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Bei Neubauten und Sanierungen von Wohngebäuden ist die Erstellung eines Lüftungskonzeptes gemäß DIN 1946-6 Pflicht, um Feuchte- und Schimmelschäden vorzubeugen.
Wohnungslüftungs-Planungssoftware rationalisiert die Prüfung der Notwendigkeit Lüftungstechnischer Maßnahmen.
Die Neufassung von DIN 1946-6 und die Überarbeitung von DIN 18 017-3 berücksichtigen bisherige Erfahrungen und technische Weiterentwicklungen.
Allerdings bleiben Änderungen in der Nutzung oder Belegung von Wohnungen oder mangelnde Wartung und Instandhaltung weiterhin ein Unsicherheitsfaktor.
Für alle neu zu errichtenden oder zu modernisierenden Gebäude mit lüftungstechnisch relevanten Änderungen ist gemäß DIN 1946-6 [1] ein Lüftungskonzept Pflicht. Liegt es nicht vor, bestehen Haftungsrisiken für mögliche Feuchte- oder Schimmelschäden.
Lüftungstechnisch relevant ist eine Baumaßnahme immer dann, wenn im bestehenden Ein- oder Mehrfamilienhaus mehr als ein Drittel der vorhandenen Fenster ausgetauscht werden und im Einfamilienhaus mehr als ein Drittel der Dachfläche abgedichtet wird. Ob – und falls ja – welche lüftungstechnische Maßnahme (LtM) pro Nutzungseinheit erforderlich ist, lässt sich anhand der Raumlufttechnik-Normen DIN 1946-6 und DIN 18 017-3 [2] ermitteln.
DIN 1946-6 enthält neben dem LtM-Nachweis auch Regeln für die Belüftung von Wohngebäuden (Neubau und Renovierung), Festlegungen von Grenzwerten sowie Berechnungsmethoden für den notwendigen Luftaustausch, unter Berücksichtigung energetischer, bauphysikalischer, lüftungstechnischer und hygienischer Aspekte. DIN 18 017-3 regelt die Lüftung fensterloser Bäder und Toilettenräume.
Neufassung der DIN 1946-6
Seit der Veröffentlichung im Mai 2009 hat sich die DIN 1946-6 zu einer maßgeblichen Planungs- und Ausführungsrichtlinie für Wohnraumlüftungsgeräte und -anlagen entwickelt. Mit dem im Januar 2018 erschienenen Entwurf zur Überarbeitung des Regelwerks wurde den bisherigen Erfahrungen und technischen Weiterentwicklungen Rechnung getragen. Der Wohnungslüftungs-Markt hat sich insbesondere im Bereich der dezentralen Lüftungsgeräte mit und ohne Wärmerückgewinnung (WRG) dynamisch entwickelt.
Diese Lüftungssysteme wurden in der bisherigen Fassung der DIN 1946-6 nur im Ansatz als Einzelraumlösung berücksichtigt. Zudem gab es nur wenige Leitlinien für die Auslegung auch in Kombination mit anderen Systemen, etwa nach DIN 18 017-3 [2].
Grundsätzlich sind die Anforderungen mit denen der alten Norm vergleichbar. Neu ist die Struktur: Die DIN 1946-6 wird künftig in die Abschnitte „Lüftungskonzept“, „freie Lüftung“ und „ventilatorgestützte Lüftung“ gegliedert. Neu ist der Abschnitt „kombinierte Lüftungssysteme“. Die neue Strukturierung soll die praktische Anwendung der Norm übersichtlicher machen. Und die Berechnung des Außenluftvolumenstroms durch In- und Exfiltration wurde an den Stand der Technik angepasst.
Neu sind auch die stärkere Gewichtung der Einzelraumbetrachtung, von Fensterlüftungssystemen, Mischsystemen, Hybridsystemen, alternierenden Systemen, hygienische Aspekte und ein Anhang für Kellerlüftung (der Entwurf DIN 1946-6 „Beiblatt 5:2015-12 Kellerlüftung wurde bereits zurückgezogen).
Der Weißdruck zur Neufassung der DIN 1946-6 befindet sich nach der Beratung der zahlreichen Einsprüche, kritischen Kommentare und Einwände (z. B. bezüglich Hygiene, Feuchteschutz, Energieeffizienz, Wirtschaftlichkeit etc.) in der finalen Phase. Eine Zustimmung zur Norm und eine Veröffentlichung werden im September dieses Jahres erwartet. Parallel wird auch die DIN 18 017-3 überarbeitet, ein Entwurf wurde zur Kommentierung (bis zum 15. April 2019) im März 2019 vorgelegt.
Welche Bedeutung die beiden Normen haben zeigt, dass der Fachverband Gebäude-Klima (FGK), der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) und der Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK), der Fachöffentlichkeit vier Kongresse – in Stuttgart (23. Oktober), Berlin (05. November), Frankfurt (27. November) und Hamburg (12. Dezember 2019) – zu den Neuerungen der Normen anbietet (weitere Infos: www.fgk.de).
Umsetzung der Neuerung
Die mit der kurz bevorstehenden Neuvorstellung der DIN 1946-6 einhergehenden Änderungen wirken sich auch auf Programme zur Lüftungskonzeptplanung aus. So müssen nicht nur zahlreiche Dialogfenster überarbeitet und angepasst werden. Weitaus umfangreicher sind Änderungen in der Berechnung, beispielsweise zur Ex- und Infiltration und der Volumenströme.
Bei der Volumenstromberechnung sind typische Belegungsdichten der Nutzungseinheiten zu berücksichtigen. Kombinierte Lüftungssysteme, Hybridsysteme und alternierende Systeme müssen ebenso stärker berücksichtigt werden, wie hygienische Aspekte und Bezüge zur VDI 6022.
Diese und weitere Änderungen sollen mehr oder weniger zeitnah umgesetzt werden, wie eine aktuelle Umfrage unter einigen namhaften Anbietern ergab:
In der TGA-Ausgabe 04-2020 wird im Rahmen eines tabellarischen Produktvergleichs das Thema Lüftungskonzeptplanungs-Software mit einem umfassenden Bild zu den Änderungen und dem Stand der Aktualisierung erneut aufgegriffen.
Welche Programme gibt es …?
Rund 30 Programme für die Lüftungskonzept-Planung und Berechnung gibt es aktuell (siehe Info-Kasten). Sowohl die Konzeption als auch der Funktionsumfang der Lösungen ist sehr unterschiedlich: Die Palette reicht von kostenfreien herstellerspezifischen Planungs- und Ausschreibungsprogrammen von Lüftungssystem-Herstellern, wie Helios, Maico, Systemair, Vallox oder Zehnder, bis hin zu kostenpflichtigen herstellerunabhängigen Planungsprogrammen als eigenständige Software oder als modularer Teil von EnEV- oder TGA-Programmen, die diese als Basis voraussetzen.
Auch Web-basierte Programme werden offeriert, z. B. Helios KWL easyPlan, iGEB AirPlan-online oder Zehnder Comfoplan. Eine vereinfachte Prüfung zur Notwendigkeit einer Lüftungstechnischen Maßnahme bietet das herstellerneutrale Softwaretool (kostenfrei) des Bundesverbands für Wohnungslüftung (VfW, www.wohnungslueftung-ev.de). Eine Arbeitshilfe mit Musterkonzepten und Berechnungsvorlagen in Form eines DIN A4-Ordners und einer CD-ROM offeriert Weka Media mit „Lüftungskonzepte für Wohngebäude erstellen und dokumentieren“.
… und worauf sollte man achten?
Handelt es sich um eine separat lauffähige Software oder ein Modul einer EnEV- oder TGA-CAD-Software? Ist Letzteres der Fall, kann man auf bereits erfasste Gebäude- und Raumdaten, Heiz- oder Kühllastdaten zurückgreifen. Das verringert den Eingabeaufwand und mögliche Fehlerquellen. Die Frage, für welche Zielgruppe die Software konzipiert wurde, ist wegen der Funktionsunterschiede zwischen Programmen für Planer und ausführende Betriebe wichtig.
Beim Gebäudetyp unterscheiden sich die meisten Programme insbesondere dadurch, ob auch frei definierbare Raumtypen berücksichtigt werden, die nicht in der DIN 1946-6 enthalten sind, also etwa Räume mit keiner oder einer besonders hohen Feuchtelast.
Nicht alle Programme berechnen die unterschiedlichen Systemarten (Frei, ventilatorgestützt, Quer-, Schachtlüftung, Abluft-, Zuluft-, Zu-/Abluftsysteme etc.). Das gilt insbesondere für produkt- bzw. herstellerspezifische Lösungen. Nicht alle Programme ermöglichen wahlweise die tabellarische, raumorientierte oder grafische Eingabe.
Alle Programme prüfen die Notwendigkeit lüftungstechnischer Maßnahmen, jedoch nicht alle berechnen auch Luftvolumenströme, Lüftungskomponenten oder frei wählbare Lüftungsstufen. Auch bei den Betriebsstufen werden nur vereinzelt von der Norm abweichende Lüftungsstufen erfasst – etwa eine (Sommer-)Nachtlüftung bei extremer Sommerhitze.
DIN 1946-6 in ihrer Fassung Mai 2009 ist Grundlage nahezu aller Planungsprogramme. Dagegen wird DIN 18 017-3 zur Lüftung von Bädern und Toilettenräumen ohne Außenfenster nicht in jedem Programm berücksichtigt.
So unterschiedlich wie die Möglichkeiten bei der Ausgabe sind – die Palette reicht von DIN-Formblättern, über Tabellen, Reports, Stücklisten, Grundrisspläne oder Schemaskizzen – so unterschiedlich sind auch die Möglichkeiten des Datenim- und -exports. Ein Teil der Programme ermöglicht den zeitsparenden Datenimport aus EnEV- und TGA-CAD-Programmen. Beim Datenexport werden unterschiedliche Formate unterstützt, teilweise ist aber auch nur eine Druckausgabe möglich.
Die Preise für kostenpflichtige Programme bzw. Erweiterungsmodule liegen zwischen
100 und 800 Euro, je nach Konzept und Ausbaustufe.
Fazit: Planung ist nicht alles
Vieles wird neu mit der überarbeiteten DIN 1946-6. Beispielrechnungen zeigen jedoch, dass sich bei der Prüfung lüftungstechnischer Maßnahmen im Vergleich zur alten Norm keine wesentlichen Änderungen ergeben. Allerdings erhöht sich bei mehrgeschossigen Einheiten aufgrund des thermischen Auftriebs der Infiltrationsvolumenstrom. Bei Gebäuden in einer windstarken Gegend ab einer bestimmten Wohnfläche, geringer Belegung und durchschnittlichen Dichtheitswerten könnten demnach lüftungstechnische Maßnahmen entfallen [7].
Durch die Vereinfachung und Überarbeitung der DIN 1946-6, die Berücksichtigung bisheriger Erfahrungen und technischer Weiterentwicklungen wird Lüftungskonzept-Planungssoftware planenden oder ausführenden Unternehmen bei der Lüftungskonzept-Erstellung noch mehr Sicherheit geben.
Allerdings hat Software auch ihre Grenzen. So lässt sich die Vielzahl der Lüftungssysteme, Variationen und Kombinationsmöglichkeiten nicht immer adäquat abbilden. Änderungen in der Nutzung oder Belegung von Wohnungen werden in der Praxis auch weiterhin ein Unsicherheitsfaktor für den Feuchteschutz und die Lufthygiene bleiben. Letztere könnte mit zunehmendem Alter lüftungstechnischer Anlagen im privaten Bereich zu einer Herausforderung werden. Werden nämlich zentrale Lüftungsanlagen, aber auch die zunehmend populären dezentralen Geräte nicht regelmäßig und sorgfältig gewartet und gereinigt, nutzt auch die beste, sachgerechte Planung, Montage und Inbetriebnahme nichts.
Ein weiterer Aspekt ist, dass DIN 1946-6 auch in der neuen Fassung vorwiegend bauphysikalische, hygienische sowie energetische Gesichtspunkte jedoch kaum die (Komfort)Erwartungen von Bauherren und Wohnungsnutzern berücksichtigt. Das erfordert von allen Baubeteiligten und Auftragnehmern einen entsprechenden Aufklärungs- und Beratungsaufwand. Auch übermäßige Schadstoffbelastungen aus dem Gebäude und aus der Umgebung des Gebäudes erfordern laut Einführungsbeitrag zum Normenentwurf gegebenenfalls über die Normen hinausgehende Maßnahmen.
Marian Behaneck
Programme / Anbieter (Auswahl)
AX3000 Lüftungskonzept www.ax3000-group.de
BKI Lüftungskonzept www.baukosten.de
C.A.T.S. Wohnungslüftung www.cats-software.com
Dämmwerk www.bauphysik-software.de
Ecotech Air Plan www.ecotech.cc
Envisys Evebi-Lüftungskonzept www.envisys.de
HEA Berechnungstool DIN 1946-6/DIN 18017-3 www.hea.de
KWL easyPlan www.heliosventilatoren.de
Lüftungskonzept 1946-6 www.hottgenroth.de
Lüftungsplaner 3D Plus www.hottgenroth.de
AirPlan-online www.airplan-online.de
AirPlan PRO www.i-geb.de
EVA Lüftungs-Check www.enev-shop.de
KWL easyPlan www.kwleasyplan.de
Limodor Professional www.limot.de
liNear Building Ventilation www.linear.eu
Lüftungskonzepte für Wohngebäude erstellen und dokumentieren (Ordner + CD-ROM) www.weka.de
Maicoairplan www.maico-ventilatoren.com
Plugg&planIT www.pluggit.com
Raumlufttechnik DIN 1946-6 + DIN 18017-3 www.sss2000.de
Wohnungslüftung DIN 1946-6 www.solar-computer.de
Systemair Airplan www.systemair.de
Airplan www.vallox.de
Ventplan www.westaflex.com
Lüftungskonzept www.wohnungslueftung-ev.de
HT2000-CAE www.willms.de
CWL-Auslegungsprogramm www.wolf.eu
Comfoplan www.zehnder-systems.de
ZUB Lüftungskonzept www.zub-systems.de