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Heizungswende

Umstieg auf Wärme­pumpe durch Fo­kus auf die CO2-Be­prei­sung?

dottedyeti – stock.adobe.com

Kann ein starker oder alleiniger Fokus auf die CO2-Bepreisung die Heizungs­wende tragen oder sogar beschleunigen? Ein wichtiger Bau­stein fehlt: Plan­barkeit.

Auf dem Reißbrett ist es einfach: Über den Emissionshandel kann man jedes Ziel erreichen. Für die Praxis sind zahlreiche Knackpunkte zu erkennen, beispielsweise kann ein Markt für Lösungen mit einer hohen Individualität nur bedingt auf eine schnell steigende Nachfrage reagieren. Im Bestfall bleiben andere Aufträge liegen und die Leistungen einer ganzen Branche verteuern sich überdurchschnittlich.

Und welcher CO2-Preis ist noch zumutbar, wenn immer mehr Hauseigentümer auf eine Wärmepumpe umsteigen wollen, aber gar nicht so schnell können, weil die Auftragsbücher der Fachhandwerker nach „technologieoffenen“ Jahren plötzlich überquellen? Die CO2-Bepreisung setzt darauf, ein als falsch erkanntes System zunehmend preislich unattraktiv zu machen. Je länger man darin verharrt, desto teurer wird es. Alle ernsten politischen Ankündigungen laufen darauf hinaus. Aber es ist auch eine Phase denkbar, in der ein zu geringer Kostendruck den Sanierungsstau weiter erhöht.

Im Prinzip befinden wird uns seit Jahren in genau dieser Phase. Sie wurde nur kurz von der Energiepreiskrise unterbrochen und der Schwung unter anderem über die Gaspreisbremse abgewürgt. Es gibt allerdings einen großen Unterschied: In der Energiepreiskrise sind aufgrund der hohen Beschaffungskosten für Erdgas auch die Strompreise sehr stark gestiegen. Die CO2-Bepreisung für Kraft- und Brennstoffe hat keine direkte preistreibende Wirkung auf die Strompreise.

Planbarkeit im Rückblick

Vor dem Einbau einer neuen Heizung geht man bei der Systemauswahl von einer Nutzungsdauer von 15 bis 20 Jahren aus. Millionen der in den letzten Jahren in bestehende Gebäude eingebauten Gas- und Öl-Heizungen sind also noch nicht „abgeschrieben“. Bei steigenden CO2-Preisen könnten sie auch nachträglich zu einer Fehlinvestition werden. Von der Politik wird erst seit 2019 davor gewarnt.

Wer sich beispielsweise 2018 technologieoffen eine neue Gas- oder Öl-Heizung (eventuell sogar vom Bund gefördert) angeschafft hat, ist am 12. Dezember 2019 mit der Verkündung des nationalen Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) für den Start der CO2-Bepreisung ab 2021 in einer neuen Realität angekommen.

Bei einem typischen Gasverbrauch von 20 000 kWh pro Jahr, entstehen verbrennungsbezogen CO2-Emissionen von 3,63 t pro Jahr. Für die Jahre 2021 bis 2026 legt das BEHG CO2-Festpreise zwischen 30 und 65 Euro/t (netto) fest. Zwei Phasen mit temporärer Absenkung der Mehrwertsteuer vernachlässigt, sind bis 2024 für den Musterverbrauch von 20 000 kWh/a bereits CO2-Kosten von 560 Euro aufgelaufen. 2025 kommen 238 Euro dazu, 2026 sind es voraussichtlich 281 Euro. In der 6-jährigen Anlaufphase mit CO2-Festpreisen liegen die Mehrkosten dann bei durchschnittlich 180 Euro/a. Tendenz ab 2027 im europäischen Emissionshandel (ETS II): wohl jährlich steigend.

Wer mit einem moderaten Anstieg der CO2-Preise (R) um jährlich 10 Euro/t für einen Zeitraum (n) von 12 Jahren von 2027 bis 2038 kalkuliert, darf folgende Rechnung für die spezifischen CO2-Kosten (kCO2) aufmachen:

kCO2 = n × (R1 + Rn) / 2

R1 ist dann R2027 = (65 + 10) Euro/t
Rn ist dann R2038 = R2027 + 11 × 10 Euro/t

kCO2 = (12 × (75 + (11 × 10 + 75)) / 2) Euro/t = 1560 Euro/t

Multipliziert mit dem Emissionswert für 20 000 kWh und der MwSt. ergeben sich dann CO2-Kosten in den 12 Jahren ab 2027 von

1560 Euro/t × 3,63 t × 1,19 = 6740 Euro 

2038 ist die Ende 2018 installierte Gas-Heizung 20 Jahre alt. In der Betriebszeit sind mit den getroffenen Annahmen (1560 + 6740) Euro = 7820 Euro für die CO2-Bepreisung aufgelaufen. 7820 Euro, die der Investor bei seiner Kaufentscheidung im Jahr 2018 mutmaßlich nicht kannte und somit auch nicht in seine Entscheidung einfließen lassen konnte. 2018 kostete Erdgas laut der BDEW-Gaspreisanalyse 5,8 Ct/kWh. Die Gas-Rechnung 2018 lag damit bei 1160 Euro/a. Die CO2-Kosten bis 2038 entsprechen 6,7 Gas-Rechnungen über 1160 Euro.

Wie weit die oben angenommene CO2-Preissteigerung den künftigen CO2-Preisen entspricht, wird man erst nachträglich feststellen können. Gemessen an einigen Prognosen ist die verwendete Preisrampe als sehr optimistisch einzustufen, die CO2-Kosten könnten also auch deutlich höher ausfallen. Einen Fokus auf die CO2-Bepreisung zu setzen, ist somit ein mutiges Wahlkampfversprechen – sofern man dabei die finanziellen Konsequenzen transparent macht. Nimmt man die Streubreite der Prognosen für die CO2-Preisentwicklung als möglichen Ereignisraum an, ergibt sich trotzdem keine Planungssicherheit. Sie würde sich nur bei einem vorher festgelegten CO2-Preispfad ergeben.

Zur Einordnung ist wichtig:

Die bisherigen Kosten der CO2-Bepreisung liegen noch deutlich unter den gesellschaftlichen (externen) Folgekosten, die bei der Nutzung fossiler Brennstoffe durch die dabei freigesetzten Treibhausgase entstehen.

Aus diesem Blickwinkel ist die CO2-Bepreisung keine Steuer oder Abgabe oder gar eine Strafe, sondern die Verringerung einer seit vielen Jahren existierenden Subvention, da die „Regierung auf eine normalerweise zu entrichtende Abgabe zum größten Teil verzichtet“.

Auch bei der Stromerzeugung werden die CO2-Emissionen seit vielen Jahren bepreist.

Rückvergütung der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung

Nun kann man spekulieren, wie viel man von der CO2-Bepeisung direkt oder indirekt zurückbekommt. Bei einer Rückvergütung über den Strompreis würde man mit einer Wärmepumpe sehr viel mehr als bei einer Gas-Heizung erhalten.

Bei einer Pro-Kopf-Rückvergütung kommt es auf den Verteilschlüssel an. Solange der Verteilschlüssel nicht vom verwendeten Heizsystem abhängig ist, bekommt man bei einer Gas-Heizung genauso viel wie bei einer Wärmepumpe. Bei der Pro-Kopf-Rückvergütung macht das Heizsystem dann keinen Unterschied!

Die CO2-Bepreisung erhöht auch das Netzentgelt

Im Prinzip ist es immer die gleiche, kaum zu stoppende und voraussichtlich parallel ablaufende Geschichte:

Durch den Kostendruck der CO2-Bepreisung springen immer mehr Gas-Kunden ab oder senken zumindest ihren Gasverbrauch, wodurch auch die Gas-Netzentgelte steigen und sich das Heizen mit Erdgas noch weiter und noch schneller verteuert. Je früher man dies realisiert, desto günstiger ist es umzusteigen.

Wichtig ist aber: Neben dem CO2-Preis ist der Energieverbrauch die entscheidende Größe. Je kleiner der Energieverbrauch ist, desto schwieriger wird die Refinanzierung höherer Investitionskosten für eine Alternative nur aus ihren geringeren Energiekosten.

Warten kann den Umstieg teurer machen

Wer wartet, bis der Kostendruck in der Breite so groß wird, dass viele Heizungsbesitzer schnell umsteigen wollen, wird sich dann in der Warteschlange einreihen müssen.

Und wer darauf spekuliert, dass dann die Kosten für die Installation einer Wärmepumpe purzeln oder dass der Staat dann noch einen üppigen Anreiz für die etablierte Standardlösung auf den Tisch legt, für den könnte die CO2-Bepreisung ein teurer Erkenntnisgewinn werden.

Der Diskussionsentwurf „Neue Energie-Agenda für Deutschland“ der CDU-CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag kündigt unter anderem an, „den Weg zu klimaneutraler Wärme mit der Kombination aus schrittweiser CO2-Bepreisung mit Sozialausgleich, verlässlicher Förderung und technologieoffener Ermöglichung zum Erfolg machen.“

Und: „Um Privatverbraucher und Unternehmen schnell und effizient mit einem Klimabonus zu entlasten, wollen wir zuerst mit den CO2-Einnahmen die Stromsteuer dauerhaft und für alle auf das europäische Minimum senken und die [Strom-]Netzentgelte mindestens halbieren. Die darüberhinausgehenden Einnahmen sind für weitere Entlastungen und Förderprogramme einzusetzen.“

Man braucht dazu keinen Rechenschieber: Viel Geld für Förderprogramme wird nicht übrig bleiben.

Die „Senkung der Stromsteuer auf das europäische Minimum“ entspricht für Privatverbraucher einer Minderung um 2,3 Ct/kWh (brutto). Das durchschnittliche, mengengewichtete Nettonetzentgelt (inkl. Messstellenbetrieb) liegt für Haushaltskunden laut dem „Monitoringbericht 2024 von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt“ im Jahr 2024 bei 11,64 Ct/kWh (netto). Eine Halbierung des Netzentgelts würde eine weitere Absenkung der Strompreise um rund 7 Ct/kWh bewirken. Zusammen würde dies einer Entlastung von 9,3 Ct/kWh entsprechen.

Bisher ist es nur Diskussionsentwurf. Wenn die aus dem CDU/CSU-Papier zitierten Punkte die Ankündigung einer künftigen Bundesregierung mit Mehrheit im Bundestag und Rückhalt für die Ankündigung in den eigenen Fraktionen und soweit notwendig im Bundesrat wären, ist im Dezember 2024 eine sinnvolle Reaktion: Sofort den Umstieg auf eine Wärmepumpe einleiten.

Warum den Umstieg auf eine Wärmepumpe sofort einleiten?

Eine „schrittweise CO2-Bepreisung“ ist nur noch bis Ende 2026, in einem besonderen Ausnahmefall bis Ende 2027 möglich. Danach erfolgt die CO2-Bepreisung über die Auktionierung einer kontinuierlich sinkenden Menge an Emissionszertifikaten. National kann dann nur eine Untergrenze festgelegt werden.

Die oben errechnete Strompreissenkung würde die Wirtschaftlichkeit einer Wärmepumpe gegenüber einer Gasheizung signifikant und schlagartig erhöhen. Für das Musterbeispiel bei einer JAZ von 3,0 um etwa 575 Euro/a und bei einer JAZ von 4,0 um etwa 430 Euro/a. Der heute vorhandene Betriebskostenvorteil würde sich nahezu verdoppeln und der Zugewinn selbst bei nur der „halben Umsetzung“ noch erheblich sein.

Das würde die Nachfrage mit allen marktwirtschaftlichen Konsequenzen stark erhöhen. Dass dann die attraktive Heizungsförderung, die man aktuell noch beantragen kann („Umstieg auf eine Wärmepumpe einleiten“), in gleicher Höhe fortgesetzt wird, ist sehr unwahrscheinlich. Wer jetzt handelt, könnte also doppelt profitieren. Nach einer Förderzusage, diese erfolgt bei vollständigen Unterlagen praktisch unmittelbar, die Realisierung muss aber erst in den auf die Zusage folgenden 36 Monaten erfolgen.

Und wenn das „Heizungsgesetz“ 2025 wieder abgeschafft wird? Aus der Sicht eines selbstnutzenden Hauseigentümers würde dies die Empfehlung für eine schnelle Heizungswende mit Ausstieg aus fossilen Brennstoffen sogar verstärken: Die Wärmewende könnte sich dadurch kurzzeitig verlangsamen, was wiederum ab 2027 den CO2-Preis erhöht.

Insgesamt spricht viel dafür, sich auch bei einem künftig stärkeren Fokus auf die CO2-Bepreisung sehr zeitnah mit einem Umstieg auf eine Wärmepumpe zu beschäftigen. Mit einer Zusage der aktuellen Konditionen für die Heizungsförderung könnte er besonders günstig gelingen. ■

Quellen: Diskussionsentwurf der CDU-CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag für den Energie-Kongress am 5. November 2024 „Neue Energie-Agenda für Deutschland“; eigene Berechnungen / jv

Hohe Energieeffizienz auch bei Strompreissenkung wichtig!

Woran man im Bundestagswahlkampf gemachte Versprechungen (immer) messen muss, ist: ihr Weitblick. Denn der Nachteil der CO2-Bepreisung ist ein erst in vielen Jahren sichtbar werdender Effekt: sinkende Einnahmen.

Auch wenn der CO2-Preis heftig steigt, irgendwann schrumpfen die Einnahmen, weil immer weniger Zertifikate gehandelt werden. Eine damit finanzierte Entlastung der Strompreise müsste dann zurückgefahren oder anders organisiert werden.

Günstige Strompreise beeinflusst jedoch auch Entscheidungen, für die die Rechnung anders ausfällt, wenn eine Vergünstigung zurückgefahren wird … Sicher haben Sie es bemerkt: Mit diesem Geschehen sind wir für die CO2-Bepreisung einer 2018 installierte Heizung und der Rücknahme der kostenfreien Entsorgung von CO2 in die Atmosphäre gestartet …

… wer Heizungsbesitzern „technologieoffene Ermöglichung“ verspricht, ohne für die Nutzungsdauer einer Investition die Rahmenbedingungen festschreiben zu können, macht es sich (zu) leicht.

Hinweis: Die „Neue Energie-Agenda für Deutschland“ wurde einen Tag vor dem Bruch der Ampel-Koalition vorgestellt. Die Autoren konnten also nicht wissen, dass ihre Vorschläge so schnell eine so hohe Relevanz bekommen werden.

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