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varmeco-Geschäftsführer Thomas Zimpel zur DIN EN 12 831-3

„Wir müssen Warmwasseranlagen bedarfsorientierter auslegen“

Kompakt informieren

Trinkwassererwärmungsanlagen werden / sind oft deutlich überdimensioniert. Das liegt zum einen an der veralteten DIN 4708, zum anderen am geändertem Nutzungsverhalten. Eine bedarfsgerechte ­Dimensionierung ist mit dem Summenlinienverfahren möglich.

Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass Warm­wasserheizlast und Raumheizlast in energetisch modernisierten oder neu gebauten Mehrfamilienhäusern heute etwa gleich groß sind und künftig die Warmwasserheizlast dominieren wird.

Zur Sicherstellung der Trinkwasserhygiene sollte die Trinkwassererwärmung im Durchlaufprinzip erfolgen und die dafür erforderliche Wärmeenergie heizwasserseitig vorgehalten werden. Weitere Vorteile ergeben sich dadurch für die Wärmeerzeugung und die Nutzung regenerativer Energien.

Auch beim Durchlaufprinzip ist eine sorgfältige Dimensionierung der Warmwasseranlage inklusive Pufferspeicher erforderlich. Besondere Aufmerksamkeit erfordert die Zirkulation.

TGA: Herr Zimpel, das Klimaschutzprogramm 2030 hat noch einmal sehr deutlich gemacht, die Art und Weise, wie wir Wärme in Gebäuden einsetzen, muss sich verändern. Ändert sich damit auch, wie wir planen müssen?

Zimpel: Ja, ich denke die Heizungssystem­technik wird sich verändern müssen, sowohl um einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten als auch um auf das sich ändernde Nutzungsverhalten einzugehen. Deshalb müssen künftig Systeme geplant werden, die besonders energieeffizient arbeiten, die den Komfortansprüchen genügen und zugleich höchste Hygiene-Anforderungen bei der Bereitstellung von Trinkwarmwasser erfüllen.

Die Zukunft gehört „smarten“ Systemen, die Wärme so bedarfsgerecht wie möglich bereitstellen und gleichzeitig niedrige Rücklauftemperaturen gewährleisten, also Wärmequellen möglichst effektiv einbinden. Außerdem gilt nun mehr denn je: „So wenig wie möglich und so viel wie nötig.“ Nur bei der Vermeidung einer Überdimensionierung lässt sich ein ressourcenschonender und bestimmungsgemäßer Betrieb der Anlage – vor allem in hygienischer Hinsicht – gewährleisten.

TGA: Wie stellt sich varmeco darauf ein?

Zimpel: Wir haben schon sehr früh die Weichen für zukunftsfähige und klimaschonende Konzepte gestellt. Zum Beispiel haben wir Lösungen für die Trinkwassererwärmung, bei denen die thermische Energie nicht im Trinkwasser sondern auf der Heizungsseite gespeichert wird, im Angebot.

Dadurch kann erneuerbare Energie aus Wärmepumpen oder Solarthermieanlagen, Abwärme und der thermische Output von KWK-Anlagen optimal gespeichert und verwendet werden, ohne den Hygieneaspekt zu vernachlässigen.

Aber es geht auch um die Speicher, denn nur durch eine optimale Dimensionierung der Speicher lässt sich die Schalthäufigkeit der Wärmeerzeuger minimieren und die Ausnutzung nicht steuerbarer Wärmeströme maximieren. Das erhöht zudem den Wirkungsgrad der Anlagentechnik und ihre Haltbarkeit.

TGA: Sie haben neben Effizienz und Hygiene auch Komfort angesprochen. Was meinten Sie damit?

Zimpel: Zum Beispiel, dass die Trinkwasser­erwärmung durch Frischwassererwärmer energiesparend – und unter Bevorzugung regenerativer Energie – erzeugt wird, aber die Nutzer trotzdem nicht lange auf das Warmwasser warten müssen. Das lässt sich bei zentraler Trinkwassererwärmung nur durch eine Zirkulation sicherstellen, auch in diesem Punkt haben wir die Energieeffizienz durch unsere exergieoptimierten Frischwasserkaskaden (2) verbessert.

Bei diesen Kaskaden wird von mehreren Frischwassererwärmern einer speziell für den Zirkulationsbetrieb eingesetzt. Die Rückläufe der Geräte werden dabei konsequent getrennt zum Speicher geführt, um den Zirkulationseinfluss so gering wie möglich zu halten und möglichst kalte Rücklauftemperaturen zu erzeugen.

Auch hier wird eine optimale Auslegung der heizseitigen Temperaturen vorausgesetzt, um eine hohe Energieeffizienz zu erzielen. Mit anderen Worten: Wir kommen mit einer möglichst geringen Überhöhung der Vorlauftemperatur zur Warmwassertemperatur aus und erreichen eine möglichst tiefe Rücklauftemperatur. So klappt es mit der Effizienz und wir können die bestmögliche Wärmeübertragergröße des Frischwassererwärmers ermitteln.

Bild 2: Aufbau ­einer exergie­optimierten Vierer-Trink­wassererwärmer-Kaskade mit Zirkulationsbetrieb – das rechte Gerät (Z1) ist dann für das Aufrechterhalten der Warmwassertemperatur zuständig.

Bild 2: Aufbau ­einer exergie­optimierten Vierer-Trink­wassererwärmer-Kaskade mit Zirkulationsbetrieb – das rechte Gerät (Z1) ist dann für das Aufrechterhalten der Warmwassertemperatur zuständig.

TGA: Stichwort optimale Auslegung der Anlagen. Teil 3 von DIN EN 12 831 geht ja speziell auf die Heizlast und Bedarfsbestimmung der Trinkwassererwärmung ein …

Zimpel: Kern der Norm ist das Summenlinienverfahren, auch Wärmeschaubild genannt, nach Sander und Faltin. Dieses Verfahren ermöglicht es, Trinkwassererwärmungssysteme physikalisch richtig auszulegen.

Dazu wird eine Bedarfskennlinie über 24 h aufgestellt, die sich bestmöglich am tatsächlichen Nutzerverhalten orientiert (5). Die Energiemengen für Warmwasser werden möglichst im Minuten-Intervall über 24 h aufsummiert und mit der Angebotskennlinie verglichen. Bei der Angebotskennlinie werden die Energiemengen, die sich aus den Laufzeiten der Wärmequelle und der Speicherkapazität ergeben, ebenfalls über 24 h aufsummiert.

Liegt die Angebotskennlinie während der ganzen Betrachtungszeit über der Bedarfskennlinie, gilt die Anlage als richtig dimen­sioniert. Dabei werden Minimal-Speicher­kapazitäten, Durchmischungsgrade der Speicher, Wärmeverluste der Verteilleitung und des Speichers, der Ein- und Ausschaltzeitpunkt für die Nachheizung sowie die Verzögerungszeiten der unterschiedlichen Wärmeerzeuger berücksichtigt.

Aktuell gilt zu DIN EN 12 831-3 zusätzlich DIN 4708 (zentrale Trinkwassererwärmungsanlagen für Wohngebäude), bis sie durch ein ähnliches Verfahren im Nationalen Anhang abgelöst wird. Auch wenn mittlerweile von einer Überdimensionierung bei der Anwendung von DIN 4708 gesprochen wird, hat sich die Norm im Wohnungsbau aufgrund ihrer einfachen Handhabung in der Praxis bewährt.

TGA: … sie hat aber Schwächen?

Zimpel: Ja, Schwächen hat sie in der Tat. Insbesondere ist sie „altersschwach“. DIN 4708 wurde 1994 veröffentlicht. Dass heute eine Auslegung nach DIN 4078 zur Überdimensionierung führt, wird zu Recht kritisiert. Das hängt vor allem mit dem veränderten Nutzerverhalten zusammen, denn gegenüber früher ergeben sich insbesondere in größeren Wohngebäuden heute eher lange Bedarfsperioden mit relativ kleinen Bedarfsspitzen.

Das Summenlinienverfahren ermöglicht es, Trink­wassererwärmungssysteme physikalisch richtig auszulegen. Dazu wird eine Bedarfskennlinie aufgestellt, die sich bestmöglich am tatsächlichen Nutzerverhalten orientiert. Für die Angebotskennlinie werden die Energiemengen, die sich aus den Laufzeiten der Wärmequelle und der Speicherkapazität ergeben, aufsummiert. Liegt die Angebotskennlinie während der ganzen Betrachtungszeit über der Bedarfskennlinie, gilt die Anlage als richtig dimensioniert.

 Thomas Zimpel

Bild: varmeco

TGA: Hat sich nur das Nutzungsverhalten so gravierend verändert?

Zimpel: Nicht nur das Nutzungsverhalten hat sich geändert, auch der Anteil der Trinkwasser­erwärmung am gesamten Wärmebedarf. Früher wurde der Auslegung für Trinkwassererwärmungsanlagen wenig Bedeutung beigemessen, da der Anteil an der Gesamtheizlast eines Gebäudes nur bei etwa einem Siebtel lag.

Das hat sich in den letzten Jahrzehnten durch die permanente Verschärfung der energetischen Anforderungen an Gebäude gewandelt. Heute liegt der Anteil eher bei der Hälfte. Und der Trend geht dahin, dass die Warmwasserheizlast die Raumheizlast deutlich überschreitet. Das bestätigen auch unsere vielen Analysen aus dem Daten-Monitoring in Wohngebäuden. Deshalb gewinnt die bedarfsorientierte Auslegung nach DIN EN12 831-T3 im planerischen Alltag an Bedeutung.

Bild 3: Trinkwassererwärmer mit Kaltwasserventil (unten rechts) zur Kaskadenrotation nach definierbarer Durchflussmenge.

Bild: varmeco

Bild 3: Trinkwassererwärmer mit Kaltwasserventil (unten rechts) zur Kaskadenrotation nach definierbarer Durchflussmenge.

TGA: Sind die Bedarfsprofile der Norm für eine ordentliche Planung ausreichend?

Zimpel: Für eine bedarfsgerechte Planung sind diese sicherlich nicht gut genug. In der Norm sind nur sehr grobe, auf Stundenwerten basierende, prozentuale Anteile am ­Tagesbedarf oder personenbezogene Ener­giewerte bei unterschiedlichen Nutzungsarten angegeben.

Die fehlenden Bedarfsprofile bei den unterschiedlichen Nutzungsarten sind eine Schwäche der Norm. Diese sollen über Messreihen oder über statistische Erfahrungswerte im Nationalen Anhang ergänzt werden. Die Idee ist, die Profile eventuell über Hochschulserver zur Verfügung zu stellen. Ob oder wann das geschehen wird, steht aber nicht fest.

TGA: Wie geht varmeco mit der Situation um?

Zimpel: Da wir uns seit ca. 20 Jahren mit der Auslegung und mit Bedarfsprofilen für die unterschiedlichen Nutzungsarten beschäftigen, verfügen wir über viel Erfahrung zum Summenlinienverfahren. Dazu zählt ein umfangreicher Katalog aus Bedarfsprofilen, die zum Teil auf echten Messwerten und Erfahrungsvergleichswerten beruhen.

TGA: Bei varmeco ist auch eine professionelle Software-Lösung zum Auslegen von Warmwasseranlagen entstanden. Wie können Planer davon profitieren?

Zimpel: Wir haben früh ein excelbasiertes Auslegungstool auf Basis des Summenlinienverfahrens entwickelt und es immer wieder verbessert. Vor etwa vier Jahren haben wir dann die Solar-Computer GmbH näher kennengelernt, was uns noch einmal Impulse bei der Entwicklung gab.

Gemeinsam haben wir FALTINtool professional 7.0 (4) (5) entwickelt. Das Auslegungstool enthält einen umfangreichen Katalog mit Bedarfsprofilen und hat Schnittstellen zu allen möglichen weiteren Haustechnikanwendungen. Es bietet eine professionelle Projektverwaltung und erlaubt es, selbst erstellte Nutzungsprofile hochzuladen. Und es bietet noch weitere nützliche Funktionen, die den Planungsalltag erleichtern.

TGA: Ist das Programm auch für Projekte in Österreich, der Schweiz oder im weiteren Ausland geeignet?

Zimpel: Da die Tools eine europäische Norm berücksichtigen, sind sie mindestens in der EU anwendbar. Die Schweiz hat das Summenlinienverfahren bereits 1991 vorgestellt und bis heute weiterentwickelt, dort mündete es in die Richtlinie SIA 358. Was den Rest der Welt angeht: Da sich die Norm und das Auslegungstool im Kern auf physikalischen Gesetzmäßigkeiten beziehen, sehen ich keinen Grund, warum es nicht auch außerhalb Europas angewendet werden kann.

TGA: Was kostet FALTINtool?

Zimpel: FALINtool professional 7.0 kostet 590 Euro netto. Informationen zur Software finden Interessenten auf www.varmeco.de/­faltiontool-pro. Ergänzend bieten wir auch Schulungen an, in denen wir anhand praxisnaher Beispiele zeigen, wie das Auslegungstool optimal eingesetzt wird. Man muss aber keine Schulung besuchen, um es zu bedienen, sondern kann sich auch selbst einarbeiten.

TGA: Vielen Dank für das Gespräch.

Bild 4: Auswahl des Wärmespeichers in FALTINtool professional 7.0.

Bild: varmeco

Bild 4: Auswahl des Wärmespeichers in FALTINtool professional 7.0.
Bild 5: Anlagenkonfiguration in FALTINtool professional 7.0 mithilfe der Bedarfskennlinie.

Bild: varmeco

Bild 5: Anlagenkonfiguration in FALTINtool professional 7.0 mithilfe der Bedarfskennlinie.

Kontakt zum Anbieter

varmeco
87600 Kaufbeuren
Telefon (0 83 41) 9 02 20

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