Mehr Aussteller, mehr Besucher, mehr Vorträge, mehr Zuversicht: Die Geothermie zählt zu den Gewinnern des Wärmeplanungsgesetzes. Die Schwerpunkte verschieben sich allerdings in Richtung mitteltiefe und tiefe Geothermieanlagen, oft auch mit den Varianten Aquiferspeicher und Pendelspeicher. Die typische Erdwärmesonden-Wärmepumpenanlage kleinerer Leistung steht weiterhin im harten Wettbewerb mit preisattraktiven Luft/Wasser-Wärmepumpen. Eindrücke von der Geotherm Expo & Congress in Offenburg.
Der Artikel kompakt zusammengefasst
■ Das Potenzial geothermischer Energienutzung in allen Tiefen ist bisher nur zu einem Bruchteil erschlossen. Die kommunale Wärmeplanung könnte dies insbesondere für leitungsgebundene Wärme ändern.
■ Neben diesem gesetzlichen Rahmen sprechen auch besser verfügbare Daten, Erfahrungen aus bestehenden Anlagen sowie neuartige Konzepte und die Vorteile von Wärmerückführung und Regeneration für diesen Trend.
■ Bei Erdwärmesonden bleibt eine dauerhaft geringe vertikale hydraulische Systemdurchlässigkeit eine Herausforderung, die bis in die Betriebsführung hinreicht. Der aktuelle Stand des Wissens dürfte auch zu einem Wandel bei den Sondenrohren führen.
■ Ein weiterer Trend sind Multiquellensysteme, die die Vorteile unterschiedlicher Wärmequellen im Jahresverlauf kombinieren.
Die Geothermiebranche ist dabei, sich neu aufzustellen. Hintergrund sind die aus dem Bestand an geothermischen Anlagen gewonnenen Erfahrungen bei der Qualitätsverbesserung rund um das Bohrloch sowie die veränderten energiepolitischen Rahmenbedingungen. Mittelfristig könnte das Wärmeplanungsgesetz der Branche einen entscheidenden Impuls geben, denn mit dem Ausbau auf Geothermie basierender Nah- und Fernwärmeanlagen vereinfacht sich die Dekarbonisierung des Gebäudebestands ganz erheblich.
Die geothermische Eignung eines Standorts lässt sich mit dem quasi barrierefreien Zugang zu den landes- und bundesweiten geologischen Daten im Abgleich mit den vorhandenen Oberflächendaten zum Gebäudewärmebedarf künftig auch für Nicht-Geologen per Mausklick abrufen. In einem nächsten Schritt könnte die Robotisierung der Bohrverfahren entscheidende Impulse zur Kostensenkung beitragen. Schon ist vom schlafenden Riesen die Rede, der bereits am Erwachen sei.
Ob die Einzelsonde für die Wärmepumpe eines Einfamilienhauses davon profitieren wird, bleibt abzuwarten. Allgemein geht die Entwicklung in der oberflächennahen Geothermie hin zu größeren Sondenfeldern, geothermischen Pendelspeichern und saisonalen Aquiferspeichern.
Bundesweit einheitliche Karten zur oberflächennahen Geothermie
„Daten zum Potenzial der oberflächennahen Geothermie fehlen bislang weitgehend“, sagt Dr. Thomas Agemar vom Leipniz-Institut für Angewandte Geophysik, Hannover. Er begründet dies damit, dass die geologischen Daten zur oberflächennahen Geothermie bislang Ländersache sind und diese von den jeweiligen Behörden eigenständig erhoben und herausgegeben werden. Im Gegensatz dazu stehen die Daten über die Tiefengeothermie seit 2007 bundesweit über das geothermische Informationssystem GeotIS als virtueller Geothermie-Atlas im Internet zur Verfügung.
Künftig werden im Rahmen des Forschungsvorhabens „WärmeGut“ auch die Daten der oberflächennahen Geothermie einheitlich aufbereitet und zentral in einer Datenbank – auch als 3D-Temperaturmodell – zur Verfügung stehen, bekräftigt Agemar. Bei dieser Gelegenheit sollen auch noch vorhandene Datenlücken geschlossen werden.
Um die Ermittlung des geothermischen Potenzials zu vereinfachen, sollen auch Oberflächendaten zum Wärmebedarf implementiert werden. In Zusammenarbeit mit der Hochschule Biberach werde zudem eine neue Funktion hinzugefügt, mit der es möglich sei, das Erdwärmepotenzial von Sondenfeldern interaktiv für verschiedene Konfigurationen zu berechnen.
Im Hinblick auf die überaus erfolgreichen Projekte mitteltiefer Geothermieanlagen in den Niederlanden sollen auch Daten aus dieser Geothermiesparte künftig wissenschaftlich aufbereitet und einheitlich zur Verfügung gestellt werden, so Agemar. Ziel dieser Vereinheitlichung sei die Ansprache neuer Nutzergruppen mit wenigen oder gar keinen Fachkenntnissen. Die Bedienung soll möglichst einfach und interaktiv sein, damit jeder Interessierte mit wenigen Mausklicks die Eignung eines Standorts für die geothermische Nutzungsvarianten tief, mitteltief und oberflächennah abrufen kann, inklusive geothermischer Bewertung des Standorts auf einer Skala von 1 (erfüllt nicht die Mindestanforderungen) bis 6 (erfüllt Mindestanforderungen 6-fach).
Mit Wärmerückführung die thermische Ergiebigkeit langfristig absichern
Es ist kein Geheimnis, dass Sondenfelder über die Zeit der Nutzung auskühlen und damit die Effizienz der Anlage gemindert wird. Allgemein gilt, je tiefer die Sonde und je geringer der Abstand zwischen den Sonden, desto schneller kühlt das Erdreich aus. Im Extremfall vereist das Sondenfeld. Der Betrieb der Wärmepumpenanlage wird dadurch immer unwirtschaftlicher.
Besonders wichtig ist die Sicherstellung einer langfristigen thermischen Ergiebigkeit bei der Nutzung der oberflächennahen Geothermie im Zusammenhang mit der Transformation bzw. Dekarbonisierung bestehender Wärmenetze, die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) bis 2045 zu attraktiven Konditionen über die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) gefördert werden.
David Kuntz und Florian Schwinghammer von GeoAlto, Rottenburg am Neckar, haben dazu in den letzten Jahren verschiedene standortbezogene Potenzialanalysen für Erdwärmesonden (EWS) bzw. für Brunnen- und Grundwasser zur Nutzung oberflächennaher Geothermie für die Dekarbonisierung von Fernwärmenetzen durchgeführt. Neben dem Bereich Wärmerückführung / Regeneration von Sonden / Sondenfeldern setzt das Unternehmen auf die simulationsgestützte Betriebsprognose, die auf der Basis verfügbarer geologischer Daten unter anderem den Sondenabstand, die Sondentiefe, die voraussichtlichen Vollbenutzungsstunden, die Spitzenlast sowie Wärmerückführstrategien berücksichtigt.
Auch die Nutzung des EWS-Felds als saisonaler Pendelspeicher für die Versorgung mit Wärme und Kälte lasse sich damit simulieren. Kuntz warnt davor, Erdwärmesonden ohne Wärmerückführung zu betreiben, denn über die Jahre gehe der COP der Wärmepumpe aufgrund der Auskühlung des Erdreichs kontinuierlich zurück. Oft sei es wirtschaftlicher, ganz auf EWS-Felder zu verzichten und stattdessen Grundwasser als Wärmequelle zu nutzen. Neben den rechtlichen Randbedingungen und Einflussfaktoren bewertet GeoAlto auch den Erschließungsaufwand und mögliche Konflikte aufgrund der aktuellen Landnutzung.
Starke Temperaturwechsel beeinflussen die Systemdurchlässigkeit
Oft sind es unscheinbare Details, die die vertikale hydraulische Systemdurchlässigkeit eines Erdwärmesonden-Bauwerks beeinflussen. Da in ausgeführten Sonden relevante Messungen zu den Eigenschaften von Hinterfüllbaustoffen, Frost-Tau-Wechsel, Temperatursprüngen des Fluids sowie zum Einfluss von Druckunterschieden bei der Verfüllung nicht messbar sind, hat das ZAE Bayern, München, im Rahmen des Verbundprojekts „Qualitätssteigerung oberflächennaher Geothermiesysteme (QEWSplus)“ die Versuchsstände und Messverfahren weiterentwickelt.
Dadurch ist es möglich, unterschiedliche Baustoff- und Sondenkontingente im Labor auf ihren Einfluss auf die Systemdurchlässigkeit reproduzierbar zu überprüfen. Micha Pinnekamp stellte die Ergebnisse des ZAE-Teams vor und trifft folgende Aussagen:
● starke Temperaturwechsel der Sondenflüssigkeit haben einen bedeutenden Einfluss auf die Sondenrohre und damit auch auf die Systemdurchlässigkeit
● wenn Sondenrohre besonders stark auskühlen und dadurch kontrahieren, besteht die Gefahr, dass behördliche Auflagen zur Systemdurchlässigkeit nicht mehr erfüllt werden
● die meist eingesetzten PE-Sondenrohre neigen bei starker Abkühlung zum Schrumpfen, was die Ringspaltbildung begünstigt
● Wellrohrsonden haben gegenüber U-Rohrsonden ein günstigeres Temperaturverhalten
● die Systemdichtigkeit von Edelstahlrohren ist anfänglich gewährleistet, sie neigen aber nach Frost-Tau-Wechseln zur Undichtigkeit
● tonbasierende Verfüllbaustoffe sind „extrem undurchlässig“, auch nach Frost-Tau-Wechseln
● liegen die Sondenrohre am Rand der Verfüllung, kann keine Garantie für die Systemdichtigkeit übernommen werden
Nachteil dieser Versuchsanordnung sei, dass der Einfluss des Gebirges auf die Sonde nicht erfasst werden kann. Dazu liefert jedoch das nachfolgend beschriebene Projekt von Solites weitere Hinweise.
Erkenntnisse aus realen, wieder freigelegten Erdwärmesonden
Verbundvorhaben rund um die Qualitätssicherung und Qualitätssteigerung von Erdwärmesonden begleiten die Geotherm von Anfang an – eine offensichtlich unendliche Geschichte. Jetzt ist Yannick Reduth von Solites, Stuttgart, und seinem Team ein Coup gelungen, der den Verfüllvorgang und das tatsächliche Erscheinungsbild von EWS im Untergrund in einem neuen Licht erscheinen lässt und damit wichtige Erkenntnisse für künftige Verfüllstrategien und Verfüllmaterialien liefert. Die wichtigsten Erkenntnisse aus dem QEWSplus-Gemeinschaftsprojekt:
● der Verfüllbaustoff gibt das Anmachwasser während und nach dem Verfüllvorgang in signifikanten Mengen an den Untergrund ab. Diese Wasserabgabe, genannt Filtration, ändert die Eigenschaften des Verfüllbaustoffes – je nach hydraulischer Durchlässigkeit – teils erheblich
● anhand von realen, wieder freigelegten Erdwärmesonden, wurden teils erheblich abweichende Bohrlochgeometrien festgestellt
● bei Schichtübergängen im Erdreich wurden Lunker festgestellt
● Druckstöße beim Verfüllen können schirmartige Ausprägungen im Verfüllmaterial hervorrufen, insbesondere beim Übergang vom verrohrten zum nichtverrohrten Bereich.
Die Ergebnisse stammen sowohl aus einem Filtrationsversuchsstand als auch aus acht real niedergebrachten EWS in einem Steinbruch. Nach einer Standzeit von einem Jahr wurden die unterschiedlich verfüllten bzw. unterschiedlichen Sondenbauformen (Doppel-U, Wellrohr, mit und ohne Abstandshalter) lageweise freigelegt und unbeschädigt geborgen (Bild 2).
Neben der visuellen Prüfung wurden die rückgebauten Sondenabschnitte analog zu den Filtrationsversuchen (Prüfstand) auf Dichte, Wassergehalt, Wärmeleitfähigkeit und Wärmekapazität untersucht. Dabei zeigte sich, dass die wesentlichen Änderungen der Baustoffeigenschaften mit den Filtrationsversuchen übereinstimmen. Alle freigelegten EWS entsprechen in ihrer Verfüllqualität den in Baden-Württemberg vorgegebenen Qualitätskriterien (Bild 3).
Erdwärmesonden automatisiert prüfen
EWS-Bohrungen, das Installieren der Erdwärmesonden und die anschließende Verfüllung gehören zu den risikoreichsten Arbeiten bei einer EWS-Wärmepumpenanlage. Auftraggeber und Auftragnehmer wollen deshalb sicher gehen, dass Erdwärmesonden den gängigen Normen entsprechen. Nach den Geländehebungen in Staufen im Breisgau im Jahr 2007 (ca. 50 Mio. Euro Schadenssumme, bei weiter steigenden Gebäudeschäden) und an anderen Orten sind potenzielle Anwender gegenüber EWS-Wärmepumpenanlagen nach wie vor zurückhaltend. Ihr Anteil lag zuletzt mit etwa 26 000 Anlagen bei nur etwa 7 % des jährlichen Absatzes an Wärmepumpen in Deutschland. Um Vertrauen in diese Technologie zurückzugewinnen, muss die Qualität rund um das Bohrloch weiter verbessert werden, so der allgemeine Tenor auf der Veranstaltung.
„Der Markt verlangt nach geprüft eingebauten Erdwärmesonden“, konstatiert Ernst Rohner, Engeo, Arnegg (Schweiz). Die Erfahrungen rund um das Bohrloch haben zu einer Revision der Norm SIA 384/6 „Erdwärmesonden“ geführt, die unter anderem auch Fragen der Definition des Auslegungszeitraums (Einfluss künftiger Erdwärmesonden in der Umgebung, aktive Regeneration) sowie eines aktualisierten Prüfverfahrens berücksichtigt. Grob gesagt soll bei jeder EWS-Bohrung der Hinterfüllungsvorgang der Erdwärmesonden elektronisch erfasst und ausgewertet werden.
Um die oft sehr komplexen Zusammenhänge zwischen Bohrloch, Hinterfüllungsmaterial (Typ und Volumen), Sondentypen, Sondenmaterial sowie Sondentiefe in den Griff zu bekommen, hat Engeo den Prüfautomaten H-EP (Hinterfüllungs- und Erdwärmesonden-Prüfgerät, Bild 4) entwickelt. Damit sei eine normkonforme Prüfung der eingebauten Erdwärmesonde möglich, so Rohner. Mehr noch: Der Prüfautomat unterstützt den Benutzer auf dem graphischen Display; Vorkenntnisse seien nicht erforderlich, auch ein Fernzugriff am Gerät durch externe qualifizierte Mitarbeiter sei möglich.
Zeitgleich erstellt und bewertet das Gerät Protokolle und versendet diese optional direkt ab Baustelle fälschungssicher und mit GPS-Koordinaten des Messortes. Peter Hubacher von Hubacher Engineering, bekannt als Schweizerischer Wärmepumpen-Doktor, lobt das Gerät in seinem Testbericht als „geniale Erfindung“. Sämtliche nach SIA-Norm 384/6 vorgegebene Vorgänge seien mit diesem Gerät „in hoher Qualität kontrollierbar“, so Hubacher.
Grundwasser beeinflusst Enhanced Thermal Response Test
„Wer misst, misst Mist“. Diese alte Volksweisheit hat gerade – oder mal wieder – in der oberflächennahen Geothermie ihre Bestätigung gefunden. Aber der Reihe nach: Im Rahmen des QEWSplus-Verbundvorhabens zur Qualitätssicherung und Qualitätssteigerung oberflächennaher geothermischer Systeme wurden vom Projektpartner Karlsruhe Institut für Technologie (KIT) Messungen im Bohrloch durchgeführt.
Es geht um den Enhanced Thermal Response Test (ETRT), bei dem nicht nur die effektive Wärmeleitfähigkeit bestimmt wird, sondern auch ein möglicher Grundwasserfluss, der die Leistung einer Sonde – je nach Fließgeschwindigkeit – mehr oder weniger beeinflusst. Der ETRT unterscheidet sich vom normalen Thermal Response Test (TRT) dadurch, dass zusätzlich ein Heizkabel mit einer definierten Heizleistung in den Untergrund eingebracht wird. Die daraus resultierende Temperaturentwicklung in der Sonde wird über ein Glasfaserkabel bestimmt.
Bekannt ist, dass der Grundwasserfluss die Auswertung der ETRT-Ergebnisse signifikant beeinflusst. Bei Versuchen mit verschiedenen Messmethoden in einem Testfeld mit hoher Grundwasserfließgeschwindigkeit wurden Abweichungen von bis zu 12 % gemessen, berichtet die KIT-Mitarbeiterin Anna Albers. Dabei wurde unter anderem festgestellt, dass von der Länge des oberirdisch verlegten Teils des Heizkabels eine vergleichsweise hohe Messungenauigkeit ausgeht, je nachdem ob das Heizkabel frei liegt oder abgedeckt wird. Diese und andere Erkenntnisse sollen in eine Empfehlung für die Durchführung von ETRT mit einfließen.
Ringrohrsonden mit Vorteilen
Ähnlich wie Solites, KIT, ZAE Bayern und EWS-Tech arbeitet auch die in Freiberg (Sachsen) ansässige BLZ Geotechnik an Projekten zur Qualitätsverbesserung von Erdwärmesonden. Dr.-Ing. Rolf Michael Wagner würdigt die gemeinsamen Anstrengungen der beteiligten Forschungsinstitute mit dem Hinweis, dass die Forschungsarbeiten rund um Erdwärmesonden das Gefährdungspotenzial deutlich reduziert hätten und dadurch die Akzeptanz für die Erdwärmenutzung heute deutlich höher sei.
Dennoch gäbe es beim Verfüllprozess einer Erdwärmesonde immer noch Schwachpunkte, beispielsweise die Rohranordnung im Bohrloch, das Anbringen von Abstandshalter oder Zentralisatoren, die zu Fehlstellen in der Verfüllsäule führten, sowie die Geschwindigkeit des Verfüllvorgangs und das eingesetzte Verfüllmaterial. Wichtig sei, dass sich der Verfüllbaustoff beim Verfüllvorgang nicht entmische, da sonst die geforderte geringe Systemdurchlässigkeit nicht erreicht werde.
Dazu gehöre auch eine vollständige Verdrängung der Bohrspülung durch die Suspension, die durch den Einbau von Abstandshaltern nicht immer gewährleistet werden könne. Eine zu schnelle Verfüllung des Bohrlochs führe zu Turbulenzen und damit zu einer ungleichmäßigen Verfüllung.
Gute Erfahrungen habe man mit dem momentan noch nicht sehr stark verbreiteten Sondentyp „Ringrohrsonde“ (Bild 5) gemacht. Hierbei werde eine veränderte Einbau- und Verfülltechnologie genutzt, die erweiterte Möglichkeiten der Positionierung der Sondenrohre und der Abdichtung böte. Insbesondere die Anordnung der Rohre innerhalb eines durchlässigen Gewebeschlauchs führe zu besseren Verfüllergebnissen.
Regeneration von EWS-Feldern über Luft/Sole-Wärmeübertrager
Obwohl das Ende der Lernkurve rund um EWS noch nicht erreicht ist, gilt die Wärmequelle „Untergrund“ in Fachkreisen wegen der stabilen Temperatur im Erdreich – gerade bei extrem tiefen Außentemperaturen – als hocheffizient und robust. Allerdings gibt es Einschränkungen durch die Bohrtiefe und bei der zur Verfügung stehenden Fläche für die Anordnung von Erdwärmesonden. Auch zeigen sich im Langzeitbetrieb oftmals gewisse Leistungseinbußen durch eine zu hohe Entnahmeleistung im Heizbetrieb.
Kathrin Singer von tewag, Regensburg, empfiehlt deshalb eine Kombination von oberflächennaher Geothermie und weiteren Umweltquellen wie Luft oder Abwärme. Damit könne einerseits der Untergrund regeneriert werden, andererseits bestehe die Option, die jeweils höhere Quellentemperatur für den Wärmepumpenbetrieb zu nutzen. Besonders wichtig sei die Regeneration bei großen EWS-Feldern mit einer hohen Entzugsleistung im Winter und nur wenig natürlicher Regeneration über das Jahr.
Singer: „Durch eine gezielte Einbindung von Solarthermieanlagen, Luft/Sole-Wärmeübertragern und / oder Trockenkühlern könnten bis zu 35 % an Antriebsenergie für die Wärmepumpe eingespart werden.“ Im Idealfall sollte bei EWS-Feldern die zweite Wärmequelle von Anfang an eingeplant werden, weil dadurch auch teure Bohrmeter entfallen.
Am Beispiel einer Quartiersversorgung mit 168 Erdwärmesonden in Verbindung mit einem Luftkühler lieferte Singer den Nachweis, dass mit der Einbindung einer externen Wärmequelle rund 50 % der Netto-Investitionskosten (bezogen auf die Wärmequelle) und rund 30 % an Heizkosten über einen Zeitraum von 25 Jahren eingespart werden kann.
Der Markt habe auf den Trend zu Multiquellen-Wärmepumpenanlagen bereits reagiert und biete fertige Zusatzmodule für Sole-Wärmepumpen an, beispielsweise den Terra-Booster (Bild 6) von ATF, Schönaich. In jedem Fall sollten EWS-Anlagen im Heiz- und Kühlbetrieb gefahren werden; das wäre die einfachste Möglichkeit der Regeneration des Untergrunds.
Erdkollektoren mit Energiezaun bilden einen Pendelspeicher
Dass die Nutzung der Erdwärme auch ohne tiefe Bohrungen funktioniert, verdeutlichen Projekte von GeoCollect, Chemnitz, auf der Basis oberflächennaher Erdwärmekollektoren. In mehr als 1000 Anlagen habe dieses Konzept seine Leistungs- und Funktionsfähigkeit bewiesen, so Vertriebsleiter Volkmar Frotscher. Er sieht in Multiquellensystemen eine Möglichkeit, mit weniger Grundfläche höhere Leistungen zu erreichen.
Am Beispiel eines realisierten Projektes in Lüneburg erklärt Frotscher, dass durch eine Kombination von GeoCollect-Erdwärmekollektoren und Energiezaun eine nahezu 100 % erneuerbare Energieversorgung auch im nicht sanierten Gebäudebestand möglich ist. Im vorliegenden Fall wurden die Erdkollektoren so angeordnet und verschaltet, dass ein leistungsfähiger Pendelspeicher entsteht. Auch PVT-Kollektoren oder thermische Solarkollektoren könnten in ein solches System eingebunden werden (Bild 7).
Wichtig bei Anlagen dieser Größenordnung seien eine sorgfältige Planung der Hydraulik (Tichelmann, innovative Hydraulikmodule) und ein temperaturgeführtes Quellenmanagement. Der Vorteil gegenüber Luft/Wasser-Wärmepumpen seien durchschnittliche Jahresarbeitszahlen zwischen 4,6 und 5,6, keine optische und akustische Belästigung sowie eine nahezu kostenlose sommerliche Gebäudetemperierung.
Sondenfelder aktiv regenerieren
Berechnungen und Erfahrungen mit Einzelsonden können nicht einfach auf Sondenfelder übertragen werden. Besonders im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung seien solide Lösungen auf sicherer Grundlage gefragt, betont Prof. Dr.-Ing. Frieder Häfner, TU Bergakademie Freiberg, in seinem Vortrag „Effizienter Betrieb von EWS-Feldern und ihre aktive Regeneration“. Wichtig sei der Nachweis einer nachhaltigen Wärmeentnahme aus dem Erdreich über den Lebenszyklus des EWS-Felds, mindestens aber für einen Zeitraum von 50 Jahren.
Häfner empfiehlt dazu die Software ModThermWg / ModGeo3D, mit der verschiedene Szenarien numerisch simuliert werden können, beispielsweise die Bauart von Sonden und deren Anordnung im Erdreich sowie verschiedene Regenerationsvarianten (Bild 8). Wichtig sei, dafür genügend Fremdwärme zur Verfügung zu stellen, beispielsweise die Abwärme von RLT-Anlagen, von Luft/Wasser-Wärmeübertragern oder von hybriden Solarpaneelen (PVT-Kollektoren). Diese Bauart liefere nicht nur erhebliche Wärmemengen, sondern auch Strom für die Wärmepumpe und für die Regeneration (Solepumpe).
Von einem Sondenfeld unter einer Gebäudegrundplatte rät Häfner ab, da dann die natürliche Regeneration in der oberen Erdschicht unterbrochen werde. Wichtig für die Regeneration sei auch der Sondenabstand, der maßgeblich die Dauerleistung des EWS-Felds beeinflusse. Um die Baukosten für das EWS-Feld gering zu halten empfiehlt Häfner den Einsatz von Ringrohrsonden. Je nach Regenerationsgrad könnten damit gegenüber den allgemein gebräuchlichen Doppel-U-Sonden bis zu 40 % der Baukosten eingespart werden. In jedem Fall sollte der Fokus der Planung auf einer möglichst hohen Wärmepumpen-Rücklauftemperatur (= Sonden-Vorlauftemperatur) liegen, die im Idealfall zwischen 5 und 8 °C betrage. Zusammen mit einer hohen Regenerationsrate könnten damit Jahresarbeitszahlen von mehr als 4,5 erreicht werden.
Thermische Aquiferspeicher sind wirtschaftlicher als EWS-Felder
Für die erfolgreiche Umsetzung der Wärmewende bedarf es nicht nur Wärmepumpen großer Leistung, sondern auch von ausreichend dimensionierten, möglichst saisonalen thermischen Speichern. Immer dann, wenn große Heizleistungen (im Winter) und Kühlleistungen (im Sommer) gefragt sind, könnte es sich lohnen, das überaus große energetische Potenzial von thermischen Aquiferspeichern, sogenannten ATES – Aquifer Thermal Energy Storage – anzuzapfen (Bild 9). Forscher des KIT sehen darin eine Schlüsseltechnologie im Kontext der Wärmewende.
Im Vergleich zur konventionellen Wärme- und Kältegewinnung mittels fossiler Energieträger könnten mit ATES-Systemen bis zu 75 % an Treibhausgasemissionen vermieden werden, so Ruben Stemmle vom KIT. Für ein klassisches ATES-System werden zwei Bohrungen (Dublette) benötigt: Während der Sommermonate wird das Gebäude mittels Grundwasser aus Tiefen zwischen 15 und 50 m gekühlt und das erwärmte Wasser wieder in den Grundwasserleiter zurückgeführt. In den Wintermonaten wird diese eingespeicherte Wärme als Wärmequelle für eine Wärmepumpe zum Heizen genutzt, wobei das abgekühlte Medium wieder in den Grundwasserleiter zurückgepumpt wird.
Durch die Nutzung von ATES-Systemen könnte die Treibhausneutralität in Deutschland bis zum Jahr 2045 erreicht werden, so eine KIT-Studie. Demnach eignet sich rund 54 % der Fläche in Deutschland gut bis sehr gut für die Speicherung von Niedertemperaturwärme im Erdreich. Meist entscheide der sommerliche Kühlbedarf die Wirtschaftlichkeit eines ATES. Je größer der Untergrundspeicher, desto wirtschaftlicher sei die Investition, so Stemmle. Schon ab etwa 100 kW Heiz-/Kühlbedarf seien ATES-Systeme kosteneffizienter als Erdwärmesonden.
ATES haben sich in den Niederlanden bereits zu einer Art Standard für die Beheizung und Kühlung von Gewächshäusern entwickelt. Dort sind bereits mehr als 3000 ATES-Speicher installiert. In Deutschland erschweren legislative, regulatorische und sozio-ökonomische Barrieren den Markteinstieg, so Stemmle.
Mitteltiefe Geothermie für Wärmepumpen mit BHKW-Booster
Eigentlich hatte Hamburger Energie Geothermie (HEGeo) ihre Bohrdublette als Tiefenbohrung geplant, doch eine zu geringe Mächtigkeit des ursprünglichen Reservoirs erforderte eine Umplanung noch bei laufendem Projekt. Da man bereits in einer Tiefe von 1300 m auf einen mitteltiefen Sandsteinhorizont mit zufriedenstellendem Zufluss (140 m3/h) und einer Wassertemperatur von 48 °C stieß, wurde eine zweite, abgelenkte Bohrung niedergebracht und verfiltert.
Carsten Hansen von der HEGeo erklärt das nun geänderte Nutzungskonzept so: Um die geforderte Heizwassertemperatur von 75 bis 85 °C für eine Fernwärme-Quartiersversorgung zu erreichen, ist ein mehrstufiger Wärmepumpenprozess in Verbindung mit einem BHKW nötig. Das BHKW liefert dazu den Strom für die Wärmepumpe und übernimmt die Nacherwärmung des Heizwassers. Erreicht wird dadurch eine Heizleistung von 6 MW, ausreichend für etwa 6000 Haushalte. Das Projekt ist Bestandteil des Gesamtprojekts „IW3, Integrierte Wärmewende Wilhelmsburg“ und wird als eines der Reallabore der Energiewende vom Projektträger Jülich gefördert.
Mitteltiefe Geothermie in Potsdam
Auch die Stadt Potsdam sieht in der mitteltiefen Geothermie eine Lösung, die fossilen Energieträger von Fernwärmesystemen durch die Nutzung geothermischer Potenziale zu ersetzen. Sven Fuchs, GFZ Potsdam, lokalisierte in den mitteltief angeordneten salzwasserführenden Aquiferen (1000 – 1500 m tief) ein ausreichend hohes geothermisches Potenzial zur Bereitstellung von „grüner Fernwärme“.
Die Auswertung einer Dublettenbohrung im Stadtgebiet von Potsdam – Thermalwasser mit 43 bis 48 °C – deute darauf hin, dass eine kommerzielle Nutzung möglich ist. Voraussetzung ist eine Hochtemperatur-Wärmepumpe, um die umliegenden bestehenden Wohngebäude mit der entsprechend hohen Vorlauftemperatur zu versorgen.
Fazit
Die gestiegene Anzahl an Ausstellern (241, Vorjahr 160), Besuchern (6509, im Vorjahr 4982) und Vorträgen (56, im Vorjahr 38) der Geotherm 2024 sowie die optimistischen Ergebnisse der Referenten lassen vermuten, dass sich dieser Markt künftig sehr dynamisch entwickeln wird. Dabei geht der Trend weg von der Einzelsonde hin zu Sondenfeldern und weiter zu Nieder-Temperatur-Aquiferspeichern, deren Wärme- und Kältepotenzial über Großwärmepumpen erschlossen wird.
Wichtige Impulse für den Wachstumsmarkt oberflächennahe Geothermie kommen von den zahlreichen wissenschaftlichen Untersuchungen im Zusammenhang mit der Qualitätssicherung am Bohrloch sowie von den sich verändernden energiepolitischen Rahmenbedingungen. Insbesondere das Wärmeplanungsgesetz für klimaneutrale Fernwärme biete neue Perspektiven für die oberflächennahe, mitteltiefe und tiefe Geothermie mit einem starken Akzent auf ATES-Systeme.
Interessant wird sein, ob der von Borobotics entwickelte langsam arbeitende und damit lautlose Bohrroboter den Weg in die Praxis findet und in wieweit diese Bohrtechnologie zur Kostensenkung beiträgt.
Entwicklungen in der oberflächennahen Geothermie
Großes Marktpotenzial für Eisfreihaltungssysteme: Systeme zur Eisfreihaltung, beispielsweise von Rampen, Auffahrten, Fußwegen, Dächern, Parkplätzen, Landebahnen, Sportanlagen und anderen Anwendungen werden meist mit Strom über elektrische Widerstandsheizungen beheizt. Im Verbundvorhaben GERDI (Förderkennzeichen 03ETW001D) wurde ein Verfahren entwickelt, das mittels einer direkt gekoppelten CO2-Erdwärmesonde ausschließlich Erdwärme nutzt. Durch die Einbindung eines Zweiphasen-Thermosyphons kann auf eine Umwälzpumpe verzichtet werden, d. h. der Antrieb erfolgt rein thermisch. Ansprechpartner für das Projekt sind Lars Staudacher und Georg Mederl vom ZAE Bayern. Laut Zion Market Research wurden in Deutschland 2023 Eisfreihaltungssysteme mit einem Marktvolumen von 490 Mio. Euro verbaut; 2026 soll das Volumen 580 Mio. Euro erreichen.
Erdwärmepumpen für bestehende Fernwärmenetze: Die Dekarbonisierung bestehender Hochtemperatur-Fernwärmenetze sind ein wichtiger Bestandteil der Wärmewende. Mit den Forschungsvorhaben HeatSHIFT (Hochschule Kempten, Fernwärmeversorgung Ulm, ZAK Energie, AGFW, Siemens Energy und ecop Technologies) sollen Lösungen für die optimale Einbindung von Wärmepumpen in bestehende, oft über 120 °C heiße Fernwärmenetze unter Einsatz von Abwärme und saisonal zwischengespeicherter Überschusswärme gefunden werden. Die Hochschule Biberach, Institut für Gebäude- und Energiesysteme, erstellt dabei ein Modell für einen saisonalen EWS-Speicher, welches in die kommerzielle Kraftwerks-Simulationsumgebung „EBSI-LON Professionell“ integriert wird. Ziel ist es, die konventionellen Hochtemperatur-Wärmenetze möglichst lange weiter betreiben zu können.
Bohrroboter statt Bohrturm: Konventionelle Bohrverfahren für Erdwärmesonden sind sehr energieintensiv, ungenau, verursachen Lärm und können zu Schäden an Gebäuden, Gärten und der Landschaft führen, sagt Hans-Jörg Dennig, Institute of Product Development and Production Technologies (IPP), an der Züricher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). Gerade deshalb käme die oberflächennahe Geothermie nur schleppend voran bzw. andere Heizungsarten würden bevorzugt. Dennig und sein Team sind zuversichtlich, dass ihr neues Bohrverfahren ein Game Changer sein wird, denn der von ihnen entwickelte innovative Bohrroboter benötigt weder ein Bohrgestänge, noch ein Raupenfahrzeug, noch größere Gerätschaften wie bei konventionellen Bohrverfahren. Durch die autonome und energieeffiziente Arbeitsweise werden auch die Erstellungskosten gesenkt, so die Theorie. Derzeit wird der Grabowski genannte Bohrroboter (Bild 10) in Ton-, Sand- und Lockergestein getestet. Ziel ist eine maximale Bohrtiefe von 250 m. Auf der Basis der bisherigen Ergebnisse wurde das Spin-off Borobotics gegründet (www.borobotics.ch), welches die Kommerzialisierung des Produkts übernimmt. Das Unternehmen geht davon aus, dass der innovative Bohrroboter der oberflächennahen Geothermie neue Impulse verleihen wird. Bis 2035 könnten auf diese Weise in der Schweiz und in Deutschland rund 3,2 Mio. EWS-Wärmepumpenanlagen installiert werden, so die Prognose von Borobotics.
Geothermisch aktivierte Gründungselemente: Mit der Umsetzung des Gebäudeenergiegesetzes wächst nach Ansicht von Bauer Resources das Interesse an geothermisch aktivierten Fundamentplatten und Energiewänden (Bild 1). Dies gelte insbesondere für Regionen mit enger Bebauung und Bohrtiefenbegrenzung. Zur Absicherung der Leistungsfähigkeit dieser Art von Geothermie hat Bauer einen speziellen Thermal Response Test (TRT) entwickelt, wobei das Unternehmen eigens dafür eine numerische Berechnung auf der Basis von wissenschaftlich bestätigten Algorithmen einsetzt. Diese Art der Berechnung von geothermischen Fundamentgründungen sei deutlich schneller als rein numerische Methoden. Auch sei eine hinlänglich genaue Abschätzung eventueller thermischer Einflüsse von Nachbargrundstücken möglich.
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