In einem gemeinsamen Appell haben 17 Spitzenverbände und Kammern des Bau-, Planungs- und Immobilienwirtschaft Forderungen an Bundesregierung und Bundestag sowie die Verantwortlichen in den Ländern formuliert, um eine „dramatischen Lage im Wohnungsbau“ zu begegnen.
In dem Appell heißt es einleitend: „Die Lage auf dem Wohnungsmarkt ist alarmierend. Während der Wohnungsneubau weiterhin stark rückläufig ist, besteht in Deutschland nach wie vor ein enormer Bedarf an (kostengünstigem) Wohnraum – vor allem in den Ballungszentren. Hohe Bau-, Energie- und Materialkosten, gestiegene Zinsen, langwierige Bau- und Planverfahren sowie eine mehrfach zusammengebrochene Wohnungsbauförderung führen zu einer Abwärtsspirale im Wohnungsbau mit gravierenden Folgen. Die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung dagegen zu steuern, sind bislang unzureichend, zumal der Bedarf allein angesichts der Millionen von Menschen, die der Krieg in der Ukraine in die Flucht treibt, in den nächsten Monaten weiter anwachsen wird.“
„Unsere Forderung kostet keinen einzigen Cent extra“
Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (HDB): „Der Bund – aber vor allem die Länder haben noch nicht das geliefert, was notwendig ist, um wirklich mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Es dürfen keine Luftschlösser, es müssen Wohnungen gebaut werden, damit die Mieter nicht im Regen stehen. Bei den ambitionierten Zielen der Bundesregierung kommen wir darum am seriellen, industriellen Bauen nicht vorbei. Nur so können wir zügig, qualitativ hochwertig und kostengerecht zusätzlichen Wohnraum schaffen. Unsere Forderung ist klar und kostet keinen einzigen Cent extra. Nur den Mut und den Willen der Bundesländer. Denn sie müssen ihre Landesbauordnungen endlich harmonisieren, damit wir industrielle in Serie und mit einem technologieoffenen Mix an bewährten, recycelten und neuen Baumaterialien bundesweit bezahlbares Wohnen ermöglichen können.“
Carolin Hegenbarth, Bundesgeschäftsführerin Immobilienverband Deutschland (IVD): „Es ist keine Zeit mehr für lange Diskussionsrunden und den Versuch, es allen recht zu machen. Jetzt gilt es, alle Hürden, die dem zügigen Bau von bezahlbarem und bedarfsgerechtem Wohnraum im Wege stehen, abzubauen. Wir brauchen Planungssicherheit und ein investitionsfreundliches Klima für alle Akteure der Wohnungswirtschaft inklusive der privaten Bauherren. Jede zusätzliche Wohnung sorgt für Entlastung.“
„Der Wohnungsneubau steht vor dem Kollaps“
ZDB-Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa: „Wir brauchen eine konsistente und stimmige Baupolitik; dazu gehören auch verlässliche und auskömmliche Rahmen- und Förderbedingungen. Deshalb fordern wir die Wiedereinführung der ausgelaufenen Sonder-AfA im Mietwohnungsbau sowie für den sozialen Wohnungsbau die Entkoppelung der Förderung vom KfW-40-Standard. Nur so werden wir mehr als die bisherigen 25 000 Sozialwohnungen jährlich bauen können.“
Oliver Wittke, Hauptgeschäftsführer des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA): „Der Wohnungsneubau in Deutschland steht aufgrund explodierender Preise, steigender Zinsen und zerschlagener Förderkulisse vor dem Kollaps. Wenn die Politik jetzt nicht gegensteuert, laufen wir sehenden Auges in einen Wohnungsnotstand. Wir brauchen jetzt eine zielgenau Neubauförderung, eine Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie steuerliche Anreize für Investitionen.“
Im Appell Dramatische Lage im Wohnungsbau – was jetzt zu tun ist wird die Politik aufgefordert, zwölf Schritte schnellstmöglich gemeinsam mit der Bau-, Planungs- und Immobilienwirtschaft anzugehen. Unter anderem soll Bundeskanzler Olaf Scholz den Wohnungsbau zur Chefsache machen. Zudem müsse die Bundesregierung nach mehrfachen Förderstopps bis Ende 2022 die angekündigte Gesamtplanung für das Fördern von Neubau und Sanierung vorlegen. Der Appell fordert, dass beim Neubau Förderung und Anreize die Wirtschaftlichkeitslücke schließen. Benötigt werde eine Neubauförderung zum Jahresbeginn 2023 in Höhe von 10 Mrd. Euro/a für bezahlbaren Wohnraum. ■
Quelle: HDB / jv
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