Unilever und das Energieberatungsunternehmen Energeering verwandeln ein Unilever-Tiefkühllager in Heppenheim in einen riesigen Energiespeicher. Weil Speiseeis Temperaturschwankungen im Kühllager von bis zu 4 K erlaubt, ohne die Qualität zu beeinträchtigen, kann die Kühlung und die dafür notwendige Energiezufuhr über einen längeren Zeitraum verringert werden. Das ermöglicht, über ein flexibles Energiemanagement und den Einsatz künstlicher Intelligenz den Stromverbrauch zu Spitzenlastzeiten und damit die Energiekosten drastisch zu senken und das Stromnetz zu entlasten.
Tiefkühllager als Energiespeicher: Einfache Idee, große Wirkung
Der Hintergrund: Aufgrund fehlender Energiespeicher müssen Wind- und Solaranlagen oft abgeschaltet werden, weil sonst mehr Strom ins Netz fließt als nachgefragt wird. Nur wenige Stunden später während der typischen zwei täglichen Bedarfsspitzen reicht der zeitgleich aus erneuerbaren Energien erzeugte Strom hingegen häufig nicht aus, um die Nachfrage zu decken. Zurzeit müssen dann Gas- und Kohlekraftwerke hochgefahren werden. Energiespeicher sind deshalb für das Stromsystem und die Minderung von Treibhausgasemissionen aufgrund der Deckung des Strombedarfs entscheidend.
Ist viel günstiger Strom aus erneuerbaren Energien verfügbar, wird das Kühllager auf bis zu − 24 °C heruntergekühlt. Steigen die Strompreise, weil weniger Strom aus erneuerbaren Energien zur Verfügung steht oder die Stromnachfrage besonders hoch ist, wird weniger gekühlt. In dieser Zeit fungieren über 55 000 Paletten Speiseeis der Marken Magnum, Langnese und Co. wie eine Batterie, die die nötige Kühltemperatur erhalten. Dies ist möglich, weil die Produkttemperatur im Speiseeis deutlich langsamer steigt und sinkt als die Lufttemperatur im Lager.
Effizienter Betrieb durch künstliche Intelligenz
Sulyiman Nekzai, Head of Customer Operations bei Unilever DACH: „Zusammen mit Energeering und dem Einsatz von künstlicher Intelligenz können wir die optimale Stromversorgung des Lagers minutengenau berechnen. Wir analysieren Daten über Speiseeisproduktion, Lagerbestand, Stromverbrauch, Kühltemperatur, Wettervorhersagen und Börsenstrompreise. Anhand dieser Daten lässt sich der Stromverbrauch sinnvoll verlagern.“
Und sogar verringern: Nikolaus Huber, General Manager Ice Cream bei Unilever DACH: „Aufgrund der Vielzahl an Sensoren und Daten können wir unsere Anlagen effizienter betreiben. Die Kälteanlagen laufen häufiger im optimalen Betriebspunkt. Im Juli haben wir in Heppenheim knapp 9,5 % weniger Strom benötigt als im Vorjahreszeitraum ohne flexible Kühlung. Künftig können wir allein an diesem Standort Energiekosten im sechsstelligen Bereich einsparen.“ Unilever betreibt weltweit 250 Kühllager.
„Tiefkühllager verbrauchen viel Energie. Durch intelligentes Energiemanagement und die natürlichen Speichereigenschaften der gekühlten Produkte können diese Lager Netzlasten reduzieren und das Abschalten von Wind- und Solaranlagen verhindern. Das minimiert den Einsatz fossiler Energien und ist ein wichtiger Hebel für eine erfolgreiche Energiewende“, sagt Holm Riedel, Geschäftsführer von Energeering. „Nach Schätzungen des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik können durch die Flexibilisierung von Kälteerzeugungsanlagen allein in Deutschland mehrere Millionen Tonnen an CO2-Emissionen pro Jahr vermieden werden.“