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EU-Gebäuderichtlinie

ITRE plädiert für Null-Emissions-Gebäude schon ab 2026 / 2028

Thomas Reimer – stock.adobe.com

Der EU-Parlaments-Ausschuss ITRE plädiert dafür, bei der Novelle der EU-Gebäuderichtlinie den Neubaustandard Null-Emissions-Gebäude ab 2026 einzuführen.

Mit großer Mehrheit hat der Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) des EU-Parlaments am 09. Februar 2023 seinen Standpunkt zum Vorschlag der Revision der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EU-Gebäuderichtlinie bzw. EPBD) angenommen.

Den Vorschlag für die Überarbeitung der EU-Gebäuderichtlinie hatte die EU-Kommission im Rahmen des „Fit for 55“-Pakets schon am 15. Dezember 2021 vorgelegt (Null-Emissions-Gebäude sollen der Standard werden hier wird auch erläutert, wie der Vorschlag der EU-Kommissionen den Standard Null-Emissions-Gebäude definiert). Am 25. Oktober 2022 hatte dann der Europäische Rat eine Einigung (allgemeine Ausrichtung) über einen Vorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie erzielt (Ab 2030 sollen EU-Neubauten Null-Emissions-Gebäude sein).

Das Plenum des Europäischen Parlaments wird nun voraussichtlich in der Plenarsitzung vom 13. bis 16. März 2023 abstimmen und die Verhandlungsposition des EU-Parlaments festlegen. Die Abgeordneten werden dann in Verhandlungen mit dem Europäischen Rat eintreten, um sich auf die endgültige Form der EU-Gebäuderichtlinie zu einigen.

Hauptziel der EU-Gebäuderichtlinie ist es, die Treibhausgasemissionen und den Energieverbrauch im Gebäudesektor EU-weit bis 2030 erheblich zu senken und den Gebäudesektor bis 2050 klimaneutral zu machen.

Neubauten und Solardächer

Nach dem vom ITRE angenommenen Standpunkt sollen alle neu errichteten Gebäude ab 2028 den Standard Null-Emissions-Gebäude erfüllen. Ab 2026 sollen diesen Standard neue Gebäude, die sich im Eigentum öffentlicher Einrichtungen (Behörden) befinden oder von ihnen genutzt oder betrieben werden, mindestens aufweisen.

Die EU-Kommission hatte 2030 bzw. 2027 vorgeschlagen, der Europäische Rat hatte sich für 2030 bzw. 2028 ausgesprochen. Der Unterschied in den Jahreszahlen ist zwar nicht besonders groß, jedoch ist er es, wenn man die verbleibende Zeit bis zur verbindlichen Umsetzung (für Behörden 3 bis 5 Jahre) und bei der Zeitspanne, die noch eine Wirkung für die Klimaziele im Jahr 2030 entfalten kann (bei 0 bis 2 Jahre für alle Neubauten) betrachtet.

Die ITRE-Position sieht zudem vor, dass alle neuen Gebäude bis 2028 mit Solartechnologien ausgestattet werden, sofern sie technisch geeignet sind und dies wirtschaftlich ist. Bei Wohngebäude, die einer größeren Renovierung unterzogen werden, soll dies bis 2032 verbindlich werden.

Gebäudebestand

Auch bei den Renovierungszielen spricht sich ITRE für einen ambitionierten Pfad aus. Wohngebäude sollen bis 2030 mindestens die Energieeffizienzklasse E und bis 2033 die Energieeffizienzklasse D erreichen. Nichtwohngebäude und öffentliche Gebäude müssten die gleichen Klassen bis 2027 bzw. 2030 erreichen. Der Vorschlag der EU-Kommission nennt die Klassen F und E.

Alle Maßnahmen, die zur Erreichung dieser Ziele erforderlich sind, sollen von den einzelnen Mitgliedstaaten in nationalen Renovierungsplänen festgelegt werden. Um den unterschiedlichen Gebäudebeständen der EU-Länder Rechnung zu tragen, soll die Klasse G im nationalen Bestand so angesetzt werden, dass in ihr 15 % der Gebäude liegen.

Denkmäler sollen von den neuen Vorschriften generell ausgenommen werden. Zusätzlich sollen die Mitgliedstaaten beschließen können, auch Gebäude, die aufgrund ihres besonderen architektonischen oder historischen Wertes geschützt sind, technische Gebäude, vorübergehend genutzte Gebäude oder Kirchen und Gotteshäuser auszuschließen. Zudem sollen die Mitgliedstaaten auch öffentliche Sozialwohnungen ausnehmen können, bei denen Renovierungen zu Mieterhöhungen führen würden, die nicht durch Energieeinsparungen kompensiert werden können.

Fördermaßnahmen gegen Energiearmut

Der ITRE-Standpunkt sieht vor, dass die nationalen Renovierungspläne Förderprogramme mit realistischen Zielvorgaben und Maßnahmen zur Erleichterung des Zugangs zu Zuschüssen und Finanzierungen enthalten. Zudem sollen die Mitgliedstaaten kostenlose Informationsstellen und kostenneutrale Renovierungsprogramme einrichten.

Finanzielle Unterstützungsmaßnahmen sollten eine Prämie für tiefgreifende Renovierungen bieten, insbesondere für Gebäude mit den schlechtesten Werten. Zudem sollen gezielte Zuschüsse und Subventionen für von Energiearmut gefährdete Haushalte zur Verfügung gestellt werden.

Verbot von Heizungen mit fossilen Brennstoffen bis 2035

Die EU-Länder sollen zudem sicherstellen, dass die Verwendung fossiler Brennstoffe in Heizungsanlagen für neue Gebäude und Gebäude, die einer größeren Renovierung, einer umfassenden Sanierung oder einer Erneuerung des Heizungssystems unterzogen werden, schon ab der Umsetzung der Richtlinie nicht mehr zulässig ist. Dies würde sogar noch die Umsetzung der in Deutschland bei neuen Heizungen ab 2024 vorgesehenen 65-%-Klausel für erneuerbare Energien übertreffen.

Der Vorschlag der EU-Kommission sieht nationale Fahrpläne für den schrittweisen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen in der Wärme- und Kälteversorgung bis spätestens 2040 vor. Der ITRE-Standpunkt plädiert für einen vollständigen Ausstieg bis 2035.

Statements zum ITRE-Standpunkt

Christian Noll, geschäftsführender Vorstand der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz (Deneff), zur Einführung verbindlicher Mindesteffizienzstandards zur Sanierung der energetisch schlechtesten Bestandsgebäude durch die Mitgliedstaaten: „Im Sinne der Klimaziele wäre mehr Ambition notwendig gewesen, doch mit dieser Kompromisslösung ist ein erster entscheidender und wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu mehr Gebäudeeffizienz in Europa erreicht. Der Beschluss kann erhebliche, dringend benötigte Energieeinsparungen und damit Entlastungen für Mieter und andere Gebäudenutzende bringen. Es ist absehbar, dass die Standards kommen. Es gibt daher keinen Grund für die Bundesregierung, mit der Vorbereitung der geforderten nationalen Standards weiter auf Brüssel zu warten.“

Kai Warnecke, Präsident von Haus & Grund lehnt die Einführung energetischer Mindeststandards für den Gebäudebestand ab: „Damit wird der planwirtschaftliche und für alle ungeheuer teure und ineffiziente Weg Richtung Klimaneutralität zementiert.“ Stattdessen sollte der Gebäudesektor möglichst schnell in den europäischen Handel mit CO2-Emissionszertifikaten integriert werden. Dies sei ein kosteneffizientes Mittel, mit dem die Klimaziele punktgenau erreicht werden könnten.

Aus Sicht des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) ist es nicht zielführend, dass den Mitgliedsstaaten ermöglicht werden wollen, individuelle Anforderungen an gasbasierte Technologieoptionen zu stellen. Für energetische Anforderungen an Wärmeerzeuger im EU-Binnenmarkt gelte eigentlich der Ökodesignrahmen, der einzelstaatliche Marktbarrieren verhindern soll.

Für den Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) gehen die höheren Ambitionen des der Industrieausschuss für die Revision der EU-Gebäuderichtlinie in die falsche Richtung. Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des ZDB: „Bauen und Renovierung müssen machbar bleiben. Die größte Herausforderung sind die Anforderungen an die Renovierung des bestehenden Gebäudebestands in den kommenden Jahren, um ein ähnliches Niveau wie bei Neubauten zu erreichen. Eigentümer sollten motiviert werden und nicht durch gesetzliche Maßnahmen gezwungen werden.“ Ein grundsätzliches Problem bei der Festlegung von Mindeststandards und dem Erreichen bestimmter Energieeffizienzklassen sei vor allem, dass in den Mitgliedsländern unterschiedliche Berechnungsmethoden und Kriterien sowie Energieeffizienzklassen bestehen. Die EU solle zunächst einheitliche Grundlagen schaffen, bevor sie versucht, einheitliche Anforderungen zu definieren. ■
Quelle: EU-Parlament, BDEW, Deneff, Haus & Grund, ZDB / jv

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