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Energieträger

Was würde eine Um­stellung auf eFuels kosten?

luchschenF – stock.adobe.com

Eine Studie von Borderstep und Scientists4Future zeigt: eFuels sind eine Kostenfalle für Autofahrer und eine Gefahr für die Hersteller. Wir haben die Daten auch auf Wärmepumpen vs. Öl-Heizung übertragen.

Auf Deutschlands Straßen fahren rund 50 Mio. Pkw, auf denen von Niedersachsen 5 Mio. In Zukunft können sie elektrisch fahren. Oder mit eFuels, also künstlichem Benzin. Aber wie schnell ist das realisierbar? Wieviel Geld kostet es? In einer Studie haben Fachleute des Borderstep-Instituts sowie aus den Reihen der Scientists for Future (S4F) einen Pkw-Verkehr mit eFuels durchgerechnet.

Hoher Strombedarf für eFuels

Das Fahren mit eFuels ist ineffizient. Während ein Elektromotor 85 % der Antriebsenergie in Bewegung umsetzt, sind es bei einem Verbrenner nur 25 % bis 30 %. Schon auf dem Weg vom grünen Strom zum eFuel gehen 56 % der Energie verloren. Der Strombedarf für die Herstellung der eFuels für die 5 Mio. Autos in Niedersachsen beträgt etwa 115 TWh Strom. Eine Elektroautoflotte würde schon mit 14,4 TWh Strom im Jahr rollen.

Exkurs 1: Der Vergleich ist auch für die Gebäudetechnik interessant. Bei gleichem Output (Nutzwärme), einem guten Jahresnutzungsgrad einer mit eFuels betriebenen Öl-Heizung von 0,98 bezogen auf den Heizwert und einer Jahresarbeitszahl von 3,44 ergibt sich das gleiche Inputverhältnis (14,4 Teile Strom für die Wärmepumpe zu 115 Teilen Strom für die eFuel-Bereitstellung). Da hierbei der Strombedarf für den Betrieb der Öl-Heizung und der Ladeverlust noch nicht berücksichtigt sind, nähert sich die Jahresarbeitszahl 3,0 an. Bei geschickter Standortwahl ließe sich allerdings ein Anteil der Abwärme aus der Elektrolyse / Synthese gegenrechnen. Würde man den beim eFuel-Kfz eingesetzten Kraftstoff in einer Öl-Heizung in Wärme umwandeln, könnte damit eine Nutzwärme von 9950 kWh bereitgestellt werden. Beim typischen mit einer Öl-Heizung beheizten Einfamilienhaus ist der Nutzwärmebedarf etwa doppelt so hoch.

S4F-Mitglied und Borderstep-Forscher Jens Clausen, Erstautor der Studie, stellt fest: „Für die enormen Strommengen für die eFuels müssten wir in Niedersachsen 5940 große Windräder bauen und 480 km2 Photovoltaik-Anlagen errichten. Die Investitionen in Windkraft, Photovoltaik und Elektrolyseanalgen addieren sich zu 100 Mrd. Euro. Die Investitionen in die Stromerzeugung für die Elektromobilität sind schon für 10 % davon zu haben.“

Kann man die eFuels nicht billig importieren?

Die Herstellung von eFuels ist nicht nur hierzulande aufwendig, sondern auch in möglichen Lieferländern, die Umwandlungsverluste liegen je nach Skalierung in der gleichen Größenordnung. Allerdings würde man dort Standorte mit mehr Wind und / oder mehr Sonne auswählen, sodass die Kosten für die Stromerzeugung etwas geringer sind. Dafür kommen Hafenanlagen, Tanker und Transportkosten hinzu. eFuels sind also auch als Importware teuer. Zudem würde sie die Außenhandelsbilanz stark belasten. 

Kosten für eFuels sind deutlich höher

Der jährliche Strombedarf für ein Elektroauto beträgt etwa 2700 kWh. Das belastet den Geldbeutel im Jahr mit etwa 1000 Euro (Mischpreis von 37 Ct/kWh). Wer sein Elektroauto überwiegend zu Hause und hier sogar mit Eigenstrom laden kann, kommt auf deutlich geringere Kosten pro kWh.

Um die 13 700 km, die ein Pkw in Deutschland im Durchschnitt pro Jahr fährt, mit E-Fuels fahren zu können, würden pro Auto ca. 3000 Euro an der Tankstelle anfallen (29,6 Ct/kWh bzw. 2,80 Euro/l) . Die Mehrkosten für ein Elektroauto, die heute noch 5000 Euro betragen, würden sich so in zweieinhalb Jahren amortisieren. In absehbarer Zeit werden Elektroautos jedoch vermutlich billiger zu kaufen sein als Verbrenner. Zudem spricht viel dafür, dass auch die Unterhaltungskosten bei Elektroautos niedriger sind.

eFuels: Schadstoffausstoß belastet weiterhin die Umwelt

Bei Elektroautos gibt es keine schädlichen Abgase aus der Verbrennung. Mit dem Umstieg von Benzin und Diesel auf äquivalente eFuels würde sich die Schadstoffbelastung kaum reduzieren und somit keinen Beitrag zur Senkung der früheren Todesfälle und der Kosten im Gesundheitssystem leisten.

Die Studie kommt deshalb zu dem Schluss, dass eFuels für die Politik derzeit zwar als ein Mittel erscheinen, das Fahren von Autos mit Verbrennungsmotor weiter zu erlauben und Klimaneutralität an der Tankstelle einzukaufen – allerdings bei Lichte betrachtet die Herstellung von eFuels teuer – und die Schadstoffbelastung hoch ist.

Aufgrund des umfänglichen Ausbaus von grüner Stromerzeugung und eFuel-Herstellung werde es auch nicht schneller gehen als der Umstieg auf Elektrofahrzeuge. Als Alternative zur Elektromobilität könnten sich eFuels im Wettbewerb um klimaneutrale Mobilität wohl nicht behaupten. Zudem wachse international der Markt für strombetriebene Fahrzeuge. Ob ein deutscher Sonderweg der heimischen Industrie helfen würde, dürfe somit bezweifelt werden.

Die Studie kann kostenfrei abgerufen werden: Clausen, J., Altermatt, P.P.; Beucker, S.; Gerhards, C.; Linow, S. Niedersachsen und die E-Fuels. Berlin: Borderstep Institut, 2024 

Exkurs 2: Der Kraftstoff- bzw. Tankstellenpreis von 29,6 Ct/kWh (2,8 Euro/l) beinhaltet nicht die aktuell hohen Umlagen und Steuern bei Diesel und Benzin. Es handelt sich also um einen Preis, der auch bei einer eFuel-Heizöllieferung einzukalkulieren wäre. Die Bereitstellung von 18 600 kWh/a Nutzwärme über eFuels würde dann etwa 5500 Euro/a Brennstoffkosten verursachen. Eine Wärmepumpe mit einer Jahresarbeitszahl von 3,0 würde bei einem Strompreis von 20,0 Ct/kWh zuzüglich Grundgebühr (100 Euro/a) und Kosten für einen separaten Zählpunkt und das §14a-EnWG-Dimmsignal (zusammen 60 Euro/a) die gleiche Nutzwärme für 1400 Euro/a bereitstellen. Mit der Differenz von 4100 Euro/a wären die Mehrkosten für eine Wärmepumpe auch ohne Förderung in wenigen Jahren ausgeglichen. Aktuelle Studien gehen bei optimistischen Annahmen von einem eFuel-Preis ab 2 Euro/l in einigen Jahren aus, häufig ergeben die Szenarien Preise zwischen knapp 3 und bis zu 5 Euro/l. Aber selbst wenn die Lernkurve zu pessimistisch sein sollte, (ausschließliches) Heizen mit eFuels wird für längere Zeit nicht wirtschaftlich sein und bereits eine Pflichtbeimischung von 15 oder 30 % würde Heizöl deutlich verteuern.

Importe wären kaum günstiger

Das Diskussionspapier weist auch darauf hin, dass mehrere Studien insgesamt zu der Erkenntnis führen, dass importierte eFuels voraussichtlich nicht wesentlich mehr oder weniger kosten würden, als wenn sie hierzulande hergestellt werden. Ein höherer Ertrag von Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen aufgrund besserer Standorte würde durch die Kosten für den Transport aufgezehrt werden. Ein Teil der Erzeugungsanlagen würde also auch hier entstehen – und könnte ohne die Umwandlungsverluste und ohne die Kosten für die Elektrolyse- und Syntheseanlagen in Autobatterien gespeichert werden.

Niedersachen hat einen Bevölkerungsanteil von 9,65 %, Bayern von 15,85 %. In Bayern wären demnach hochgerechnet 9756 Windräder erforderlich. Eigentlich jedoch mehr. Mitte 2023 standen in Bayern waren 1150 Windkraft-Anlagen. Laut dem Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie ist „die im Bundesvergleich relativ geringe Anlagenzahl [..] den geographischen und topographischen Bedingungen in Bayern geschuldet“.

Exkurs 3: Neben flüssigen eFuels gibt es in vielen Bereichen mit heutigen Erdgasanwendungen ähnliche Vorschläge, einfach den Energieträger zu substituieren (synthetisch hergestelltes Methan) oder durch Wasserstoff zu ersetzen. In diesem Kontext hat der DVGW kürzlich eine Studie in Auftrag gegeben, bei der durch die Vorgabe eines hohen Gasbedarfs für Niedertemperaturwärme (179 TWhH2/a, Jahr 2045) ein „gefälliges“ Netznutzungsentgelt für ein Wasserstoffnetz errechnet wird (Wie viel Strom für günstige H2-Netzengelte erforderlich wäre). Der zusätzliche Strombedarf für die Wasserstofferzeugung über Elektrolyse hierfür würde heute bei etwa 285 TWhel/a liegen und könnte durch verbesserte Wirkungsrade (0,7) auf etwa 256 TWhel/a sinken. Für den Sektor Industrie sieht das DVGW-Szenario einen Bedarf von 208 TWhH2/a mit einem Strombedarf von über 297 TWhel/a. Neben dem Strombedarf für eFuels von 115 TWhel/a steht für Niedersachsen somit auch ein Strombedarf für gasförmig genutzten Wasserstoff von 53 TWhel/a im Raum. Mit steigender Entfernung der Produktion steigt der Bedarf.

Der im Diskussionspapier ermittelte zusätzliche eFuel-Strombedarf für Niedersachsen würde auf ganz Deutschland linear hochgerechnet bei etwa 1192 TWhel/a liegen. 2023 lag die Stromnachfrage (Steckdose) bei rund 470 TWhel/a. ■
Quelle: Borderstep Institut / jv

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