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Energieträger

Größere Mengen grüner Wasserstoff frühestens ab 2025

MQ-Illustrations – stock.adobe.com

Wasserstoff ist ein Hoffnungsträger für die Energiewende und die Dekarbonisierung. Die Gaswirtschaft betont immer wieder auch gute Möglichkeiten für den Raumwärmemarkt. Schweigsam ist sie allerdings, ab wann dafür ausreichende Mengen zu welchen Preisen verfügbar sein werden. Eine Experteneinschätzung wird da konkreter.

Mit nennenswerten Lieferungen von grünem Wasserstoff können deutsche Unternehmen frühestens in zwei Jahren rechnen. So lange wird es den Experten von Eternal Power zufolge dauern, erste Wasserstoff-Großprojekte in Betrieb zu nehmen.

Auch für künftige Projekte rechnet Eternal Power mit rund fünf Jahren, bis von der Finanzierung über die Planung letztlich mit dem Start der Wasserstoffproduktion begonnen werden kann. Das Hamburger Unternehmen will die komplette Wertschöpfungskette für grünen Wasserstoff von der Elektrolyse bis zum Transport abdecken.

Wasserstoffmarkt muss sehr schnell hochfahren

„Um sich eine Vorstellung davon zu machen, von welchen benötigten Wasserstoff-Mengen wir in welchen Zeiträumen sprechen, ist ein Vergleich mit dem LNG-Markt, also dem Markt für Flüssiggas, aufschlussreich“, erklärt Dr. Moritz Schwencke, CEO von Eternal Power. „Bis ein LNG-Handelsvolumen von 350 Mio. t/a erreicht wurde, sind ungefähr 60 Jahre vergangen. Äquivalent dazu würden rund 150 Mio. t/a grüner Wasserstoff benötigt – aber in der Hälfte der Zeit.“

Exkurs

150 Mio. t Wasserstoff entspricht einer heizwertbezogenen Energiemenge von 5000 TWh. Deutschlands Primärenergieverbrauch (alle Energieträger) im Jahr 2022 belief sich auf rund 3270 TWh, der Erdgasverbrauch lag bei 857 TWh aufgrund der fossilen Energiekrise unter den Vorjahreswerten von rund 1000 TWh. Die Zahlen verdeutlichen auch ohne eine Verteilung zwischen den potentiellen Importeuren vorzunehmen, dass Deutschland seinen Energiebedarf nur in prioritären Bereichen durch importierten grünen Wasserstoff ersetzen werden kann.

„Dafür müssen Infrastruktur, Transport-, Lager- und Elektrolyse-Kapazitäten massiv ausgebaut werden“, sagt Robert Meitz aus dem Eternal-Power-Gründer-Team weiß. „Die Nachfrage nach grünem Wasserstoff ist enorm und wird auch noch weit nach 2030 das Angebot übersteigen. Die hohe Nachfrage ist ein wichtiger Katalysator für den Markthochlauf und schafft Investitionssicherheit. Jetzt müssen Projekte und Infrastruktur folgen. Wir rechnen damit, bis 2025 als eines der ersten Unternehmen grünen Wasserstoff in Deutschland produzieren und an Kunden hierzulande liefern zu können.“

Elektrolyse-Leistung weltweit noch unter 0,1 %

Ein wichtiger Faktor für einen schnellen Hochlauf der grünen Wasserstoffwirtschaft stellt der Ausbau von Elektrolyseanlagen dar, um Wasser mithilfe von grünem Strom in Wasserstoff (und Sauerstoff) zu spalten. Im Jahr 2021 lag die globale Elektrolyse-Kapazität bei etwa 500 MW. Bis 2050 muss sie laut International Energy Agency auf über 3500 GW (3 500 000 MW) wachsen, damit über 300 Mio. t grüner Wasserstoff produziert werden können. In Deutschland soll die Elektrolyse-Kapazität nach aktuellen Zielbildern bis 2050 auf 50 GW ausgebaut werden.

Schwencke: „Deutschland wird für die Erreichung der Klimaziele geschätzte 13 Mio. t/a grünen Wasserstoff [Anm. der Redaktion: 433 TWh/a] bzw. Derivate benötigen. 3 Mio. t davon lassen sich voraussichtlich vor Ort herstellen.“ Rund 70 bis 80 % des deutschen Wasserstoff-Bedarfs werden danach künftig durch Importe gedeckt werden müssen. Grund dafür seien unter anderem der schleppende Ausbau und die in Deutschland hohen Kosten für die Stromerzeugung aus erneuerbaren (aber unstetigen) Quellen.

Großes Einsparpotenzial mit Import-Wasserstoff

Strom aus Sonnen-, Wind- oder Wasserkraft kann in Südamerika, Australien und im Nahen Osten günstiger als in Deutschland hergestellt werden. Meitz: „Die Stromproduktion über Photovoltaik-Anlagen in Saudi-Arabien ist beispielsweise vier- bis zehnmal günstiger als hierzulande.“

Die Produktionskosten von Grünem Wasserstoff werden sich laut Eternal Power bis 2030 halbieren. Rund 3 Euro/kg grünem Wasserstoff werden – je nach Produktionsstandort – bis dahin realistisch sein. Das entspricht Produktionskosten von 7,63 Ct/kWh bezogen auf den Brennwert (9,00 Ct/kWh bezogen auf den Heizwert).

Bis Deutschland kommen dann aber noch Transportkosten hinzu. Bis 2021 lag bei Erdgas für eine Abnahmemenge von 80 000 kWh/a der Preisanteil für „Beschaffung und Vertrieb“ bei etwa 3 Ct/kWh (ohne MwSt.). Die BDEW-Gaspreisanalyse April 2023 weist für „Beschaffung und Vertrieb“ Anfang 2023 einen Preisanteil von 11,9 Ct/kWh und einen Arbeitspreis von 15,64 Ct/kWh inkl. 7 % MwSt. aus.

Gleichzeitig verdeutlichen die Zahlen wie groß das Einsparpotenzial von Import-Wasserstoff ausfallen kann, wenn er am Einspeisepunkte auch nur geringfügig günstiger ist. Mit den oben angegebenen spezifischen Produktionskosten von 3000 Euro/t für grünen Wasserstoff im Jahr 20230 und dem (erst 2050 erwarteten) Bedarf von 13 Mio. t/a ergeben sich Kosten von 39 Mrd. Euro/a.

Meitz: „Wir setzen frühzeitig auf internationale Großprojekte, mit denen sich langfristige Kostenvorteile generieren lassen. Dazu hat Eternal Power erste Partnerschaften in der Türkei, in Vietnam und in Lateinamerika abgeschlossen.“ Eternal Power arbeiten an dem Aufbau internationaler Projekten ab einer Produktionskapazität von 1 GW und will zu einem der führenden Hersteller für grünen Wasserstoff werden.

Neuverteilung der energiepolitischen Machtverhältnisse

Der Bedarf an grünem Wasserstoff ist laut Meitz riesig und wird einen essentiellen Anteil an der Energiewende haben. Für die schwer zu dekarbonisierenden Industrien – also die Chemie- und Stahlindustrie sowie die Flug-, Schiffs-, Bahn- und Lkw-Logistik – wird er als Gas oder in Form von Derivaten unabdingbar sein.

Meitz: „In der Neuverteilung um die energiepolitischen Machtverhältnisse ist seit gut anderthalb Jahren ein neuer globaler Wettbewerb entbrannt. Es geht dabei nicht nur darum, erneuerbare Energiequellen für den eigenen Bedarf zu sichern, sondern auch als Exportland die Nase vorn zu haben. Unternehmen müssen vorausschauend planen, denn das Angebot an grünem Wasserstoff wächst nur langsam.“

Meitz schätzt, dass die Preise in den nächsten drei Jahren sogar steigen dürften. Regierungen weltweit haben deshalb teils enorme Förderprogramme verabschiedet: Die Bundesregierung unterstützt mit mehreren Millionen die Stiftung H2Global. Die USA haben letztes Jahr mit dem Inflation Reduction Act ihr eigenes Subventionsprogramm vorgestellt. Meitz: „Der Wille, grünen Wasserstoff in großem Stil zu produzieren, ist groß. Um die Klimaziele bis 2050 zu erreichen und unabhängig von fossilen Energiequellen zu werden, müssen Firmen und Länder in Zukunft auf grünen Wasserstoff setzen und sich diese rare Ressource frühzeitig sichern. Bereits jetzt herrscht ein Wettbewerb um die besten Produktionsstandorte.“

Anmerkung der TGA+E-Redaktion: Dass unter den oben erläuterten Bedingungen und Prognosen in den für die Wärmewende entscheidenden nächsten zehn Jahren grüner (oder blauer) Wasserstoff planbar günstig und in größeren Mengen zur Verfügung steht, ist kaum zu erwarten. Im Jahr 2022 mit krisenbedingt niedrigem Gasverbrauch haben allein die privaten Haushalte in Deutschland 276 TWh Erdgas zum Heizen verbraucht. Umgerechnet wären dies 8,3 Mio. t Wasserstoff. Der Sektor „Gewerbe, Handel, Dienstleistungen“ (GHD), wo Erdgas ebenfalls zu einem großen Teil für die Erzeugung von Niedertemperaturwärme genutzt wird, hatte einen Erdgasverbrauch von 122 TWh, was knapp 3,6 Mio. t Wasserstoff entspricht. ■
Quelle: Eternal Power / jv

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