Der Water Safety Plan (WSP) ist für Betreiber von Trinkwasser-Installationen das maßgebliche Werkzeug, um über ein aktives Risikomanagement – wie beispielsweise schon aus dem Brandschutz bekannt – den Erhalt der Trinkwassergüte abzusichern. Durch eine konsequent hygienebewusste Auslegung der Trinkwasser-Installation kann bereits der TGA-Planer maßgeblich zur vereinfachten Umsetzung eines WSP beitragen.
Kompakt zusammengefasst
■ Der Water Safety Plan ist fester Bestandteil eines Risikomanagements, das Betreibern von Großobjekten mehr Sicherheit beim Betrieb der Trinkwasser-Installation bringt.
■ Diese Aufgabe ist einfacher zu erfüllen, wenn bereits bei der Planung der Trinkwasser-Installation mit dem Werkzeug der Trinkwasser-Hygiene-Matrix die entscheidenden Grundlagen einer hygienebewussten Auslegung und des entsprechenden Betriebs berücksichtigt und die spätere, prozesssichere Nachverfolgung und Dokumentation der Maßnahmen zum Erhalt der Trinkwasserhygiene „mitgedacht“ wurden.
■ Für den Fachplaner eröffnet sich neben der eigenen Absicherung durch den WSP damit einmal mehr die Möglichkeit, gegenüber seinem Kunden Planungskompetenz zu dokumentieren und – mindestens genauso entscheidend – schon präventiv für einen ebenso hygienebewussten wie wirtschaftlichen Betrieb von Trinkwasser-Installationen die entscheidenden Grundlagen zu schaffen.
Etwas Theorie vorweg: Das von den Versorgern in Deutschland bereitgestellte Trinkwasser ist wie in der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) gefordert in aller Regel sauber, genusstauglich und rein. Diesem Qualitätsmaßstab zugrunde liegen entsprechende chemische und biologische Parameter, die über die 2001 erstmals veröffentlichte TrinkwV Ende 2020 in ähnlicher Form auf EU-Ebene in die novellierte Europäische Trinkwasser-Richtlinie (Drinking Water Directive, DWD) übernommen wurden.
Die wesentlichen Ziele hinter der DWD sind eine effizientere Überwachung der Wasserqualität, die Einführung aktualisierter Qualitätsstandards, eine gesicherte Verfügbarkeit von hygienisch einwandfreiem Trinkwasser und – nicht zuletzt – mehr Transparenz rund um das „Lebensmittel Nummer eins“.
Das hatte und hat Konsequenzen in der Praxis, auch für Fachplaner, weil es die Abkehr von der alleinigen Endproduktkontrolle der Trinkwasserqualität hin zu einer risikobasierten, maßgeschneiderten und effizienteren Überwachung des gesamten Versorgungsprozesses bedeutet – bis zur Trinkwasser-Installation in Gebäuden. Grundlage dafür sind wiederum eine Risikobewertung und ein qualifiziertes Risikomanagement, wie es bereits von der Weltgesundheitsorganisation WHO empfohlen wird.
Im Ergebnis: Die Auslegung einer Trinkwasser-Installation durch den Fachplaner sollte schon mit Blick auf einen möglichen, vom Betreiber aufzustellenden Water Safety Plan (Trinkwassersicherheitskonzept) erfolgen und sich damit
a) an den anerkannten Grundlagen einer hygienebewussten Auslegung und
b) an den kontroll- und betriebstechnischen Anforderungen, die über den WSP während der Nutzungsphase an die jeweilige Trinkwasser-Installation gestellt werden,
orientieren.
Grundlagen der hygienebewussten Auslegung der Trinkwasser-Installation
Als Basis für die hygienebewusste Auslegung einer Trinkwasser-Installation dient der Wirkkreis der Trinkwassergüte (Bild 2) mit den vier maßgeblichen Faktoren
● hinreichende Durchströmung des gesamten Rohrleitungsnetzes;
● qualifizierte Temperaturhaltung für Trinkwasser kalt (PWC) < 20 °C und Trinkwasser warm (PWH) > 55 °C;
● regelmäßiger, ausreichender Wasseraustausch und
● ein möglichst geringes Nährstoffangebot als Lebensbasis für Mikroorganismen.
Wird eine dieser vier Einflussgrößen nicht erreicht bzw. eingehalten, ist der Erhalt der Trinkwassergüte bereits gefährdet. In Bestandsanlagen kann deswegen auch eine einfache Temperaturmessung des Trinkwassers einen ersten, belastbaren Hinweis geben, ob Risiken für die Trinkwasserhygiene bestehen.
Und damit schließt sich hier schon der Kreis zur Zweckbestimmung eines Water Safety Plans, nämlich dem Aufdecken von potenziellen hygienischen Schwachstellen in der Trinkwasser-Installation und der Entwicklung eines Maßnahmenplans, wie diese Risiken im Betrieb entweder beseitigt oder zumindest beherrscht werden können.
Die dafür zu erbringende Planerleistung lässt sich im Wesentlichen ebenfalls in vier zentralen Anforderungen zusammenfassen:
● der bedarfsgerechten Planung und Auslegung der Trinkwasser-Installation mit einer möglichst einfachen Hydraulik,
● dem Vermeiden von Wärmeübergängen auf Trinkwasser kalt (PWC), beispielsweise durch thermische Trennung von warm und kalt gehenden Rohrleitungen in Schächten und Nutzungseinheiten,
● einer gegebenenfalls automatischen Unterstützung des bestimmungsgemäßen Betriebs für den regelmäßigen Wasseraustausch, und
● der ausschließlichen Verwendung von Materialien gemäß UBA-Bewertungsgrundlage in der Ausschreibung.
Um diese Anforderungen im Sinne des Betreibers unter wirtschaftlichen wie funktionalen Aspekten bestmöglich zu erfüllen, ist im Vorfeld der Planung einer neuen oder zu sanierenden Trinkwasser-Installation ein exakter Nutzungsplan des Gebäudes und des Trinkwassers aufzustellen. Der Nutzungsplan (Bild 3) stellt dabei im Prinzip eine Weiterentwicklung des bekannten Raumbuchs (Bild 4) dar und dient gleichzeitig als Ausgangspunkt für einen Water Safety Plan.
Der Nutzungsplan ist dabei notwendiger Bestandteil einer sogenannten Trinkwasser-Hygiene-Matrix. Ziel ist es, die bedarfsorientierten Funktionsbereiche des Gebäudes und die Nutzung der Räume abzubilden. Ergeben sich dabei Hygienerisiken für den bestimmungsgemäßen Betrieb, können diese sofort bei der Planung oder vor einer Sanierung durch aktive Maßnahmen behoben werden.
Beispielsweise fordert die „Zukunftsstrategie Trinkwasser“ vom Handelsblatt Research Institute (HRI, [1]) von Mai 2022 die Berücksichtigung der Trinkwasserhygiene als Bestandteil des Bauantrags, um durch die dokumentierte Risikobeherrschung nachhaltige Beeinträchtigungen der Trinkwasserqualität zu vermeiden.
Aus diesem perspektivischen Lastenheft entwickeln sich unter trinkwasserhygienischer Bewertung zwei grundlegende Planungsprämissen:
● Die Trinkwasser-Installation ist bedarfsgerecht und einfach strukturiert auszulegen. Ziel ist es, das Anlagenvolumen so gering wie möglich und die Anlagenhydraulik unter allen typischen Betriebsbedingungen beherrschbar zu halten.
● Die Trinkwasser-Installation ist so aufzubauen, dass die thermischen Risiken (Bild 5) vom Hausanschlussraum bis zur letzten Entnahmestelle durch Fremderwärmung oder Wärmeübergang vermieden werden (siehe auch AMEV Sanitäranlagen 2021 [2]).
Einfache, bedarfsgerechte Strukturen
Vor allem in großen Gebäuden mit hohen hygienischen Anforderungen, wie in Krankenhäusern oder Alten- und Pflegeheimen, war in den vergangenen Jahren – ausgelöst durch die Forderung nach dem Erhalt der Trinkwassergüte – ein Trend hin zu immer komplexeren Trinkwasser-Installationen zu beobachten.
Typisch dafür ist das Arbeiten mit mehreren, oftmals (zu) vielen Zirkulationskreisen, um den hinreichenden Wasseraustausch unabhängig von der tatsächlichen Nutzung abzusichern und oft unnötigerweise eine Temperaturhaltung von Trinkwasser warm bis nahe an die Wandscheibe zu realisieren. Die Folge dieser durchaus anerkennenswerten Absicht waren jedoch Rohrleitungsnetze, die hydraulisch (und damit thermisch) nur noch bedingt beherrschbar sind.
Es ergaben sich so Risiken stagnierenden Wassers, das schneller in einen hygienekritischen Temperaturbereich kommt: In der gedämmten Vorwand verlegte Rohrleitungen für Trinkwasser kalt erwärmen sich beispielsweise bis auf Zimmertemperatur oder – bei parallel verlegten PWH-Leitungen – sogar darüber hinaus, während das stagnierende Trinkwasser warm aufgrund des unzureichenden Hydraulischen Abgleichs unter die geforderten 55 °C abkühlt. In beiden Fällen ist erhöhtes Legionellenwachstum zu erwarten (Bild 5).
Permanent durchströmte Zirkulationskreise für PWH bis in die Nutzungseinheiten verstärken im Übrigen nicht nur das Risiko der Kaltwassererwärmung durch diese zusätzlichen thermischen Lasten. Sie führen darüber hinaus zu vermeidbaren Energieverlusten.
Sinnvoller sind klar strukturierte Rohrleitungsnetze zum Beispiel aus mehreren zirkulierenden Steigesträngen, die das Gebäude als Hauptverteilung abschnittsweise vertikal versorgen, während sich die durchgeschliffenen (Etagen-)Verteilungen über einfache T-Stücke wiederum an definierten Nutzungseinheiten orientieren.
Hier ist eine Reiheninstallation mit der Platzierung eines Hauptverbrauchers am Ende der Reihenleitung hydraulisch und hygienisch vorteilhaft. Bei dieser Installation werden alle Entnahmestellen über Doppelwandscheiben durchgeschliffen. So ergibt sich durch die häufige Nutzung des Verbrauchers am Ende der Verteilung ein regelmäßiger Wasseraustausch in der gesamten Strecke.
In der Stockwerksverteilung für PWC wird dabei in der Regel ein WC am häufigsten genutzt, bei PWH ein Waschtisch. Bei selten genutzten Reihenleitungen können PWC und PWH über entsprechend ausgelegte WC-Spülkästen regelmäßig ausgespült werden (Bild 6).
Bei der Dimensionierung der Rohrleitungen sollten die Gleichzeitigkeiten und damit das Anlagenvolumen reduziert werden, um so den hinreichenden Wasseraustausch zu unterstützen. Nach EN 806-5 ist für den vollständigen Wasseraustausch ein Zeitraum von sieben Tagen vorgesehen, hygienisch sicherer ist ein Wasserwechsel alle 72 h gemäß DVGW/VDI-Richtlinie 6023.
Das Argument des reduzierten Anlagenvolumens gilt an dieser Stelle genauso für die Bereitstellung von Trinkwasser warm: Anstelle großzügig dimensionierter Trinkwasserspeicher mit der Energiebevorratung von PWH sind Durchfluss-Trinkwassererwärmer zu bevorzugen. Sie bevorraten nur ein geringes Volumen Trinkwasser warm. Stattdessen kommt die Energie zur Trinkwassererwärmung von einem Pufferspeicher auf der Heizungswasserseite (Bild 8).
Abgesicherte Temperaturhaltung
Die bedarfsgerechte Auslegung der Trinkwasser-Installation mit einem reduzierten Anlagenvolumen und einer übersichtlichen Anlagenstruktur trägt im Sinne des Risikomanagements eines Water Safety Plans bereits entscheidend dazu bei, die thermischen Hygienerisiken in einer Trinkwasser-Installation zu minimieren und zu beherrschen.
Damit sind die Planerpflichten aber noch nicht erfüllt, denn die Auswertung von 30 000 Wasserproben deutscher Gesundheitsbehörden in 4400 öffentlichen Gebäuden hat bei 5 % der Proben im Trinkwasser kalt Überschreitungen des technischen Maßnahmenwertes für Legionellen aufgedeckt [3]. Ein wesentlicher Grund dafür: die Fremderwärmung des Trinkwassers kalt auf dem Weg vom Hauseintritt bis zur letzten Entnahmestelle. Ursache waren in der Regel lokale Wärmeeinträge. Deswegen sollten für Teilstrecken, die
● vom Hausanschlussraum bzw. der Heizzentrale durch unbeheizte Kellerräume,
● in vertikalen Schächten mit Gemischtbelegung, oder
● in abgehängten Decken, Installationswänden oder in Vorwandtechnik
verlaufen, die thermischen Risiken einer Fremderwärmung von PWC schon in der Planungsphase bewertet werden, da jeder dieser Installationsbereiche möglicherweise hohen Wärmelasten ausgesetzt ist [4]. Diese sollten beispielsweise (Bild 10) vermieden werden durch
● eine thermisch getrennte Führung von warm- und kaltgehenden Rohrleitungen gemäß VDI 6023 idealerweise in unterschiedlichen Steigeschächten,
● eine räumlich deutlich getrennte Installation der Zirkulations- und Verteilleitungen auf der Etage, und
● den Verzicht auf ein Durchschleifen der Zirkulationsleitung (PWH-C) bis unmittelbar vor die Entnahmearmatur.
Auch Technikzentralen, in denen leistungsstarke Wärmeerzeuger direkt neben der Hauptverteilung für PWC platziert sind, sind als potenzielle Quelle für eine hygienekritische Fremderwärmung von Trinkwasser kalt schon vor der Verteilung im Gebäude identifiziert worden.
Die Dämmung von Rohrleitungen für Trinkwasser kalt garantiert in diesem Zusammenhang übrigens kein „kaltes“ Trinkwasser, da das Dämmmaterial in zu warmen Schächten oder in gedämmten Vorwänden bei nur geringer Kaltwasserentnahme mit Zeitverzögerung die dort herrschende Temperatur annimmt.
Wenn nun eine Wasserentnahme erfolgt, kühlt sich das Leitungsrohr entsprechend der Temperatur des nachfließenden Wassers ab. Da aber die Entnahmedauer in der Regel nur kurz ist, kühlt die Dämmschicht aufgrund ihrer Materialeigenschaften nicht gänzlich ab, sondern nur partiell im Nahbereich des Rohres. Die nicht abgekühlten Bereiche des Dämmmaterials können ihre gespeicherte Wärme also nach dem Zapfvorgang langsam wieder an die abgekühlten Dämmschichtbereiche und damit letztlich an das Wasserrohr abgeben – und erwärmen somit wieder das Kaltwasser [5].
Fachberichte mit ähnlichen Themen bündelt das TGAdossier Trinkwasserhygiene
Literatur
[1] Haupt, Sabine; Jung, Sven; Müller, Hans Christian; Schrinner, Axel; Wocher, Martin: Zukunftsstrategie Trinkwasser – Eine Studie im Rahmen des Masterplan 2030. Düsseldorf: Handelsblatt Research Institute, Mai 2022
[2] Sanitäranlagen 2021 – Planung, Ausführung und Bedienung von Sanitäranlagen in öffentlichen Gebäuden, Empfehlung Nr. 151. Berlin: Arbeitskreis Maschinen- und Elektrotechnik staatlicher und kommunaler Verwaltungen (AMEV), Stand: 01. April 2021
[3] Erkenntnisse aus dem BMBF-Verbundprojekt „Biofilme in der Trinkwasser-Installation“, Teilprojekt 1 (Leiter: Prof. Dr. Thomas Kistemann): Entwicklung und Evaluierung eines rationalen räumlich-zeitlichen Probenahme-Regimes zur effizienten und verlässlichen Erfassung, Beobachtung und Interpretation mikrobieller Kontaminationen in Trinkwasserinstallationen Version 2.1, Projektdauer: 01.10.2006 – 30.04.2010, Koordination: Prof. Dr. Hans-Curt Flemming
[4] Schulte, W.: Moderne Bautechnik – Risiken für die Trinkwassergüte. Arnsberg: Strobel Verlag, IKZ Sonderheft Trinkwasserhygiene 2017
[5] Hentschel, W.: Legionellen im Kaltwasser. Frankfurt: 2018
[6] Schauer, Christian: Trinkwasser-Installation – Hygienisch abgesicherten Betrieb mit dem WSP vorplanen. Stuttgart: Gentner Verlag, TGA 09-2022