Die TGA kann zum großen Profiteur des Klimapakets werden. Aber Berlin muss mehr tun und vor allem schneller handeln. Das zeigt sich, wenn man die Minderungsziele auf Fallzahlen umlegt.
Ausgehend von 118 Mio. t/a CO2-Äquivalent im Jahr 2020 soll der Gebäudebereich seine direkten Treibhausgasemissionen bis 2030 auf 70 Mio. tCO2/a senken, so legt es Anlage 2 im Bundes-Klimaschutzgesetz fest. Der Endwert ist kein neues Ziel, es wurde schon im November 2016 mit dem Klimaschutzplan 2050 von der Bundesregierung beschlossen.
Die direkten Treibhausgasemissionen des Gebäudebereichs haben sich in den letzten Jahren kaum verändert. Einsparungen im Bestand wurden unter anderem über zugebaute Nutzflächen aufgezehrt. Dem Beschluss zum Klimaschutzplan 2050 lag ein Ist-Wert von 119 Mio. tCO2 für das Jahr 2014 zugrunde, im Klimakabinett wurde mit einem Schätzwert von 117 Mio. tCO2 für 2018 verhandelt.
Nun sollen die direkten Treibhausgasemissionen im Gebäudebereich jährlich um 4,8 Mio. tCO2 sinken. Die Bundesregierung erwartet, dass die schon vor dem Klimapaket etablierten Maßnahmen eine Reduktion von 2,8 Mio. tCO2/a bewirken. Angesichts der Rückschau klingt das ziemlich optimistisch.
Wollte man die verbleibenden 2,0 Mio. tCO2/a allein durch Heizungsmodernisierungen erreichen, müssten bei einem angenommenen Energieverbrauch von 2400 l/a Heizöl pro Wärmeerzeuger zusätzlich zu den bisherigen Erneuerungen jährlich 315 000 Öl-Heizungen oder 418 000 Gas-Heizungen durch Elektro-Wärmepumpen, Holz- bzw. Pellet-Heizungen oder Fernwärme ersetzt werden. Mit einer optimistischen Verbrauchsreduktion von 30 % ließe es sich auch mit 1 050 000 Öl- oder 1 394 000 Gas-Heizungserneuerungen ohne Energieträgerwechsel erreichen. Wechselt man zusätzlich von Heizöl auf Erdgas, käme man mit rund 788 000 Erneuerungen aus. Jährlich. Und das zehn Jahre nacheinander.
Setzt man an, dass zu den bisherigen Aktivitäten an den Gebäudehüllen zusätzlich beauftragte Maßnahmen Einsparungen von 1,0 Mio. tCO2/a erbringen und verdoppelt den Energieverbrauch auf 4800 l/a Heizöl pro Wärmeerzeuger, darf man die vorstehenden Fallzahlen durch 4 dividieren. Auch dann liegen sie noch deutlich über dem, was die Branche mit der unterstellten Qualität aus dem Stand abarbeiten kann.
Und noch etwas ist zu beachten: Wer gar nicht mehr fossile Energieträger zur Raumheizung und Trinkwassererwärmung direkt nutzt, trägt mit neuen Fenstern, Fassadendämmung oder einer kontrollierten Lüftung nichts zum Sektorziel für den Gebäudebereich bei. Denn dafür werden nach dem Quellenprinzip nur die Emissionen aus Verbrennungsprozessen in Gebäuden erfasst.
Aus den Zahlen lässt sich ableiten: Berlin darf nicht noch mehr Zeit vertrödeln, und bei jeder Heizungsmodernisierung muss die größtmögliche Dekarbonisierung im Sinne des Sektorziels angereizt werden. Zudem müssen die neuen Förderoptionen in die Breite bis hin zu Nutzgebäuden gezogen werden. Der Fokus auf Eigenheimbesitzer wird nicht ausreichen, denn der Zeitraum, in dem eine moderat beginnende CO2-
Bepreisung wirken kann, ist zu kurz.
Ebenso sind Frühindikatoren, beispielsweise aus Absatzzahlen, zum schnellen Nachsteuern erforderlich. Mit dem angedachten Monitoring werden Abweichungen vom Zielpfad viel zu spät aufgedeckt. Auch die sorgfältige Optimierung erneuerter und bestehender Anlagen muss in großem Umfang erfolgen. Außerdem müssen die sektorbezogenen Treibhausgasemissionen bei Neubauten verringert werden, damit die Minderungen im Bestand erhalten bleiben. Aktuell liegt der Zugang im Gebäudesektor in einer Größenordnung von 1 Mio. tCO2/a.
Jochen Vorländer
Chefredakteur TGA Fachplaner
vorlaender@tga-fachplaner.de
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