Der Herbst 2019 wird die überwiegend von der Modernisierung geprägte Absatzstatistik für Wärmeerzeuger wohl ordentlich nach unten ziehen. Denn wer in den kommenden Monaten ohne triftigen Grund seine Wärmeversorgung zukunftssicher macht, hat entweder von den am 20. September 2019 vom Klimakabinett beschlossenen Eckpunkten für das Klimaschutzprogramm 2030 nichts mitbekommen, boykottiert die Hoffnung der Heizungsindustrie nach einer Auflösung des Modernisierungsstaus durch eine steuerliche Förderung ab 2020 oder befürchtet, dass dieser Finanzierungsvorteil durch satte Preisaufschläge und weitere Nachteile eines Nachfragebooms zunichte gemacht wird.
Im Herbst 2020 dürfte es jedenfalls Urlaubssperren im Mineralölhandel geben, denn dass bis dahin die Besitzer von noch nicht zur Modernisierung anstehenden Öl-Heizungen noch nichts von einer anstehenden CO2-Bepreisung ihres Wärmeenergieträgers mitbekommen haben, ist nahezu ausgeschlossen. Der vom Klimakabinett für 2021 angekündigte CO2-Preis liegt zwar unterhalb der Schwankungsbreite, mit der Heizölkunden immer rechnen müssen. Aber der psychologische Effekt eines staatlich verordneten Preisaufschlags dürfte dazu führen, dass noch vor dem Jahreswechsel 2020/21 Heizöl randvoll gebunkert wird. Falls es 2021 keine verkaufsfördernde Ölpreisentwicklung oder einen besonders harten Winter gibt, wird es wohl ein absatzschwaches Jahr, wenngleich sich beim nächsten Jahreswechsel der CO2-Preis auf 20 Euro/tCO2 verdoppelt.
2020 wird damit die ohnehin schon große Verfehlung der Klimaschutzziele noch steigen, denn nur wenige Maßnahmen aus dem Klimaschutzprogramm 2030 können kurzfristig eine große Wirkung entfalten, an Verbraucher abgegebenes Heizöl wird jedoch im Verkaufsjahr dem Treibhausgas-Inventar voll zugerechnet.
Man könnte weiter unken, Eingriffe in einen bestehenden Markt sollen ja gerade etwas bewirken, sind jedoch selten frei von Begleiterscheinungen. Momentan gilt nur: Der Kabinettausschuss Klimaschutz der Bundesregierung (Klimakabinett) hat sich auf 66 Eckpunkte bzw. entsprechende Maßnahmen geeinigt und alle gesetzlichen Maßnahmen zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 sollen noch 2019 vom Bundeskabinett verabschiedet werden. Nur wenige Punkte kann die Bundesregierung selbst in die Tat umsetzen. Gesetze beschließt der Bundestag und bei zustimmungspflichtigen Gesetzen muss diese auch der Bundesrat absegnen. Und hier sind die Mehrheiten nicht ganz so eindeutig und von den Grünen, die bei der Präsentation des Klimaschutzprogramms an neun Landesregierungen beteiligt waren, gab es für das GroKo-Papier nicht gerade Lob.
Doch was steht konkret in den Eckpunkten, die die TGA-Branche berühren? Nachfolgend beleuchten wir elf der Maßnahmen.
CO2-Bepreisung
Bei den Diskussionen, Vorschlägen und Empfehlungen im Vorfeld des Klimakabinett-Beschlusses spielte sehr häufig die Bepreisung von CO2-Emissionen eine entscheidende Rolle, auch als Innovationstreiber. Mal taktisch unklug oder kalkuliert als CO2-Steuer bezeichnet, mal als Ergänzung zum bestehenden Emissionshandelssystem, mal als zusätzliches System. Noch einen Tag vorher hatte das ifo Institut die Vorteile beider Systeme in einem neuen Vorschlag kombiniert, der die Unsicherheit in Bezug auf Preis und Menge reduziert.
Das Klimakabinett hat sich nun ebenfalls auf eine Mischform geeinigt, die ab 2021 mit einer CO2-Bepreisung für die Sektoren Verkehr und Wärme (Non-ETS-Bereiche) beginnt. Das nationale Emissionshandelssystem (nEHS) soll dann die Emissionen aus der Verbrennung fossiler Brenn- und Kraftstoffe (insbesondere Heizöl, Flüssiggas, Erdgas, Kohle, Benzin, Diesel) erfassen. Es berücksichtigt im Sektor Wärme die Emissionen der Wärmeerzeugung des Gebäudesektors und der Energie- und Industrieanlagen außerhalb des EU-Emissionshandelssystems (EU-ETS). Im Verkehrssektor umfasst das System ebenfalls Emissionen aus der Verbrennung fossiler Kraftstoffe, jedoch nicht den Luftverkehr, der dem EU-ETS unterliegt.
Festpreissystem von 2021 bis 2025 …
Gestartet wird die CO2-Bepreisung mit einem Festpreissystem, bei dem Zertifikate auf der vorgelagerten Handelsebene an die Unternehmen, die Heiz- und Kraftstoffe in Verkehr bringen, verkauft werden. Teilnehmer am nEHS sind die Inverkehrbringer oder Lieferanten der Brenn- und Kraftstoffe. So soll ein Preispfad vorgegeben werden, auf den sich Bürger und Wirtschaft einstellen können.
Im Jahr 2021 werden Zertifikate zu einem Festpreis von 10 Euro/tCO2 ausgegeben, im Jahr 2022 sind es 20 Euro/tCO2. Ab 2023 steigt der Festpreis jährlich um 5 Euro/tCO2 bis auf 35 Euro/tCO2 im Jahr 2025. Mindestens bei der CDU und der CSU würde man bestreiten, dass es sich dabei um eine Steuer handelt, das Festpreissystem wirkt aber genauso wie eine Energiesteuererhöhung. Dazu gehört auch, dass der Aufschlag der Mehrwertsteuer unterliegt. Die Festpreisphase für Privatverbrauch steigt damit bei 11,90 Euro/tCO2 ein und endet 2025 bei 41,65 Euro/tCO2. Gegenüber einer klassischen Besteuerung gibt es allerdings doch einen wesentlichen Vorteil: Durch den Verkauf von Zertifikaten entsteht eine hohe Transparenz, zumindest für diesen Teil der Einnahmen.
Offen lässt das GroKo-Papier, mit welchen Emissionsfaktoren die genannten Brennstoffe in die CO2-Bepreisung eingehen. Lediglich die Formulierung „Emissionen aus der Verbrennung fossiler Brenn- und Kraftstoffe“ deutet auf eine Betrachtung der chemischen Umsetzung ohne Berücksichtigung der Vorketten hin. Die GEMIS-Prozessbezeichnung „Heizöl-Heizung 100 %“ weist mit Vorketten ein CO2-Äquivalent von 0,319 kgCO2/kWhEL,Hi aus (im Entwurf zum Gebäudeenergiegesetz findet sich ein Emissionsfaktor inklusive Vorkettenemissionen von 0,310 kgCO2/kWhEL), also 3,167 kgCO2/lEL. Der Kohlendioxid-Emissionsfaktor für die deutsche Berichterstattung atmosphärischer Emissionen beträgt hingegen für Heizöl EL und Diesel 74,0 tCO2/TJ, also 0,266 kgCO2/kWh bzw. 2,645 kgCO2/lEL.
Dieser Wert wird nachstehend für Berechnungsbeispiele verwendet. GEMIS-Faktoren würden zwar die berechneten Werte, aber nicht die Aussagen der Berechnungen grundsätzlich verändern.
Mehrkosten für 2000 l Heizöl
Mit 2,645 kgCO2/lEL ergibt sich im Jahr 2021 ein Preisaufschlag von 2,645 Ct/lEL, bei einem Heizölverbrauch von 2000 l/a sind es 52,90 Euro ohne MwSt. Inklusive Mehrwertsteuer würden 2000 l im Jahr 2021 Mehrkosten von 62,95 Euro bedeuten, im Jahr 2025 wären es 220,33 Euro. Auf derselben Basis beträgt der Emissionsfaktor für Erdgas 0,201 kgCO2/kWhGas. Die 2000 l Heizöl entsprechende Energiemenge von 23 778 kWhHi würde bei Erdgas im Jahr 2021 die Energierechnung inklusive Mehrwertsteuer um 56,84 Euro erhöhen, im Jahr 2025 wären es 198,95 Euro. Bei einem Preis von 63,62 Ct/lEL (Mittelwert für 2017 und 2018 bei Abnahmemenge von 3000 l; Quelle: Brennstoffspiegel) würde der Heizölpreis bei einem Festpreis von 10 Euro/tCO2 um 4,95 % auf 66,77 Ct/lEL steigen.
Die Ausgabe der Zertifikate ist für die Jahre 2021 bis 2025 nicht begrenzt. Das Klimaschutzprogramm 2030 sieht deshalb vor: „Werden in einem Jahr mehr Zertifikate ausgegeben, als es den Emissionszuweisungen für Deutschland entspricht, müssen aus anderen europäischen Mitgliedsstaaten solche zugekauft werden.“
… Auktionierung ab 2026
Ab 2026 wird eine maximale Emissionsmenge festgelegt, die von Jahr zu Jahr geringer wird. Diese ergibt sich aus den im Klimaschutzplan 2050 nach den EU-Vorgaben festgelegten Emissionsbudgets für die deutschen Non-ETS-Sektoren. Die Menge der Zertifikate ist also begrenzt. Ob und in welchem Umfang Zertifikate in anderen Jahren genutzt werden können, lässt das Papier offen. Jedenfalls müssen sich die betroffenen Unternehmen die von ihnen in Verkehr gebrachten CO2-Emissionen durch Zertifikate, die sie im Rahmen von Auktionen oder auf einem Sekundärmarkt erwerben, abdecken.
Der Zertifikatepreis soll sich zwar grundsätzlich am Markt bilden, außer wenn der Höchstpreis überschritten oder der Mindestpreis unterschritten wird. Im Jahr 2026 erfolgt die Auktionierung der Zertifikate in einem Korridor zwischen einem Mindestpreis von 35 und einem Höchstpreis von 60 Euro/tCO2. Für 2000 l Heizöl wäre dann beim Höchstpreis ein Aufschlag von 317,36 Euro fällig. Schon im Jahr 2025 soll festgelegt werden, inwieweit Höchst- und Mindestpreise für die Zeit ab 2027 sinnvoll und erforderlich sind.
Einnahmen sollen zurückfließen
Das Klimaschutzprogramm 2030 kündigt an, dass „alle zusätzlichen Einnahmen aus der CO2-Bepreisung [Anmerkung: nicht eindeutig abgegrenzten] Klimaschutzfördermaßnahmen zugutekommen oder als Entlastung den Bürgern zurückgegeben werden.“ Ob die Einnahmen aus der höheren Mehrwertsteuer auch darunter fallen, wird nicht thematisiert. Zudem heißt es anderer Stelle: „Zur Finanzierung der Maßnahmen des Klima[schutz]programms 2030 und zum Ausgleich der mit diesen Maßnahmen unmittelbar verbundenen Steuerausfälle werden [..] die Einnahmen aus der dann beginnenden nationalen CO2-Bepreisung sowie aller anderen Einnahmen, die aus Maßnahmen dieses Programms entstehen, herangezogen.“
Viele im Vorfeld veröffentlichte Konzepte zur CO2-Bepreisung sahen deutliche höhere Startwerte vor, beispielsweise hatten Agora Energiewende und Agora Verkehrswende 50 Euro/tCO2, aber gleichzeitig auch eine Pro-Kopf-Klimaprämie von 100 Euro/a vorgeschlagen.
Über 10 Euro/tCO2 als Startwert wird man sich als Energieverbraucher vielleicht ärgern, Heizölkunden können sie anfangs sogar mit einer Tankstrategie umgehen. Erdgaskunden werden von der CO2-Bepreisung direkter getroffen, uneingeschränkte Preisgarantien, die bis ins Jahr 2021 und darüber hinaus reichen, dürften sehr selten sein. Allerdings ist noch lange nicht ausgemacht, ob alle Gasanbieter die CO2-Bepreisung sofort durchreichen, beispielsweise wenn für 2021 gerade die Beschaffungskosten sinken. Denn jede Preisanhebung kann schnell den Kundestamm verkleinern.
Und an der Tankstelle bei 50 l pro Füllung sind es auch „nur“ Mehrkosten von 1,57 Euro (Diesel; CO2-Bepreisung für 2021 von 3,147 Ct/l). Durch die kleinen Schritte besteht außerdem die Gefahr, dass man sich schnell daran gewöhnt, schließlich schwanken die Spritpreise im Tagesverlauf regelmäßig wesentlich stärker.
Senkung der Stromkosten
Zeitgleich mit dem Einstieg in die CO2-Bepreisung sollen Bürger und Wirtschaft beim Strompreis entlastet werden. Hierfür soll die EEG-Umlage (gegebenenfalls auch andere staatlich induzierte Preisbestandteile, wie Netzentgelte, Umlagen und Abgaben) schrittweise aus den Einnahmen der CO2-Bepreisung bezahlt werden (die Vergütungsregelungen für EEG-Anlagenbetreiber bleibt davon unberührt). Konkret sieht das Klimaschutzprogramm aber nur vor, dass ab 2021 die EEG-Umlage um 0,25 Ct/kWh gesenkt wird. Mit dem Anstieg des CO2-Festpreises beträgt die Entlastung 2022 dann 0,5 Ct/kWh, 2023 sind es 0,625 Ct/kWh. Steigen die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung, soll der Strompreis entlang des Bepreisungspfades weiter gesenkt werden.
Das Klimakabinett will damit nach eigenen Aussagen Anreize für eine zunehmende Elektrifizierung setzen und die sektorübergreifende Energiewende vorantreiben. Und sie gibt ein Versprechen ab, das vermutlich in den nächsten Jahren noch oft zitiert wird: „Die weiteren Maßnahmen aus dem Klimaschutzprogramm, die dazu führen könnten, dass Preisbestandteile des Stroms steigen, wird die Bundesregierung in einer Schrittfolge umsetzen, die sicherstellt, dass die Strompreissenkung erhalten bleibt.“
Nur eine marginale Entlastung
Die EEG-Umlage unterliegt für den Privatverbrauch ebenfalls der Mehrwertsteuer, sodass die Entlastung auf der Stromrechnung entsprechend höher ausfällt. Allerdings ist sie eher spärlich. Bei einem Haushaltsverbrauch von 4000 kWh/a kommen 2021 gerade einmal 11,90 Euro/a zusammen. 2025 wären es 41,65 Euro/a. Kostenneutralität bei Wohnenergie würde dieser Haushalt 2021 mit einer Öl-Heizung erreichen, wenn sein Mineralölhändler ihm Heizöl mit CO2-Emissionen von 1,0 tCO2/a liefert (11,90 Euro). Das wäre dann ein Verbrauch von rund 380 l/a für diesen Haushalt.
Da der Festpreis und die Entlastung bei der EEG-Umlage proportional sind, ändert sich die Menge in den folgenden Jahren nicht. Wer zu den finanziellen Profiteuren des Klimaschutzprogramms 2030 gehören will, wird das nicht mit einem Öl-Heizkessel als einzigem Wärmeerzeuger erreichen. Lägen die Haushalte auf diesem Verbrauchsniveau für fossile Energieträger, wäre für den Gebäudebereich ein Klimaschutzprogramm gar nicht notwendig.
Mit der zunehmenden Elektrifizierung meint das Klimakabinett im Wärmebereich offensichtlich elektrisch betriebene Wärmepumpen. Laut dem Monitoringbericht von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt betrug 2017 die durchschnittliche Heizstrom-Abnahmemenge für Wärmepumpen 6200 kWh/a, der Gesamtpreis für den Abnahmefall Wärmepumpe betrug im April 2018 im arithmetischen Mittel 21,71 Ct/kWh. Übernimmt man diese Daten ins Jahr 2021, hätte der Wärmepumpen-Betreiber beim Heizstrom Minderkosten von 15,5 Euro/a zu erwarten, der kWh-Preis würde um 1,15 % sinken. Dass davon die erwünschte Signalwirkung ausgeht, ist kaum zu erwarten.
Auch vom CO2-Preis zu finanzieren …
Neben der Senkung der Stromkosten soll die CO2-Bepreisung eine befristete Änderung der Entfernungspauschale finanzieren, weil Pendler, die einen langen Arbeitsweg zurücklegen müssen, besonders in ländlichen Räumen oft weder auf ein ausgebautes ÖPNV-Angebot noch auf eine heute bereits ausreichende Ladeinfrastruktur zurückgreifen können, um kurzfristig auf Elektromobilität umzusteigen. Deshalb soll die Entfernungspauschale ab 2021 bis zum 31. Dezember 2026 ab dem 21sten km auf 35 Ct/km (Entfernung) angehoben werden.
Zur Vermeidung sozialer Härten bei steigenden Heizkosten kündigt das Klimaschutzprogramm 2030 an, Wohngeldbezieher durch eine Erhöhung des Wohngelds um 10 % unterstützen. Darüber hinaus will die Bundesregierung im Mietrecht eine begrenzte Umlagefähigkeit der CO2-Bepreisung prüfen. Dies soll zu einer doppelten Anreizwirkung führen: Für Mieter zu energieeffizientem Verhalten und für Vermieter zu Investitionen in klimaschonende Heizungssysteme bzw. energetische Sanierungen.
Man darf gespannt sein, ob und in welchem Umfang diese Maßnahme umgesetzt wird, sie könnte durchaus wirken. Darf beispielsweise der Vermieter eines Gebäudes mit Öl-Heizung und zehn 100-m2-Wohnungen bei einem spezifischen Verbrauch von 15 l/m2 Wohnfläche die Hälfte der CO2-Bepreisung nicht umlegen, wären das im Jahr 2021 knapp 200 Euro und in den fünf Jahren bis 2025 zusammen 2380 Euro (hier jeweils ohne MwSt.). Springt 2026 die CO2-Bepreisung auf 60 Euro/tCO2, wären es allein in diesem Jahr 1190 Euro. Eine begrenzte Umlagefähigkeit könnte also tatsächlich ein wirkungsvoller Anreiz sein, im unsanierten Bestand die Beteiligung an der CO2-Bepreisung durch eine Heizungserneuerung zu halbieren oder durch eine Umstellung auf erneuerbare Energie gänzlich zu vermeiden. Zumal Betreiber von Öl-Heizungen spätestens 2025 eine Grundsatzentscheidung treffen müssen, siehe unten.
Maßnahmen im Gebäudesektor
Der Gebäudesektor ist für 14 % der gesamten CO2-Emissionen in Deutschland unmittelbar verantwortlich, das entspricht rund 120 Mio. tCO2/a. Im Jahr 2030 dürfen noch höchstens 72 Mio. tCO2/a emittiert werden. Bei alleiniger und unveränderter Fortführung bestehender Instrumente (gesetzlicher Rahmen und Förderprogramme) ist laut Klimaschutzprogramm für das Jahr 2030 eine Emissionsminderung auf nur rund 90 Mio. tCO2/a zu erwarten. Die Ziellücke soll durch verstärkte Förderung, Information und Beratung, die CO2-Bepreisung und durch Ordnungsrecht geschlossen werden.
Steuerliche Förderung
Die steuerliche Förderung energetischer Gebäudesanierungsmaßnahmen wird schon seit über einem Jahrzehnt immer wieder auf die Agenda gesetzt, ist aber stets gescheitert. Mitunter nur aus parteipolitischer Taktik. Nun darf sie nicht erneut scheitern – sie ist die zentrale Maßnahme für den Gebäudesektor. Die steuerliche Förderung selbstgenutzten Eigentums soll ab 2020 in Ergänzung zur existierenden Förderkulisse als weitere Säule der Förderung eingeführt werden. Durch einen Abzug von der Steuerschuld profitieren Gebäudebesitzer aller Einkommensklassen gleichermaßen.
Gefördert werden alternativ zur Inanspruchnahme sonstiger Förderprogramme auch Einzelmaßnahmen, die auch von der KfW als förderwürdig eingestuft sind. Hierzu zählen Einzelmaßnahmen, insbesondere der Heizungstausch, aber auch der Einbau neuer Fenster oder die Dämmung von Dächern und Außenwänden. Wer solche Maßnahmen umsetzt, kann seine Steuerschuld – verteilt über drei Jahre – um 20 % der Kosten mindern.
Wer stattdessen die bisherige Förderung nutzt (СO2-Gebäudesanierungsprogramm, Marktanreizprogramm – neu BEG, siehe unten), bekommt dort zukünftig eine um 10 Prozentpunkte erhöhte Förderung für Einzelmaßnahmen.
Darauf hat nicht nur die TGA-Branche lange gewartet, ein Steuerbonus für Modernisierer wurde seit vielen Jahren baubranchenübergreifend an Berlin herangetragen. Einfacher und vermutlich noch wirkungsvoller wäre eine Mehrwertsteuerbefreiung für energetische Sanierungsmaßnahmen. 19 % Sofortabzug wäre vielen Modernisierern sicherlich lieber, als der zeitversetzte und gestreckte Abzug von der Steuerschuld.
Bundesförderung für effiziente Gebäude
Die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) wird zwar im Klimaschutzprogramm als neue Maßnahme aufgeführt, ist es aber nicht. Die Bündelung bestehender investiver Förderprogramme im Gebäudebereich zu einem einzigen, umfassenden und modernisierten Förderangebot wurde schon im Mai 2017 mit der „Förderstrategie Energieeffizienz und Wärme aus erneuerbaren Energien“ angekündigt. Ein wesentliches Merkmal und heftig umstritten war damals: … Hybridsysteme, die erneuerbare Energien einbeziehen, sollen weiterhin gefördert werden, um den Übergang zu mehr Erneuerbaren im Wärmemarkt zu unterstützten – während die Förderung von Wärmeerzeugern [bzw. Heizungsanlagen], die ausschließlich auf fossilen Energieträgern basieren, im Jahr 2019 ausläuft.
Primäres Ziel, 2017 wie 2019ff, ist es, durch die Bündelung und inhaltliche Optimierung die Adressatenfreundlichkeit und Attraktivität der Förderung deutlich zu steigern, diese noch stärker auf ambitioniertere Maßnahmen zu lenken und das Antragsverfahren deutlich zu vereinfachen. Es wird nur noch ein Antrag für Effizienzmaßnahmen und erneuerbare Energien genügen. In den letzten Jahren schwächelte insbesondere das Marktanreizprogramm für erneuerbare Energien im Wärmemarkt, das Programm Heizungsoptimierung muss man gemessen an den Zielen als Flopp bezeichnen.
Nun wird die Mittelausstattung des zusammengefassten Programms erhöht und für umfassende Sanierungen werden die bisherigen Fördersätze für das Erreichen der unterschiedlichen Effizienzhausstufen im Bereich Wohngebäude um 10 Prozentpunkte erhöht. Außerdem soll die Gebäudeeffizienstrategie der Bundesregierung bei der nächsten Überarbeitung noch konsequenter auf das Ziel der CO2-Reduktion (klimaneutraler Gebäudebestand im Jahr 2050) ausgerichtet werden. Außerdem will die Bundesregierung im Rahmen der KfW-Förderung dafür sorgen, dass die Investitionen weiterer Adressaten durch Zuschüsse gefördert werden können (z. B. steuerbefreite Wohnungsgenossenschaften; Wohnungsunternehmen mit hohen Verlustvorträgen; Personen ohne oder mit nur geringer veranlagter Steuerschuld, z. B. Rentner; Vermieter; Eigentümer eigenbetrieblich genutzter Gebäude).
Förderung der seriellen Sanierung
Für die Förderung der seriellen Sanierung im Gebäudebereich hat das Klimakabinett nur 31 Worte gefunden, das bietet Gestaltungsspielraum für ein interessantes Marktsegment: „Die industrielle Vorfertigung von Fassaden- und Dachelementen und eine standardisierte Installation von Anlagentechnik, inklusive der Versorgung mit eigenerzeugtem Strom in Verbindung mit neuen Investitions- und Vertragsmodellen wird die Bundesregierung ebenfalls fördern.“
Erneuerung von Heizungsanlagen
Hier kündigt das Klimaschutzprogramm 2030 an: „Um die Austauschrate von Öl-Heizungen zu erhöhen, wird eine ‚Austauschprämie‘ mit einem Förderanteil von 40 % für ein neues, effizienteres Heizsystem in die BEG integriert.“ Was sich zunächst wie ein Austauschprogramm auch ohne Energieträgerwechsel liest, ist wohl eher als Sonderkondition für Besitzer einer alten Heizung auf Basis fossiler Brennstoffe zu verstehen. Denn weiter heißt es:
„Ziel des neuen Förderkonzepts ist es, für alle derzeit mit Heizöl und andere ausschließlich auf Basis fossiler Brennstoffe betriebenen Heizungen einen attraktiven Anreiz zur Umstellung auf erneuerbare Wärme, oder, wo dies nicht möglich ist, auf effiziente hybride Gas-Heizungen, die anteilig EE einbinden, zu geben. Es lohnt sich damit, in den kommenden Jahren beispielsweise von alten Öl- und Gas-Heizungen auf klimafreundlichere Anlagen oder direkt auf erneuerbare Wärme umzusteigen.“
Im „Die Bundesregierung informiert“ zum Klimaschutzprogramm 2030 ist das etwas anders dargestellt: „Es lohnt sich, in den kommenden Jahren von alten Öl- und Gas-Heizungen auf klimafreundliche Anlagen oder direkt auf erneuerbare Wärme umzusteigen. Dafür wird es eine ‚Austauschprämie‘ mit einer 40-prozentigen Förderung geben.“ Ob mit ein „effizienteres Heizsystem“ oder eine „klimafreundliche Anlage“ bereits ein Brennwertheizkessel oder als Mindestschwelle eine hybride Gas-Heizung gemeint ist, muss wohl zunächst abgewartet werden. Von Letzterem scheint jedenfalls das Institut für Wärme und Oeltechnik (IWO) auszugehen. In einem Statement gab das IWO an: „… die Fördervoraussetzungen für Öl-Hybridheizungen, die erneuerbare Energien einbinden, einzuschränken, ist kontraproduktiv und ungerecht“.
Darauf deutet auch eine Aussage auf der Pressekonferenz zu den Beschlüssen des Klimakabinetts von Bundesfinanzminister Olaf Scholz hin: „Wir werden es mit den Fördermaßnahmen massiv möglich machen, dass die Bürgerinnen und Bürger bei ihren Heizungen umsteigen.“ Und: „Jeder, der damit zu tun hat, muss wissen, dass bestimmte Heizmethoden keine Zukunft mehr haben.“ Umsteigen bedeutet jedenfalls mehr als nur einen Austausch des alten Systems mit neuem Stand der Technik.
Aber damit nicht genug, denn das Klimaschutzprogramm kündigt an: „Die Bundesregierung wird zudem eine gesetzliche Regelung vorlegen, wonach in Gebäuden, in denen eine klimafreundlichere Wärmeerzeugung möglich ist, der Einbau von Öl-Heizungen ab 2026 nicht mehr gestattet ist. Im Neubau und Bestand sind Hybridlösungen auch künftig möglich.“
Weitere Elemente
Sektor Verkehr
Im Sektor Verkehr setzen Elektromobilität und die Ladeinfrastruktur einen Schwerpunkt. Einige der Vorhaben können auch für TGA-Planungsbüros und SHK-Unternehmen interessant sein. Da die weitaus meisten Ladevorgänge zuhause oder bei der Arbeit stattfinden werden, soll gemeinsam genutzte private und gewerbliche Ladeinfrastruktur (z. B. in Mehrfamilienhäusern und auf Mitarbeiterparkplätzen) gefördert werden. Die Installation von privater Ladeinfrastruktur soll mit dem Handwerkerbonus gefördert werden. Zudem sind das Stromtanken beim Arbeitgeber und die Überlassung notwendiger Infrastruktur für das Tanken beim Arbeitnehmer steuerlich begünstigt, müssen also nicht als Lohnbestandteil versteuert werden.
Mit dem Gesetz zur steuerlichen Förderung der Elektromobilität wird u. a. die Dienstwagenregelung für die Nutzung eines batterieelektrischen Fahrzeuges oder eines Plug-in-Hybrid-Fahrzeuges bis 2030 verlängert. Die Dienstwagensteuer soll zukünftig darüber hinaus für reine Elektrofahrzeuge bis zu einem Preis von 40 000 Euro von 0,5 % auf 0,25 % abgesenkt werden. Zudem wird die Steuerbefreiung nach § 3d Kraftfahrzeugsteuergesetz bis zum 31. Dezember 2025 verlängert. Die auf zehn Jahre befristete Dauer der Steuerbefreiung wird bis längstens 31. Dezember 2030 begrenzt. In einem weiteren Schritt soll die von Bund und Herstellern getragene Kaufprämie ab 2021 für Pkw mit Elektro-, Hybrid- und Wasserstoff-/Brennstoffzellenantrieb verlängert und für Autos unter 40 000 Euro angehoben werden.
Sektor Energiewirtschaft
Im Sektor Energiewirtschaft stehen der schrittweise Ausstieg aus der Kohleverstromung bis spätestens 2038 und der Ausbau der Stromerzeugung mit erneuerbaren Energien auf 65 % bis 2030 im Mittelpunkt. Für den Gebäudebereich sind hier die Prüfung verbesserter Rahmenbedingungen beim Mieterstrom und die Aufhebung des Deckels von 52 GW für die Förderung von PV-Anlagen von Bedeutung.
Umsetzung und Kontrolle
Vordringliches Ziel des Klimaschutzprogramms ist das Erreichen der Klimaschutzziele 2030. „Um diese Zielerreichung verlässlich und planbar zu gestalten, werden für alle Sektoren die sich aus dem Klimaschutzplan 2050 ergebenden jährlich definierten Minderungsziele (‚Sektorziele‘) gesetzlich festgeschrieben. Dieses Vorgehen schafft größtmögliche Transparenz und Erfolgskontrolle.“
Dafür will die Bundesregierung die Einhaltung der Klimaziele 2030 insgesamt und die Fortschritte in den einzelnen Sektoren jährlich genau ermitteln und dies durch einen externen Expertenrat begleiten lassen. Das eigentlich befristet eingesetzte Klimakabinett wird dauerhaft installiert und bekommt von der Bundesregierung die Aufgabe übertragen, jährlich die Wirksamkeit, Effizienz und Zielgenauigkeit der eingeleiteten Maßnahmen zu überprüfen.
Erfüllt ein Sektor seine gesetzlich vorgesehen Ziele nicht, muss der zuständige Ressortminister dem Klimakabinett innerhalb von drei Monaten nach Bestätigung der Emissionsdaten durch die Expertenkommission ein Sofortprogramm zur Nachsteuerung vorlegen. Auf dieser Grundlage entscheidet dann das Klimakabinett, wie das Klimaschutzprogramm 2030 gemeinsam so angepasst wird, dass die zugrundeliegenden Ziele erreicht werden. In diesem Zusammenhang überprüft das Klimakabinett auch, ob Anpassungen bei den jährlichen Sektorbudgets vorgenommen werden sollen. Darüber entscheidet die Bundesregierung. Dabei ist ihr Leitgedanke, die Einhaltung der Klimaschutzziele wirtschaftlich nachhaltig und sozial ausgewogen zu gestalten.
Alle gesetzlichen Maßnahmen zur Umsetzung dieses Klimaschutzprogramms 2030 sollen noch in 2019 vom Bundeskabinett verabschiedet werden. Viele Kommentare kritisieren, dass mit dem Klimaschutzprogramm die Klimaziele 2030 unter anderem im Gebäudebereich nicht zu schaffen sind. Die Branche muss sich also darauf einstellen, dass die Bundesregierung beziehungsweise der Gesetzgeber in den nächsten zehn Jahren kontinuierlich nachsteuert. JV
Klimaschutzprogramm 2030
Deutschland hat sich mit seinen europäischen Partnern auf ein Verfahren geeinigt, in Europa den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 um mindestens 40 % gegenüber 1990 zu verringern. Dazu wurden verbindliche europäische Ziele sowie daraus abgeleitet nationale Ziele vereinbart, die bis 2030 erreicht werden müssen. Die Senkung der Treibhausgasemissionen in den Sektoren Verkehr, Gebäude, Kleinindustrie, Landwirtschaft und Abfall (Non-ETS-Bereich) liegt in der Verantwortung der Mitgliedstaaten, die sich im Rahmen der EU-Klimaschutzverordnung verpflichtet haben, definierte Jahresbudgets für den CO2-Ausstoß einzuhalten. Deutschland hat sich verpflichtet, seine Emissionen im Non-ETS-Bereich bis 2030 um 38 % gegenüber 2005 zu mindern. Die Einhaltung der Einsparziele ist für jedes einzelne Jahr verbindlich: Erreicht ein Mitgliedsstaat die Ziele nicht, muss er für entsprechende CO2-Emissionszuweisungen durch Zukauf von anderen Mitgliedsstaaten sorgen. Die Bundesregierung hat bereits im Klimaschutzplan 2050 Sektorziele für die notwendige Emissionsminderung festgelegt. Mit den Eckpunkten des Klimaschutzprogramms 2030 sollen diese Sektorziele nun sichergestellt werden. Download des Klimaschutzprogramms: www.bit.ly/tga2030