Auftragsstornierungen gehören zur neuen Tagesordnung im Heizungshandwerk. Weil der Staat Modernisierern eine höhere Förderung in Aussicht gestellt hat. Nun muss er liefern. Und eventuell noch einmal nachsteuern, wo Förderung Förderung zu stark entwertet.
Die Austauschprämie für Öl-Heizungen und die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudemodernisierung sollen den Modernisierungsstau im Heizungsraum selbstgenutzter Eigenheime auflösen. Nach der Ankündigung über die Eckpunkte für das Klimaschutzprogramm 2030 ist ab dem 20. September 2019 mit Ansage das Gegenteil eingetreten.
Eine Umfrage des ZVSHK hat ergeben, dass in den vier Wochen nach Bekanntgabe der geplanten Fördermaßnahmen hochgerechnet über ein Drittel der rund 24 000 Innungsbetriebe durchschnittlich jeweils zwei Auftragsstornierungen erhalten hat. Der Wert der zurückgenommenen Aufträge summiere sich auf einen dreistelligen Millionenbetrag.
Auch viele potenzielle Modernisierer werden nun ihre Pläne ruhen lassen, bis die Ankündigungen Gestalt angenommen haben. Und es kann mehrere Wochen dauern, bis der Regierungsentwurf für ein „Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht“ ein Gesetz geworden ist und die zur Anwendung notwendige Rechtsverordnung vorliegt.
Wenngleich Energieberater, Handwerker und Industrie nun eine Durststrecke aushalten müssen, ist hoffnungsvoll zu vermerken, dass sich die Fördermaßnahmen so schnell herumgesprochen haben. Dies ist insbesondere deshalb bemerkenswert, weil mit dem KfW-Programm „Energieeffizient Sanieren – Investitionszuschuss“ (430) bereits seit Langem ein Förderprogramm existiert, bei dem der Zuschuss bei der häufigsten Konstellation nahezu die gleiche Höhe wie bei der angekündigten steuerlichen Förderung (vgl. Seite 6) erreicht. Rechnet man zusätzlich die entgangene Einsparung aus der verpassten Heizperiode 2019/20 ein, liegt die Differenz beim Einbau einer neuen Öl- oder Gasbrennwertheizung bei genau 111,98 Euro (Beispiel mit dena-Daten, Seite 10). Und schaut man auf die zurückliegende Preisentwicklung, wäre Warten auf den Steuerbonus die teurere Lösung.
Wäre. Denn eine weniger beachtete Ankündigung aus dem „Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung zur Umsetzung des Klimaschutzplans 2050“ lautet: „Wer weiterhin die bisherige Förderung nutzen möchte (СO2-Gebäudesanierungsprogramm, Marktanreizprogramm […] – neu Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG)), bekommt dort zukünftig eine um 10 Prozentpunkte erhöhte Förderung für Einzelmaßnahmen.“ Bei der Heizungserneuerung steigt dann die Förderquote auf 25 %.
Für die Austauschprämie war die Informationslage durch eine schwammige Formulierung im eben genannten Papier zunächst dürftig: „Um die Austauschrate von Öl-Heizungen zu erhöhen, wird eine ‚Austauschprämie‘ mit einem Förderanteil von bis zu 40 % für ein neues, effizienteres Heizsystem in die BEG integriert werden.“ Am 23. Oktober 2019 hat sich das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) nun bei der Förderquote festgelegt: „Wer seine alte Öl-Heizung durch ein klimafreundlicheres Gerät ersetzen lässt, erhält hierfür eine Förderung von 40 %.“
Wenn man das alles mit der vorgesehenen CO2-Bepreisung kombiniert, gibt es tatsächlich Chancen, dass sich der Modernisierungsstau auflösen lässt. Will man allerdings die größtmögliche Dekarbonisierung im Gebäudesektor realisieren, muss man den Bleistift ordentlich anspitzen (vgl. Seite 10). Denn der ansehnlichen 40-%-Förderung nimmt die 20- oder 25-%-Förderung für Öl- und Gas-Brennwertheizungen Wind aus den Segeln. Um das wettzumachen, könnte man die 40-%-Förderung um eine zusätzliche Umstiegsprämie erweitern …
Jochen Vorländer, Chefredakteur TGA Fachplaner
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