Der Ingenieurmangel hat sich deutlich verschärft, gleichzeitig steigen die Einstiegsgehälter weiter kräftig an. Das geht aus der Konjunkturumfrage 2022 hervor, die die Bayerische Ingenieurekammer-Bau unter ihren rund 7500 Mitgliedern im Zeitraum 8. März bis 1. April 2022 durchgeführt hat. Die Umfrage bezog sich zwar auf das Corona-Jahr 2021, kann aber durch den Krieg in der Ukraine (Umfragezeitraum) beeinflusst sein.
Die Coronavirus-Krise hat die bayerischen Ingenieurbüros 2021 deutlich härter getroffen als noch im Vorjahr. So berichten mit 60,7 % beinahe doppelt so viele Büros wie im Vorjahr von Verzögerungen auf der Baustelle wegen Lieferschwierigkeiten und Personalengpässen.
Trotzdem blicken die Büros optimistisch in die Zukunft. Über 78 % schätzen ihre aktuelle Geschäfts- und Auftragslage grundsätzlich positiv ein und 24,8 % rechnen für 2022 mit einer Steigerung des Auftragsvolumens (Vorjahr: 19 %). Auch die Umsatzentwicklung für 2022 wird wesentlich besser eingeschätzt als noch im Vorjahr. 26 % (Vorjahr 19 %) gehen von steigenden Umsätzen aus und nur noch 15,6 % der Befragten rechnen mit sinkenden Umsätzen (Vorjahr 23 %). 58,4 % (Vorjahr 58 %) erwarten, dass ihre Umsätze gleich bleiben. Bei der Ertragslage ergibt sich kaum eine Veränderung zum Vorjahr.
Verschärfung beim Ingenieurmangel
53,6 % der befragten Ingenieurbüros haben derzeit offene Stellen – eine deutliche Verschärfung um über 14 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr mit 39 %. Und beinahe drei Viertel (73,5 %) der befragten Ingenieurbüros haben Schwierigkeiten, offene Stellen mit qualifiziertem Personal zu besetzen. Im Vorjahr waren dies nur 63 %.
Gleichzeitig sind die Einstiegsgehälter für Bachelor- und Masterabsolventen gegenüber 2021 deutlich angestiegen. 45 % der Büros zahlen Berufseinsteiger*innen inzwischen ein Bruttojahresgehalt über 45 000 Euro (Vorjahr: 37 %). 42 % der Büros zahlen ein Bruttojahresgehalt zwischen 40 000 und 45 000 Euro (Vorjahr: 42 %) und nur noch 13 % unter 40 000 Euro (Vorjahr 20 %).
Wirtschaftliche Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie
Auf die Frage, welche konkreten Folgen die Corona-Pandemie im Jahr 2021 auf ihr Büro hatte, gaben 63,9 % der Büros an, konkrete Auswirkungen zu spüren (Vorjahr: 56 %). „Diese Zahlen zeigen, dass die Coronavirus-Krise die bayerischen Ingenieurbüros mit einiger Verzögerung getroffen hat. Das hatten wir so erwartet“, sagt Prof. Dr.-Ing. Norbert Gebbeken, der Präsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau. „Verzögerungen auf der Baustelle durch Lieferverzögerungen bzw. Personalengpässe wurden mit rund 60 % als größtes Problem benannt – doppelt so häufig als ein Jahr zuvor. Wir hoffen, dass sich hier die Lage bald wieder stabilisiert.“
Verzögerungen im Genehmigungsprozess auf Seiten der öffentlichen Verwaltung gaben 44,4 % an (Vorjahr: 44 %). Bei 42,3 % kam es zu Kapazitätsengpässen aufgrund des Ausfalls eigener Mitarbeiter (Vorjahr: 22 %). 28,7 % der Umfrageteilnehmer gaben an, dass Aufträge wegen Corona zurückgestellt oder abgesagt wurden (Vorjahr: 37 %).
14,8 % gaben an, dass es zu einer verzögerten Rechnungsbegleichung auf Seiten der öffentlichen Verwaltung kam (Vorjahr: 19 %). 9,9 % gaben Zahlungsengpässe bei Auftraggebern infolge der Coronavirus-Pandemie an (Vorjahr: 11 %).
Wirtschaftliche Bedeutung der Ingenieurbüros
Die Umfrage zeigt, wie wichtig die Arbeit der Ingenieure im Bauwesen für Gesellschaft und Wirtschaft sind. So verzeichneten im Jahr 2020 die 81 375 Ingenieurbüros in Deutschland 53,36 Mrd. Euro Umsatz und beschäftigen 508 917 Personen. Dabei betreuen mittelständischen Ingenieurbüros in Deutschland Bauinvestitionen von rund 324 Mrd. Euro und geben etwa 60 000 jungen Menschen durch Ausbildungsplätze, Praktikanten- und Diplomandenstellen eine Perspektive.
Die Konjunkturumfrage 2022 der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau wurde im Zeitraum vom 7. März bis 1. April 2022 unter ihren über 7400 Mitgliedern durchgeführt. Darunter sind 4133 Inhaber von Ingenieurbüros und freiberuflich sowie gewerblich tätige Ingenieure. An der Konjunkturumfrage 2022 haben insgesamt 533 Inhaber von Ingenieurbüros und Ingenieure teilgenommen (Rücklaufquote 12,9 %). ■
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