Die Renovierung von Gebäuden und die Inspektion von Lüftungsanlagen sind willkommene Ergänzungen im Vorschlag der EU-Kommission für die Revision der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) [1]. Für ein gut funktionierendes Lüftungssystem ist es wichtig, alle Interessengruppen einzubeziehen, die am Gesamtprozess – Planung, Ausführung, Betrieb, Nutzung und Überwachung – beteiligt sind.
Der Artikel kompakt zusammengefasst
■ Mit gut geplanten bedarfsgeregelten Lüftungsanlagen kann die notwendige Belüftung von Gebäuden mit hoher Luftqualität und minimalem Energieeinsatz erreicht werden.
■ Felduntersuchungen in bestehenden Gebäuden mit ventilatorgestützten Lüftungssystemen zeigen allerdings, dass die Eigenschaft „energieeffizient“ häufig durch falsche Einstellungen, fehlende Abgleiche und ignorierte Warnmeldungen vereitelt wird.
■ Gleichzeitig belegen Fallstudien, dass durch Korrekturen der Energieverbrauch signifikant gesenkt werden kann. Eine Ausrichtung der EU-Gebäuderichtlinie auf Gebäuderenovierungen und die Inspektion von Lüftungsanlagen ist somit ein wichtiger Schritt, um die mit der Richtlinie angestrebten Ziele zu erreichen.
Die Zahlen sind lange bekannt, konnten aber bisher nicht entschärft werden: Auf Gebäude entfallen in Europa für Errichtung, Nutzung, Renovierung und Abriss insgesamt 40 % des Energieverbrauchs und 36 % der Treibhausgasemissionen [2]. Weltweit ist der Gebäudebetrieb, einschließlich Heizung, Kühlung und Elektrizität, für rund 27 % aller energiebedingten CO2-Emissionen verantwortlich [3]. Die Optimierung der Energieeffizienz von Gebäuden ist somit ein wesentlicher Faktor für die Dekarbonisierung, die Senkung des Energieverbrauchs und die Verringerung der Energiepreisanfälligkeit in Europa [1].
Best-Case-Leistung für Worst-Case-Gebäude
Ein wichtiges Ziel des European Green Deal – ein klimaneutraler Gebäudebestand bis 2050 – sollte ohne Abstriche bei gutem Raumklima erreicht werden. Tatsache ist allerdings: Bis zu 100 Millionen Erwachsene und Kinder leben, lernen und arbeiten in Europa in ungesunden Gebäuden [4], und etwa 75 % des Gebäudebestands in der EU gelten als nicht energieeffizient [5].
Beide Anforderungen lassen sich aber gemeinsam und synergetisch lösen: Die Änderung der bestehenden Belüftung in Gebäuden mit ungünstigen Bedingungen durch intelligente Systeme kann für die Luftqualität in Innenräumen, die Senkung des Energieverbrauchs und die Verringerung der direkten und indirekten Emissionen des Gebäudes entscheidend sein.
Insbesondere die Einschränkungen durch die Covid-19-Pandemie haben gezeigt, dass eine ausreichende Belüftung von Gebäuden von großer Bedeutung für die Gesundheit ist. Doch ohne Atempause hat die kritische Versorgung mit Primärenergieträgern durch den Russland-Ukraine-Krieg gezeigt, wie herausfordernd eine Abwägung zwischen gutem Raumklima und Energieeinsparung im aktuellen Gebäudebestand ist.
Bedarfsgesteuerte Lüftungsanlagen
Es geht aber auch ohne Kompromisse: Moderne Regelungsverfahren optimieren den Energiebedarf auf der Grundlage der tatsächlichen Nutzung, was bedeutet, dass ein gutes Raumklima mit minimalem Energieverbrauch kombiniert werden kann.
Studien belegen, dass moderne Regelungsverfahren in Lüftungsanlagen, insbesondere bedarfsgesteuerte Lüftungsanlagen (DCV; demand-controlled ventilation), den Energieverbrauch eines Gebäudes senken und gleichzeitig die Luftqualität und das Raumklima insgesamt verbessern können. Der Einsatz solcher Regelungsmethoden für die Lüftung ist eine Notwendigkeit für die Energieeffizienz neuer Gebäude, sollte aber auch stets bei energetischen Renovierungen und Sanierungen sowie als Einzelmaßnahme in Betracht gezogen werden.
Eine vom Lindab Innovation Hub in den Jahren 2020 und 2021 durchgeführte Fallstudie zeigt, das durch die Änderung eines bestehenden Lüftungssystems und den Einbau eines drahtlosen DCV-Systems auf Raumebene in einem Bürogebäude in Hamburg bis zu 68 % Energie eingespart werden konnte (Bild 2).
Das System besteht aus Volumenstromregler mit Ultraschallmesstechnik, Bluetooth-Raumsensoren für CO2-Konzentration und Anwesenheitserkennung sowie Smartphone-Apps, die den Zugang für die Inbetriebnahme, aber auch für den Raumnutzer zur Steuerung und Überwachung des Systems und der Raumluftqualität ermöglichen. Als Amortisationszeit für die Aufrüstung wurden nur 4,5 Jahre ermittelt, mit den tatsächlichen Energiepreisen nach der Installation verkürzt sie sich signifikant.
Kontrollsysteme in der Lüftung: Ein zweischneidige Schwert
Um das akzeptierte Innenraumklima in Bezug auf die Energieleistung zu verstehen, hat der Lindab Innovation Hub mehrere Langzeituntersuchungen in bestehenden Gebäuden mit verschiedenen ventilatorgestützten Lüftungssystemen durchgeführt. Bei fast allen Projekten zeigte sich, dass die Systeme Störungen, falsche Einstellungen, fehlende Abgleiche oder Warnmeldungen des Gebäudemanagementsystems aufwiesen und diese von den Verantwortlichen ignoriert oder nicht erkannt wurden.
Die Schlussfolgerung ist, dass ohne eine präzise Installation, gut funktionierende Sensoren und Steuerungen ein hohes Risiko besteht, dass die geplante Energieeffizienz eines Systems nicht erreicht wird. Im schlimmsten Fall wird ein Energiesparsystem zu einem hohen Energieverbraucher, der kein ausreichend gutes Raumklima garantieren kann – und die Situation fällt lange Zeit gar nicht auf.
Seit 1991 ist in Schweden eine regelmäßige Kontrolle von Lüftungsanlagen vorgeschrieben, die von einem zertifizierten Prüfer durchgeführt werden muss [6]. Es handelt sich um eine gut funktionierende Routine, die in den meisten Gebäuden umgesetzt wird, um gezielt zu zeigen, dass das Innenraumklima gut ist und die Lüftungsanlage so funktioniert, wie sie sollte. Nach Angaben des schwedischen Zentralamts für Wohnungswesen, Bauwesen und Raumordnung muss der Inspektor Vorschläge machen, wie der Energieverbrauch für die Belüftung gesenkt werden kann, ohne dass dies zu einer Verschlechterung des Raumklimas führt [6].
Bei intelligenten Lüftungssystemen muss berücksichtigt werden, wie das System als Ganzes im Alltag funktionieren muss. DCV-Systeme basieren auf der Anwesenheit von Menschen, um gleichzeitig Energieeffizienz und gesunde Innenraumluft zu gewährleisten. Bei der Übergabe eines DCV-Systems an das Gebäudemanagement und bei künftigen Kontrollen und Inspektionen sollte deswegen unbedingt der Energieverbrauch des Systems über einen definierten Zeitraum zur Qualitätssicherung berücksichtigt werden.
In der Fallstudie des Lindab Innovation Hub aus einem Bürogebäude in Zürich, Schweiz, war der Facility-Manager eines DCV-Systems überzeugt, dass es nicht gut funktioniert und die Energiekosten zu hoch sind. Die Untersuchung umfasste eine Prüfung der Systemzeichnung, Neuberechnungen des System- und Gebäudeenergiebedarfs sowie eine Langzeitbeobachtung verschiedener Faktoren, die das System beeinflussen könnten. Die Analyse ergab, dass bei der praktischen Handhabung der Lüftungsanlage Fehler unbemerkt geblieben waren. Nach Korrekturen konnte der Energieverbrauch der Lüftungsanlage bei gleichbleibend guter Raumluftqualität um 71 % gesenkt werden (Bild 3).
Die Ergebnisse zeigen deutlich, wie wichtig eine regelmäßige und geregelte Inspektion und Überwachung von Lüftungsanlagen ist, aber auch, dass es notwendig ist, Informationen zugänglich zu machen, die Folgen von Fehlern und Warnsignalen zu verstehen und einen Aktionsplan für die Korrektur zu erstellen.
Zudem verdeutlichen die Ergebnisse, wie wichtig es ist, Inspektionen mit der ursprünglichen und beabsichtigten Leistung des Lüftungskonzepts zu vergleichen, und dass alle Konfigurationen und Änderungsvorschläge für künftige Referenzen im Dialog mit dem Facility-Manager, dem Auftraggeber und dem Systemdesigner dokumentiert werden sollten.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit und Einbeziehung der Endnutzer
Die Ausrichtung auf Gebäuderenovierungen und Inspektionen von Lüftungsanlagen ist ein begrüßenswerter Vorstoß im Überarbeitungsvorschlag der EU-Gebäuderichtlinie und ein wichtiger Schritt, um den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen der Immobilienbranche zu senken.
Der Handlungsbedarf ist klar, aber die Zeit zum Handeln wird knapp. Ein Bericht über den Global Retrofit Index [3] stellt fest, dass weniger als 1 % der bestehenden Gebäude in den großen Volkswirtschaften die notwendige Nachrüstung erhalten haben. Um das 1,5-Grad-Ziel des IPCC noch zu erfüllen, müsste die durchschnittliche jährliche Nachrüstungsrate bis 2030 rund 2,5 % betragen und die Energieintensität um durchschnittlich 45 % gesenkt werden.
Abgesehen von nationalen Vorschriften muss die Bautätigkeit mit intelligenten Systemen und einer interdisziplinären Zusammenarbeit aller Beteiligten in Einklang gebracht werden, um die laufenden Bauanforderungen und Umweltziele zu erfüllen. Immobilieneigentümer müssen beraten werden, um die Konsequenzen ihrer Entscheidungen zu verstehen, damit das Raumklima und der notwendige Energiebedarf ihren Erwartungen entsprechen.
Wartung und Instandhaltung müssen von Organisationen durchgeführt werden, die die Verantwortung für den ordnungsgemäßen Betrieb übernehmen. Planer sollten befähigt werden, dafür zu sorgen, dass alle technischen Anlagen zusammenpassen und entsprechend der Leistung und dem Design optimal funktionieren. Die Einweisung des Auftragnehmers ist ebenfalls wichtig, damit das System wie geplant installiert wird und wie vorgesehen funktioniert.
Unsere Erfahrungen in Hamburg und Zürich zeigen, wie wichtig eine klare Dokumentation, intelligente Lösungen und einfach zu bedienende Produkte und Systeme sind, die den Endnutzer stärker einbeziehen. Diese Erfahrungen führen zu neuen technologischen Möglichkeiten mit einer besseren Kommunikation zwischen dem Systemdesigner, dem Lüftungssystem, den Sensoren und dem eigentlichen Endnutzer (Bild 4).
Die Entwicklung digitaler Lösungen für eine konstante und langfristige Überwachung zusammen mit dem Nutzerverhalten, dem Design und der Erfahrung, ist ein Weg, um die Effektivität und die Auswirkungen einer gesunden Innenraumluft und des Energieverbrauchs eines Gebäudes besser zu verstehen. Die nutzerfreundliche Darstellung von Daten ist ein Weg zur Verbesserung der Zufriedenheit und des Vertrauens – und ermutigt die Endnutzer, sich mit der Leistung und den Auswirkungen eines Lüftungssystems auf das Raumklima und den Energieverbrauch eines Gebäudes zu befassen.
Fachberichte mit ähnlichen Themen bündelt das TGA+E-Dossier Industrie- und Gewerbelüftung
Literatur
[1] Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Neufassung). Brüssel: Europäische Kommission, Document 52021PC0802, www.eur-lex.europa.eu, 2021
[2] Im Fokus: Energieeffizienz in Gebäuden. Brüssel: Europäische Kommission, commission.europa.eu, 2020
[3] Robert Kilgour, Joshua Deru, Laura Watson und Michael Lord: Global Retrofit Index. Long Hanborough: 3Keel in Zusammenarbeit mit Kingspan, www.3keel.com, 2022
[4] Barometer für gesundes Wohnen. Hørsholm: Velux, 2019
[5] Steigerung der Energieeffizienz im europäischen Gebäudebestand: Neue Empfehlung zur Modernisierung von Gebäuden. Brüssel: Europäische Kommission, commission.europa.eu, 2019
[6] OVK – obligatorisk ventilationskontroll (obligatorische Belüftungssteuerung). Karlskrona: Boverket – the Swedish National Board of Housing, Building and Planning, www.boverket.se, 2021