Kompakt informieren
Ein Verzicht auf eine regelmäßige Legionellenuntersuchung wenn das Großanlagen-Kriterium gemäß TrinkwV nicht erfüllt ist, ist nicht zu
empfehlen und sollte auch nicht Bestandteil einer Konzeptentscheidung sein.
Es gibt über die TrinkwV hinausgehende Untersuchungspflichten und zudem keine Bestätigung, dass Systeme zur dezentralen Trinkwassererwärmung bei typischen Betriebsweisen hygienische Sicherheit gewährleisten.
Vielmehr deuten Zufallsbeprobungen und ein Forschungsprojekt auf eine mikrobielle Anfälligkeit bei Systemen zur dezentralen Trinkwassererwärmung hin. Hier und in den dahinterliegenden Leitungen kann es zu einer Legionellenvermehrung kommen, warnt das Umweltbundesamt.
Dezentrale Trinkwassererwärmer haben seit einiger Zeit eine gewisse Hochkonjunktur, zumindest in der Aufmerksamkeit der Fachöffentlichkeit. Ursache dafür ist zum einen der mit dem Dämmstandard von Gebäuden steigende Anteil des Primärenergiebedarfs für die Trinkwasserwassererwärmung. Durch die bedarfsgerechte Bereitstellung von Trinkwasser warm (PWH) auf der Etage bzw. nahe der Entnahmestelle, also ohne Verteilverluste, soll sich der Energieeinsatz angeblich deutlich verringern lassen.
Zum anderen soll ein Vorteil der dezentralen Trinkwassererwärmung in der wegfallenden Beprobungspflicht auf Legionellen liegen. Begründet wird dies mit einer Formulierung in der Trinkwasserverordnung (TrinkwV), wonach eine Beprobungspflicht nur für „Großanlagen … mit Speicher-Trinkwassererwärmer oder mit zentralem Durchfluss-Trinkwassererwärmer jeweils mit einem Inhalt von mehr als 400 Litern oder einem Inhalt von mehr als drei Litern in mindestens einer Rohrleitung zwischen Abgang des Trinkwassererwärmers und Entnahmestelle (vgl. auch DVGW-Arbeitsblatt W 551)“ besteht (Quelle: Bundesgesundheitsministerium). Es wird angenommen, dass mit der Unterschreitung dieser technischen Voraussetzungen durch dezentrale Trinkwassererwärmer keine Untersuchungspflicht in Bezug auf Legionella spec. besteht.
Beprobungspflicht ist nicht auszuhebeln
Die daraus abgeleitete Praxis, ohne Großanlagen-Kriterium auf eine regelmäßige Legionellenuntersuchung zu verzichten, ist nicht zu empfehlen: Zwar sind nur wenige Fälle hygienisch belasteter Trinkwasser-Installationen mit dezentraler Trinkwassererwärmung bekannt. Dies liegt jedoch weniger an der hygienischen Sicherheit von Durchlauferhitzern und anderen dezentralen Durchfluss-Trinkwassererwärmern. Grund ist vielmehr die fehlende Datenbasis, da solche Trinkwasser-Installationen üblicherweise nicht beprobt werden.
Eine Untersuchungspflicht ergibt sich aber nicht nur auf Grundlage der Trinkwasserverordnung, sondern auch aufgrund des Arbeitsschutzes (§ 4 ArbSchG) und / oder der Verkehrssicherungspflicht für jede Art von Trinkwasser-Installationen. Denn um nachzuweisen, ob man als Betreiber, Vermieter oder Arbeitgeber Trinkwasser nach Trinkwasserverordnung abgibt und eine Gefährdung der Mieter oder Arbeitnehmer ausgeschlossen ist, muss die Installation auf jeden Fall beprobt werden.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 6. Mai 2015 (Az. VIII ZR 161/14) entschieden, dass über die Wasserversorgungsanlage eines Wohnhauses an die Mieter abgegebenes Trinkwasser auf das Vorhandensein von Legionellen zu untersuchen ist.
Über die Pflichten der TrinkwV hinaus trifft einen Betreiber im Hinblick auf eine Trinkwasser-Installation auch eine Verkehrssicherungspflicht. Eine Verkehrssicherungspflicht obliegt grundsätzlich demjenigen, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahren-
lage gleich welcher Art für Dritte schafft oder andauern lässt, etwa auch durch die Errichtung oder das Betreiben einer Anlage, die mit Gefahren für Rechtsgüter Dritter (z. B. Leben, Körper und Gesundheit) verbunden ist. Der Betreiber muss seiner Verkehrssicherungspflicht genügen, um Nutzer seiner Trinkwasser-Installation vor etwaigen Gefahren aus dem Betrieb zu schützen.
Für die Betreiber sollte somit nicht nur die Auswahl eines nachweislich hygienisch sicheren Systems zur Trinkwassererwärmung im Fokus stehen, sondern auch beim späteren Betrieb sollte darauf geachtet werden, dass
durch regelmäßige Instandhaltungen (Instandsetzung zentraler wie dezentraler Trinkwassererwärmer: jährlich) dieser Zustand aufrechterhalten wird [1].
Besser Systemtemperaturen absenken?
In gut gedämmten Neubauten auf dem Energiestandard KfW-Effizienzhaus 40 und besser macht der Aufwand für die Trinkwassererwärmung mittlerweile einen sehr hohen Anteil am Gesamtenergiebedarf aus. Je nach Dämmstandard liegt er teilweise schon bei 40 % des Primärenergiebedarfs. Zu diesem hohen Anteil am Energiebedarf für PWH tragen komplexe Verteilnetze und Zirkulationssysteme mit ihren zwangsläufigen Wärmeverlusten ebenso bei wie die Aufrechterhaltung der Wärmelast über 365 Tage für dezentrale Trinkwassererwärmer. Das bestätigt auch der „Bund der Energieverbraucher“, der ausdrücklich darauf hinweist: Gerade das ständige Bereithalten warmen Wassers kostet viel Energie.
Die Bevorratung von Trinkwasser warm auf dem normativ geforderten Temperaturniveau von 60/55 °C führt aber nicht nur zu einem hohen Energieaufwand, sondern blockiert gleichzeitig die Nutzung regenerativer Wärmesysteme. Energieeffiziente Heizungs-Wärmepumpen haben beispielsweise ihren optimalen Betriebspunkt bei etwa 35 °C. Solche Temperaturen sind perfekt für die Wärmeübergabe mit einer Flächenheizung – aber nicht für die Bereitstellung von PWH auf hohem Temperaturniveau. Um die geforderten 60/55 °C zu erreichen, wird deswegen der Warmwasserspeicher oft direktelektrisch nachgeheizt, zumeist mit Netzstrom, also mit einem auch mittelfristig noch hohen Anteil nichterneuerbarer Energie. Das ist ökologisch und ökonomisch wenig sinnvoll.
Aus rein energetischer Sicht wäre es also sinnvoller, Warmwasser nur auf die Temperatur der Nutzung, etwa 35 bis 45 °C, aufzuheizen. Einen Weg, um dieses Ziel zu erreichen, hat das Umweltbundesamt bereits im September 2011 aufgezeigt. Auch die allgemein anerkannten Regeln der Technik weisen Öffnungsklauseln auf, die zur Entwicklung hygienisch sicherer Anlagen genutzt werden könnten und müssten.
Allerdings gilt, dass sich Alternativen, die zu einer Einsparung von Energie führen können, einer kritischen Prüfung durch Experten stellen müssen (ähnliche Formulierung wie im DVGW-Arbeitsblatt W 551 und in der DIN 1988-200). Ansonsten besteht die Gefahr, dass die gewünschte Energieeinsparung durch Reduzierung der Warmwassertemperatur zu Lasten eines erhöhten Risikos für Legionelleninfektionen über warmes Leitungswasser geht [2].
Beprobungen decken Belastung auf
Aus Komfortgründen werden dezentralen Trinkwassererwärmer mit ca. 45 bis 50 °C Vorlauftemperatur betrieben. Während der Nutzung werden Platten-Wärmeübertrager und Rohrstrecken erwärmt und geben während der Stagnationsphasen die Temperaturen nur langsam an die Umgebung wieder ab. Bisherige und aktuelle Erfahrungen durch Zufallsbeprobungen deuten auf eine mikrobielle Anfälligkeit dieser Systeme hin: Erfahrungen des Medizinaluntersuchungsamtes Schleswig-Holstein (MUA SH) zeigen beispielsweise, dass dezentrale Durchlauferhitzer nicht zwingend eine hygienische Sicherheit gewährleisten.
Auch aus diesem Grund wurde im Rahmen eines Forschungsprojekts eine Appartementanlage mit 84 Wohneinheiten und einer dezentralen Warmwasserversorgung mit wohnungseigenen Durchlauferhitzern unter Einhaltung der 3-Liter-Regel untersucht. Die Ergebnisse der Legionellenuntersuchungen ergaben in 37 % der Proben bzw. 54 % der Wohnungen Keimzahlen oberhalb des technischen Maßnahmenwerts der TrinkwV, wobei in 5 % der Proben bzw. in 12 % der Wohnungen sogar der Gefahrenwert von 10 000 KBE/100 ml entsprechend der Empfehlung des Umweltbundesamts überschritten wurde.
Der Einfluss der Nutzung der Wohnungen bzw. des Wasserverbrauchs auf die Legionellenkonzentrationen war im Kaltwasser erkennbar, indem bei kurzzeitig zurückliegender Nutzung bzw. steigendem Wasserverbrauch die Keimzahlen für Legionellen sanken.
Im Warmwasser war dieser Zusammenhang jedoch nicht mehr gegeben. Die erhöhten Legionellengehalte in den Warmwasserproben sind dabei nicht von den Stagnationszeiten und nicht von der Temperatureinstellung (größer oder kleiner 50 °C) am Durchlauferhitzer abhängig. Damit zeigen die beiden wichtigsten Parameter, Stagnation und Temperatur, keinen Einfluss auf die Legionellengehalte im Warmwasser. Die Anlagen erscheinen somit aus hygienischer Sicht nicht ausreichend sicher. Daher sollten weitere Untersuchungen an diesen Anlagen durchgeführt werden [3].
Auch daraus resultierte die UBA-Mitteilung [4] vom 18. Dezember 2018: „Bislang werden dezentrale Trinkwassererwärmer als sicher im Hinblick auf eine Legionellenkontamination angesehen. Neuere Erkenntnisse zeigen jedoch, dass es auch in dezentralen Trinkwassererwärmern und in den dahinterliegenden Leitungen zu einer Legionellenvermehrung kommen kann. Bei der Abklärung von Legionelleninfektionen sind auch dezentrale Trinkwassererwärmer in die Ursachensuche einzubeziehen.“
Bisher kann die hygienische Unbedenklichkeit für dezentrale Trinkwassererwärmer nicht belegt werden, da der entsprechende Nachweis fehlt [2, 3, 5, 6].
Juristen würden an dieser Stelle feststellen, dass es unabhängig von der Betriebsweise bei dezentraler Trinkwassererwärmung keineswegs die bisher postulierte hygienische Sicherheit gibt. Ein anerkannter Vermutungssatz erlaubt, gestützt auf Erfahrungssätze oder wissenschaftliche Erkenntnisse, Schlüsse von bewiesenen auf zu beweisende Tatsachen zu ziehen [7].
Konkret bedeutet dies für die Anwendung einer Norm, dass die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik vermutet wird, wenn diese Norm zur Anwendung kommt. Diese Vermutung ist allerdings keineswegs unwiderlegbar, denn entscheidend ist, was unter Fachleuten zum Zeitpunkt der Errichtung als richtig angesehen wird, unabhängig davon, was in Normen oder anderen privatrechtlichen Empfehlungen veröffentlicht wurde. Im Fall von dezentralen Trinkwassererwärmern ist genau dies der Fall, denn wissenschaftliche Studien haben mittlerweile die hygienische Bedenklichkeit dezentraler Trinkwassererwärmer festgestellt.
Wärmelasten auf PWC beachten
Das Hygienerisiko für die Trinkwassergüte liegt aber nicht nur in den dezentralen Trinkwassererwärmern an sich: Architekten planen vielmehr für Wohngebäude und dezentrale Trinkwassererwärmer fast immer nur einen Schacht, in dem alle warmgehenden Leitungen und die Steigleitung für Trinkwasser kalt (PWC) liegen. Der Erhalt der Trinkwassergüte im Trinkwasser kalt ist dadurch schon auf dem Weg vom Hauseintritt bis zur letzten Entnahmestelle infolge von Fremderwärmung, die mikrobielles Wachstum nachweislich fördert, gefährdet.
Die reale Temperatur des kalten Trinkwassers an der Zapfstelle ist dabei das Ergebnis mehrerer lokaler Wärmeeinträge durch das gewählte Verteilungskonzept sowie die Leitungsführung und stellt demnach die Summe aller punktuellen Wärmeeinträge auf dem Fließweg dar, in diesem Fall also der gemeinsame Schacht und die dezentrale Trinkwassererwärmung. Somit ist auch hier die Risikobetrachtung des Kaltwassers (Temperaturen über 20 °C) mit einzubeziehen [8, 9, 10, 11].
Auch die – vielfache falsche – Auslegung der DIN 1988-200 hilft in diesem Fall nicht weiter. Zwar wird regelmäßig behauptet, dass die DIN 1988-200 aus hygienischen Gründen 30 s lang Temperaturen über 25 °C erlaube. In Abschnitt 3.1.1 steht aber auch eindeutig, dass sich DIN 1988-200 bezüglich der Hygieneanforderungen an Trinkwasser-Installationen auf die Festlegungen in der VDI/DVGW 6023 bezieht – und diese erlaubt zu keiner Zeit Temperaturen über 25 °C. Diese Tatsache zu verschweigen und sie in eine 30-Sekunden-Regel zu übersetzen, bringt möglicherweise für den Moment „eine Besserung“. Beim Auftreten von Auffälligkeiten ist aber ein Rechtsstreit zu erwarten, in dem diese Auslegung sehr schnell hinfällig wird.
Fazit
Systeme zur dezentralen Erwärmung von Trinkwasser bieten nach aktuellem Kenntnisstand keine hygienische Sicherheit per se. Im Gegensatz zu zentralen Versorgungssystemen mit PWH gibt es für dezentrale Trinkwassererwärmer auch keine Regelungen zu ihrem hygienisch sicheren Betrieb. Im Gegensatz dazu wird die konstante Temperatur von ≥ 55 °C im Warmwasser zentraler Trinkwassererwärmer als wichtiger Prädiktor für das Vorkommen von Legionella pneumophila [3, 12, 13] gesehen.
Ein regelmäßiger, hinreichender Wasseraustausch und die hygienegerechte sichere Temperaturhaltung in Warm- und Kaltwasserintallationen (≥ 55 °C und ≤ 25 °C) gehören aber trotzdem weiterhin zu den nicht verhandelbaren Anforderungen an jede hygienegerechte Auslegung einer Trinkwasser-Installation, um gesundheitsgefährdendes Legionellenwachstum zu verhindern und damit den § 1 der TrinkwV zu erfüllen. Die Probennahmepflicht für zentrale aber auch dezentrale Trinkwassererwärmungsanlagen gilt allgemein nicht nur im Rahmen der Trinkwasserverordnung.•