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Konjunkturprogramm

GroKo beschließt 130-Mrd.-Euro-Konjunkturpaket

Der GroKo-Koalitionsausschuss hat sich am 3. Juni 2020 auf ein 130-Mrd.-Euro-Konjunkturpaket zum Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Pandemie geeinigt. Das ist deutlich mehr, als zwischenzeitlich spekuliert wurde. Bundesfinanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz, der schon die Corona-Hilfspakete mit dem legendären US-Raketenwerfer „Bazooka“ verglich: „Wir wollen mit Wumms aus der Krise kommen.“

Temporäre Absenkung der Mehrwertsteuer, Senkung der EEG-Umlage, keine Prämien für Verbrenner und 300 Euro Kinderzuschuss haben schnell die Runde gemacht... Doch es gibt 57 Eckpunkte. Eine Auswahl und Bewertung aus Sicht der TGA/SHK-Branche:

Temporäre Senkung der Mehrwertsteuer (Eckpunkt 1)

Zur Stärkung der Binnennachfrage in Deutschland wird befristet vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2020 der Mehrwertsteuersatz von 19 % auf 16 % und von 7 % auf 5 % gesenkt. Der Finanzbedarf wird auf 20 Mrd. Euro beziffert. Bei im 2. Halbjahr 2020 ausgeführten Planungs- und Bauleistungen mit einem Nettowert von 10 000 Euro würde sich der Brutto-Rechnungsbetrag von 11 900 auf 11 600 Euro vermindern.

Nüchtern betrachtet ist der Hebel klein, aber man sollte die psychologische Wirkung nicht unterschätzen. Für TGA-Planer und TGA/SHK-Fachbetriebe wird die Absenkung mindestens eine Konsequenz haben: Zum Jahresende wird eine große Rally einsetzen, noch schnell Leistungen zu erbringen und mit dem verringerten Mehrwertsteuersatz abzurechnen. Anfang 2021 kann dann aufgeräumt werden.

Absenkung der EEG-Umlage (Eckpunkt 3)

Die EEG-Umlage droht im Jahr 2021 aufgrund des Rückgangs der Wirtschaftsleistung und des damit verbundenen Rückgangs des Börsenstrompreises stark anzusteigen, trotz der beginnenden Zuführung von Einnahmen aus dem nationalen Brennstoffemissionshandel. Um für mehr Verlässlichkeit bei den staatlichen Strompreisbestandteilen zu sorgen, wird ab 2021 ein weiterer Zuschuss aus Haushaltsmitteln des Bundes zur schrittweisen verlässlichen Senkung der EEG-Umlage geleistet, sodass diese im Jahr 2021 bei 6,5 Ct/kWh und im Jahr 2022 bei 6,0 Ct/kWh liegen wird. Der Finanzbedarf wird auf 11 Mrd. Euro beziffert. Im Kalenderjahr 2020 beträgt die EEG-Umlage für nicht-privilegierte Letztverbraucher 6,756 Ct/kWh.

Profitieren kann von der Absenkung der EEG-Umlage die Wärmewende. Staatlich stabilisierte Strompreise in den nächsten zwei Jahren und danach tendenziell sinkende Strompreise durch die Teilfinanzierung aus der CO2-Bepreisung und das Förderende vieler EEG-Anlagen nach 20-jährigem Betrieb sind ein gutes Argument für elektrisch angetriebene Wärmepumpen bei der Heizungsmodernisierung. Im Neubau haben Wärmepumpen ohnehin schon eine führende Rolle (Baugenehmigungen 2019: Wärmepumpe auf Platz 1).

Temporäre Vereinfachung des Vergaberechts (Eckpunkt 11)

Um die öffentlichen Investitionsfördermaßnahmen schnell in konkrete Investitionsprojekte umsetzen zu können, soll das Vergaberecht temporär vereinfacht werden, etwa durch eine Verkürzung der Vergabefristen bei EU-Vergabeverfahren und die Anpassung der Schwellenwerte für beschränkte Ausschreibungen und freihändige Vergaben in Deutschland. Die Grundsätze des Wettbewerbs, der Transparenz sowie der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bleiben von diesen Regelungen unberührt. Auch die Länder sind gefordert, Vereinfachungen umzusetzen.

Finanzielle Stärkung der Kommunen (Eckpunkt 19 und 20)

Damit die Kommunen weiter finanziell handlungsfähig bleiben, ist der Bund bereit, die für den größten Teil der öffentlichen Investitionen in Deutschland zuständigen Kommunen deutlich zu stärken und damit die Länder bei ihren Aufgaben zu unterstützen. Mit einem kommunalen Solidarpakt 2020 werden die aktuellen krisenbedingten Ausfälle der Gewerbesteuereinnahmen kompensiert. Dazu gewährt der Bund für 2020 den Gemeinden gemeinsam mit den zuständigen Ländern hälftig finanziert einen pauschalierten Ausgleich. Der Finanzbedarf beim Bund wird mit 5,9 Mrd. veranschlagt. Die finanzielle Stärkung von Ländern und Kommunen ist auch für die TGA/SHK-Branche von großer Bedeutung, siehe: VBI: Schutzschirm für Kommunen muss kommen)

Die nationale Klimaschutzinitiative sieht Förderprogramme in einer Größenordnung von jährlich 300 Mio. Euro vor, die auch durch einen kommunalen Eigenanteil mitfinanziert werden. Um den Mittelabfluss insbesondere bei finanzschwachen Kommunen zu beschleunigen, soll der kommunale Eigenanteil in einzelnen Programmen mit jeweils 50 Mio. Euro in den Jahren 2020 und 2021 abgesenkt werden.

Aufstockung des Investitionsplans Sportstätten (Eckpunkt 23)

Für die Jahre 2020 und 2021 werden zusätzliche 150 Mio. Euro für Sportstätten zur Verfügung gestellt. Dazu wird der Investitionsplan Sportstätten von 110 auf 260 Mio. Euro aufgestockt.

Kapazitätsausbau Kinderbetreuung (Eckpunkt 27)

Um im Bereich der Kindergärten, Kitas und Krippen den Kapazitätsausbau zu fördern und Erweiterungen, Um- und Neubauten zu fördern, werden 1 Mrd. Euro zusätzlich für Ausbaumaßnahmen bereitgestellt, die in 2020 und 2021 stattfinden. Die Mittel können auch für Umbaumaßnahmen zur Verbesserung der Hygienesituation eingesetzt werden.

Prämie für Auszubildende (Eckpunkt 30)

Der Lernerfolg von Auszubildenden soll auch in der Pandemie nicht gefährdet werden. KMU, die ihr Ausbildungsplatzangebot 2020 im Vergleich zu den drei Vorjahren nicht verringern, erhalten für jeden neu geschlossenen Ausbildungsvertrag eine einmalige Prämie in Höhe von 2000 Euro, die nach Ende der Probezeit ausgezahlt wird. Solche Unternehmen, die das Angebot sogar erhöhen, erhalten für die zusätzlichen Ausbildungsverträge 3000 Euro.

KMU, die ihre Ausbildungsaktivität trotz Corona-Belastungen fortsetzen und Ausbilder sowie Auszubildende nicht in Kurzarbeit bringen, können eine Förderung erhalten. KMU, die die Ausbildung im Betrieb nicht fortsetzen können, sollen die Möglichkeit einer vorübergehenden geförderten betrieblichen Verbund- oder Auftragsausbildung erhalten.

Ausbau der erneuerbaren Energie (Eckpunkt 38)

Um den Ausbau der erneuerbaren Energien weiter zu forcieren, wird der Deckel für Photovoltaik (52-GW-Förderdeckel) unmittelbar abgeschafft und das Ausbau-Ziel für die Offshore-Windkraft von 15 auf 20 GW in 2030 angehoben.

Anmerkung: Die Abschaffung des 52-GW-Förderdeckels ist schon Bestandteil des Klimaschutzprogramms 2030, bisher haperte es aber an der Umsetzung.

Aufstockung des CO2-Gebäudesanierungsprogramms (Eckpunkt 39)

Das CO2-Gebäudesanierungsprogramm wird für 2020 und 2021 um 1 Mrd. Euro auf 2,5 Mrd. Euro aufgestockt. Auch die Förderprogramme des Bundes zur energetischen Sanierung kommunaler Gebäude werden aufgestockt und ein Programm zur Förderung von Klimaanpassungsmaßnahmen in sozialen Einrichtungen wird aufgelegt. Der Finanzbedarf wird auf ca. 2 Mrd. Euro beziffert.

Unklar ist, ob beim CO2-Gebäudesanierungsprogramm lediglich der Fördertopf aufgestockt wird oder ob durch temporär höhere Zuschüsse auch die Nachfrage angekurbelt werden soll. Einen entsprechenden Vorschlag hatte das Umweltbundesamt gemacht.

Download des Eckpunktepapiers Corona-Folgen bekämpfen, Wohlstand sichern, Zukunftsfähigkeit stärken.

Erste Stimmen zum Eckpunktepapier

ifo Institut: Der ifo-Präsident Clemens Fuest und die ifo-Klima-Expertin Karen Pittel haben das Konjunkturpaket der Koalition gelobt. Fuest: „Das Konjunkturpaket ist breit angelegt und größtenteils gut durchdacht. Es kombiniert Anreize zur kurzfristigen Belebung des Konsums mit Impulsen für öffentliche und private Investitionen sowie Unterstützung für kleine und mittlere Unternehmen. Pittel: „Es ist begrüßenswert, dass klimafreundliche Zukunftstechniken und Infrastrukturen ausdrücklich berücksichtigt werden.“

Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB), Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa: „Die Bundesregierung setzt mit ihrem Konjunkturpaket wichtige Impulse zur Wiederbelebung und Stärkung des wirtschaftlichen Lebens. [...] Insbesondere die finanzielle Entlastung der Kommunen als den wichtigsten öffentlichen Auftraggebern ist für die Bauwirtschaft von großer Bedeutung. Nach der Zusage des Bundes zur hälftigen Übernahme der Ausfälle der Gewerbesteuereinnahmen sind nun die Länder aufgefordert, auch ihrer Verantwortung nachzukommen. Nur so kann die Investitionsbereitschaft der öffentlichen Hand nachhaltig gesteigert werden. Für eine Beschleunigung und Entbürokratisierung der Vergaben sollte hierbei allein auf präqualifizierte Betriebe gesetzt werden.“

Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (Deneff): Das Konjunkturpaket kann ein erster Schritt zu einer wirklich nachhaltigen Konjunkturbelebung sein kann. Begrüßt wurde, dass neben breiten Konjunkturimpulsen die Förderung für die energetische Gebäudesanierung weiter aufgestockt und öffentliche Investitionen beschleunigt werden sollen. Es sei jedoch notwendig, die Maßnahmen nachzuschärfen, weiterzuentwickeln und gezielt nachzusteuern, damit Klimaschutz und wirtschaftliche Wiederbelebung optimal miteinander verzahnt werden. Aktuell vermisst die Deneff spezifischere Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz insbesondere in der Industrie, durch die Digitalisierung oder für nachhaltige Finanzierungsmodelle.

Deutsche Umwelthilfe (DUH), Stellvertretende Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz: „Die Aufstockung der Gebäudesanierung ist nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Koalition hat die Chance vertan, im Gebäudebereich eine Sanierungswelle anzustoßen. Um das Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestands bis 2050 zu erreichen, wäre dagegen eine Förderung von bis zu 25 Mrd. Euro im Jahr notwendig. Dies würde auch zahlreiche neue und sichere Jobs im ganzen Land bedeuten.“

Prof. Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft: „Eine Krise, wie wir sie mit der Covid-19-Pandemie derzeit erleben, erfordert entschlossenes Handeln. Dies gilt für die Überwindung der medizinischen Krise ebenso wie für die Bewältigung aller Auswirkungen auf unsere Gesellschaft. In diesem Sinne begrüßt die Fraunhofer-Gesellschaft ausdrücklich das mutige Konjunkturpaket der Bundesregierung, das an den richtigen Stellen ansetzt und eine solide Grundlage schafft sowohl für die Erholung als auch für die maximale Ertüchtigung der Wirtschaft für die Zeit nach Corona.“

Der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) wertet das gestern von den Koalitionsspitzen verabschiedete Konjunkturpaket als wichtiges Zeichen zur Stützung der Wirtschaft und der Gesellschaft in der Coronavirus-Krise. Mit dem Konjunkturpaket sei ein vielschichtiges Paket auf den Weg gebracht worden, dass die durch die Corona-Restriktionen entstandenen Schäden abmildert und mit dem Zukunftspaket Impulse für langfristigen Erfolg der deutschen Wirtschaft setzt. Dr. Hans-Jürgen Witschke, Hauptgeschäftsführer des VIK: „Wir freuen uns, dass wettbewerbsfähige Strompreise als wesentlicher Standortfaktor anerkannt wurden. Die gut gemeinte Entlastung der EEG-Umlage durch die Einnahmen aus dem BEHG sowie aus dem Staatshaushalt darf jedoch für die Unternehmen nicht zum Bumerang werden.“ Die geplante Finanzierung des EEG-Umlagetopfes mit staatlichen Mitteln öffne die Tür für eine erneute Prüfung der beihilferechtlichen Unbedenklichkeit des EEGs und der darin verankerten Besonderen Ausgleichsregelung. Diese Regelung sei für Unternehmen im internationalen Wettbewerb nicht nur in der Rezession existenziell.

Aus Sicht des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE) ist die beschlossene Deckelung der EEG-Umlage eine gute Entscheidung für die Bezahlbarkeit der Stromkosten und für die Energiewende. Die Auswirkungen der Coronavirus-Krise auf den Strommarkt mit der Konsequenz weiter sinkender Börsenstrompreise würden sonst die EEG-Umlage im Jahr 2021 überdurchschnittlich steigen lassen. Der drohende hohe Anstieg der Umlage sei einem Berechnungsmechanismus geschuldet, der nicht gewährleiste, dass die niedrigen Erzeugungskosten bei Erneuerbare-Energien-Anlagen beim Kunden ankommen.“ ■