Dächer von Neubauten sind der ideale Ort für Photovoltaik-Anlagen. Sie bieten ein riesiges Potenzial für die Energiewende. Doch es wird in Deutschlands 14 größten Metropolen nur unzureichend ausgeschöpft. Das geht aus dem LichtBlick SolarCheck 2021 hervor.
Die regionalen Unterschiede sind enorm: In Essen liegt der Solar-Faktor – das Verhältnis der Fläche neu errichteter Solaranlagen zu neu gebauten Dachflächen – bei 62,9 %, in Köln bei 47,2 %, in Leipzig bei 46,5 %.
Der Berliner Solar-Faktor beträgt nur bescheidene 14,9 %, in Frankfurt sind es 11,8 % und in Hamburg sogar nur 10,3 %. Die Elbmetropole ist damit zum zweiten Mal nach 2020 Schlusslicht des Solar-Checks. Das könnte sich jedoch ab 2023 ändern, wenn die Solar-Baupflicht in der Hansestadt in Kraft tritt.
„Dächer sind die grünen Kraftwerke der Zukunft. Hier kann Klimaschutz bezahlbar und verbrauchernah realisiert werden. Kommunen und Bauträger müssen die solare Energiewende auf Deutschlands Dächern dringend beschleunigen“, sagt Ralf Schmidt-Pleschka, Koordinator Klima- und Energiepolitik bei LichtBlick.
Die von der dpa GmbH durchgeführte Untersuchung zeigt detailliert auf, wie die 14 größten deutschen Städte mit über 500.000 Einwohnern ihre Solarpotenziale ausschöpfen. Ein weiteres Fazit der Analyse: Wo viel gebaut wird, liegt der Solar-Faktor meist niedrig: Für die meisten Bauträger spielt Photovoltaik nach wie vor keine Rolle.
Gegenüber dem ersten LichtBlick SolarCheck 2020 ergeben sich im Städte-Ranking erhebliche Veränderungen. So erreicht Vorjahressieger Nürnberg diesmal nur Platz 4 Hannover rutscht von Platz 2 auf Platz 7. Sieger Essen lag im Vorjahr noch auf Platz 7. Es gibt aber einen positiven Trend: Gegenüber dem Vorjahr steigt der durchschnittliche Solar-Faktor in den 14 Metropolen von 26 auf 29 %.
Wenige Dächer bestimmen oft den Faktor
Auffällig bei den Ergebnissen ist auch, dass ein guter Solar-Faktor oft auf den Neubau weniger großer Dachanlagen zurückgeht. So machen in Leipzig, Bremen, Dortmund und der Siegerstadt Essen große Anlagen mit einer Leistung von mindestens 100 kWp über die Hälfte des gesamten PV-Neubaus aus. Photovoltaik-Anlagen auf neuen Ein- oder Mehrfamilienhäusern oder kleineren Gewerbebauten sind auch in den gut platzierten Städten eher die Ausnahme.
Dabei werden vor allem in den Millionenstädten enorme Chancen vergeben. Das zeigt ein Blick auf die Potenziale bei der Stromversorgung. Hätte zum Beispiel Berlin seine neuen Dachflächen 2019 vollständig mit Solar ausgerüstet, könnten damit 19 311 Haushalte versorgt werden. Die realisierten Solardächer liefern dagegen nur Strom für 2880 Haushalte. In Hamburg liegt das Verhältnis von Potenzial zu Realisierung bei 11 962 zu 1232 Haushalten, in München bei 11 181 zu 1755.
Schmidt-Pleschka zieht ein klares Fazit: „Die Solarförderung greift in den Metropolen bei weitem nicht so, wie es erforderlich wäre, um die neuen Klimaziele zu erreichen. Die nächste Bundesregierung sollte daher eine bundesweite Solarpflicht für Neubauten einführen. Die bisher von Hamburg, Berlin und Baden-Württemberg geplanten Solarpflicht-Regelungen gleichen aktuell noch einem Flickenteppich.“
Zur Untersuchung: Für den SolarCheck 2021 hat die dpa GmbH im Auftrag von LichtBlick für die 14 deutschen Städte mit mehr als 500 000 Einwohnern auf Basis der Daten der Landesämter für Statistik die Anzahl der im Jahr 2019 neu errichteten Wohngebäude und gewerblich genutzter Gebäude ermittelt. Anhand wissenschaftlich basierter Umrechnungsfaktoren wurden weiterhin die jeweiligen Dachflächen ermittelt und mit der im gleichen Zeitraum neu gebauten PV-Modulfläche verglichen (Solar-Faktor). Der erste LichtBlick SolarCheck 2020 beruhte auf Daten des Jahres 2018. Es handelt sich dabei jeweils um die aktuellsten verfügbaren Daten. ■
Siehe auch:
Mieterstrom ist keine Eigenversorgung im Sinne des EEG
Stromspeicher optimieren Rendite neuer PV-Anlagen
Bürogebäude und Solarkraftwerk
Achtung: Photovoltaik-Anlagen sind ansteckend!