Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Nettostromerzeugung lag im Jahr 2022 bei 49,6 % und ihr Anteil an der Last bei 50,3 %.
Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE hat eine Jahresauswertung zur Stromerzeugung in Deutschland im Jahr 2022 vorgelegt. 2022 war von extremen Preisen und einem starken Wachstum bei den erneuerbaren Energien geprägt. Auch der Stromhandel mit den Nachbarländern zog an.
Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Nettostromerzeugung – also dem Strommix, der tatsächlich aus der Steckdose kommt – lag bei 49,6 % und ihr Anteil an der Last lag bei 50,3 %. Allerdings konnte nur bei der Photovoltaik das von der Bundesregierung vorgegebene Ausbauziel erreicht und ihr Beitrag zur Stromerzeugung auch aufgrund günstiger Witterung um 19 % gesteigert werden. Die Auswertung basiert auf der Datenplattform www.energy-charts.info
Photovoltaik mit höchstem Zubau seit 2013
Die deutschen Photovoltaik-Anlagen erzeugten 2022 etwa 58 TWh (Mrd. kWh), wovon ca. 53 TWh ins öffentliche Netz eingespeist und 5 TWh selbst verbraucht wurden. Der Zubau von EEG-Anlagen mit 6,1 GW erhöhte die installierte Leistung auf ca. 66 GW (Stand: November 2022). Dies war der höchste Photovoltaik-Zubau seit 2013. Durch den Zubau und das sonnige Wetter stieg die Solarstromerzeugung um 19 % gegenüber 2021. Von April bis August und im Oktober war die monatliche Stromerzeugung von Photovoltaik-Anlagen höher als die von Steinkohlekraftwerken und von März bis September höher als die von Gaskraftwerken.
Für Wind onshore war 2022 ein durchschnittliches Jahr, Wind offshore war eher unterdurchschnittlich. Wind on- und offshore produzierten zusammen ca. 123 TWh, nach 112 TWh im Jahr 2021.
Windenergie war 2022 der größte Stromerzeuger
Am meisten Strom wurde 2022 aus Windenergie erzeugt, gefolgt von Braunkohle, Photovoltaik, Steinkohle, Erdgas, Biomasse, Kernkraft und Wasserkraft. Der Anteil der Onshore-Windstromproduktion betrug ca. 99 TWh und die Offshore- Produktion ca. 25 TWh, wovon ca. 21 TWh in der Nordsee und 4 TWh in der Ostsee erzeugt worden sind.
Der Zubau von Wind sowohl onshore als auch offshore war erneut sehr schwach: Ende November 2022 lag die installierte Leistung von Onshore-Wind bei 58 GW (+ 2,1 GW gegenüber 2021) und von Offshore- Wind bei 8,1 GW (+ 0,3 GW). Gemeinsam produzierten Solar- und Windenergieanlagen im Jahr 2022 ca. 181 TWh, ca. 21 TWh mehr als 2021.
Die Wasserkraft lag aufgrund des heißen und trockenen Sommers in der Erzeugung mit 16 TWh deutlich unter dem Wert von 2021 mit 19 TWh. Biomasse lag mit 42,2 TWh leicht über dem Wert des Vorjahres. Die installierte Leistung hat sich hier kaum verändert.
In Summe produzierten die erneuerbaren Energiequellen im Jahr 2022 ca. 244 TWh und damit etwa 7,4 % mehr als im Vorjahr (227 TWh). Ihr Anteil an der öffentlichen Nettostromerzeugung stieg auf 49,6 % (2021: 45,6 %) und ihr Anteil an der Last lag bei 50,3 %.
Die gesamte Nettostromerzeugung beinhaltet neben der öffentlichen Nettostromerzeugung auch die Eigenerzeugung von Industrie- und Gewerbebetrieben, die hauptsächlich mit Gas erfolgt. Der Anteil der erneuerbaren Energien an der gesamten Nettostromerzeugung einschließlich der Kraftwerke der „Betriebe im verarbeitenden Gewerbe sowie im Bergbau und in der Gewinnung von Steinen und Erden“ liegt bei ca. 44,5 %.
2022 betrug die Last im Stromnetz 484 TWh. Das sind ca. 20 TWh weniger als 2021. Aufgrund der hohen Strompreise und höherer Temperaturen wurde wohl deutlich Strom eingespart. Die Last beinhaltet den Stromverbrauch und die Netzverluste, aber nicht den Pumpstromverbrauch und den Eigenverbrauch konventioneller Kraftwerke.
Comeback der Kohleverstromung
Der Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 führte zu starken Verwerfungen an den Energiemärkten und einem Einbruch der Erdgasimporte aus Russland. In Europa führte dies in Kombination mit einem Ausfall der Hälfte des französischen Kernkraftwerk-Parks zu hohen Strompreisen.
Kompensiert wurde dieser Mangel teilweise durch einen Anstieg der Kohleverstromung, die nach einem seit 2013 rückläufigen Trend nun das dritte Jahr in Folge stieg. Die Braunkohle stieg auf 107 (2021: 99) TWh, die Steinkohle auf 56 (2021: 47) TWh). Die Nutzung von Erdgas zur Stromerzeugung sank dagegen von 52 TWh auf 47 TWh.
Durch die Abschaltung der drei Kernkraftwerke Grohnde, Gundremmingen C und Brokdorf sank 2022 die Erzeugung aus Kernkraft um 50 % von 65 TWh auf 33 TWh.
Exportüberschuss und Börsenstrompreis stark gestiegen
Im Jahr 2022 wurde beim Stromhandel (geplant bzw. terminiert) ein Exportüberschuss von ca. 26 TWh erzielt. Das sind 9 TWh mehr als 2021. Der Großteil der Exporte floss nach Österreich (16,0 TWh) und Frankreich (15,3 TWh), gefolgt von der Schweiz (6,6 TWh) und Luxemburg (3,9 TWh). Deutschland importierte Strom aus Dänemark (10,3 TWh), aus Norwegen (3,7 TWh) und aus Schweden (3,1 TWh).
Der durchschnittliche volumengewichtete Day-Ahead Börsenstrompreis lag bei 230,58 Euro/MWh bzw. 23,058 Ct/kWh. Das ist ungefähr das 2,5-fache von 2021 (93,35 Euro/MWh) und das 6,3-fache von 2019 (36,65 Euro/MWh). Das Jahr 2020 sollte aufgrund der Auswirkungen durch die Coronavirus-Pandemie laut Fraunhofer ISE nicht für Vergleiche genutzt werden. ■
Quelle: Fraunhofer ISE / jv
Zur Datengrundlage
Diese erste Version der Jahresauswertung berücksichtigt alle Stromerzeugungsdaten der Leipziger Strombörse EEX und des europäischen Verbands der Übertragungsnetzbetreiber ENTSO-E bis einschließlich 31. Dezember 2022. Über die verfügbaren Monatsdaten des Statistischen Bundesamtes zur Elektrizitätserzeugung bis einschließlich September 2022 wurden die Viertelstundenwerte der EEX energetisch korrigiert. Für die restlichen Monate wurden die Korrekturfaktoren auf Basis von zurückliegenden Monats- und Jahresdaten abgeschätzt. Die hochgerechneten Werte von Oktober bis Dezember unterliegen größeren Toleranzen.
Zugrunde liegen die Daten zur deutschen Nettostromerzeugung zur öffentlichen Stromversorgung. Die Nettostromerzeugung ist die Differenz zwischen Bruttostromerzeugung und dem Eigenverbrauch der Kraftwerke. Sie wird in das öffentliche Stromnetz eingespeist. Die komplette Stromwirtschaft rechnet mit Nettogrößen, z. B. für den Stromhandel, die Netzberechnung, Netzauslastung, Kraftwerkseinsatzplanung usw. An den Strombörsen wird ausschließlich die Nettostromerzeugung gehandelt, die Übertragungsnetzbetreiber rechnen mit Nettoströmen, und bei den grenzüberschreitenden Stromflüssen werden nur Nettozahlen gemessen. Die Nettostromerzeugung repräsentiert den Strommix, der tatsächlich zu Hause aus der Steckdose kommt und der im Haushalt verbraucht wird bzw. mit dem auch Elektrofahrzeuge öffentlich geladen werden.
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