Der Deutsche Verband Flüssiggas (DVFG) hat eine befristete Absenkung des Umsatzsteuersatzes für Flüssiggas (LPG) ausgerufen. Er bezieht sich dabei auf eine schriftliche Bestätigung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF). Eine gesetzliche Regelung existiert allerdings bisher nicht.
In den letzten Monaten war es der Flüssiggasbrache noch wichtiger als zuvor, ihr Produkt Flüssiggas (LPG) von Erdgas und verflüssigtem Erdgas (LNG) zu differenzieren. Denn eine Versorgungskrise gibt es bei LPG nicht, auch keine physische Abhängigkeit von Lieferungen aus Russland.
Bei Vergünstigungen möchte die Flüssiggasbrache allerdings nicht hintenanstehen. Am 13. Oktober 2022 hatte Jobst-Dietrich Diercks, Vorsitzender des DVFG, kritisiert: „Die Mehrwertsteuerabsenkung für Erdgas sollte für Erdgasverbraucher einen Ausgleich für die Gasumlage schaffen. Die Gasumlage ist Geschichte, die Mehrwertsteuerabsenkung bleibt. Diese Politik verzerrt den Wettbewerb der Energieträger untereinander und blendet die Explosion der Energiekosten für die Verbraucher im ländlichen Raum abseits der Erdgas- und Fernwärmenetze komplett aus.“
Als im August 2022 mit der inzwischen abgewickelten Gaspreisanpassungsverordnung die Gasbeschaffungsumlage amtlich wurde, hatte der DVFG allerdings nicht „gleiches Recht für alle“ gefordert. Für den Verband gab es damals nur eine wichtige Botschaft: „Die Gasumlage gilt nur für Erdgas – und somit nicht für Flüssiggas-Kunden.“
Abgesenkte Umsatzsteuer soll auch Flüssiggas einschließen
Nun hat der DVFG am 2. November 2022 verkündet: „Für die mehr als 650 000 Haushalte in Deutschland, die derzeit mit Flüssiggas (LPG) heizen oder kochen, sinken die Energiekosten. Grund: Der Umsatzsteuersatz für Flüssiggas (LPG) wird von 19 % auf 7 % gesenkt – bis zum 31. März 2024.“
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) habe am 1. November 2022 schriftlich bestätigt, dass die befristete Umsatzsteuerabsenkung für Gas und Fernwärme auch Flüssiggas (LPG) einschließt. Vom abgesenkten Steuersatz begünstigt seien Lieferungen, die vom Flüssiggas(LPG)-Versorger per Tanklastwagen zum Endkunden transportiert werden. Gasförmige Energieträger würden damit unterschiedslos von einer Umsatzsteuerabsenkung von 19 % auf 7 % profitieren, sofern sie zur Wärmeerzeugung oder zum Kochen genutzt werden.
Gesetzesänderung schließt Flüssiggas nicht ein
Dafür, dass eine befristete gesetzliche Senkung der Umsatzsteuer von 19 % auf 7 % bis zum 31. März 2024 (bereits) existiert, gibt es allerdings keinen Anhaltspunkt. Fakt ist, dass am 25. Oktober 2022 im Bundessetzblatt verkündete „Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz vom 19. Oktober 2022“ mit Wirkung vom 1. Oktober 2022 in Kraft getreten ist.
In Artikel 1 ändert es das Umsatzsteuergesetz durch folgende Ergänzung: „§ 12 Absatz 2 ist vom 1. Oktober 2022 bis 31. März 2024 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der dort genannte Steuersatz [von aktuell 7 %; Anm. d. Red.] auch für die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz gilt.“ Eine äquivalente Ergänzung gibt es für die Lieferung von Wärme über ein Wärmenetz.
Da Flüssiggas nicht über das Erdgasnetz geliefert wird, begünstigt die jüngste Änderung des Umsatzsteuergesetzes eine Lieferung von LPG nicht mit einem abgesenkten Umsatzsteuersatz. Allerdings wäre die Lieferung von Wärme über ein Wärmenetz begünstigt, wenn sie mit LPG erzeugt worden ist.
BMF-Schreiben
Die Bestätigung des BMF an den DVFG bezieht sich offensichtlich auf ein offizielles BMF-Schreiben vom 25. Oktober 2025 mit dem Titel Befristete Absenkung des Umsatzsteuersatzes für Lieferungen von Gas über das Erdgasnetz und Wärme über ein Wärmenetz.
Darin heißt es in Rz. 5: „Der ermäßigte Umsatzsteuersatz gilt für die Lieferung von Gas über das Erdgasnetz. Nicht entscheidend ist dabei, um welche Art von Gas es sich handelt (z. B. Biogas oder Erdgas). Ebenso erfasst sind Lieferungen von Gas, das vom leistenden Unternehmer per Tanklastwagen zum Leistungsempfänger für die Wärmeerzeugung transportiert wird. Ermäßigt besteuert wird auch die Einspeisung von Gas in das Erdgasnetz.“
Klarstellungen zur Besteuerung durch BMF-Schreiben sind gängige Praxis, da die Anwendung der Steuergesetzgebung regelmäßig Fragen aufwirft. Dass über ein BMF-Schreiben allerdings ein Energieträger mit einem ermäßigten Umsatzsteuersatz ohne gesetzlich eindeutige Grundlage bedacht wird, dürfte wohl das Mandat überschreiten, denn Gesetze werden vom Deutschen Bundestag beschlossen. Zudem erweitert im dritten Satz von Rz. 5 das Wort „Gas“ nicht automatisch die Anwendung auf LPG. Wäre dies gewollt gewesen, hätte man LPG einfach beispielhaft aufführen können.
Im ursprünglichen Gesetzentwurf der Fraktionen SPD, Bündnis 90 / Die Grünen und FDP (Bundestags-Drucksache 20/3530) heißt es in den Erläuterungen sogar: „Nicht ermäßigt besteuert wird danach weiterhin die Lieferung von Gas über andere Vertriebswege, wie z. B. Tankwagen oder Kartuschen.“
Sollte also keine weitere Änderung des Umsatzsteuergesetzes erfolgen, mit der der in § 12 Absatz 2 genannte Steuersatz auf die Lieferung von LPG anzuwenden ist, dürfte es wohl nur ein Frage der Zeit sein, bis das oben genannte BMF-Schreiben präzisiert oder zumindest die dem DVFG übermittelte Bestätigung korrigiert wird.
Ganz unabhängig vom tatsächlich gültigen Umsatzsteuersatz für Flüssiggas muss sich die Politik auch mit der Teuerung bei den anderen Brennstoffen zur Raumwärmeerzeugung auseinandersetzen. Eine Gas- und Fernwärmepreisbremse nach dem Gießkannenprinzip kann nicht neben einem von der Gaskommission vorgeschlagenen „Zugang zu einem Hilfsfonds aus Solidarität“ für finanziell überforderte Haushalte, die nicht mit Erdgas oder Fernwärme beheizt werden, stehen. ■
Quellen: DVFG, BMF-Schreiben vom 25.10.2022, Umsatzsteuergesetz, Gaskommission / jv
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