Seit 2010 untersucht das Internationale Institut für Nachhaltigkeitsanalysen und -strategien (IINAS) aus Darmstadt im Auftrag der HEA anhand von Lebenswegdaten für Energie-, Stoff- und Transportsysteme die Ressourcennutzung und Umwelteffekte der deutschen Stromerzeugung. Jetzt liegen die Daten für das Basisjahr 2019 vor. Für 2019 beträgt der nichterneuerbare kumulierte Energieverbrauch (KEVne) für die Abgabe aus dem lokalen Stromnetz 1,55 kWhprimär/kWhel.
Der KEVne stellt das Verhältnis dar, welche Menge an Primärenergie aufzuwenden ist, um 1 kWh elektrische Energie an Endkunden zu liefern. Je mehr erneuerbare Energien im Strommix integriert sind und je geringer die Umwandlungs- und Verteilungsverluste in den Kraftwerken und Netzen sind, desto kleiner wird dieses Verhältnis. In den Jahren 2010 und 2016 betrug dieser Wert noch 2,34 bzw. 1,92.
Der KEV dient als Brücke zu den Primärenergiefaktoren (PEF). Deren nichterneuerbarer Anteil (PEFne) wird im Gebäudeenergiegesetz (GEG) für die energetische Bilanzierung herangezogen.
„2020 wird voraussichtlich schon ein PEFne von 1,3 erreicht“
Dr. Jan Witt, Geschäftsführer der HEA-Fachgemeinschaft: „Der Zubau erneuerbarer Energien im Strombereich wächst weiter. Dieser Fortschritt wird jedoch im Gebäudeenergiegesetz so nicht abgebildet, das für netzbezogenen Strom einen PEFne von 1,8 festgelegt hat. Die Berechnungen der Studie legen für das Jahr 2020 bereits einen Faktor von 1,3 nahe. Das bedeutet einen um 28 % geringeren Primärenergieaufwand für Strom aus dem lokalen Netz als das neue Gebäudeenergiegesetz aktuell ausweist.
Die HEA hat die Studie „Der nichterneuerbare kumulierte Energieverbrauch und THG-Emissionen des deutschen Strom-mix im Jahr 2019 sowie Ausblicke auf 2020 bis 2050“ als Download zur Verfügung gestellt.
Anmerkung der Redaktion:
Die jeweils gültigen Primärenergiefaktoren fließen im Rahmen der öffentlich-rechtlichen energetischen Bewertung von Gebäuden und ihrer Anlagentechnik zum Zeitpunkt der Bauantragstellung ein. Die in der Planung unter anderem auf Basis der Primärenergiefaktoren getroffene Entscheidung hat aber Relevanz über die gesamte Nutzungszeit der Anlage.
Beim Primärenergiefaktor Strom mit vorgezeichneter hoher Dynamik wäre also eigentlich die Verwendung eines Mittelwerts über beispielsweise die kalkulatorische Nutzungsdauer des Wärmeerzeugers angebracht, um der Klimarelevanz der Gebäudeplanung gerecht zu werden.
Gleichzeitig muss der Gesetzgeber aber auch Wert auf einen geringen bzw. sinkenden Endenergieeinsatz für den Gebäudebetrieb legen, denn mit den Energiewendezielen strebt der PEFne den Wert null an. Schon heute ist der primärenergetischen Bewertung durch Nebenanforderungen eine Grenze gesetzt, allerdings wird der zunehmen relevante Energieeinsatz für die Gebäudeerstellung (Graue Energie) bisher fast vollständig vernachlässigt.
Insgesamt wird immer deutlicher, dass die vor vielen Jahren mit der Energieeinsparverordnung eingeführten und in das Gebäudeenergiegesetz übernommenen Mechanismen zur energetischen Bewertung von Gebäuden im Rahmen ihrer klimarelevanten Bewertung nicht zukunftsfähig sind und ein Systemwechsel erforderlich ist, siehe auch: Wärmewende und Klimaneutralität: Was sich ändern muss. ■