Seit Jahresbeginn 2021 sind vereinzelt deutliche Preissteigerungen bei Baumaterialien zu beobachten. Besonders betroffen sind Stahlprodukte und Bitumen.
Die Preise lagen im März 2021 bei Baustahl um 18,5 % und bei Bitumen um 20,6 % über dem Niveau von Dezember 2020. René Hagemann-Miksits, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie (HDB): „Es besteht somit die Gefahr, dass die – in den vergangenen Jahren mühsam aufgebaute – Eigenkapitalausstattung bei sinkenden Margen wieder abschmilzt und das Insolvenzrisiko im Baugewerbe wieder steigt.“ Die Entwicklung ist besonders für Bauunternehmen problematisch, wenn keine Preisgleitung vertraglich vereinbart worden ist.
Hohe Nachfrage, abgebaute Kapazitäten und Hamsterkäufe
Grund für den deutlichen Anstieg, insbesondere der Stahlpreise, sind offenbar begrenzte Lieferkapazitäten der Hersteller wegen der wieder anziehenden Nachfrage im Automobilsektor und im Maschinenbau. Auch die wieder anziehende Konjunktur in Asien führte zu steigenden Rohstoffpreisen; so ist der Erzeugerpreis für Draht aus Kupfer binnen Jahresfrist um 18,6 % gestiegen.
Gleichzeitig wurden aber in Zeiten jahrelang stagnierender Preise Überkapazitäten abgebaut und Investitionen zurückgefahren. Dazu kommt ein wachsendes Interesse von Investoren an Rohstoffen, insbesondere Öl und Industriemetalle, welche als Absicherung gegen Inflation dienen. Auch wurde vermehrt über „Hamsterkäufe“ zur Vorbeugung weiterer Preissteigerungen berichtet, welche die Nachfrage und somit die Preise erhöhen.
„Die Bauindustrie erwartet aus den genannten Gründen – und wegen weiter steigenden Lohnkosten aufgrund der anstehenden Tariflohnverhandlung für 2021 wieder stärkere Preissteigerungen bei Bauleistungen. Nach einem moderaten Preisanstieg 2020 für Leistungen des Bauhauptgewerbes von 1,3 % (aufgrund der Corona-bedingten schwächeren Nachfrage vor allem im Straßen- und Wirtschaftshochbau sowie der MwSt.-Senkung im zweiten Halbjahr 2020) ist 2021 mit einem Preisanstieg von 2,0 % zu rechnen. Bei weiter steigenden Baumaterialpreisen wird dieser Preisanstieg aber nicht ausreichen, um die gestiegenen Kosten abzufedern“, so Hagemann-Miksits.
Man darf gespannt sein, wann die ersten Warnungen mit negativen Auswirkungen für die Baukonjunktur folgen.
„Preise für Dämmstoffe wie EPS steigen im April um rund 50 %“
Aus anderen Bau-Bereichen werden noch deutlich größere Probleme gemeldet. So warnte der Bundesverband Farbe Gestaltung Bautenschutz schon Anfang April 2021 sogar: „Aktuell rollt eine beispiellose Welle von Preiserhöhungen bei Rohstoffen und Materialien für den Ausbau auf die deutschen Bauherren und Sanierer zu. Allein die Preise für Dämmstoffe wie EPS steigen im April um rund 50 %.
Auch die Preise für Trockenbauprofile und OSB-Platten gehen durch die Decke, manche Hersteller von Rohstoffen und Vorprodukten kündigen bis Mai auch hier Erhöhungen bis zu 50 % an. Die Preise für praktisch alle Baumaterialien, vom Sanitärsilikon bis zu Farben und Lacken, ziehen ebenfalls drastisch an. Selbst Farbeimer und andere Verpackungen werden von den Erhöhungen erfasst.“ Siehe: Materialengpässe und Preissteigerungen befürchtet
Zwei bis drei Monate Lieferzeit bei Dachlatten
Auch die Dachdecker beklagen ernste Materialengpässe. Schon im März 2021 hatte der Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) auf massive Preissteigerungen und Materialengpässe bei Holzprodukten und Dämmstoffen hingewiesen. Eine Umfrage im April 2021 unter den rund 7000 Innungsbetrieben hat gezeigt, wie ernst die Lage nunmehr ist: Über 60 % der Betriebe berichten über Preissteigerungen von mehr als 50 %, einige müssen Steigerungen von über 100 % hinnehmen.
Dies betreffe vor allem Latt- und Schalholz, aber auch Holzfaserdämmstoffe und OSB-Platten seien mittlerweile deutlich teurer geworden. Bei Dachlatten beobachten Betriebe sogar eine Verdreifachung des Preises innerhalb weniger Monate. Zudem seien Lieferfristen von zwei bis drei Monaten üblich. Einige Betriebe geben an, gar kein Material mehr zu erhalten. Siehe: Dachdeckerverband warnt: Energiewende in Gefahr
Auch bei SHK- und TGA-Produkten gibt es erhebliche Preissteigerungen
Auch SHK- und TGA-Produkten sind von erheblichen Preissteigerungen betroffen, insbesondere bei Produkten mit großem Stahl- und Kunststoffstoffanteil. Und selbst bei Feinblechen, die zwar in vielen Produkten, beispielsweise als Gehäuse, aber in normalen Zeiten nur einen sehr geringen Kostenanteil haben, schlagen sich heftigen Preiserhöhungen deutlich in den Endprodukten nieder. Größere Lieferengpässe werden im Bereich Elektronikbauteile gemeldet.
Insbesondere die schnelle Entwicklung bereitet dem SHK-Handwerk Sorgen. Mit der Überschrift „Die Preisspirale überdreht!“ hat sich am 26. April 2021 ZVSHK-Präsident Michael Hilpert zu Wort gemeldet:
„Es reicht! Das sage ich als Präsident des ZVSHK aber auch als betroffener SHK-Unternehmer an die Adresse unserer Marktpartner aus Industrie und Großhandel. Es reicht! Anders als diese können wir im SHK-Handwerk das Problem der aktuell gegebenen exorbitanten Preissteigerungen bei Baumaterialien eben nicht so einfach bei unseren Kunden abladen.
Wir lesen, hören und sehen es fast täglich. Die Einkaufspreise für Baumaterialien werden in kurzen Intervallen ohne ausreichenden Vorankündigungszeitraum angezogen. Zwei bis drei Preissteigerungen für ein und dasselbe Produkt in immer kürzer werdenden Abständen sind keine Seltenheit mehr. Uns, als letzte Stufe im Vertriebsweg, stellt das vor massive Probleme.“
Hilpert: „Ich appelliere deshalb an alle Hersteller und Großhändler unserer Branche: Reicht Eure Preiserhöhungen ‚verträglich‘ weiter. Begründet sie. Macht sie transparent. Konfrontiert uns nicht mit so kurzen Fristen, dass unsere Materialkalkulationen das Papier nicht wert sind, auf dem sie stehen.“ ■