Das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) und der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) haben erste Zahlen zum Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch von Januar bis September 2021 vorgelegt:
Nach den vorläufigen Berechnungen von ZSW und BDEW haben erneuerbare Energien rund 43 % des Bruttostromverbrauchs in den ersten drei Quartalen 2021 gedeckt. Im Vorjahreszeitraum lag der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch mit 48 % deutlich höher. Der hohe Anteil an erneuerbaren Energien im Jahr 2020 war allerdings von einem ungewöhnlich windreichen ersten Quartal 2020 und einen durch die Corona-Einschränkungen deutlich niedrigeren Stromverbrauch geprägt. Da die Erneuerbaren-Quote als Anteil am Stromverbrauch ausgewiesen wird, führt ein geringerer Verbrauch allein schon zu einem Anstieg des prozentualen Werts. In diesem Jahr lag der Stromverbrauch hingegen wieder auf dem üblichen Niveau.
Neuer Solarstrom-Höchstwert
Einen merklichen Rückgang hat es in den ersten drei Quartalen 2021 bei der Stromerzeugung aus Windenergie an Land gegeben. Denn das laufende Jahr war deutlich windärmer als das Vorjahr. Im Juni erzeugten Windenergieanlagen an Land lediglich 3,4 TWh (Mrd. kWh) Strom, das ist der niedrigste Monatswert seit August 2015.
Im gleichen Monat gab es jedoch einen Höchstwert bei der Stromerzeugung aus Solarenergie. Viel Sonne und der kontinuierliche Ausbau von Photovoltaik-Anlagen haben im Juni dazu geführt, dass 7,8 TWh Solarstrom erzeugt worden sind. Dies sind 11 % mehr als im bislang stärksten Monat, dem Juni 2019, mit 7 TWh. Im restlichen Jahr bewegte sich die Stromerzeugung aus Photovoltaik-Anlagen auf einem durchschnittlichen Niveau.
Die Erzeugungszahlen im Einzelnen
In den ersten drei Quartalen 2021 lag die Bruttostromerzeugung nach vorläufigen Berechnungen bei 426 TWh, ein Anstieg von 4 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum (Q1-3 2020: 411 TWh). Insgesamt wurden knapp 178 TWh Strom aus Sonne, Wind und anderen regenerativen Quellen erzeugt (Q1-3 2020: 191 TWh). Davon stammten gut 63 TWh aus Wind an Land, knapp 46 TWh aus Photovoltaik, knapp 37 TWh aus Biomasse (einschließlich biogenen Siedlungsabfällen), rund 16 TWh aus Wind auf See und knapp 16 TWh aus Wasserkraft. Aus konventionellen Energieträgern wurden knapp 249 TWh erzeugt. Im Vorjahreszeitraum waren es knapp 220 TWh.
Ökostromanteil: Zwei Berechnungsmöglichkeiten
Der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch in den ersten drei Quartalen 2021 beträgt knapp 43 %. Den Ökostromanteil am Bruttostromverbrauch zu bemessen, ist die gängige Berechnungsgrundlage. Sie geht zurück auf europäische Vorgaben und steht im Einklang mit den Zieldefinitionen der Bundesregierung zum Ausbau der Erneuerbaren Energien. Der Bruttostromverbrauch bildet das gesamte Stromsystem eines Landes ab.
Eine andere Möglichkeit ist, den Anteil der erneuerbaren Energien an der Bruttostromerzeugung zu messen. Sie umfasst die gesamte in Deutschland erzeugte Strommenge, also auch die exportierten Strommengen. Der Anteil erneuerbarer Energien in den ersten drei Quartalen auf Basis der Bruttostromerzeugung beträgt knapp 42 % (Q1-3 2020: 47 %).
Exkurs: Die Summe aus Nettostromerzeugung und Stromimporten ergibt das Stromaufkommen. Abzüglich der Stromexporte und des Pumpstromverbrauchs für Pumpspeicherkraftwerke erhält man den Bruttostromverbrauch. Werden hiervon noch die im Stromnetz anfallenden Übertragungsverluste (Leitungsverluste, Verluste im Umspannwerk etc.) abgezogen erhält man den Nettostromverbrauch (auch Endenergieverbrauch). Die Nettostromerzeugung errechnet sich aus der Bruttostromerzeugung („Generatorklemme“) abzüglich Kraftwerkseigenverbrauch.
25-Punkte-Papier für die Energiewende
„Die Energiewende muss ganz oben auf der To-do-Liste der neuen Bundesregierung stehen“, sagt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. „Das bedeutet vor allem: Mehr Tempo beim Erneuerbaren-Ausbau, insbesondere bei der Windenergie an Land. Hemmnisse wie langwierige Planungs- und Genehmigungsverfahren, fehlende Flächen und uneinheitliche Regelungen im Artenschutz müssen dringend aus dem Weg geräumt werden. Wir haben hierzu ein 25-Punkte-Papier vorgelegt.“
Um Phasen mit ungünstigen Wetterverhältnissen ausgleichen zu können, müsse auch die Entwicklung von Speichertechnologien vorangetrieben und in regelbare gesicherte Kraftwerksleistung auf Basis von Gas investiert werden. Und neue Gaskraftwerke und Gas-KWK-Anlagen müssten technologisch bereits in der Lage sein, zukünftig Wasserstoff als Energiequelle zu nutzen und damit langfristig klimaneutral arbeiten zu können.
„Müssen bei der Stromeffizienz sehr viel schneller vorankommen“
„Wir müssen auch bei der Stromeffizienz sehr viel schneller vorankommen“, so Prof. Dr. Frithjof Staiß, geschäftsführender Vorstand des ZSW. „Dies ist zwingend notwendig, weil der Strombedarf durch die neuen Stromanwendungen im Verkehr, auf dem Wärmemarkt und in der Industrie sowie für die Produktion von ‚grünem‘ Wasserstoff deutlich steigen wird.
Damit der Strombedarf nicht schneller wächst, als die Erneuerbaren zugebaut werden können, müssen Stromspar- und Stromeffizienzmaßnahmen bei den klassischen Stromanwendungen konsequent umgesetzt werden: Das reicht von Klima- und Lüftungsanlagen sowie Druckluftanlagen in der Industrie über Heizungspumpen im privaten Haushalt bis zur effizienten Straßenbeleuchtung. Darum muss sich die neue Bundesregierung intensiver kümmern, wenn sie das ambitionierte Klimaschutzziel von 65 % weniger Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 bis zum Jahr 2030 erreichen will.“ ■
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