Die Ampel hat ihren Koalitionsvertrag vorgelegt. Für das Gebäudeenergiegesetz wird zwar kein Systemwechsel angekündigt, eine umfassende Aufklärung der Bauherren könnte dies aber für den Neubau überflüssig machen.“
Für das im September 2019 von der GroKo vorgelegte Klimapaket hätten sich die Koalitionsspitzen von der Frage leiten lassen „Wie kann man aus einem gut gemeinten Ziel eine gut gemachte Zielerfüllung machen?“, so Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel nach der entscheidenden Sitzung des Klimakabinetts. Und sie war überzeugt, dass damit die Grundlagen für das Erreichen der Klimaziele bis 2030 gelegt sind. Heute wissen wir, dass dies eine falsche Einschätzung für deutlich zu niedrige Ziele war.
„Wir beenden das fossile Zeitalter“
Nun tritt die Ampel an und verspricht: „Die Klimaschutzziele von Paris zu erreichen, hat für uns oberste Priorität. Klimaschutz sichert Freiheit, Gerechtigkeit und nachhaltigen Wohlstand. Es gilt, die soziale Marktwirtschaft als eine sozialökologische Marktwirtschaft neu zu begründen. Wir schaffen ein Regelwerk, das den Weg frei macht für Innovationen und Maßnahmen, um Deutschland auf den 1,5-Grad-Pfad zu bringen. Wir bringen neues Tempo in die Energiewende, indem wir Hürden für den Ausbau der erneuerbaren Energien aus dem Weg räumen. Schritt für Schritt beenden wir das fossile Zeitalter […].“
(Nur) Wenn man mit diesem Versprechen im Hinterkopf den Koalitionsvertrag liest, kann für den Bereich Klimaschutz Vertrauen entstehen, denn viele Maßnahmen sind nur angedeutet oder nur als Prüfauftrag beschrieben (alle TGA-Themen im Ampel-Koalitionsvertrag). Und wir müssen uns auf das nächste Klimaschutzsofortprogramm einstellen.
65-%-Klausel für erneuerbare Energien
Im Gebäudebereich sind die Maßnahmen etwas konkreter. Zwar wird kein Systemwechsel für das Gebäudeenergiegesetz (GEG), aber in der Bundesförderung für effiziente Gebäude eine stärkere Fokussierung auf das tatsächliche Ziel angekündigt: „Im Rahmen des Klimaschutzsofortprogramms führen wir 2022 nach dem Auslaufen der Neubauförderung für den KfW-Effizienzhausstandard 55 (EH 55) ein Förderprogramm für den Wohnungsneubau ein, das insbesondere die Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen) pro m2 Wohnfläche fokussiert.“
Der Fahrplan für die Schärfung des GEG: Zum 1. Januar 2025 soll jede neu eingebaute Heizung auf der Basis von [mindestens] 65 % erneuerbarer Energien betrieben werden. Zum 1. Januar 2024 werden für wesentliche Ausbauten, Umbauten und Erweiterungen von Bestandsgebäuden die Standards so angepasst, dass die auszutauschenden Teile dem EH 70 entsprechen und zum 1. Januar 2025 werden die Neubau-Standards an den Effizienzhaus-40-Standard angeglichen. Zudem sollen künftig alle geeigneten Dachflächen für die Solarenergie genutzt werden. „Bei gewerblichen Neubauten soll dies verpflichtend, bei privaten Neubauten soll es die Regel werden.“
Individueller Sanierungsfahrplan: Beim Neubau zur Pflicht machen!
Eine besonders wichtige Maßnahme: „Wir streben eine breite, systematische Nutzung von Sanierungsfahrplänen an und werden diese z. B. für Wohnungseigentumsgemeinschaften und beim Kauf eines Gebäudes kostenlos machen.“ Wird diese Logik auch auf den Neubau übertragen, wird das Gebäudeenergiegesetz für den Neubau nahezu überflüssig: Wer sich als Bauherr oder Investor für seinen Neubau eine fundierte Gesamtbetrachtung der nächsten 24 Jahre mit Investitions- und Betriebskosten sowie möglichen Fördermitteln anfertigen lässt, wird schon heute klimazielkompatibel und deutlich besser als der GEG-Standard bauen. Und wir werden insbesondere mit Maßnahmen statt Zielen zum Ziel kommen.
Jochen Vorländer
Chefredakteur TGA Fachplaner
vorlaender@tga-fachplaner.de
Alle TGAkommentare finden Sie im TGAdossier TGA-Leitartikel