der aktuellen Diskussion zwischen dem Bundesministerium der Justiz (BMJ) und Vertreter:innen der Bauwirtschaft zeichnet sich eine mögliche Abkehr von den anerkannten Regeln der Technik (a.R.d.T.) beim privaten Hausbau ab. Unternehmerverbände argumentieren, dass diese ein Kostentreiber seien. Der Bauherren-Schutzbund e.V. (BSB) schlägt Alarm und warnt vor einem zunehmenden Risiko von Pfusch am Bau bei weiterhin hohen Preisen.
Wohnungsbauverbände drängen darauf, die a.R.d.T. einzuschränken, um angeblich einfacher und kostengünstiger für Verbraucher:innen bauen zu können. Ein entsprechendes Auftragsgutachten der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID) wurde im Dezember 2023 veröffentlicht. Gemäß den Vorschlägen sollen Bauunternehmen im Bauvertrag leichter von der Anwendung der a.R.d.T. gegenüber Verbraucher:innen abweichen können. Im Schadensfall sollen diese hingegen verpflichtet werden, selbst nachzuweisen, ob der Schaden aufgrund der vertraglich vereinbarten Bauweise, die dann nicht den a.R.d.T. entspricht, auftrat.
Nicht pauschal auf Regeln verzichten
Florian Becker, Geschäftsführer des BSB mahnt, dass ein pauschaler Verzicht auf diese Regeln in Verbraucherbauverträgen einem erheblichen Abbau der Verbraucherschutzrechte gleichkäme und auf jeden Fall vermieden werden müsse. Becker gibt zu bedenken: „Bauvorschriften und die a.R.d.T. ermöglichen den Abgleich der erbrachten mit der vertraglich vereinbarten und geschuldeten Leistung auch dann, wenn die Baubeschreibung Lücken aufweist. Zudem sichert die Anwendung der Regeln die Langlebigkeit von Bauteilen, je nach Bauteile für mehrere Jahrzehnte.“
Becker zweifelt daran, dass Unternehmen mögliche Kosteneinsparungen direkt an Verbraucher:innen weitergeben würden. Zudem trügen Bauherren das Risiko, Baufehler schwerer nachweisen zu können. Er erklärt: „Eine Überprüfung und Verschlankung der Vorschriften ist sinnvoll, aber die a.R.d.T. sind nicht per se entbehrlich. Der Eindruck ist falsch, dass der Wegfall automatisch zu Baukosteneinsparungen bei gleicher Qualität führen wird.“
Der BSB betont, dass unter der bestehenden Rechtslage bereits abweichende Vereinbarungen in Verträgen mit Verbraucher:innen rechtssicher und nachvollziehbar dokumentiert werden können. Eine gesetzliche Regelung zur Vereinfachung abweichender Vereinbarungen birgt aus Verbrauchersicht eine Reihe von Risiken und setzt in der Diskussion um steigende Baupreise die falschen Akzente.
Das Positionspapier des BSB zu einer möglich zivilrechtlichen Regelung vertraglicher Vereinbarungen zu den anerkannten Regeln der Technik steht hier zum Download zur Verfügung. ■
Quelle: BSB / ml
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