Eine Wärmepumpe mit großer Leistungsreserve einzubauen, ist nicht sinnvoll: Eine Leistungsreserve hilft nicht wirklich viel und die richtige (knappe) Größe einer Wärmepumpe ist eine Grundvoraussetzung für ihren effizienten Betrieb. Bei der Heizungsmodernisierung kann die Heizlast passend zum jeweiligen Planungsschritt mit unterschiedlichen Methoden ermittelt werden.
Der Artikel kompakt zusammengefasst
■ Überdimensionierte Wärmepumpen sind unnötig teuer, verursachen höhere Betriebskosten und verschleißen durch häufigeres Takten im dominierenden Teillastbereich schneller.
■ Grundlage für die Auswahl einer passenden Wärmepumpe ist unter anderem eine bestmöglich ermittelte Heizlast, gegebenenfalls vorausschauend auf anstehende Veränderungen.
■ Um die Heizlast zu ermitteln, stehen genaue und überschlägige Verfahren zur Verfügung. Die überschlägigen Verfahren eignen sich insbesondere, um schon in der Akquisitionsphase für einen Planungsauftrag und in der Angebotsphase von Handwerksbetrieben eine Vorauswahl mit vertretbarem Aufwand realisieren zu können.
Eine korrekt ausgelegte Wärmepumpe ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern gleichzeitig bei den Investitions- und auch bei Betriebskosten gut für den Geldbeutel. Zur Ermittlung des tatsächlichen Wärmebedarfs eines Gebäudes dient die Heizlastberechnung nach DIN 12831.
Die Heizlast eines Gebäudes ist die Leistung, die erbracht werden muss, um die Innentemperatur in einem Haus bei einer definierten, extrem kalten Wetterlage aufrechtzuerhalten. Oder umgekehrt: Sie ist eine Angabe, wieviel Wärme ein Gebäude in einem solchen Fall an seine Umgebung abgibt. Wärmeverluste entstehen immer, wenn zwischen der Innen- und der Außenseite von Bauteilen der Gebäudehülle, also Dach, Wände, Fenster, Türen und Boden, ein Temperaturunterschied existiert.
Streng genommen gilt das nur für stationäre Bedingungen, da insbesondere „schwere“ Bauteile auch Wärme speichern. Zudem überlagern sich Konvektion und Strahlung: An einem klaren windstillen Tag mit frostiger Außentemperatur kann die Strahlung der Sonne zeitweise auch zu einem Wärmegewinn führen. Für den „Auslegungstag“ ist das aber nicht relevant oder wird über Korrekturen im Berechnungsverfahren berücksichtigt.
Mit der Heizlastberechnung nach DIN 12831 wird die maximale Heizlast für ein Gebäude ermittelt. Anhand der Heizlast kann jeweils die Größe
● des Wärmeerzeugers (Betrachtung des gesamten Gebäudes),
● der Wärmeabgabesysteme (Heizkörper/Flächenheizsysteme, raumweise Betrachtung) und
● der Wärmeverteilsysteme
des Heizsystems eines bestimmten Gebäudes ermittelt werden. Sie ist jedoch nicht zu verwechseln mit der Leistungsgröße einer Wärmepumpe, da die tatsächliche Leistung von Wärmepumpen von den Ein- und Ausgangstemperaturen abhängig ist.
Fünf überschlägige Verfahren
Um die Heizlast und die zusätzlich benötigte Energiemenge für die Trinkwassererwärmung zu ermitteln, unterscheidet man grundsätzlich zwischen überschlägigen und genauen Verfahren – je nach erforderlicher Genauigkeit.
In der Akquisitionsphase für einen Planungsauftrag und in der Angebotsphase von Handwerksbetrieben bieten sich fünf überschlägige Verfahren für die Ermittlung der Heizlast an:
● auf der Grundlage von Baujahr und Wohnfläche
● auf der Basis von Verbrauchsdaten der letzten drei Jahre
● nach EnEV / GEG
● über die spezifische Heizleistung und
● nach DIN/TS 12831-1.
Die Berechnung der Heizlast nach DIN/TS 12831-1 Abschnitt 7 bietet die besten überschlägigen Ergebnisse, ist jedoch deutlich aufwendiger als die anderen überschlägigen Verfahren.
Eine exakte raumweise Berechnung nach DIN EN 12831-1 Abschnitt 6 setzt dagegen die Expertise von Planungsbüros, spezialisierten Dienstleistern oder Energieberatern voraus, da die Ermittlung auf umfangreichen Gebäudedaten, wie Flächen, Wärmedurchgangskoeffizienten aller Bauteile, Raumvolumen aller Räume, Auslegungsdaten des Lüftungssystems, die Norm-Innen- und Außentemperatur etc. beruht.
Heizlast nach Baujahr und Wohnfläche
Zur überschlägigen Heizlastermittlung durch Baujahr und Wohnfläche werden folgende Daten erfasst:
● Gesamtwohnfläche (warme und kühlere Räume)
● spezifischer Heizleistungsbedarf für Gebäude gemäß Baujahr, siehe (Bild 2)
Die Wohnflächen werden mit dem spezifischen Heizleistungsbedarf multipliziert. Diese Berechnung erfasst jedoch nicht, ob seit dem Erstbezug bereits energetische Sanierungsmaßnahmen erfolgt sind, zum Beispiel der Einbau neuer Fenster. Die ermittelte Heizlast fällt deshalb oft zu hoch aus und birgt die Gefahr, dass eine zu große Wärmepumpe ausgewählt wird. Das Verfahren ist von den fünf oben aufgeführten am wenigsten präzise, weil sich die meisten Bestandsgebäude energetisch nicht mehr im Originalzustand befinden.
Heizlast nach Verbrauch
Zur Ermittlung der Heizlast anhand des Verbrauchs der letzten drei Jahre sind folgende Daten erforderlich:
● Vollständiger Verbrauch sämtlicher Energieträger in den letzten drei Jahren
● Divisoren der Energieträger von Deutschland für den normalen Warmwasserverbrauch von Ein- und Zweifamilienhäusern (für 1900 Vollbenutzungsstunden und einen Jahresnutzungsgrad des Heizkessels von 75 %). Diese sind notwendig, um den Energiebedarf zur Trinkwassererwärmung nicht mit der Raumheizlast zu verrechnen.
Der Durchschnittsverbrauch der einzelnen Energieträger pro Jahr wird ermittelt, um jährliche Schwankungen auszugleichen. Anschließend wird der Wert durch den entsprechenden Divisor geteilt (siehe Bild 3). Man erhält somit die Heizlast. Sind mehrere Energieträger vorhanden, werden deren individuelle Heizlasten addiert.
Dieses Verfahren berücksichtigt nicht, ob ein Gebäude komplett oder nur teilweise beheizt wurde. Es ist beispielsweise auch nicht nachvollziehbar, wie das Lüftungsverhalten auf den Verbrauch eingewirkt hat, wie ineffizient die Bestandsheizung arbeitet oder für wie viele Personen Warmwasser bereitgestellt werden muss. So könnte auch mit die mit diesem Verfahren ermittelte Heizlast und damit die Wärmepumpe entweder zu klein oder zu groß ausfallen.
Heizlast mit Daten vom Energieberater
Die erforderlichen Daten für das Verfahren nach EnEV / GEG ermittelt im Bestandsbau üblicherweise der Energieberater im Rahmen der Erstellung eines Energieverbrauchsausweises.
Das vierte Verfahren ist eine Schätzmethode, die beschreibt, wie hoch die durchschnittliche Wärmezufuhr pro m2 Wohnfläche sein muss, um sie zu beheizen. Im Bestandsbau bescheinigt sie üblicherweise ebenfalls der Energieberater im Rahmen der Erstellung eines Energiebedarfsausweises. Die Basiswerte dazu basieren auf Tabellenwerten mit Leistungsfaktoren in Abhängigkeit vom Baujahr, wie sie zum Beispiel im Nationalen Anhang zur DIN EN 15378 zu finden sind.
Heizlast nach DIN/TS 12831-1 Abschn. 7
Um die Heizlast normgerecht nach DIN/TS 12831-1 Abschnitt 7 überschlägig zu ermitteln, greift man auf deutlich mehr Daten zurück:
● Endenergieverbrauch von Erdgas bzw. Heizöl in kWh/a
● Art und Alter der bestehenden Heizung (in Form von Faktoren)
● Energieverbrauch zur Trinkwassererwärmung (der Warmwasserkomfort wird über die Personenanzahl geschätzt und nicht über die Wohnfläche bestimmt)
● Gradtagszahl
● Heizgrenztemperatur in Bestandsgebäuden (15 °C)
● Normaußentemperatur am Gebäudestandort (siehe Bild 4)
Gradtagszahl GTZ
Für die Gradtagszahl (auch: Heizgradtage) GTZ sind Tage maßgeblich, an denen die Temperatur unterhalb der Heizgrenze liegt, bei der normalerweise die Heizung in Betrieb geht. Außentemperaturen oberhalb der Heizgrenztemperatur fließen nicht in die Berechnung der Gradtagszahl ein.
Die Gradtagszahl berechnet sich dann durch Aufsummieren der Produkte Di ∙ Ni wobei Ni die Häufigkeit in Tagen, mit der eine Temperatur unterhalb der Heizgrenztemperatur Tgrenz innerhalb eines Jahres auftritt, beschreibt. Für Temperaturen unterhalb der Heizgrenztemperatur Tgrenz beschreibt Di die Differenz zwischen der Heizgrenztemperatur Tgrenz und der Normaußentemperatur DNorm.
Dabei geht man konservativ (für sehr schlecht gedämmte Gebäude) von einer Raumtemperatur von 20 °C aus. Entsprechend ist die Gradtagszahl hoch, wenn es draußen lange kalt ist. Zur korrekten Ermittlung hat das Institut Wohnen und Umwelt (IWU) ein Online-Tool für Gradtagszahlen entwickelt, das kostenfrei zur Verfügung steht.
Vollbenutzungsstunden
Über die Normaußentemperatur, die Gradtagszahl sowie die Heizgrenztemperatur werden die Vollbenutzungsstunden tFLH ermittelt; also die Dauer, die ein Wärmeerzeuger mit Nennleistung theoretisch betrieben werden müsste, um den rechnerisch ermittelten Jahreswärmebedarf zu decken. In der Praxis liegt die Zahl der Betriebsstunden erheblich höher, da modulierende Heizungsanlage in vielen Zeiträumen im Jahr mit reduzierter Leistung nur in Teillast betrieben wird. Bei einstufigen Ölbrennern kann es hingegen eine relativ gute Übereinstimmung geben.
Normaußentemperatur
Da Deutschland verschiedene Klimabereiche hat, wird die Heizlast jeweils individuell für einen bestimmten Standort festgelegt. Als Grundlage dafür dienen Normaußentemperaturen, die in der Norm DIN/TS 12831-1 festgelegt wurden. Die Normaußentemperatur eines bestimmten Standortes beschreibt in einer Kälteperiode die tiefste Außentemperatur, die 10-mal mindestens an zwei aufeinanderfolgenden Tagen gemessen worden ist.
Die entsprechende Karte für Deutschland ist in insgesamt 8199 Bereiche eingeteilt (Bild 4). Sie beruhen auf neuen meteorologischen Daten, welche die Auswirkungen des Klimawandels bereits berücksichtigen. Sie beziehen außerdem die durch hohe Bebauungsdichte entstehenden Wärme-Inseleffekte sowie Höhenlagen ein. Die Normaußentemperatur ist damit bezogen auf die Heizlastberechnung eines Gebäudes eine gebäudeunabhängige Größe. Der Bundesverband Wärmepumpe hat die Klimakarte für Deutschland digitalisiert.
Erzeugernutzwärmeabgabe
Aus dem Endenergieverbrauch der alten Heizung, ihrer Art und ihrem Alter (in Form von Faktoren) sowie über den Energieverbrauch zur Trinkwassererwärmung wird die Erzeugernutzwärmeabgabe pro Jahr ermittelt. Diese wird im Wesentlichen durch den spezifischen Energieinhalt des jeweiligen Energieträgers ([kWh/l], [kWh/kg], [kWh/m3], …) multipliziert mit einem (gemittelten) Mengenverbrauch ([l/a], [m3/a], [kg/a], …) bestimmt.
Zu guter Letzt teilt man die Erzeugernutzwärmeabgabe durch die Vollbenutzungsstunden und erhält dadurch eine gute überschlägige Schätzung der Heizlast eines Gebäudes, die bereits die Trinkwassererwärmung einschließt.
Streng genommen erhält man auf diese Weise nicht die reine Gebäuderaumheizlast. Diese kann über den Verbrauch nur ermittelt werden, sofern der Energiebedarf zur Warmwassererzeugung herausgerechnet wird. Dazu existieren mehrere Verfahren, die wahlweise die Nutzerzahl, bestimmte Zapfprofile, die Wohnfläche oder auch Kombinationen heranziehen.
Ist vorgesehen, mit dem Energieversorgungsunternehmen einen sogenannten Wärmepumpentarif abzuschließen, muss pro Sperrstunde die Heizleistung um 2,5 % erhöht oder alternativ der Pufferspeicher größer dimensioniert werden.
Exakte Berechnung der Heizlast
Wer die Heizlast exakt ermitteln möchte oder muss, um zum Beispiel nach Auftragserteilung genau und raumweise eine Heizung und die Wärmeübertrager auszulegen, ist in der Regel auf die Unterstützung von Fachplanern angewiesen. Denn bei dieser Berechnung werden sämtliche Gebäudeteile betrachtet. Dies wird häufig über ein 3D-CAD-Modell des Gebäudes realisiert, kann aber grundsätzlich auch tabellarisch erfolgen.
Das im Vergleich zu den überschlägigen Verfahren deutlich aufwendigere Verfahren ist in der EN 12831-1 Abschnitt 6 beschrieben. In die raumweise Berechnung der Heizlast fließen sowohl Gebäude- als auch Umgebungsdaten ein:
● Transmissionswärmeverlust sämtlicher Bauteile pro Raum
● Lüftungswärmeverlust pro Raum
● Zusätzliche Aufheizleistung nach einer Heizpause
● Erdreich
● äußere Umgebung
● beheizte und unbeheizte Nachbarräume
● Normaußentemperatur PLZ-genau zwischen − 17 °C und − 7 °C (diese sind auch Bestandteil der einfachen Verfahren)
Die Heizlast ergibt sich aus der Summe aller Transmissionswärmeverluste und Lüftungswärmeverluste sowie der zusätzlichen Aufheizleistung. Die Werte, die in diese raumweise Heizlastberechnung einfließen, stammen entweder vom Gebäude und wie beim überschlägigen Verfahren von den Normaußentemperaturen des Standorts, oder sie sind von den Wünschen der Nutzer hinsichtlich der zu erreichenden Raumtemperatur abhängig. In der Regel wird für alle Wohnräume einschließlich Flure eine Raumtemperatur von 20 °C angesetzt, während für Bäder und Ankleideräume 24 °C veranschlagt werden.
Die Innen- und Außentemperaturen werden für die normative Berechnung als konstant angenommen. Da damit die realen Verhältnisse vereinfacht betrachtet werden, handelt es sich um einen stationären Berechnungsansatz. Bei der Berechnung ebenfalls vernachlässigt werden innere Wärmeeinträge (zum Beispiel durch Personen und Elektrogeräte) und in Deutschland außerdem die Effekte durch Sonneneinstrahlung. Beide werden nur für Energiebilanzen berücksichtigt.
Der Energieverbrauch zur Trinkwassererwärmung wird entweder über die Wohnfläche oder die Personenanzahl geschätzt, kann aber ebenso wie die Raumtemperatur individualisiert werden.
Wolf Wärmepumpen-Konfigurator
Um insbesondere zu Beginn der Planungsphase den Aufwand für den Fachhandwerker zu vereinfachen, kann der Wolf Wärmepumpen-Konfigurator (Bild 6) in Anlehnung an die Richtlinienreihe VDI 4650 hilfreich sein. Er deckt die vier zuerst beschriebenen Methoden zur Heizlastberechnung ab. Das Tool wurde zusammen mit Fachhandwerkern entwickelt und bildet überschlagsweise neben der Heizlast auch unterschiedliche Nutzerverhalten über vordefinierte, personennormierte Warmwasserbedarfe ab. Der Konfigurator bietet auf kurzem Weg eine einfache und schnelle Auslegung für die Wärmepumpe von Wolf.
Die Funktionalitäten werden laufend erweitert – so sind z. B. Länderadaptionen, die Ausweitung auf Hybridsysteme sowie eine erweiterte grafische Ergebnisdarstellung geplant. Der Wolf Wärmepumpen-Konfigurator (www.wolf.eu/profi/wp-konfigurator) ist jedoch nicht als Ersatz für eine tiefergehende, detaillierte Beratung wie z. B. durch einen Energieberater zu verwenden.
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