Eine Pflicht für Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung wäre mangels Wirtschaftlichkeit keine No-Regret-Maßnahme, warnen zwei Gebäudeenergieexperten.
Aktuell wird ein Vorschlag „Der Einsatz einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung ist in der EE-Klasse verpflichtend“ für die ab 2023 geltende Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) diskutiert. Gegen eine solche Forderung sprechen sich Prof. Dr.-Ing. Dieter Wolff und Prof. Dr.-Ing. Kati Jagnow aus. Sie widerspreche eigenen Ergebnissen und sehr umfangreich evaluierter Studien und Gutachten, die für die Deutsche Bundesstiftung Umwelt DBU und für den Deutschen Bundestag dokumentiert wurden, vgl. GEG 2025 / BEG 2025: Wie man die Energie- und Wärmewende beschleunigt.
Wolff und Jagnow begründen ihre Ablehnung so:
„Bei Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung steht ein nur unter definierten und stringenten Randbedingungen mögliches Einsparpotenzial von 10 – 15 kWh/(m2 ∙ a) einer realistischen spezifischen Mehrinvestition von 40 – 60 Euro/m2 gegenüber reinen Abluftanlagen entgegen. Das ergibt bei 20 Jahren Nutzungsdauer und ohne Ansatz kalkulatorischer Zinsen einen mittleren äquivalenten Energiepreis von 0,20 Euro/kWhth als Kosten je eingesparter kWhth. Diese liegt weit über einem mittleren Wärmepreis aus einer Wärmepumpenanlage, wenn zusätzlich selbst erzeugter Photovoltaik-Strom mitberücksichtigt wird.
Das Wirtschaftlichkeitsgebot ist somit nicht erfüllt. Im Rahmen einer notwendige Wärme- und Energiewende ist somit der Einsatz einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung keine No-Regret-Maßnahme. Im Neubau kann sie empfohlen, sollte aber auf keinen Fall in einem zukünftigen Gebäudeenergiegesetz GEG verpflichtend eingeführt werden. In der Bestandsmodernisierung sollte jeder Anwendungsfall einzeln überprüft werden.“
Im Gegensatz zur No-Regret-Maßnahme „Hydraulischer Abgleich“, der ein gleich hohes Einsparpotenzial bei etwa nur einem Viertel der notwendigen Kapitalkosten erfordere, sollte der Einsatz einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung dem Markt überlassen werden.
Die Bundesingenieurkammer hat sich in einer Stellungnahme im August 2022 zur Novellierung der BEG-Richtlinien wie folgt positioniert: „Der verpflichtende Einbau von Lüftungsanlagen in der EE-Klasse wird grundsätzlich begrüßt. Es sollte jedoch bedacht werden, dass sich die Sanierungsmaßnahmen aufgrund der hohen technischen Anforderungen an Lüftungsanlagen erheblich verteuern werden und die Attraktivität der Inanspruchnahme einer Förderung damit fraglich werden könnte. Das Verhältnis zwischen Zuschuss und durch den Einbau einer Lüftungsanlage entstehenden Mehrkosten muss bei der Bemessung der Zuschusshöhe berücksichtigt werden.“