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Trinkwasser-Installation

Hygienisch abgesicherten Betrieb mit dem WSP vorplanen

Bild 1 Trinkwasser-Installationen müssen regelmäßig inspiziert und gewartet werden. Der damit verbundene Aufwand kann durch eine vorausschauende Planungsleistung beträchtlich verringert werden.

Viega / Frank Bierstedt

Bild 1 Trinkwasser-Installationen müssen regelmäßig inspiziert und gewartet werden. Der damit verbundene Aufwand kann durch eine vorausschauende Planungsleistung beträchtlich verringert werden.

Für TGA-Planer gehört bei größeren öffentlich-gewerblichen Objekten ein Brandschutzkonzept gewissermaßen zum Tagesgeschäft. Genauso selbstverständlich wird künftig der Water-Safety-Plan (WSP) für Gebäude als Werkzeug für das Risikomanagement, um den Erhalt der Trinkwassergüte zu unterstützen. Die entscheidenden Weichen für eine technisch wie wirtschaftlich gleichermaßen praxisgerechte Einbindung dieses WSPs werden dabei ebenfalls schon in der Frühphase der Planung gelegt.

Der Artikel kompakt zusammengefasst
Die vom Betreiber einer Trinkwasser-Installation in Anlehnung an den Water-Safety-Plan aufzustellende (und umzusetzende!) Bewertung und das Risikomanagement werden sich unmittelbar auf die Arbeit der TGA-Planer auswirken:
■ Neben der fachlich qualifizierten Auslegung der Trinkwasser-Installation werden sie deutlich stärker als bisher notwendige Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten sowie den damit für den Betreiber verbundenen Aufwand schon in der Entwurfsphase „mitdenken“ müssen.
■ Ein probater Lösungsansatz ist der Entwurf möglichst übersichtlicher, klar strukturierter Trinkwasser-Installationen mit eindeutig definierten, nachvollziehbaren Fließwegen. Das erleichtert den bestimmungsgemäßen Betrieb der Trinkwasser-Installation und die turnusmäßige Funktionskontrolle der hygienisch besonders relevanten Bauteile.
■ Für den TGA-Planer ist die Forderung nach einem Risikomanagement im Gebäude ein ausgezeichneter Hebel, Auftraggeber auch aus wirtschaftlicher Sicht von der Notwendigkeit einer hygieneorientierten Anlagenplanung zu überzeugen.
 

Wesentliche Anforderungen, die sich aus einem Water-Safety-Plan für Gebäude ergeben – Stichwort: Inspektions- und Wartungspflichten –, entfalten ihre volle Wirksamkeit erst nach der Inbetriebnahme der Trinkwasser-Installation. Umso entscheidender ist es also, dass durch eine vorausschauende (TGA-)Planung schon die grundsätzlichen Möglichkeiten zur Erfüllung dieser Anforderungen geschaffen wurden.

Hygienerisiken im Gebäude vermeiden

Ein kurzer Blick zurück: Das Konzept des Water-Safety-Plans für Trinkwasser-Installationen in Gebäuden gründet auf einer Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation WHO und hat einen risikobasierten Ansatz. Das heißt, es werden all die Faktoren in einer Trinkwasser-Installation analysiert, von denen eine potenzielle Gefährdung für den Erhalt der Trinkwasserhygiene ausgehen kann, um die menschliche Gesundheit vor wasserbürtigen Gefährdungen zu schützen.

Bild 2 Die Einhaltung definierter Temperaturgrenzen ist ein wesentlicher Bestandteil des Risikomanagements über den Water-Safety-Plan.

Viega

Bild 2 Die Einhaltung definierter Temperaturgrenzen ist ein wesentlicher Bestandteil des Risikomanagements über den Water-Safety-Plan.
Bild 3 Warm- und kaltgehende Trinkwasser-Installationen in einem Schacht, wie in diesem Beispiel, sind möglichst zu vermeiden, da ein Wärmeübergang von PWH auf die PWC führenden Rohrleitungen möglich ist.

Viega / www.tobiastrapp.eu

Bild 3 Warm- und kaltgehende Trinkwasser-Installationen in einem Schacht, wie in diesem Beispiel, sind möglichst zu vermeiden, da ein Wärmeübergang von PWH auf die PWC führenden Rohrleitungen möglich ist.

Der WSP beinhaltet dabei vorwiegend eine Risikoabschätzung über die Gefährdungsanalyse, wie sie noch in der aktuellen Trinkwasserverordnung (TrinkwV) steht. Mit der neuen TrinkwV ab 2023 stehen hierfür in § 34 die Bewertung und das Risikomanagement.

Die Risikoabschätzung wird aber (momentan) nur durchgeführt, wenn der technische Maßnahmenwert für Legionellen im Gebäude überschritten ist. Es handelt sich also um einen einmaligen, reaktiven Ansatz. Der WSP für Gebäude ist hingegen ein aktives und vorbeugendes Instrument. Er soll helfen, dass vor dem Eintreten einer hygienischen Beeinträchtigung des Trinkwassers diese Gefahr erkannt und abwehrend gehandelt wird. Zudem bezieht sich der WSP nicht nur auf Legionellen, sondern über das Risikomanagement auf alle Hygienerisiken.

Typischerweise sind das ungeeignete Werkstoffe oder Materialien, die beispielsweise Blei ins Trinkwasser abgeben. Auch unzulässig lange Stagnationszeiten (> 72 Stunden) und nachteilige Temperaturbereiche (Trinkwasser kalt > 25 °C, besser 20 °C; Trinkwasser warm < 55 °C), die zu einer mikrobiellen Verkeimung insbesondere durch Legionellen führen können, zählen dazu (Bild 2).

Über das Risikomanagement sollen die dafür entscheidenden Einflussgrößen detektiert und ausgehend von der Trinkwasserverordnung und mindestens den allgemein anerkannten Regeln der Technik (a.a.R.d.T.) für die jeweilige Trinkwasser-Installation individuelle Maßnahmen zur Risikobeherrschung entwickelt werden.

Für den TGA-Planer wird diese Thematik drängend, da Betreiber aufgrund der absehbaren Folgen bei Problemen in der Betriebsphase einer Trinkwasser-Installation auf der einen Seite eine entsprechend WSP-konforme Planungsleistung zumindest mit dem Nutzungsplan perspektivisch erwarten dürfen. Auf der anderen Seite stellen Aspekte des WSP für Gebäude eine hervorragende Chance dar, schon in der Entwurfsphase der Planung die Trinkwasser-Installation unter dem Aspekt des Risikomanagements im laufenden Betrieb nicht nur bedarfsgerecht, sondern auch einfacher strukturiert und vor allem übersichtlicher zu konzipieren, als dies in der Vergangenheit häufig der Fall war.

Exemplarisch deutlich wird dies am Risiko eines ungewollten Wärmeübergangs von warm- auf kaltgehende Rohrleitungen – Stichwort: hygienegerechte Temperaturhaltung von Trinkwasser kalt (PWC) und Trinkwasser warm (PWH). Oder am Beispiel von Armaturen, die bekanntermaßen einer regelmäßigen Inspektions- und Wartungspflicht unterliegen – Stichwort: Hydraulischer Abgleich.

WSP-Planungsleistung: Einfachheit

Über den WSP soll, so die Zielvorgabe der WHO, das von den Versorgern in einwandfreier Qualität bereitgestellte Trinkwasser auch im Gebäude selbst vor möglichen gesundheitsgefährdenden Einflüssen geschützt werden. Das deckt sich mit den einschlägigen Normen und Regelwerken, wie der TrinkwV oder der Richtlinie VDI/DVGW 6023, die hierzulande bereits seit Jahren angewandt werden.

Bild 4 In Vorwandkonstruktionen wird, wie hier, der möglicherweise hygienekritische Wärmetransfer auch über die Positionierung der Rohrleitungen reduziert: PWC-Installationen kommen von unten, die PWH-Zirkulation ist oben geführt.

Viega

Bild 4 In Vorwandkonstruktionen wird, wie hier, der möglicherweise hygienekritische Wärmetransfer auch über die Positionierung der Rohrleitungen reduziert: PWC-Installationen kommen von unten, die PWH-Zirkulation ist oben geführt.

Getreu dem planerischen Grundsatz „Wasser muss fließen“ sind in Neuinstallationen beispielsweise konsequent durchgeschliffene Stichleitungen in den Nutzungseinheiten, die Platzierung von Hauptverbrauchern am Ende einer Reiheninstallation oder Zirkulationssysteme für PWH üblich, um sowohl den Versorgungskomfort als auch den Erhalt der Trinkwassergüte durch regelmäßigen Wasseraustausch und hygienegerechte Temperaturhaltung zu sichern.

Gerade in planerisch anspruchsvollen Gebäuden mit besonderen hygienischen Ansprüchen, wie Krankenhäusern oder Alten- und Pflegeheimen, wird die Erreichung der Schutzziele aber immer wieder mit einer überdurchschnittlich hohen Komplexität der Trinkwasser-Installationen erkauft. Erkennbar sind solche Wasserversorgungsanlagen häufig an einer großen Zahl an Zirkulationskreisen für PWH. Das bedeutet zwar eine schnelle Warmwasserbereitstellung sowie eine kontinuierliche Temperaturhaltung. Aus Sicht des Betreibers, der einen Nutzungsplan aufzustellen und in der Betriebsphase umzusetzen hat, bedeutet das zugleich

● einen deutlich höheren Aufwand bei der Inbetriebnahme durch den geforderten Hydraulischen Abgleich sämtlicher (!) Zirkulationskreise gemäß DVGW-Arbeitsblatt W 551 zur Einhaltung der Temperaturspreizung 60/55 °C von PWH, sowie

● einen deutlich höheren Energieeinsatz, da jedes Zirkulationssystem von Trinkwasser warm (PWH-C) zwangsläufig mit permanenten Energieverlusten einhergeht.

Bild 5 Digital vernetzte Installationskomponenten, hier eine Trinkwasser-Installation mit automatisch arbeitenden Strangregulierventilen wie das „AquaVip-Zirkulationsregulierventil elektronisch“ reduzieren durch die permanente Statusmeldung online den Inspektions- und Wartungsaufwand enorm.

Viega / berndgabriel

Bild 5 Digital vernetzte Installationskomponenten, hier eine Trinkwasser-Installation mit automatisch arbeitenden Strangregulierventilen wie das „AquaVip-Zirkulationsregulierventil elektronisch“ reduzieren durch die permanente Statusmeldung online den Inspektions- und Wartungsaufwand enorm.

Diese Energieverluste aus PWH-C wiegen doppelt, wenn sie aufgrund ungünstiger Installationsbedingungen gleichzeitig zur ungewollten Erwärmung von Kaltwasser führenden Rohrleitungen führen. Das kann der Fall sein, wenn warm- und kaltgehende Rohrleitungen beispielsweise in einem Schacht oder einer Vorwandkonstruktion in relativer Nähe parallel zueinander verlegt worden sind: Der kontinuierliche Wärmeeintrag durch die PWH-C-Installation sorgt dann innerhalb der Vorwand für eine Umgebungstemperatur deutlich über der Raumtemperatur, sodass sich stehendes PWC binnen kürzester Zeit auf ein hygienekritisches Niveau erwärmt (Bild 3), wobei schon eine fachgerechte Leitungsführung den hygienekritischen Wärmetransfer minimiert (Bild 4).

Um die Verbraucher vor Gesundheitsrisiken zu schützen, müsste dieses Wasser also ab Erreichen einer Grenztemperatur entweder ausgespült werden – was die Verschwendung von Ressourcen bedeutet – oder über eine Zirkulation energieaufwendig wieder heruntergekühlt werden. Beides ist nicht im Sinne des Betreibers, würde aber über das Risikomanagement auf jeden Fall in die Bewertung mit eingehen.

Als Lösung empfehlen sich daher einfach strukturierte Trinkwasser-Installationen, mit zum Beispiel zirkulierenden Steigesträngen für PWH in von PWC-führenden Installationen getrennten Schächten, sowie durchgeschliffene Reihenleitungen in den Nutzungseinheiten; auch hier mit einer klaren Trennung von PWH- und PWC-Rohrleitungen. Der thermisch-hydraulische Abgleich ist so einfacher umzusetzen, und das Risiko des ungewollten Wärmeübergangs deutlich geringer.

Planungsleistung mit WSP: Wartungsfreundliche Trinkwasser-Installation

Bild 6 Im Anhang der VDI 3810-2/6023-3 ist festgelegt, in welchen zeitlichen Abständen Installationskomponenten inspiziert, gewartet oder ausgetauscht werden müssen.

Viega nach VDI 3810-2/6023-3

Bild 6 Im Anhang der VDI 3810-2/6023-3 ist festgelegt, in welchen zeitlichen Abständen Installationskomponenten inspiziert, gewartet oder ausgetauscht werden müssen.

Derart einfach(er) strukturierte Trinkwasser-Installationen haben gleichzeitig den Vorteil, dass sie mit weniger wartungs- oder inspektionspflichtigen Installationskomponenten zu realisieren sind. Zur Erinnerung: In der VDI/DVGW-Richtlinie 6023 „Hygiene in Trinkwasser-Installationen“ ist nicht nur ein hygienisch einwandfreier Anlieferungszustand aller Komponenten der Trinkwasser-Installation bei der Montage festgeschrieben, sondern auch deren Instandhaltung und Wartung.

Der definierte „bestimmungsgemäße Betrieb“ der Trinkwasser-Installation nach VDI/DVGW 6023 schließt damit automatisch eine regelmäßige Kontrolle auf Funktion sowie die Durchführung der erforderlichen Instandhaltungsmaßnahmen ein. Dabei sind die zur Planung und Errichtung zugrunde gelegten Betriebsbedingungen der Trinkwasser-Installation für sämtliche Installationskomponenten einzuhalten. Wie welche Installationskomponenten in welchen Abständen zu warten sind, ergibt sich wiederum aus VDI 6023-3 / 3810-2.

Das bedeutet in der Praxis: Zur Inspektion und Wartung einer Trinkwasser-Installation muss diese auf jeden Fall zugänglich sein. In welchen Intervallen die verschiedenen Installationskomponenten zu warten sind, hängt wiederum von deren Auswirkungen auf den Erhalt der Trinkwassergüte bei möglichen Funktionsstörungen ab (Bild 5). Die meisten Trinkwasser-Installationen dürften dabei unter die jährliche oder sogar halbjährliche Inspektionspflicht fallen (Bild 6).

Verkürzende Ausnahmen von diesen Intervallen sieht VDI 3810-2 / 6023-3 im Übrigen ausdrücklich für besonders komplexe Trinkwasser-Installationen, für Anlagen in Gebäuden mit besonders vulnerablen Menschen oder für Trinkwasser-Installationen unter besonderen Betriebsbedingungen – Stichwort: saisonale Unterbrechungen – vor. Dazu können auch Anlagen mit Dosiersystem, Enthärter, Wassererwärmer oder Membranfilteranlagen gehören. Vor diesem Hintergrund ist es fast schon selbsterklärend, wie wichtig eine vorausschauende Anlagenplanung mit guter Erreichbarkeit sämtlicher Installationskomponenten ist, um den späteren Inspektions- und Wartungsaufwand so gering wie möglich zu halten.

Fachberichte mit ähnlichen Themen bündelt das TGA+E-Dossier Trinkwasserhygiene

Literatur

[1] Haupt, Sabine; Jung, Sven; Müller, Hans Christian; Schrinner, Axel; Wocher, Martin: Zukunftsstrategie Trinkwasser – Eine Studie im Rahmen des Masterplan 2030. Düsseldorf: Handelsblatt Research Institute, Mai 2022

[2] Sanitäranlagen 2021 – Planung, Ausführung und Bedienung von Sanitäranlagen in öffentlichen Gebäuden, Empfehlung Nr. 151. Berlin: Arbeitskreis Maschinen- und Elektrotechnik staatlicher und kommunaler Verwaltungen (AMEV), Stand: 01. April 2021

[3] Erkenntnisse aus dem BMBF-Verbundprojekt „Biofilme in der Trinkwasser-Installation“, Teilprojekt 1 (Leiter: Prof. Dr. Thomas Kistemann): Entwicklung und Evaluierung eines rationalen räumlich-zeitlichen Probenahme-Regimes zur effizienten und verlässlichen Erfassung, Beobachtung und Interpretation mikrobieller Kontaminationen in Trinkwasserinstallationen Version 2.1, Projektdauer: 01.10.2006 – 30.04.2010, Koordination: Prof. Dr. Hans-Curt Flemming

[4] Schulte, W.: Moderne Bautechnik – Risiken für die Trinkwassergüte. Arnsberg: Strobel Verlag, IKZ Sonderheft Trinkwasserhygiene 2017

[5] Hentschel, W.: Legionellen im Kaltwasser. Frankfurt: 2018

[6] VDI 3810 Blatt 2 Betreiben und Instandhalten von Gebäuden und gebäudetechnischen Anlagen – Trinkwasser-Installationen – VDI 6023 Blatt 3: Hygiene in Trinkwasser-Installationen – Betrieb und Instandhaltung. Berlin: Beuth Verlag, Mai 2020

[7] Schauer, Christian: Water Safety Plan (WSP) – Planerleistung und WSP: eine untrennbare Beziehung. Stuttgart: Gentner Verlag, TGA 08-2022

Dr. Christian Schauer
ist Director des Kompetenzzentrums Wasser, Corporate Technology bei Viega, 57439 Attendorn, www.viega.de/trinkwasser

Viega / Tim Friesenhagen

 

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