Die Vorlage der EU-Kommission zur Neufassung der EU-Gebäuderichtlinie, insbesondere die geplante „Pflicht zur Renovierung“ von Gebäuden mit den höchsten Energieverbräuchen, wird vom ZDB abgelehnt.
Der von der EU-Kommission am 15. Dezember 2021 vorgestellte Vorschlag zur Neufassung der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) trifft auf wenig Gegenliebe beim Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB). ZDB-Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa: „Der Entwurf schießt weit über das Ziel hinaus und wird die guten Absichten, die dahinterstehen mögen, konterkarieren. Für den Bestand soll spätestens ab 2033 für alle Gebäude in den jeweiligen Mitgliedstaaten die definierte Effizienzklasse E gelten. Das bedeutet nichts Geringeres als eine ausgewachsene Renovierungspflicht für viele Immobilienbesitzer.“
Die EU-Kommission hatte bereits im Juli 2021 ihr „Fit for 55“-Paket vorgelegt, welches neue und überarbeitete Richtlinien und Verordnungen der EU-Kommission zur europäischen Klimapolitik beinhaltet. Mit dem Paket sollen die im Green Deal vereinbarten Ziele zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen in der EU erreicht werden, die auf eine Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 % gegenüber 1990 und Klimaneutralität 2050 ausgerichtet sind.
ZDB befürchtet Akzeptanzprobleme
Pakleppa: „Für den Weg dorthin gibt die EU-Kommission einen engen Korridor mit wenig Spielraum für die Mitgliedstaaten vor. Das wird nicht zu einer höheren Akzeptanz der Vorschläge bei Wohnungseigentümern und Mietern und letztlich bei Bürgern und Bürgerinnen führen.
Wir haben in diesem Jahr eine enorme Preissteigerung bei Baumaterialien erlebt, allen voran bei Stahl, Holz und Kunststoffen, aber auch bei Zement, die das Bauen verteuert haben. Und jetzt kommen noch die Anforderungen durch Brüssel hinzu. Wie dieses mit dem Anspruch, dass Bauen und Wohnen bezahlbar bleiben müssen, in Einklang gebracht werden kann, bleibt offen.“
Stahl und Zement sind allerdings keine maßgebenden Baustoffe bei der energetischen Gebäudesanierung. Schwerwiegender ist hingegen, der Fachkräftemangel. Eine erhebliche Steigerung der Modernisierungstätigkeit erscheint zurzeit nicht ohne Weiteres möglich.
„Renovierungspass könnte Bürokratiemonster werden“
Für Gebäude soll auch ein Renovierungspass eingeführt werden, der Gebäudeeigentümern Zugang zu Informationen ermöglicht, wie sie ihre Kosten senken können und über eine schrittweise Renovierung ein im Sinne der Richtlinie emissionsfreies Niveau erreichen. Individuelle Sanierungsfahrpläne gelten gemeinhin als Schlüsselfaktor für die Dekarbonisierung des Gebäudesektors.
Der ZDB ist auch hier kritisch. Pakleppa: „Hier besteht die große Gefahr, dass die EU-Kommission ein Bürokratiemonster sondergleichen schafft. Einen individuellen Sanierungsfahrplan kennen wir bereits. Allerdings ist der in Deutschland nicht verpflichtend. Wir brauchen Regelungen, die sich einerseits an marktbasierten Ansätzen der Energieeffizienzsteigerungen im Gebäudesektor orientieren und andererseits flankierende ausgleichende Maßnahmen, damit die Rentabilitätslücke für Eigentümer nicht zu groß wird. Bisher galt ein Prinzip: Was gefordert wird, das soll nicht gefördert werden. Hier brauchen wir neuen Schwung und neue Ansätze, die ausreichend abfedernde Wirkungen erzielen, um auch die Ziele, die sich Deutschland zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums im Koalitionsvertrag gesetzt hat, erreichen zu können.“ ■
Anmerkungen der TGA-Redaktion
● Einen Tag nach der offiziellen Veröffentlichung des Entwurfs für die Neufassung der EU-Gebäuderichtlinie – der sich übrigens weitgehend an Methoden orientiert, die sich bereits in Mitgliedstaaten erfolgreich bewähren –, haben ZDB und HDB gemeinsam eine Pressekonferenz zum Jahresabschluss 2021 gegeben. In der dazu veröffentlichten Argumentationslinie heißt es (bezogen auf den Ampel-Koalitionsvertrag):
„… Das Ziel ist klar: Es muss mehr [für die Klimaschutzziele im Gebäudesektor] getan werden. Dafür brauchen wir einen echten Sanierungsbooster. Das können wir schaffen – unter anderem mit der seriellen Sanierung, wie im Koalitionsvertrag genannt, den integrierten und individuellen Sanierungsfahrplänen sowie den weiter notwendigen Einzelmaßnahmen.“
Es ist also wenig plausibel, nationale Sanierungsfahrpläne als besonders wichtig hervorzuheben und gleichzeitig der EU-Kommission die Schaffung eines Bürokratiemonsters zu unterstellen. Vielmehr entsprechen die im Entwurf formulierten Anforderungen sinngemäß genau dem deutschen iSFP (individueller Sanierungsfahrplan.
● Der Entwurf der EU-Gebäuderichtlinie formuliert keinen Sanierungszwang, sondern Mindeststandards, die bewirken sollen, dass die energetisch schlechtesten Gebäude, das sind im Normalfall auch die Gebäude mit den höchsten Energiekosten, mindestens teilmodernisiert werden. Wie die Mindeststandards durchgesetzt werden, ist Aufgabe der Mitgliedstaaten. Zudem werden sie u. a. verpflichtet, geeignete finanzielle Maßnahmen, insbesondere für schutzbedürftige Haushalte und von Energiearmut betroffene oder in Sozialwohnungen lebende Personen, bereitzustellen und nichtwirtschaftliche Hindernisse zu beseitigen. Und der Entwurf der EU-Gebäuderichtlinie lässt für bestimmte Gebäude und Konstellationen Ausnahmen zu.
Schon im Gebäudeenergiegesetz gibt es bestimmte Modernisierungsverpflichtungen. Bei Wohngebäuden, bei denen diese umgesetzt sind und die im Entwurf der EU-Gebäuderichtlinie bis 2033 geforderte Effizienzklasse noch nicht in einfach greifbarer Nähe ist, stellt sich ganz allgemein die Frage, ob diese Gebäude in diesem Zustand eine Zukunft haben. Denn mit der aktuell nicht vorhandenen Einpreisung der externen Kosten durch die Treibhausgasemissionen fossiler Energieträger wird die Allgemeinheit überdurchschnittlich an den Folgen der schlechten Effizienzklasse indirekt finanziell beteiligt. Würden die Folgekosten der Treibhausgasemissionen eingepreist, würde es solche Gebäude „freiwillig“ nur noch in einem so geringen Umfang geben, dass eine Beschäftigung auf EU-Ebene gar nicht stattfinden müsste.
Im Kontext:
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