Eine Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI untersucht, wie stark Ökostrom-Verträge unter den Nutzer von Elektroautos in Deutschland verbreitet sind und auch den ökologischen Anspruch der Verträge näher beleuchtet.
Elektrofahrzeuge spielen für die Erreichung der deutschen Klimaziele eine entscheidende Rolle – ihre Klimabilanz hängt aber wesentlich vom verwendeten Ladestrom ab. Legt man die CO2-Emissionen des deutschen Strommixes für Berechnungen zugrunde, zeigen verschiedene Studien schon eine hohe Einsparung an Treibhausgasemissionen. Besteht der beim Ladevorgang verwendete Strom hingegen komplett aus erneuerbaren Quellen, verringert sich der CO2-Fußabdruck um bis zu 75 % gegenüber konventionellen Fahrzeugen – und die tatsächliche Umweltbilanz von Elektrofahrzeugen verbessert sich nochmals deutlich.
Vor diesem Hintergrund befragte ein Autorenteam des Fraunhofer ISI und der ESA² GmbH insgesamt 867 Nutzer von Elektrofahrzeugen in Deutschland zu deren bevorzugten Ladeorten und ob sie beim Laden auf Ökostrom zurückgreifen.
Ökostromverträge weit verbreitet
Die Ergebnisse zeigen, dass 59 % der Befragten in Deutschland ihre Elektrofahrzeuge bevorzugt Zuhause laden (EU-Durschnitt: 64 %). Von den Elektrofahrzeug-Nutzern besitzen 84 % einen Ökostromvertrag (EU: 63 %), was deutlich über dem Durschnitt der deutschen Haushalte liegt, von denen 2020 nur 30 % einen solchen Vertrag besaßen.
Gründe für den hohen Anteil sind ein geäußertes hohes Umweltbewusstsein sowie die staatliche Förderung von Ladestationen, die 2021 an den Abschluss eines Ökostromvertrags geknüpft war.
Aber auch das Laden am Arbeitsplatz, das auf 14 % (EU: 18 %) der Ladevorgänge zutrifft, ist der Befragung von Flottenmanagern zufolge ähnlich häufig an Ökostromverträge (D: 81 %; EU: 60 %) geknüpft. Dies gilt ebenfalls für öffentliche Ladepunkte, wie die Auswertung diverser Datenquellen zeigt: So liegt der vertraglich vereinbarte Ökostromanteil an öffentlichen Normalladestationen in Deutschland bei mindestens 85 % (EU: 62 %) und bei öffentlichen Schnellladestationen bei mindestens 75 % (EU: 57 %). Der Anteil von Ökostromverträgen fällt damit an allen drei Ladeorten in Deutschland sehr hoch aus.
Unterschiedlich anspruchsvolle Ökostromverträge
Große Unterschiede zeigten sich allerdings bei den ökologischen Ansprüchen der Ökostromverträge: Angebote können etwa ausschließlich auf Herkunftsnachweisen beruhen, wobei in der Regel Altanlagen zur Produktion erneuerbaren Stroms ohne räumlichen oder zeitlichen Bezug zur Stromabnahme dem Ökostromvertrag zugeordnet werden.
Dem stehen ambitionierte Ökostromverträge mit hohen ökologischen Ansprüchen gegenüber, die sich über extern zertifizierte Ökostromlabels nachweisen lassen. Viele der Befragten machten keine Angaben zu den Labels oder wussten schlicht nichts darüber. Dies könnte an den variierenden Anforderungen und der Vielzahl unterschiedlicher Labels liegen. Staatliche Vorgaben könnten hier für mehr Transparenz und eine größere Akzeptanz von anspruchsvollen Ökostromverträgen sorgen.
Prof. Dr. Martin Wietschel, der am Fraunhofer ISI das Competence Center Energietechnologien und Energiesysteme leitet, weist darauf hin, dass die Nutzer von Elektrofahrzeugen „zusätzlich zu Ökostromverträgen häufig eine eigene Photovoltaik-Anlage mit eigenem Stromspeicher beim Ladevorgang nutzen. Unter den Befragten gab mit 48 % fast die Hälfte an, auch eine Photovoltaik-Anlage zu besitzen“. 71 % der Befragten haben Wietschel zufolge auch einen konventionellen Pkw mit Verbrennungsmotor durch ein Elektrofahrzeug ersetzt, was ihr hohes Umweltbewusstsein nochmals unterstreicht.
Für TGA-Planer und Elektroplaner sind diese Ergebnisse wichtig, zeigen sie doch sowohl bei Privat- wie auch Gewerbekunden an, wo diese Schwerpunkt bei ihren wirtschaftlichen Tätigkeiten setzen und wie wichtig ihnen dabei die Auswirkungen auf die Umwelt sind. Zudem verdeutlichen die Aussagen, dass die Kunden auch für Investitionen in eigene Gesamtlösungen offen sind.
Entwicklung des Anteils an Ökostromverträgen ist offen
Laut Dr. Sabine Preuß, die am Fraunhofer ISI die Umfrage koordinierte, bleibt allerdings für die Zukunft offen, wie sich der Anteil an Ökostromverträgen, Photovoltaik-Anlagen und Stromspeichern angesichts steigender Zulassungszahlen von Elektrofahrzeugen entwickeln wird:
„Es ist sowohl denkbar, dass der Anteil von Ökostrom beim Laden weiter zunimmt, weil er zu einer sozialen Norm wird und das Umweltbewusstsein entscheidend prägt. Da aber gleichzeitig auch der Anteil der Menschen steigt, die weniger Möglichkeiten haben, beim Laden von Elektrofahrzeugen auf selbst generierte erneuerbare Stromquellen zurückzugreifen – etwa weil sie in Mietwohnungen wohnen und keine Photovoltaik-Anlagen installieren können – ist ebenso ein sinkender Anteil von Ökostromverträgen vorstellbar.“
In diesem Fall könnte das Laden am Arbeitsplatz und an öffentlichen Schnell- und Normalladestationen zunehmen und die dortigen Ökostromtarife an Relevanz für den ökologischen Fußabdruck von Elektrofahrzeugen gewinnen. Auch hier könnten weitere staatliche Vorgaben zu einem höheren Anteil von Ökostrom führen.
Zukünftige Untersuchungen sollten berücksichtigen, dass aktuell verstärkt Stromtarife auf den Markt kommen, die ausschließlich für das Laden von Elektrofahrzeugen konzipiert sind. Für eine positive Treibhausgasbilanz von Elektrofahrzeugen sollten sie auf Ökostrom beruhen, der hohen ökologischen Anforderungen genügt. ■
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