Das Bundeskabinett hat am 16. September 2020 den vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) vorgelegten Entwurf der Ersten Verordnung zur Änderung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) beschlossen. Er setzt das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 4. Juli 2019 um, mit dem die verbindlichen Mindest- und Höchsthonorare der HOAI für unvereinbar mit der EU-Dienstleistungsrichtlinie erklärt worden sind.
Der Entwurf für die Änderung der HOAI sieht konkret vor, dass die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen künftig immer frei vereinbart werden können. Die Grundsätze und Maßstäbe der HOAI können von den Vertragsparteien dabei zur Honorarermittlung herangezogen werden und eine Richtschnur bilden.
Zur Frage der Höhe der Honorare enthält die HOAI Honorarspannen, die als unverbindliche Orientierungswerte zur Verfügung stehen. Die Orientierungswerte entsprechen den ansonsten unveränderten Honorartafeln der noch gültigen HOAI. Für den Fall, dass keine wirksame Honorarvereinbarung geschlossen wurde, soll künftig der Basishonorarsatz, dessen Höhe dem bisherigen Mindestsatz entspricht, als vereinbart gelten.
Vorgesehen ist, dass die HOAI-Änderungsverordnung am 1. Januar 2021 in Kraft tritt und auf diejenigen Vertragsverhältnisse anzuwenden ist, die nach ihrem Inkrafttreten begründet worden sind.
Die HOAI beruht auf dem Gesetz zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen (ArchLG), das infolge des EuGH-Urteils ebenfalls angepasst werden muss. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat das Bundeskabinett am 15. Juli 2020 beschlossen. Erst wenn das laufende parlamentarische Verfahren für die Änderung des ArchLG abgeschlossen und das Gesetz in Kraft getreten ist, kann auch die neue Fassung der HOAI in Kraft treten.
Mit einem Beschluss zum ArchLG-Änderungsgesetz hat der Bundesrat am 18. September 2020 darum gebeten, „im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob „in der künftigen Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer Honorarordnung für Ingenieur- und Architektenleistungen ausdrücklich klargestellt werden sollte, dass die Grundlagen und Maßstäbe zur Berechnung von Honoraren sich im Rahmen des Angemessenen bewegen müssen“. Entsprechende Angemessenheitsregelungen finden sich bereits im Steuerberatungsgesetz und der Steuerberatervergütungsverordnung sowie im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz.