Ohne eine deutliche Beschleunigung des Photovoltaik-Ausbaus wird der jüngst beschlossene stufenweise Kohleausstieg zur klimapolitischen Makulatur, warnt der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) mit Blick auf den am 31. August 2020 vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) in die Ressortabstimmung gegebenen Referentenentwurfs zur Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG).
Bleibe die Beschleunigung aus, droht nach Auffassung von Marktforschern bereits in wenigen Jahren, eine Stromerzeugungslücke aufzureißen. Ein zu langsamer Ausbau Erneuerbarer Energien würde unweigerlich zu verlängerten Laufzeiten fossiler und atomarer Kraftwerke in Europa führen.
BSW-Solar hat die Bundesregierung nun aufgefordert, „im Rahmen eines Solar-Beschleunigungsgesetzes die Bremsen für die inzwischen preiswerte Klimaschutztechnik endlich zu lösen und auf weitere Bremsmanöver zu verzichten“.
Ungenutzte Gewerbedächer müss(t)en mobilisiert werden
Der Ausbau der Photovoltaik (PV) müsse doppelt so schnell erfolgen wie von der Bundesregierung in ihrem aktuellen Klimaschutzprogramm 2030 geplant. Um den jährlichen PV-Zubau von derzeit jährlich rund 4 GWp auf mindestens 10 GWp zu beschleunigen, müssten insbesondere ungenutzte Gewerbedächer deutlich stärker als bislang für die Sonnenstromernte mobilisiert werden.
Genau das Gegenteil drohe nun aber, falls mutmaßliche Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums Realität werden sollten, warnt der BSW im Rahmen einer ersten Kurzbewertung des EEG-Entwurfs, der in den nächsten Wochen in der Bundesregierung, im Bundestag und im Bundesrat beraten werden soll.
„Diese Bedingungen sind schikanös“
Als Irrweg bezeichnet der BSW-Solar Pläne des Wirtschaftsressorts, künftig Betrieben nur noch neue PV-Systeme zu fördern, wenn diese den Solarstrom nicht mehr anteilig selbst verbrauchen und zuvor erfolgreich an einer Auktion teilgenommen haben.
„Diese Bedingungen sind schikanös und das Gegenteil dessen, was die Energiewende braucht und vorantreibt. Das wäre so, als wenn man Landwirte dazu zwingen würde, ihre Erträge vollständig zu vermarkten und es ihnen nicht mehr erlaubt wäre, sie zum Eigenverzehr zu verwenden“, erklärt BSW-Solar-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig.
Der Deutsche Industrie und Handelskammertag (DIHK) stimmt mit dem BSW-Solar in einem Vermerk darin überein, dass ein Systemwechsel hin zu Ausschreibungen bei Solardächern die Investitionsbereitschaft von Unternehmen bremsen werde, anstatt sie zu beflügeln.
Körnig: „Das belegen auch Erfahrungen aus Frankreich. „Die französischen Solardach-Auktionen gelten als gescheitert und als Investorenschreck. Sie sind regelmäßig unterzeichnet und dazu noch teuer. Der Förderbedarf liegt 20 % über dem in Deutschland.“
„Die Sonnensteuer blockiert Milliardeninvestitionen“
Wirtschafts- und Verbraucherschutzverbände fordern seit geraumer Zeit, die Investitionsbereitschaft in die Solartechnik vielmehr dadurch zu steigern, dass Marktbarrieren, wie die 2014 eingeführte EEG-Umlage auf vor Ort verbrauchten Solarstrom, beseitigt werden.
Körnig: „Die ‚Sonnensteuer‘ blockiert Milliardeninvestitionen in die Energiewende in den Bereichen Strom, Wärme und Mobilität. Neben dem Ausbau der Photovoltaik erschwert sie die Markteinführung dringend benötigter intelligenter und dezentraler Lösungen der Speicherung und Sektorenkopplung und verstößt teils sogar gegen EU-Recht.“
Die Beseitigung dieser Marktbarriere steht auch an erster Stelle einer aktuellen Branchenumfrage des BSW-Solar und der Messe Intersolar Europe zu den wichtigsten Reformwünschen im Zusammenhang mit der bevorstehenden Gesetzesnovelle im Bereich der Gebäude-Photovoltaik, an der über 500 Solarunternehmen teilgenommen haben.
Der BSW-Solar warnt auch vor vermeidbaren Kostensteigerungen im Zusammenhang mit den jüngsten Plänen aus dem Bundeswirtschaftsministerium und fordert eine gründliche Überarbeitung der Gesetzespläne.
Dann ließen sich die Kosten und Förderabhängigkeit von Solarstrom schnell weiter senken: Erste Solarparks können in Deutschland inzwischen ohne Förderung errichtet werden und auch auf Dächern lassen sich Investoren für Marktprämien von wenigen Ct/kWh finden. ■