Für einen Wohngebäudekomplex hat Richter Energy ein spezielles Wärmekonzept mit Frischwasserladesystem entwickelt, um den energetischen Aufwand für die Trinkwassererwärmung und -verteilung zu verringern. Die normgerechte Temperaturhaltung in den 60 zirkulierenden Strängen erfolgt automatisch über „AquaVip-Zirkulationsregulierventile elektronisch“ (AquaVip Zirk-e) von Viega mit permanentem, thermisch-hydraulischem Abgleich.
Der Artikel kompakt zusammengefasst
■ Eine regelkonforme Warmwasserzirkulation ist eine zwingende Voraussetzung für den bestimmungsgemäßen Betrieb einer Trinkwasseranlage. Das gilt neben hygienischen Kriterien auch für Komfortaspekte und einen Minimierung des Energieaufwands.
■ Bei weitverzweigten Trinkwasser-Installationen lässt sich dies nur mit selbsttätig regelnden Zirkulationsventilen erreichen. Thermische Regulierventile können hier an ihre Einsatzgrenzen stoßen. Elektronisch regelnde Zirkulationsventile sind durch „intelligente“ Regelalgorithmen besser geeignet
■ In einem Mehrfamilienhauskomplex erreicht die Warmwasserzirkulation durch die Nachrüstung von 60 elektronisch regelnden Zirkulationsventilen erstmals einen regelkonformen Betrieb.
■ Dadurch wurde auch der Einbau einer auf niedrige Rücklauftemperaturen optimierten Trinkwassererwärmung ermöglicht, was Energie und Kosten spart.
In einem Mehrfamilienhauskomplex (Bild 1) mit rund 100 Wohneinheiten in Eching bei München wurde die zentrale Trinkwassererwärmung hinsichtlich Trinkwasserhygiene und Energieeffizienz optimiert. Durch automatisch arbeitende „AquaVip-Zirkulationsregulierventile elektronisch“ wird nun im gesamten Zirkulationssystem ein konstantes Temperaturniveau von mindestens 55 °C gehalten, so wie es aus hygienischen Gründen das DVGW-Arbeitsblatt W 551 verlangt.
Das Besondere an dem Projekt: Es gelang ohne eine aufwendige Rohrnetzaufnahme im Vorfeld. Zudem ist der Primärenergieeinsatz durch ein umfassendes Energiekonzept vergleichsweise gering und es realisiert eine gleichbleibend niedrige Rücklauftemperatur von nur 40 °C für die Fernwärmeversorgung.
Warmwasseranteil von bis zu 34 %
Die Trinkwassererwärmung und -verteilung in Wohngebäuden ist energieaufwendig. In Mehrfamilienhäusern macht der nutzflächenbezogene Trinkwarmwasserwärmebedarf etwa 9 bis 13 kWh/(m2 ∙ a) aus – das hat beispielsweise schon vor Jahren das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR; Bonn) über die Auswertung von Daten entsprechender Messdienstleister herausgefunden.
Das Problem vor dem Hintergrund der politisch gewollten Energiewende und des zunehmenden Einsatzes von erneuerbaren Energien: Während der Heizwärmebedarf durch geeignete Verbesserungen der Gebäudehülle kontinuierlich sinkt, steigt dadurch prozentual der auf den gesamten Primärenergiebedarf des Gebäudes bezogene Anteil für Trinkwarmwasser. Nach Erhebungen der Deutschen Energie-Agentur (dena) machte der Anteil des Warmwassers am Wärmeverbrauch im Jahr 2002 etwa 12 % aus, drei Jahre später waren es schon 16 %. Und diese Entwicklung setzt sich fort, zeigt eine weitere Analyse vom Fraunhofer ISE aus Februar 2023. Je nach Altersklasse des Gebäudes beträgt der Energieaufwand für die Warmwasserbereitung danach mittlerweile bis zu 34 %.
Regelintelligenz statt statischer Voreinstellung
Durch die einfache Voreinstellung auf eine Soll-Temperatur und den in der Folge kontinuierlichen automatischen Hydraulischen Abgleich leisten die „AquaVip-Zirkulationsregulierventile elektronisch“ von Viega einen unmittelbaren Beitrag zum Erhalt der Trinkwassergüte. Darüber hinaus tragen sie auch zu einer Reduzierung des Energiebedarfs in Bestandsanlagen bei: Für Zirkulationsleitungen in Altanlagen wurden für alle Stränge in der Regel annähernd gleiche Strangtemperaturen angestrebt, um – wichtig im Geschosswohnungsbau – den Erhalt der Trinkwasserhygiene zu sichern.
Um das zu gewährleisten, hat Viega die „AquaVip Zirk-e“-Ventile mit einem „intelligenten“ Regelalgorithmus ausgestattet. Über einen integrierten Temperaturfühler erkennen die Ventile nicht nur Temperaturveränderungen in der Zirkulation von Trinkwasser warm und reagieren darauf mit einer Anpassung des Volumenstroms, sondern verhindern durch die „träge“ programmierte Reaktionszeit zugleich ein Aufschwingen des Zirkulationssystems in den hygienekritischen Bereich unter 55 °C bzw. in den „energievernichtenden“ oberhalb von 60 °C.
Ein geringfügiges Über- bzw. Unterschreiten der Grenztemperaturen aufgrund der Regelhysterese ist durch die nur geringe Zeitachse hygienisch unkritisch, bestätigen Messungen von Viega. www.viega.de/zirk-e
Entsprechend lag auch bei der Optimierung des Warmwassernetzes in dem Gebäudekomplex aus den 1980er-Jahren mit rund 100 Wohneinheiten in Eching der Fokus des Wärmekonzeptes auf einer deutlichen Reduzierung der Warmwasserlast bei gleichzeitig konsequenter Beachtung der Regeln zum Erhalt der Trinkwassergüte. Dazu gehört, laut DVGW-Arbeitsblatt W 551 als allgemein anerkannte Regel der Technik, nach wie vor eine Speicheraustrittstemperatur von 60 °C und eine maximal 5 K niedrigere Temperatur an allen Stellen im Zirkulationssystem.
Niedrige Rücklauftemperatur
Für Matthias Richter (Bild 5) von der Richter Energy GmbH aus Ismaning, die die Sanierung durchführte, kam noch ein zweiter, genauso wichtiger Aspekt hinzu: Der Wohnkomplex wird über Fernwärme versorgt. Der Versorger verlangt – wie üblich – eine möglichst niedrige Rücklauftemperatur. Um dies sicherzustellen, hat Richter Energy ein Frischwasserladesystem (FWLS) mit optionaler Heizungsübergabestation entwickelt, dessen patentiertes Speicherladeventil- und Regelstationskonzept eine besonders effiziente Trinkwassererwärmung erlaubt (Bild 3).
Das System basiert auf einem rücklauftemperaturoptimierten, zweistufigen Speicherladesystem zur kontrollierten Erwärmung von Trinkwasser in Großanlagen nach DVGW W 551. Über einen Vor- und einen Nacherwärmer wird das Wasser aus einem Speicher, der für identische Druckverhältnisse im Kalt- wie im Warmwassernetz sorgt, energieeffizient zusammen mit dem Zirkulationswasser permanent auf mindestens 55 °C gehalten (Bild 6). Der Vorerwärmer wiederum kühlt das Heizungswasser gleichzeitig kontrolliert mit dem nachströmenden Kaltwasser aus dem Trinkwasserspeicher ab. Der Speicher dient hierbei als Spitzenlastpuffer und reduziert den Differenzdruckverlust des Systems auf fast null.
Richter: „Gerade in verzweigten Zirkulationssystemen wie bei dieser Liegenschaft mit mehr als 20 oder 30 Kreisen stellt sich jedoch die Temperaturhaltung von mindestens 55 °C in jedem Strang immer wieder als eine Herausforderung dar – weil der thermisch-hydraulische Abgleich mit den bislang am Markt verfügbaren thermischen Regulierventilen oft nicht zufriedenstellend funktioniert.“
Typische Indikatoren dafür sind manchmal zu niedrige, manchmal zu hohe oder sogar schwankende Zapftemperaturen. In der Praxis wird das gerne mit höheren Speicheraustrittstemperaturen oft deutlich über 65 °C und angehobenen Pumpenleistungen abgefangen. Dadurch können die hydraulischen Probleme aber nicht wirklich gelöst werden ...
Automatisch von 35 °C auf 56 °C
In dem weitläufigen Gebäudekomplex in Eching waren die „Kompensationsmaßnahmen“ ebenfalls nicht von Erfolg gekrönt. Über Jahrzehnte hinweg hatten sich die Nutzer der speicherfernen Entnahmestellen stattdessen daran gewöhnt, dass fühlbares Warmwasser bis zu fünf Minuten Vorlaufzeit brauchte, weil nur 35 °C Strangtemperatur in der Zirkulation für eine bestimmungsgemäße Versorgung schlichtweg zu wenig waren. Nicht gewöhnen kann und darf man sich allerdings an die hygienischen Risiken, die sich aus den kritischen Temperatur ergeben.
Im Zuge einer Teilsanierung der Warmwasserverteilung aufgrund der hydraulischen Probleme wurde deshalb durch Richter Energy in Abstimmung mit einem Ingenieurbüro und der zuständigen Hausverwaltung beschlossen, die alten statischen Ventile durch die vollautomatisch arbeitenden „AquaVip-Zirkulationsregulierventile elektronisch“ von Viega zu ersetzen. Richter: „Ausschlaggebend waren das Nichtfunktionieren der alten Ventile und das Fehlen von Bestandsplänen zu dem Rohrleitungsnetz, wodurch eine belastbare Ventilauslegung für den konventionellen hydraulischen Abgleich einfach nicht möglich war.“
Die von Viega entwickelten „AquaVip Zirk-e“-Ventile (Bild 4) müssen hingegen nur auf eine Soll-Temperatur voreingestellt werden. Über einen Temperatursensor und eine präzise Ventiltechnik, unter anderem mit verschleißfreien Keramikscheiben, regeln die Ventile dann die vorgegebene Soll-Temperatur selbsttätig ein. Und zwar deutlich zuverlässiger, als es durch Ventile mit Dehnstoffelement möglich wäre. Das Zirkulationssystem wird so über einen trägen Regelalgorithmus mit notwendigen Mindestvolumenströmen permanent im hygienischen Betriebsoptimum zwischen 60 °C und 55 °C gehalten.
Richter: „Ohne weitere Eingriffe in das bestehende Rohrleitungsnetz hat sich die Regelgüte durch die ‚AquaVip Zirk-e‘-Ventile wie erwartet deutlich verbessert; der gewünschte Effekt ist also mit vergleichsweise überschaubaren Maßnahmen eingetreten.“ Und das in einer Art und Weise, dass er sogar für die Nutzer konkret spürbar ist, ergänzt Viega-Projektingenieur Daniel Friedrichs: „Nach der Montage und Inbetriebnahme der Ventile wurden an den entferntesten Entnahmestellen kurz nach Öffnen bereits 56 °C Warmwassertemperatur notiert. Das unterstützt nicht nur den Erhalt der Trinkwassergüte, sondern ist eine deutliche Komfortverbesserung, durch die weniger Wasser verschwendet und entsprechend Energie eingespart wird.“
Insgesamt sind 60 „AquaVip-Zirkulationsregulierventile elektronisch“ in dem über eine Tiefgarage verbundenen Gebäudekomplex installiert worden. Am Rande: Nur 50 davon waren zu Beginn der energetischen Sanierungsmaßnahme vorgesehen. Der Rest kam eher „zufällig“ hinzu, weil bei der Bestandsaufnahme immer neue Steigestränge und damit Zirkulationsleitungen entdeckt wurden, die letzte tatsächlich erst 24 h vor der Inbetriebnahme.
Modernisierte Trinkwasser-Installation nach 48 h ohne Befund beprobt
Über die Möglichkeit zur lückenlosen Kontrolle der Systemtemperaturen konnte auch auf eine thermische Desinfektion der Trinkwasser-Installation nach Inbetriebnahme der neuen Wärmezentrale verzichtet werden, berichtet Richter: „Die Beprobung auf Legionellen hatte im Vorfeld eine gewisse Belastung aufgezeigt. Durch die hygienegerechte Temperaturhaltung in der Kellerverteilung und den Zirkulationsleitungen war aber die nächste Beprobung nach 24 h sowie eine weitere nach 48 h ohne vorherige thermische oder chemische Desinfektion ohne jeglichen Befund.“
Um den Erhalt der Trinkwassergüte im laufenden Betrieb zu unterstützen, setzt das Energiekonzept von Richter Energy generell auf ein absolutes Minimum reduzierte Speichervolumina. Außerdem läuft die Pumpe der Warmwasserzirkulation unterbrechungsfrei durch, denn „den bestimmungsgemäßen Betrieb im Zirkulationssystem der Trinkwasserinstallation können wir zwar festlegen, das tatsächliche Nutzerverhalten aber nicht beeinflussen“, so Richter: „Gerade in einem so weit verzweigten Rohrleitungsnetz können partielle Nutzungsunterbrechungen aber kritische hygienische Auswirkungen haben, wenn durch Stagnation in einzelnen Wohneinheiten das gesamte Verteilnetz kontaminiert wird.“
www.viega.de/trinkwasser www.richter.energy
Fachberichte mit ähnlichen Themen bündelt das TGA+E-Dossier Trinkwasserhygiene
Das Frischwasserladesystem von Richter Energy
Das Frischwasserladesystem FWLS-Z von Richter Energy basiert auf einem rücklauftemperaturoptimierten, zweistufigen Speicherladesystem zur kontrollierten Erwärmung von Trinkwasser in Großanlagen. Die beim Deutschen Patentamt registrierte Trinkwassererwärmung zeichnet sich nach Angaben des Herstellers durch eine konstante Trinkwassertemperatur bei gleichzeitig bestmöglicher Rücklaufauskühlung aus. Der installierte Trinkwasserspeicher in bedarfsgerecht abgestimmten Volumengrößen dient dabei als Spitzenlastpuffer und reduziert den Differenzdruckverlust des Systems auf nahezu null.
Im zweistufigen Speicherladesystem wird der Zirkulationsvolumenstrom im Nacherwärmer direkt und kontinuierlich auf die nach DVGW W551 erforderliche Trinkwarmwassertemperatur von mindestens 60 °C erwärmt. Der dafür benötigte Heizungsvolumenstrom wird anschließend im Vorerwärmer gezielt auf die bestmögliche Rücklauftemperatur abgekühlt. Dadurch wird der Speicherladevolumenstrom im Vorerwärmer erwärmt und zusammen mit dem Zirkulationsvolumenstrom im Nacherwärmer auf die Trinkwarmwasser-Solltemperatur nacherwärmt.
„Wir haben die innovativen Komponenten wie das Speicherladeventil und die Regelstation technologisch so aufeinander abgestimmt, dass wir zum einen eine hygienisch einwandfreie Trinkwasserqualität gewährleisten und zum anderen durch die niedrige Rücklauftemperatur eine Einsparung des Leistungspreises bei Fernwärme erzielen können“, erläutert Geschäftsführer Matthias Richter den Hintergrund des innovativen Konzepts. Durch den integrierten Kalkschutz IKS1 werde zudem die Langlebigkeit der Trinkwasser-Installation deutlich gesteigert. www.richter.energy/waermeversorgung/#FWLS