Durch Emissionen des Treibhausgases Methan, der Hauptbestandteil von Erdgas, und einen höheren Energieeinsatz für den Transport ist die Nutzung von verflüssigtem Erdgas (LNG) vergleichsweise klimaschädlich.
Für das künftig aus aller Welt nach Deutschland importierte Flüssigerdgas (LNG) ist die Vorkette – also Förderung, Aufbereitung, Verflüssigung und Transport – mit erheblichen Umweltbelastungen verbunden. Verglichen mit der späteren Verbrennung in Kraftwerken und Heizungen entstehen dort noch einmal bis zu 50 % zusätzlicher Treibhausgasemissionen.
Die ifeu-Studie im Auftrag der Wissenschaftsplattform Klimaschutz „Analyse der Treibhausgasintensitäten von LNG-Importen nach Deutschland“ zeigt, dass es vor allem die Emissionen des extrem potenten Klimagases Methan sind, die LNG vergleichsweise klimaschädlich machen. Methan ist der Hauptbestandteil von Erdgas, das bei der Förderung und dem Transport von LNG freigesetzt wird.
Hohe zusätzliche Emissionen in der Vorkette
„Deutschland und die EU sollten dringend eine saubere und emissionsarme Erdgasförderung in Ländern wie Algerien, Katar, Nigeria und den USA einfordern“, erklärt Studienleiter Daniel Münter die Ergebnisse. „Die Vorkette – also Förderung, Aufbereitung und Transport – sind schon immer Teil der Umweltwirkung von Erdgas gewesen. Beim LNG schneidet dieser Abschnitt aber deutlich schlechter ab als bei Pipelinegas aus vielen anderen Ländern,“ erklärt Münter.
Die CO2-Emissionen beim Verbrennen von Gas – etwa in Kraftwerken oder Heizungen – entsprechen einem CO2-Äquivalent (CO2e) von 56,1 gCO2e/MJ bzw. 202 gCO2e/kWhHi. Bei Erdgas aus Algerien, das als Flüssiggas in Deutschland angeliefert werden könnte, liegen die zusätzlichen Emissionen der Vorkette bei rund 98 gCO2e/kWhHi. LNG aus den USA hat eine Vorkettenlast von rund 81 gCO2e/kWhHi und LNG aus Katar von rund 64 gCO2e/kWhHi. Zum Vergleich: Die Vorkette für Pipelinegas aus Norwegen trägt nur etwa 11 gCO2e/kWhHi bei.
Entscheidend sind Förderung und Aufbereitung vor Ort
Den größten Teil der zusätzlichen Emissionen entstehen bei der eigentlichen Produktion, also der Förderung und Aufbereitung vor Ort. Während dieser Ausstoß von Klimagasen in Algerien bei 69 gCO2e/kWhHi liegt, beträgt der Wert für die Erdgasproduktion in Katar „nur“ rund 25 gCO2e/kWhHi. Die Emissionen der Vorkette sind in Algerien also etwa zweieinhalbmal so hoch.
Münter: „Alter und Qualität der Ausrüstung in den Produktionsländern spielen eine enorme Rolle für den Klimaschutz.“ In allen Förderländern entweicht bei der Förderung Erdgas aus undichten Leitungen und Anlagen. Aber es gilt die Faustregel: Je älter die Fördertechnik und je lückenhafter die Kontrolle durch die Behörden, desto mehr Erdgas wird wahrscheinlich freigesetzt. Das erklärt den Großteil der Unterschiede zwischen den untersuchten Lieferländern. Hinzu kommt, dass immer wieder absichtlich Gas abgelassen wird, wenn Ausrüstung oder Bohrlöcher gewartet werden. Eine Sonderstellung nehmen die USA ein. Da dort überwiegend „unkonventionelles“ Erdgas gewonnen wird („Fracking“), ist die Zahl der Bohrlöcher viel höher als etwa in Katar. Deshalb ist in den USA auch die Zahl der potenziell undichten Anlagen viel größer.
Die zusätzlichen klimarelevanten Emissionen durch die Verflüssigung vor Ort und Regasifizierung in Deutschland sind dagegen für alle Länder ähnlich (zwischen 23 und 29 gCO2e/kWhHi). Der Transport von der Produktionsstätte zum Verladehafen spielt im Vergleich nur eine untergeordnete Rolle (0,4 bis 4 gCO2e/kWhHi).
Das Methanproblem ließe sich lösen
Wegen der Verflüssigung und des Transports würde LNG auch im besten Fall eine schlechtere Klimabilanz aufweisen als Erdgas, das in Europa produziert wird. Doch zumindest die Methanemissionen wären weitgehend vermeidbar – worauf auch ein aktueller Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA) hinweist. Die Förderländer könnten die Investitionen in eine bessere Technik sogar schnell wieder einspielen, da sie weniger Erdgas verlieren und in der Folge mehr Erdgas verkaufen könnten.
Die EU erarbeitet in einer „Methanstrategie“ zwar inzwischen technische Regeln für die Gasförderung innerhalb Europas. „Der Löwenanteil der Methanemissionen des von uns genutzten Erdgases entsteht jedoch außerhalb Europas und da ist die EU gerade in der jetzigen Importabhängigkeit noch sehr zaghaft“, so Münter.
In der Studie wird außerdem hervorgehoben, dass die Methanemissionen aus russischem Pipeline-Erdgas bisher wahrscheinlich auch unterschätzt werden. Ältere Studien setzen hier zusätzliche Emissionen von knapp 36 gCO2e/kWhHi an. Neuere Daten zeigen, dass man hier auch von etwa 90 gCO2e/kWhHi ausgehen muss. Münter: „Wenn sich das bestätigt, hat russisches Pipelinegas in etwa die gleichen Emissionen in der Vorkette wie LNG aus anderen Ländern.“
Neue Daten der IEA
Die ifeu-Studie legt jetzt neue Daten zu den Methanemissionen der Gasförderung für die Länder vor, die im Mittelpunkt der deutschen LNG-Strategie stehen. Die Forscher greifen für die Bewertung auf neue Daten und Methoden der Internationalen Energieagentur (IEA) zurück. Die hohen Methanemissionen in der Erdgasförderung vieler Länder sind der Fachöffentlichkeit schon seit Jahren bekannt. Lückenhafte Messdaten und methodische Probleme haben in der Vergangenheit jedoch dazu geführt, dass sie in den meisten Studien nicht ausreichend berücksichtigt wurden. ■
Quelle: ifeu / jv
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