„Der Anstieg der CO2-Bepreisung Anfang 2024 um 50 % wird insbesondere verärgern – aber kaum lenken. Deutlich höhere CO2-Preise kombiniert mit einer teilwiesen Rückzahlung über ein Pro-Kopf-Klimageld könnten hingegen die Heizungswende beschleunigen.“
GV
Ab und zu gibt es das neue Deutschlandtempo nicht nur beim Aufbau fossiler LPG-Importinfrastruktur: Am 13. Dezember 2023 haben sich die Spitzen der Ampel-Koalition mit Sparbeschlüssen für den Bundeshaushalt 2024 auf eine höhere nationale CO2-Bepreisung von Kraft- und Brennstoffen geeinigt. Zwei Tage später hat dies der Bundestag beschlossen und unmittelbar danach der Bundesrat gebilligt.
Im Jahr 2024 beträgt der Festpreis pro Emissionszertifikat – für 1 t verbrennungsbezogene CO2-Emissionen – nun 45 Euro. Eigentlich war eine Anhebung von 30 Euro im Jahr 2023 auf 40 Euro geplant – bis „plötzlich“ das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ein 65-Mrd.-Euro-Loch in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) gerissen hat. Auch für 2025 gibt es bereits einen neuen Preis: 55 Euro.
Wirklich neu sind die neuen Preise allerdings nicht: Es sind die Preise, die in der GroKo-II-Wahlperiode im Dezember 2019 beschlossen wurden. Jedoch waren sie nicht das Ergebnis einer politischen Einigung der GroKo, sondern eines Vermittlungsausschusses. Vor der Intervention des Bundesrats war das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) mit Preisen für die Jahre 2024 und 2025 von 30 und 35 Euro verabschiedet worden. Die Vereinbarung wurde jedoch erst im November 2020 durch eine Änderung des BEHG umgesetzt. In der Energie(preis)krise kam es dann zu einer Absenkung für 2023 bis 2025.
Mehrere 1000 Euro Barwert für CO2-Kosten
Ein 50-%-Sprung von 30 auf 45 Euro – zuzüglich MwSt. – hört sich heftig an. Die Lenkungswirkung wird jedoch überschaubar bleiben. Unterschlägt man die (voraussichtlich) Anfang 2024 noch gültige temporäre Absenkung der Umsatzsteuer auf Erdgas und Flüssiggas (LPG) zu Heizzwecken, ergeben sich bei einem Energieeinkaufsäquivalent von 20 000 kWh/a bezogen auf den Brennwert (Hs) Mehrkosten aus der CO2-Bepreisung zwischen dem Jahr 2023 und dem Jahr 2024 von 77,82 Euro bei Erdgas, von 91,34 Euro bei LPG und von 85,88 Euro bei Heizöl. Zum Vergleich: Bei einem Arbeitspreis von 9,00 Ct/kWhHs für Erdgas erhöhen sich beim oben angegebenen Erdgasbezug die Kosten (für ein vollständiges Jahr) durch den Rückfall von 7 % auf 19 % um 201,87 Euro.
So ärgerlich steigende Kosten auch sind: Die Zukunft könnte schnell zeigen, dass ein deutlich höherer Sprung, der eine Gegenreaktion auslöst, am Ende günstiger gewesen wäre. Denn schon ab 2027 sind bei der CO2-Bepreisung nach der Überführung in den ETS II deutlichere Sprünge wahrscheinlich. Schon bei einem optimistischen Preisverlauf haben die Mehrkosten der CO2-Bepreisung gegenüber dem Jahr 2023 für einen Zeitraum von nur 15 Jahren (2024 bis 2038) einen Barwert am 1. Januar 2024 von rund 5000 Euro. Treffen Szenarien zu, wonach erst bei Zertifikatpreisen von 200 bis 300 Euro im erforderlichen Umfang gehandelt wird, liegt der Barwert über 10 000 Euro.
Pro-Kopf-Klimageld normalisiert die Belastung
Wird die CO2-Bepreisung mit der teilweisen Rückzahlung über ein Pro-Kopf-Klimageld kombiniert, normalisieren sich die Belastungen für die Betreiber von Öl- und Gas-Heizungen ohne den Hebel für einen Umstieg zu verkürzen: Die beim Ausstieg aus dem Heizen mit Erdgas und Heizöl eingesparten Kosten aus der CO2-Bepreisung und das Klimageld können ein wesentlicher Beitrag für die Finanzierung einer Heizungslösung mit erneuerbaren Energien sein. Wenn die Ampel das Klimageld intelligent und mit dem neuen Deutschlandtempo umsetzt, kann es die Heizungswende und den Wärmepumpenhochlauf mit geringerem Förderbedarf beschleunigen.
Jochen Vorländer
Chefredakteur TGA+E Fachplaner
vorlaender@tga-fachplaner.de
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