Deutschland muss mehrere Millionen Euro für Emissionsrechte zum Ausgleich verfehlter Klimaziele im Verkehrs- und Gebäudesektor zahlen.
Deutschland erwirbt Emissionsberechtigungen für verfehlte Klimaziele. Konkret geht es um die Überschreitung der vereinbarten CO2-Emissionen außerhalb des europäischen Emissionshandels zwischen den Jahren 2013 und 2020, vor allem im Verkehrssektor und im Gebäudesektor. Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) Sven Giegold hat dafür am 24. Oktober 2022 am Rande des Treffens des europäischen Umweltrats Ankaufverträge über Emissionsberechtigungen mit Bulgarien, Ungarn und Tschechien unterzeichnet. Insgesamt muss Deutschland über 11 Mio. Emissionsberechtigungen erwerben, sogenannte Annual Emission Allowances (AEA).
„Unterlassener Klimaschutz kommt uns teuer zu stehen“
Giegold: „Deutschland hat seine Klimaziele zwischen 2013 und 2020 in wichtigen Sektoren insgesamt verfehlt, vor allem im Verkehrs- und Gebäudebereich. In der Konsequenz kaufen wir nun Emissionsrechte von EU-Staaten, die ihre Klimaziele übererfüllt haben. Das ist eine nachträgliche Ohrfeige für die schwache Klimapolitik der Großen Koalition und ein Warnschuss für Deutschland insgesamt.
Unterlassener Klimaschutz ist nicht nur inhaltlich falsch, sondern er kommt uns in Zukunft auch teuer zu stehen. Dabei kommen wir dieses Mal noch einmal günstig davon. Bei weiterem Verfehlen unserer Klimaziele werden wir weit höhere Strafzahlungen begleichen müssen. Daher müssen wir in diesen Zeiten mehr denn je Klimaschutz in allen Sektoren entschlossen vorantreiben.
Zumindest bewährt sich mit den Emissionsankäufen ein wichtiger Mechanismus der europäischen Klimapolitik: Alle gezahlten Gelder werden direkt in zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen in den Bulgarien, Tschechien und Ungarn investiert.“
AEA-Erwerb finanziert Klimaschutz in anderen Ländern
Ungarn wird die Anschaffung zusätzlicher elektrisch betriebener Stadtbusse im öffentlichen Personenverkehr fördern, in Tschechien wird die energetische Sanierung von Eigenheimen und in Bulgarien die Sanierung von Schulen und anderer öffentlicher Gebäude unterstützt. Auch die Dokumentation, Auditierung der Umsetzung sowie die Berichtspflichten der Verkäuferstaaten sind in den Verträgen geregelt, die Deutschland mit den Ländern jeweils zum Ankauf von Emissionsberechtigungen abschließt.
EU-weit wurden die Emissionsgrenzen insgesamt für den Verkehrs- und Gebäudesektor bis 2020 innerhalb des europäischen Lastenteilungsmechanismus eingehalten, da einige Mitgliedstaaten ihre Klimaziele sogar unterschritten haben. Dies war die Voraussetzung dafür, dass Deutschland freie Emissionsberechtigungen in ebendiesen Ländern kaufen konnte. Die Vertragsverhandlungen haben auch einen Beitrag zur besseren Zusammenarbeit Deutschlands mit den drei Verkäuferländern im Klimaschutz geleistet.
Die Details des Ankaufs werden erst nach dessen vollständigem Abschluss bis spätestens Ende Februar 2023 veröffentlicht werden.
Die neuen europäischen Klimaziele außerhalb des Europäischen Emissionshandels, die seit 2021 im Rahmen des Europäischen Lastenteilungsmechanismus‘ gültig sind – der sogenannten Effort-Sharing- Regulation (ESR) – fallen im Sinne des Pariser Abkommens, das eine ständige Überprüfung der Klimaziele vorsieht, nochmals anspruchsvoller aus. Der Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung sieht vor, zukünftig Ankäufe unter der EU-Lastenteilung zu vermeiden. Die Bereiche außerhalb des europäischen Emissionshandels umfassen die Sektoren Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft, Abfallwirtschaft sowie kleinere Industriebranchen. ■
Quelle: BMWK / jv
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