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Weiße Zertifikate

dena empfiehlt verpflichtende Energieeinsparungen

Zerbor – stock.adobe.com

Die Gasversorgungskrise erfordert, in allen Bereichen, den Energieverbrauch schnell und wirkungsorientiert zu senken. Die Einführung eines Energieeffizienz-Verpflichtungssystems in Deutschland könnte einen Beitrag leisten, zusätzliche Energieeffizienzpotenziale zu heben. Dazu gehört die Einführung sogenannter Weißer Zertifikate, die sich bereits in zahlreichen Ländern als Instrument zur Einsparung von Energie bewährt haben.

Deutschland hat bislang die verschärften energiepolitischen Ziele auf nationaler und europäischer Ebene verfehlt. Dies und der Russland-Ukraine-Krieg mit den daraus resultierenden Energieversorgungsrisiken und Energiepreissteigerungen erhöhen den Druck, weitere wirkungsmächtige Energiesparinstrumente einzuführen. Ein solches schlägt nun die Deutsche Energie-Agentur (dena) vor: ein gesetzlich verankertes Energieeffizienz-Verpflichtungssystem.

Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der dena-Geschäftsführung: „Über die Hälfte der europäischen Mitgliedstaaten nutzt bereits ein solches Instrument. Nun ist es an der Zeit, dass auch Deutschland mit seinem relativ gut entwickelten und wachsenden Energieeffizienzmarkt diesen zusätzlichen Schritt geht.

So könnten rund 1100 Energieversorgungsunternehmen, über 15 000 Energieberatende sowie mehr als 100 000 Handwerksunternehmen und Dienstleistende mit ihrer Fachkompetenz aktiviert werden, in den nächsten Monaten systematisch die am einfachsten und kostengünstigsten erschließbaren Energieeinsparungen bei ihren Kunden zu identifizieren und zu ernten.“

Energieeffizienz-Verpflichtungssystem

Bei einem Energieeffizienz-Verpflichtungssystem wird eine bestimmte Gruppe von Akteuren, zum Beispiel Energieversorgungsunternehmen, verpflichtet, staatlich vorgegebene Mengen an Energieeinsparungen zu realisieren oder nachzuweisen.

Dies können die Verpflichteten tun, indem sie selbst bei ihren Kunden Energieeffizienz-Maßnahmen umsetzen. Alternativ können sie von anderen Akteuren Energieeinsparnachweise – sogenannte Weiße Zertifikate – erwerben. Über ein solches System kann der Energieverbrauch definierter Verbrauchsgruppen zwischen 1 und 3 %/a gesenkt werden. In der aktuellen Situation ließe sich dieses Instrument in allen Energieverbrauchsgruppen anwenden und helfen, Milliarden an jährlichen Energiekosten einzusparen.

Instruments der EU-Energieeffizienz-Richtlinie

Bereits seit 2012 ist die Einführung eines solchen Instruments durch die EU-Energieeffizienz-Richtlinie empfohlen. Bislang hat Deutschland jedoch von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, statt eines solchen Verpflichtungssystems alternative Instrumente wie etwa Förderprogramme umzusetzen.

Weiterer Beweggrund war, dass Verzerrungen des Energieeffizienzmarkts nicht auszuschließen sind. Auch könnten die Energiepreise steigen, wenn die Verpflichteten ihre Kosten auf ihre Kunden umlegen.

Das System kann aber auch so ausgestaltet werden, dass Energieeinsparmaßnahmen in einkommensschwachen Haushalten umgesetzt werden und so gegen Energiearmut wirken. Auch könnten ohnehin erforderliche soziale Ausgleichsmaßnahmen für besonders betroffene Verbrauchergruppen verstärkt werden.

Verbrauch der Kunden senken oder Pönale zahlen

Ein Energieeffizienz-Verpflichtungssystem könnte etwa zusammen mit dem bereits in Erarbeitung befindlichen Energieeffizienzgesetz im Herbst 2022 eingeführt werden. Alle bereits ab 1. August 2022 realisierten und bis 31. Dezember 2022 nachgewiesenen, standardisierten Energieeinsparungen, die die Verpflichteten einem vom Staat beauftragten Programmadministrator nachweisen, könnten als besonderer Anreiz einmalig vom Staat vergütet werden, etwa mit 3 Ct/kWh.

Ab 2023 müssten die Verpflichteten dann weitere 3 % des Energieverbrauchs ihrer Kundinnen und Kunden durch eigene Maßnahmen reduzieren oder entsprechende Weiße Zertifikate am Markt erwerben. Bei Nichterfüllung wäre eine entsprechende Pönale zu bezahlen.

Der Staat gibt nur das Ziel vor

Der Vorteil solch eines Energieeffizienz-Verpflichtungssystems liegt darin, dass – ähnlich wie beim europäischen Emissionshandel – der Staat nur die Zielwerte und die Regeln vorgibt und kontrolliert. Eine große Zahl an Verpflichteten begibt sich dann auf die Suche nach den für sie individuell günstigsten Wegen zur Erfüllung der staatlichen Vorgaben.

Weitere Marktakteure werden so ebenfalls aktiviert, da die durch Energieeffizienz-Investitionen generierten Energieeinsparungen als Weiße Zertifikate einen zusätzlichen Wert erhalten. Je nach eigenem Know-how und Marktangeboten werden so die günstigsten Energieeffizienz-Potenziale erschlossen.

Das kann beispielsweise durch energieeffiziente Querschnittstechnologien wie LED in Industriehallen, durch Abwärmenutzung über die Wärmerückgewinnung aus Produktionsprozessen oder durch Haushaltsgerätetauschprogramme für Privathaushalte zusammen mit dem Einzelhandel erfolgen.

Gute Erfahrungen in anderen Ländern

Andreas Kuhlmann: „Die langjährigen Erfahrungen, beispielsweise aus Frankreich, Italien oder Dänemark, haben gezeigt, dass Verpflichtungssysteme einen signifikanten Beitrag leisten, Energieeffizienzmaßnahmen umzusetzen und Energieeinsparungen zu realisieren. Höchste Zeit, es auch in Deutschland zu probieren.“

Eine im November 2021 veröffentlichte Studie des Umweltbundesamts gibt zahlreiche Hinweise für konkrete Ausgestaltungsoptionen eines Energieeffizienz-Verpflichtungssystems in Deutschland. ■

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