Das Solarpaket I erleichtert den Anschluss von Photovoltaik-Anlagen und die Nutzung von Solarstrom und greift bei den technischen Anschlussbedingungen (TAB) Forderung des ZVEH nach Vereinheitlichung aufgegriffen. Der ZVEH mahnt jedoch dringend eine weitere Entbürokratisierung an.
Schon 2023 erwies sich in Sachen Photovoltaik-Zubau als Rekordjahr. 2024 dürfte sich das Tempo nochmals erhöhen. Einen wichtigen Beitrag dazu soll das am 15. Mai 2024 im Bundesgesetzblatt veröffentlichte und am 16. Mai 2024 in Kraft tretende „Solarpaket I“ leisten. Offiziell heißt es „Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und weiterer energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung“ (BGBl. 2024 I Nr. 151 vom 15. Mai 2024). Es sieht deutliche Vereinfachungen bei der Anmeldung und beim Anschluss von Photovoltaik-Anlagen vor.
Bisher waren diese Verfahren sehr bürokratisch und zeitintensiv. Der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) hatte deshalb immer wieder kritisiert, dass durch fehlende Rückmeldung der Netzbetreiber wertvolle Zeit zwischen Installation und Inbetriebnahme verloren gehe. Zudem hatte sich der Verband wiederholt dafür starkgemacht, die Anschlussbedingungen der mehr als 850 Netzbetreiber zu vereinheitlichen.
„Jetzt kommt es auf die Umsetzung durch die Netzbetreiber an“
Die nun im Solarpaket I verankerten Regelungen, die unter anderem klare Fristen für die Netzbetreiber und eine Vereinheitlichung der bundesweit unterschiedlichen Netzanschlussbedingungen vorsehen, begrüßt die elektrohandwerkliche Organisation.
ZVEH-Hauptgeschäftsführer Alexander Neuhäuser: „Die Inbetriebnahme von Photovoltaik-Anlagen und die Nutzung von Solarstrom wurden bislang durch unnötige bürokratische Hürden erschwert. Das hat viele Kunden und auch E-Betriebe abgeschreckt, sich hier zu engagieren. Das Solarpaket I ist ein Schritt in die richtige Richtung. Es vereinfacht viele Vorgänge und macht es für Verbraucher nun wesentlich attraktiver, auf Photovoltaik zu setzen. Für unsere Innungsfachbetriebe können die neuen Regelungen in einigen Punkten zu weniger Bürokratie und kürzeren Umsetzungszeiten führen. Das wäre ein wichtiger Faktor, damit die Energiewende weiter Fahrt aufnehmen kann. Jetzt kommt es jedoch auf die Umsetzung durch die Netzbetreiber an.“
Vereinheitlichung der TAB
Der ZVEH fordert dennoch weitergehende Schritte. „TAB für das Verfahren und TAR für die Technik sollten durch eine Stelle erarbeitet und verabschiedet werden. Die aktuelle Aufteilung führt zu Abstimmungsproblemen und es drohen auch in Zukunft auseinanderlaufende Regelungen. Außerdem müssen wir den Komplexitätsinfarkt an einer weiteren Stelle verhindern: Die zunehmende technische Regulierung für verschiedene Anlagentypen und -größen führt zu zu vielen Umsetzungsvarianten“, ist Neuhäuser überzeugt.
Positiv sei, dass im parlamentarischen Verfahren eine langjährige Forderung der elektrohandwerklichen Organisation aufgegriffen wurde. So sollen die regional teilweise unterschiedlichen technischen Anschlussbedingungen (TAB) der über 850 Netzbetreiber in Deutschland vereinheitlicht werden. Ergänzungen zum Bundesmusterwortlaut der TAB dürfen dann nur über die Technischen Anschlussregeln (TAR) hinausgehende technische Vorgaben enthalten, wenn diese für die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Netzbetriebs beim jeweiligen Netzbetreiber erforderlich sind.
Diese Ergänzungen müssen zudem begründet werden und in der Darstellung der TAB als „Ergänzungen“ des Netzbetreibers gekennzeichnet werden. Durch die Neuregelung werden insbesondere solche Handwerksbetriebe entlastet, die in Gebieten unterschiedlicher Netzbetreiber tätig sind. Perspektivisch müssen die Inhalte der TAB und TAR in einem Dokument zusammenfließen und über die Verfahren der Regelsetzung bundeseinheitlich in Kraft gesetzt werden.
Vereinfachter Netzanschluss für PV-Anlagen
Der ZVEH begrüßt zudem, dass die bereits im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2023 eingeführte Regelung eines vereinfachten Verfahrens mit Inkrafttreten des Solarpaket I auch für Anlagen bis 30 kWp gelten soll (frühere Grenze: 10,8 kWp). Das bedeutet: Meldet sich der Netzbetreiber nicht innerhalb von vier Wochen nach Eingang des Anschlussbegehrens mit einem Zeitplan für das weitere Vorgehen beim Antragsteller zurück, können PV-Anlagen bis 30 kWp ans Netz angeschlossen und in Betrieb gesetzt werden.
Auch für die Bewertung des Netzanschlussbegehrens bei Anlagen bis 30 kWp ist im Solarpaket I eine Frist vorgesehen. So muss der Netzbetreiber spätestens acht Wochen nach Eingang aller für den Anschluss notwendigen Informationen und Unterlagen den Anschluss genehmigen beziehungsweise begründen, warum ein Anschluss gegebenenfalls nicht realisierbar ist.
Diese Regelung trifft auch auf Anlagen mit einer Leistung zwischen 30 und 100 kWp zu, sofern die zu installierende Leistung der Anlage an diesem Verknüpfungspunkt die Kapazität des bestehenden Netzanschlusses nicht übersteigt. Erfolgt keine Rückmeldung des Netzbetreibers innerhalb der festgelegten Frist, darf der Antragsteller davon ausgehen, dass ein Anschluss möglich ist.
Mehrfachnutzung von Batteriespeichern
Änderungen sieht das Solarpaket I auch im Hinblick auf den Einsatz von Batteriespeichern vor. Wurden diese bislang im Wesentlichen dazu genutzt, eigenerzeugten PV-Strom über den Tag zu speichern, damit er abends und in der Nacht verbraucht werden kann, sollen Batteriespeicher künftig auch dazu genutzt werden können, um (vor allem im Winter) Netzstrom zu speichern, wenn dieser gerade günstig ist. Diese Regelung soll es Verbrauchern ermöglichen, mithilfe von Smart Metern von variablen Stromtarifen zu profitieren.
Der Multi-Use von Batteriespeichern soll durch Anpassungen im EEG ermöglicht werden. Die Abgrenzung zwischen förderfähigem eigenerzeugtem Strom aus Erneuerbaren Energien und nicht förderfähigem Netzstrom soll jedoch beibehalten werden. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass zwischengespeicherter Netzstrom wieder ins Netz eingespeist wird, um eine Einspeisevergütung zu erhalten. Die Regelungen für die technische Umsetzung dieser Vorgaben müssen von der Bundesnetzagentur unter Einbeziehung der Fachverbände jedoch erst noch entwickelt werden.
Vereinfachte Zertifizierungsverfahren
PV-Anlagen mit einer Leistung von mehr als 135 kWp ans Netz zu bringen, erwies sich in der Vergangenheit als komplizierte und langwierige Angelegenheit, weil die Anlage gemäß VDE-AR-N-4110 vor der Inbetriebnahme zertifiziert werden musste.
Waren bisher gemäß „Elektrotechnische-Eigenschaften-Nachweis-Verordnung“ (NELEV) lediglich Anlagen mit einem Anschluss an ein öffentliches Niederspannungsnetz ausgenommen, sollen nun – unabhängig von der Spannungsebene – auch für Anlagen mit einer maximalen installierten Gesamtleistung von bis zu 500 kW bei maximaler Einspeiseleistung von 270 kW keine Anlagenzertifikate mehr notwendig sein. Ausreichend ist dann ein vereinfachter Nachweis nach VDE-AR-N 4105, der im Wesentlichen über Einheiten- und Komponentenzertifikate der Hersteller erbracht werden kann. Ergänzt wird diese Neuregelung durch die Schaffung eines digitalen Registers für Einheiten- und Komponentenzertifikate sämtlicher Spannungsebenen.
Vereinfachte PV-Strom-Nutzung in Mehrfamilienhäusern
Für die Installation einer PV-Anlage auf Mehrfamilien- und Mietshäusern und die Weitergabe des darüber produzierten Stroms galten bisher komplizierte Regelungen. Die sogenannten „Mieterstrommodelle“ waren für Besitzer von Mehrfamilienhäusern daher oft unattraktiv.
Mit der im Solarpaket I neu geschaffenen Option der „gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung“ sollen Mieter nun leichter von am Gebäude produziertem Solarstrom profitieren. Anders als beim „Mieterstrom“ müssen Vermieter bei der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung nicht die Pflichten eines Stromversorgers erfüllen. Mietern werden stattdessen die zuvor gemeinsam vertraglich vereinbarten und durch die PV-Anlage erzeugten Strommengen zugeteilt.
Erleichterungen bei Steckersolaranlagen
Zusätzliches Potential erschließt das Solarpaket I auch im Bereich der steckerfertigen Solaranlagen. Die auch als „Balkonkraftwerke“ bezeichneten Anlagen sind nun im EEG als eigener Anwendungsfall definiert. Durften Steckersolargeräte pro Haushalt früher nur mit bis zu 600 W Strom einspeisen, so sind es nun 800 W. Auch die Anmeldung wurde vereinfacht, indem Steckersolargeräte nur noch im Marktstammdatenregister eingetragen werden müssen. Nicht digitale Stromzähler dürfen zudem so lange weiterverwendet werden, bis der Netzbetreiber den Zähler gegen einen Zweirichtungszähler austauscht. ■
Quelle: ZVEH / jv
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