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Heizungswende / Energieberatung 2.0

Auslegung von Wärmepumpen über Jahresverbrauchsdaten

Bild 1 Mit den Angaben eines Energieausweises nach dem erfassten Energieverbrauch kann eine Wärmepumpe einfach und zielgenau ausgelegt werden.

Jagnow

Bild 1 Mit den Angaben eines Energieausweises nach dem erfassten Energieverbrauch kann eine Wärmepumpe einfach und zielgenau ausgelegt werden.

Das im Folgenden vorgestellte Rechenbeispiel zeigt die Vorgehensweise für die Auslegung einer bivalent betriebenen Wärmepumpe auf der Basis von Jahresverbrauchsdaten anstelle einer Norm-Heizlastberechnung.

Der Artikel kompakt zusammengefasst
Mit Verbrauchsdaten aus Energieausweisen und ihrer „Übersetzung“ in eine Gebäudekennlinie mit dem Exceltool „Standardbilanz für Wohngebäude“ können Heizungs-Wärmepumpen nach mehreren Aspekten optimiert ausgelegt werden.
Für eine grafische Auslegung von Wärmepumpen gibt es zwar zahlreiche Beschreibungen, die erforderlichen Herstellerdiagramme stehen allerdings gar nicht zur Verfügung.
■ Eine knappe und in die Zukunft blickende Auslegung bivalent betriebener Wärmepumpen bietet mehrere Vorteile. Mit einer vorherigen Verbrauchsaufzeichnung lassen sich nachfolgend die Investitionskosten verringern.
 

 „Zweifellos ist die Wärmepumpe aktueller denn je und hat unter dem Eindruck der Energieverknappung und der Energiepreisentwicklung einen Stellenwert erhalten, den [ihr] vor wenigen Jahren nur wenige einzuräumen gewagt hätten. Neue Verfahren – oder besser gesagt, die Neu- und Weiterentwicklung des ‚alten‘ Verfahrens der Wärmepumpe – bringen zunächst einmal Unruhe und teilweise auch Verwirrung, da viele mit Problemen konfrontiert werden und sich zunächst einarbeiten müssen.“

Dieses Zitat stammt nicht aus einer aktuellen Meldung, sondern aus dem Vorwort des Fachbuchs „Wärmepumpen – Grundlagen und Praxis“ von 1977 der Autoren Hans Ludwig von Cube und Fritz Steimle [1]. Aber: Nach zwei Ölpreiskrisen 1973 sowie 1979 bis 1983 verharrten die realen Gas- und Ölpreise mehr als drei Jahrzehnte auf einem weitgehend konstanten und niedrigen Niveau. Die prognostizierte Unruhe hielt sich somit in Grenzen.

Trotzdem gilt bis heute – also fünfzig Jahre nach der ersten Ölpreiskrise – weiterhin die Faustformel: „Die Preise fossiler Energieträger haben sich im Mittel der letzten fünfzig Jahre jedes Jahrzehnt verdoppelt; was einer mittleren jährlichen Preissteigerungsrate von etwa 7,2 % entspricht.

Um den notwendigen und beschleunigten Ausbau von Wärmepumpen in den nächsten Jahren zu unterstützen, kann wie nachfolgend beispielhaft beschrieben, mit geringem Aufwand auf Verbrauchsauswertungen der letzten drei Jahre zurückgegriffen werden. So, wie sie beispielsweise in Energieverbrauchsausweisen vermieteter Mehrfamilienhäuser vorliegen oder aus alten Öl- und Gasabrechnungen entnommen werden können.

Anwendungsbeispiel und Auslegungsempfehlungen

Ein Mehrfamilienhaus in Braunschweig wird bisher mit einem zentralen Gas-Heizkessel mit Raumwärme versorgt, die Trinkwassererwärmung folgt getrennt über elektrische Durchlauferhitzer in den Wohnungen. Zukünftig soll die Trinkwassererwärmung mit eigenen Trinkwasser-Wärmepumpen oder weiterhin mit elektrischen Durchlauferhitzern dezentral erfolgen und nur für die Raumheizung eine eigene zentrale Luft/Wasser-Wärmepumpe eingesetzt werden.

Getrennte Wärmepumpen – nur für die Raumheizung und nur für die Trinkwassererwärmung – werden von den Autoren grundsätzlich empfohlen. Die Gesamteffizienz im Betrieb wird hierdurch wesentlich erhöht und die Gesamtinvestitionen sind in der Regel vergleichbar. Weiterhin ergibt sich nach der für Planer und Fachhandwerker gleichermaßen sehr gut geeigneten Planungshilfe „Wärmepumpenheizung“ von Nicolas Glaesmann [2] eine wichtige Empfehlungen für eine monoenergetische modulierend betriebene Luft/Wasser-Monoblock-Wärmepumpe im Bivalent-Parallel-Betrieb als die künftig wohl häufigste Wärmepumpenlösung: „Wichtig! Ziel der Auslegung sollte immer sein, dass die Wärmepumpe so wenig wie möglich taktet.“ [2, Seite 168].

Die Empfehlungen und Planungshilfen von Glaesmann haben die Autoren durch eigene Untersuchungen ergänzt und vor allem auf vorhandene unterjährige Verbrauchsmessungen für eine Vielzahl von Ein- und Zwei- sowie Mehrfamilienhäuser mit der 2004 erstmals vorgestellten EAV (Energieanalyse aus dem Verbrauch) [3] und auch auf Jahresverbrauchswerte aus den 2007 über die Energieeinsparverordnung eingeführten Energieverbrauchsausweisen angewandt.

Detailliert berechnete Norm-Heizlast vs. Heizlastverlauf aus Messdaten

Eine Heizlastberechnung nach Norm wird für die Auslegung des Wärmeerzeugers Ergebnisse auf der sehr sicheren Seite liefern: Von den Verlusten am kältesten Tag (am Beispielort bei − 10 °C Außentemperatur) würden keine inneren und solaren Gewinne abgezogen und auch keine Gleichzeitigkeit berücksichtigt, was aber mit zunehmender Größe eines Objekts relevant wird.

Die Heizlastermittlung aus Messdaten hingegen basiert auf einem Heizlastverlauf über der Außentemperatur, der durch die Berücksichtigung von Gewinnen geringer ausfällt. Im gewählten Beispiel liegt die Bruttoheizlast 20 % über der Nettoheizlast. Dies wird durch die Tatsache begründet, dass rechnerisch bis zur Raumtemperatur (hier 20 °C) und nicht wie in der Praxis nur bis zur Heizgrenztemperatur (hier 15 °C) geheizt wird.

GV

Eine für die Nettoheizlast ausgewählte Wärmepumpe wird durch ihre kleinere minimale Heizleistung weniger takten und im maßgeblichen Betriebsbereich höhere Effizienzwerte aufweisen.

Grunddatenermittlung

Für das Mehrfamilienhaus liegen keine monatlichen Verbrauchsdaten für einen exakten Heizlastverlauf vor (vgl. Excel-Tool EAV [3]), jedoch ist ein Energie-Verbrauchsausweis vorhanden. Die Gebäudenutzfläche wurde darin aus dem 0,32-fachen des Bruttovolumens zu AN = 289,8 m2 ermittelt.

Tatsächlich wurde eine realistisch abgeschätzte beheizte Energiebezugsfläche des Gebäudes AEB = 241 m² angesetzt. Dies entspricht der häufig anzutreffenden Abweichung um den Faktor 1,2. Für das Gebäude liegen somit die in Bild 2 aufgeführten Jahresverbrauchswerte vor. Der Warmwasseranteil QW wurde im Energieausweis entsprechend der „Bekanntmachung der Regeln für Energieverbrauchswerte im Wohngebäudebestand“ [4] mit 20 kWh/(m2 ∙ a) angesetzt, wobei hier QW mit AN zu berechnen ist. QW beträgt dann für drei Jahre 17 388 kWh.

Nach Multiplikation der Heizungsanteile mit den jeweiligen Klimafaktoren, geteilt durch 3 Jahre ergibt sich ein Jahresmittelwert für den Wärmeverbrauch von 32 088 kWh/a, was einem Endenergieverbrauch für Heizung QH von 110,7 kWh/(m2 ∙ a) entspricht.

GV

Der Endenergieverbrauch beträgt somit (110,7 + 20) kWh/(m2 ∙ a) = 130,7 kWh/(m2 ∙ a). Der Primärenergieverbrauch beträgt (110,7 ∙ 1,1 + 20 ∙ 1,1) kWh/(m2 ∙ a) = 143,8 kWh/(m2 ∙ a). Der Primärenergiefaktor fP der elektrischen Warmwasserbereitung wird entsprechend der Bekanntmachung [4] fiktiv mit dem fP des wesentlichen Wärmeerzeugers für die Heizung angesetzt, da die Darstellung nur der Vergleichbarkeit mit Anlagen, die Heizung und Warmwasser erzeugen, dient.

Bei Ausreißern in der Dreijahresabrechnung, z. B. wegen größerem Leerstand in einzelnen Jahren, Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie oder der Energiepreisbremse mit Sparappellen, sind entsprechende sinnvoll angenommene Korrekturen vorzunehmen.

Klimafaktoren

Hinweis: Die Klimafaktoren im Energieausweis normieren zur Vergleichbarkeit auf den Referenzort des Energieausweises, d. h. Potsdam. Für andere Standorte wäre eine Witterungskorrektur mit dem Standortklima korrekt. Der erforderliche Korrekturfaktor wäre das Verhältnis der Heizgradtage des lokalen Langzeitklimas (nicht des Potsdamer Klimas) zu den Heizgradtagen im Messzeitraum am Standort des Gebäudes. Sofern die Datenbasis für den korrekten Klimafaktor nicht verfügbar ist, hilft ein Näherungsansatz auf Basis der veröffentlichten Klimafaktoren des DWD.

Statt einer Korrektur mit dem Klimafaktor aus dem Ausweis (im Projekt für die PLZ 38116) wird der Wert für Potsdam verwendet (PLZ 144xx). Dieser Faktor zeigt nur, wieviel wärmer das gewünschte Jahr zum Langzeitklima war – der Standort ist ein Durchlaufposten. Die Faktoren für Potsdam lauten 1,168 (2014), 1,095 (2015) und 1,084 (2016) – statt denen in Bild 2 aus dem Energieausweis. Dieser Ansatz nimmt zur Vereinfachung an, dass die Faktoren für alle Orte in Deutschland proportional gelten.

Bild 2 Verbrauchsdaten der Jahre 2014 bis 2016 aus dem Energieausweis.

Jagnow / Gebhardt / Wolff

Bild 2 Verbrauchsdaten der Jahre 2014 bis 2016 aus dem Energieausweis.

Umrechnung auf den Brennwert und auf die neue Bezugsfläche

Im nächsten Schritt wird der mittlere Wärmeverbrauch für Heizung auf den Brennwert (HS, Faktor 1,11) umgerechnet und der Bezug zur „realen“ zu beheizenden Energiebezugsfläche AEB hergestellt:

QH,HS = 32 088 kWh/a ∙ 1,11 = 35 618 kWh/a

qH,HS = 35 618 kWh/a / 241 m2 = 148 kWh/(m2 ∙ a)

Normheizlast vs. Standardbilanz

Das kostenfreie Excel-Tool „Standardbilanz“ [5] erlaubt eine Einschätzung des Wärmeverbrauchs auf Basis typischer Effizienzmerkmale aus Feldmessungen, jeweils mit und ohne Qualitätssicherung (Hydraulischer Abgleich etc.). Hierzu werden lediglich elf Kenndaten zur Gebäudehülle, Lüftungstechnik, Erzeugung, Verteilung und Solartechnik abgefragt, siehe Bild 3. Dies entspricht einer ersten, vereinfachten Energieberatung 2.0, wie sie beispielsweise von Energieberatern und von den Verbraucherzentralen durchgeführt werden kann.

Bild 3 Excel-Tool Standardbilanz, Blatt „Bil_MFH_mQS“ [5], zur einfachen Ableitung der Gebäudekennlinie.

Jagnow / Wolff

Bild 3 Excel-Tool Standardbilanz, Blatt „Bil_MFH_mQS“ [5], zur einfachen Ableitung der Gebäudekennlinie.

Die Eingaben werden so getätigt, dass einerseits die reale Ausführung berücksichtigt und andererseits eine bestmögliche Annäherung an qH = 148 kWhHs/(m2 ∙ a) erfolgt, ohne dass für alle Einzelbauteilflächen Annahmen über U-Werte und die Flächen getroffen werden müssen. Die Standardbilanz ermittelt mit den gewählten Eingaben mit Qualitätssicherung ein qH = 139,3 kWhHs/(m2 ∙ a), ohne Qualitätssicherung sind es 163 kWhHs/(m2 ∙ a).

Das Tool gibt eine nutzflächen- und temperaturbezogene Wärmeverlustleistung (mit Qualitätssicherung) von h = 1,77 W/(m2 K) aus. Das entspricht einer temperaturbezogenen Wärmeverlustleistung von

GV

Ohne Qualitätssicherung ergibt die analoge Berechnung H = 453 W/K. Da nach der Heizungsmodernisierung eine Qualitätssicherung inzwischen über Förderprogramme und auch das Gebäudeenergiegesetz als Pflicht einzuordnen ist, ist der Wert mit Qualitätssicherung zu verwenden.

Die zu überwindende Temperaturdifferenz wird im vorgestellten Verfahren als Differenz zwischen der Heizgrenztemperatur von 15 °C und dem kältesten Tag mit − 10 °C angesetzt (25 K). Hierbei wurden die üblichen Optionen zur Anpassung der Norm-Außentemperatur, wie die Lage des Gebäudes und die Bauartschwere, genutzt, um die Nettoheizlast gering zu halten. Die Nettoheizlast unter Berücksichtigung der Gewinne ergibt sich aus:

GV

Dies entspricht bei einer beheizten Fläche von 241 m2 einer flächenbezogenen Nettoheizlast von 44 W/m2. Mit der aus der Heizlastnorm bekannten Temperaturdifferenz von 30 K aus einer Innentemperatur von 20 °C und der (korrigierten) Norm-Außentemperatur am kältesten Tag von − 10 °C ergibt sich eine Bruttoheizlast ohne Wärmegewinne von:

GV

Dies entspricht wie bereits eingangs gezeigt einer 20 % höheren Heizlast als nach dem oben beschriebenen Verfahren über die nutzflächen- und temperaturbezogene Wärmeverlustleistung H. Würde darüber hinaus ohne eine Berücksichtigung der Bauartschwere mit einer Außentemperatur von − 12 °C gerechnet, würde die Diskrepanz auf 28 % steigen. Aber schon bei einer Abweichung um 20 % wird der Aufwand einer detaillierten Heizlastberechnung mit tendenziell negativem Einfluss auf die Energieeffizienz infrage gestellt.

Verlauf über der Außentemperatur

Die Wärmeverlustleistung H = 426 W/K wird in Abhängigkeit von der Außentemperatur grafisch dargestellt (Gebäudekennlinie, schwarze Gerade in k). Dieser Grafik werden im nächsten Schritt die Leistungsverläufe aus den Herstellerangaben der möglichen Wärmepumpen hinzugefügt (grün: kleinste Wärmepumpe, rot: größte Wärmepumpe). Dies können einfache Kurven / Geraden sein (d. h. die Auslegungsvorlauftemperatur ist bekannt und im relevanten Bereich wurde die Heizkurve berücksichtigt). Oder es werden wie in k zwei Kurven mit zwei Standardwerten für die Auslegungsvorlauftemperatur verwendet, im Beispiel repräsentiert „oben“ eine Auslegungsvorlauftemperatur von 45 °C und „unten“ von 65 °C.

Die Verwendung von zwei Standardwerten für die Auslegungsvorlauftemperatur ergibt zwar nur einen exakten Schnittpunkt, wenn die projektspezifische Auslegungsvorlauftemperatur einem der Standardwerte entspricht, hat aber den Vorteil, dass sie für ähnliche Projekte wiederverwendet werden kann. Die lineare Interpolation zwischen zwei Linien ist in der TGA/SHK-Branche in vielen Bereichen gängige Praxis und hinreichend genau. Deutlich größere Abweichungen können sich ergeben, wenn man stattdessen die Gebäudekennlinie in Herstellerdiagramme, in denen nur Leistungskurven bei konstanter Vorlauftemperatur existieren, einzeichnet. Ein Schnittpunkt bei dem die Temperatur der Leistungskurve und der Heizkurve übereinstimmen, ist dann zumeist ein Zufallstreffer. Zudem sind Diagramme mit den Leistungskurven mehrerer Wärmepumpengrößen oder -serien selten verfügbar.

Die gestrichelten Linien in Bild 4 zeigen die minimale Leistung an, bis zu der die Wärmepumpe modulieren kann. Sinkt der Leistungsbedarf darunter, wird das Gerät takten und dann weniger effizient laufen. Eine Differenzierung nach der Heizkurventemperatur ist bei der minimalen Leistung nicht erforderlich. Im Schnittpunkt mit der Gebäudekennlinie ist die Leistungskurve für eine Vorlauftemperatur von 35 °C maßgeblich.

Bild 4 Leistung von drei verschiedenen Wärmepumpengrößen in Abhängigkeit der Außentemperatur und von zwei Auslegungsvorlauftemperaturen und Eintragung der Gebäudekennlinie mit der Nettoheizlast.

Jagnow / Gebhardt / Wolff

Bild 4 Leistung von drei verschiedenen Wärmepumpengrößen in Abhängigkeit der Außentemperatur und von zwei Auslegungsvorlauftemperaturen und Eintragung der Gebäudekennlinie mit der Nettoheizlast.

Auswahl der Wärmepumpe und Abschätzung der Deckungsanteile

Es wird zunächst die kleinste Wärmepumpe (grün) mit 65 °C Auslegungsvorlauftemperatur gewählt. Der Schnittpunkt der schwarzen Gebäudekennlinie mit der unteren grünen Kennlinie ist der Bivalenzpunkt (B), hier bei einer Außentemperatur von − 0,5 °C (und einer Leistung von 6,5 kW). Bis + 10 °C und einer Heizleistung von 2,2 kW) kann die Wärmepumpe im modulierenden Betrieb arbeiten. Der Punkt wird als Inverterpunkt (A) im Schnittpunkt mit der grün gestrichelte Kennlinie markiert.

Bei der Auslegungstemperatur von − 10 °C kann die Wärmepumpe einen Leistungsanteil von (mindestens) 4,5 kW erbringen. Bei der ermittelten Nettoheizlast von 10,7 kW entspricht der Leistungsanteil 42 %. Aus der Differenz ergibt sich die notwendige Heizstableistung von 6,2 kW.

Der zugehörige Deckungsanteil des Grundlastwärmeerzeugers lässt sich aus der Tabelle 28 in VDI 4650 (siehe Bild 5) für die Quelle Außenluft bei bivalent-parallelem Betrieb und 40 % Deckung mit 0,93 ablesen. Für den tatsächlichen Leistungsanteil von 42 % folgt daraus ein Deckungsanteil von 94 % bei bivalent-parallelem Betrieb.

Bild 5 Deckungsanteil des Grundlast-Wärmeerzeugers an der Heizarbeit in Abhängigkeit des Leistungsanteils bei der Norm-Außentemperatur.

Quelle: VDI 4650 Blatt 1

Bild 5 Deckungsanteil des Grundlast-Wärmeerzeugers an der Heizarbeit in Abhängigkeit des Leistungsanteils bei der Norm-Außentemperatur.

Alternativ können auch die mittlere (gelb) oder die größte (rot) Wärmepumpe ausgewählt werden. Die Empfehlung ist abhängig von mittelfristigen Maßnahmen an der Gebäudehülle (künftige Verringerung der Heizlast).

Die Auswahl der größten (roten) Wärmepumpe würde zwar einen höheren Deckungsanteil von fast 100 % ergeben, da der Bivalenzpunkt bei − 8 °C liegt. Der Inverterpunkt liegt dann aber bereits knapp unter + 4 °C. Damit würde der überwiegende Anteil der Jahresheizarbeit im ungünstigen Taktbetrieb erbracht werden – mit ungünstigen Effizienzkennwerten. Außerdem ist ein vorzeitiger Verschleiß des Kompressors zu erwarten.

Generell führen alle Gegenmaßnahmen zur Minimierung der Takthäufigkeit – unabhängig von der Art des Wärmeerzeugers – zu einer Verringerung des Nutzungsgrads und / oder zu höheren Verlusten und meistens auch zu höheren Investitionskosten.

Schlussfolgerungen

Eine Auslegung der Wärmepumpe nach der Normheizlast (Punktbetrachtung) hätte zu einer etwa 20 bis 28 % höheren Auslegungsheizlast geführt. Wird dann eine zu große Wärmepumpe ausgewählt, ist eine geringere Jahresarbeitszahl als bei der Dimensionierung nach dem oben vorgestellten Verfahren auf Basis der gemessen Verbräuche zu erwarten, mindestens sind die Investitionskosten höher. Die Gebäudekennlinie ohne Berücksichtigung von Wärmegewinnen ist in Bild 6 gestrichelt dargestellt. Sie würde vermutlich in der Praxis zu einer anderen Auswahl und einer teureren Wärmepumpenanlage mit vermutlich auch höheren Energiekosten führen.

Bild 5 Leistung von drei verschiedenen Wärmepumpengrößen in Abhängigkeit der Außentemperatur und von zwei Auslegungsvorlauftemperaturen und Eintragung der Gebäudekennlinien mit der Nettoheizlast und der Bruttoheizlast. Die Bruttoheizlast würde bei ungefähr gleichem Bivalenzpunkt zur Auswahl der größeren Wärmepumpe und einer höheren Heizstableistung führen. Der tatsächliche Inverterpunkt würde sich auf 6,7 °C verschieben.

Jagnow / Gebhardt / Wolff

Bild 5 Leistung von drei verschiedenen Wärmepumpengrößen in Abhängigkeit der Außentemperatur und von zwei Auslegungsvorlauftemperaturen und Eintragung der Gebäudekennlinien mit der Nettoheizlast und der Bruttoheizlast. Die Bruttoheizlast würde bei ungefähr gleichem Bivalenzpunkt zur Auswahl der größeren Wärmepumpe und einer höheren Heizstableistung führen. Der tatsächliche Inverterpunkt würde sich auf 6,7 °C verschieben.

Die aktuelle Praxis bei der Auslegung von Wärmepumpen zeigt, dass sich frühere Fehler einer überdimensionierten Auslegung von Gas-Brennwertheizkesseln beim notwendigen beschleunigten Einbau von Wärmepumpen wiederholen könnten. Die Autoren haben sich bereits vor zwanzig Jahren mit diesem Thema in dem DBU-Projekt „Brennwertkessel“ auseinandergesetzt. Die Marktbegleitung und die Ergebnisse aus den Forschungsprojekten zeigen:

● Bis heute werden Wärmeerzeuger (Gas- und Öl-Heizkessel sowie Wärmepumpen) zu groß ausgelegt. Im Rahmen der DBU-Studien wurde im Feld die mittlere Belastung bezogen auf die Kesselnennleistung gemessen. Für Ein- und Zweifamilienhäuser (EZFH) lag sie bei 9 %, bei Mehrfamilienhäusern (MFH) bei 15 % und damit unterhalb der markttypischen Modulationsgrenze. Durch die Qualitätssicherung der Planung und des Betriebs allein von Wärmeerzeugern können nach [5] in EZFH etwa 11 kWhHs/(m2 ∙ a) und in MFH rund 12 kWhHs/(m2 ∙ a) eingespart werden.

● Durch eine Qualitätssicherung der Planung und des Betriebs von Wärmeverteilanlagen (Pumpen, Dämmung von Rohrnetz und Speichern) und Wärmeübergabesystemen (Heizkörper, Flächenheizung, Thermostatventile, Hydraulischer Abgleich) können nach [5] weitere Energiemengen eingespart werden – in EZFH sind es 12 kWhHs/(m2 ∙ a) und in MFH 11 kWhHs/(m2 ∙ a).

● Bei etwa 2,4 Mrd. m2 beheizter Wohnfläche in EZFH und 1,6 Mrd. m2 in MFH ergeben sich durch fehlende Qualitätssicherung der Planung und des Betriebs ein unnötiger Energieverbrauch von 92 TWh/a und unnötige Treibhausgasemissionen von 23 Mio. t/a CO2-Äquivalent. Nach Schätzungen von co2online sind heute noch zwei Drittel der Heizungsanlagen im deutschen Gebäudebestand nicht hydraulisch abgeglichen.

Die Konsequenz sollte deshalb sein, dass der beschleunigte Einbau von Wärmepumpen in den nächsten 10 bis 15 Jahren mit optimiert dimensionierten und geplanten Anlagen mit Wärmemengenzählern zur Qualitätssicherung und Effizienzkontrolle erfolgt und eine im Betrieb folgende Energieanalyse aus dem Verbrauch obligatorisch wird.

Ausblick

In einem Folgebeitrag wird auf vereinfachte Ansätze zur Bewertung der Anlageneffizienz, des Taktverhaltens und eine „knappe“ Dimensionierung im Vergleich zu bisher veröffentlichten Planungshilfen und im Kontext zukünftiger Maßnahmen an der Gebäudehülle ausführlich eingegangen.

Die Ansätze, Methoden und Hintergründe sind auch Bestandteil einer im Oktober 2023 bei der Deutschen Bundestiftung Umwelt (DBU) gestarteten Seminarreihe. Sie wird im Jahr 2024 inhaltlich fortgeschrieben mit 1- bis 2-tägigen Veranstaltungen angeboten. Interessenten können sich über www.delta-q.de informieren.

Fachberichte mit ähnlichen Themen bündelt das TGA+E-Dossier Wärmepumpe

Prof. Dr.-Ing. Kati Jagnow
lehrt Anlagentechnik und Energiekonzepte an der Hochschule Magdeburg-Stendal – Fachbereich Wasser, Umwelt, Bau und Sicherheit, www.bauwesen.hs-magdeburg.de

Jagnow

M. Eng. Katharina Gebhardt
studierte Architektur und Energieeffizientes Bauen an der Hochschule Magdeburg-Stendal. Nach zehn Jahren als wissenschaftliche Mitarbeiterin ist sie seit 2022 selbstständig tätig.

Gebhardt

Prof. Dr.-Ing. Dieter Wolff
Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften, Campus Wolfenbüttel, Fakultät Versorgungstechnik, d.wolff@ostfalia.de www.ostfalia.de

Wolff

EAV und die Angst vor Transparenz

Bereits 2004 haben Kati Jagnow und Dieter Wolff dem Gesetzgeber vorgeschlagen, zum Nachweis der Anforderungen aus der kurz zuvor in Kraft getretenen Energieeinsparverordnung (EnEV) real gemessene Verbrauchswerte anstelle theoretischer (und für DIN V 4701 Teil 10 „verhandelte“) Bedarfskennwerte zu nutzen. Gemessene Verbrauchswerte können mit der 2003 vorgestellten „Energieanalyse aus dem Verbrauch EAV“ über die Erfassung von Brennstoffmengen und in jeden Wärmeerzeuger eingebaute Wärmezähler sowohl die Qualität des Gebäudes inklusive seiner Nutzung als auch die Effizienz der eingesetzten Anlagentechnik bewerten. So wie in jedem Pkw seit Jahren die Anzeige eines Durchschnittsverbrauchs in Liter pro 100 km eine Selbstverständlichkeit ist.

Der im Mai 2023 veröffentlichte Entwurf zur Novellierung des GEG enthielt den aus Sicht der Autoren sinnvollen und seit 20 Jahren geforderten §71a. Nach zwanzig Jahren erfolgreich in vielen Feldstudien bewiesener Eignung des EAV-Verfahrens für eine qualitätsgesicherte Planung, Auslegung und für einen effizienten Betrieb waren die Autoren optimistisch, dass sich diese Methodik jetzt auch flächendeckend für alle Gebäude in Deutschland durchsetzen könnte. Leider waren und sind aber bis heute die einflussreichen Lobby-Verbände der Politikberatung zum Gebäudeenergiegesetz und zum Wärmeplanungsgesetz an so viel Transparenz nicht interessiert [8].

Vorgesehen war in § 71a im Regierungsentwurf für das GEG:

„(1) Eine nach Ablauf des 31. Dezember 2024 eingebaute Heizungsanlage ist vor Inbetriebnahme mit einer Messausstattung zur Erfassung des Energieverbrauchs und der erzeugten Wärmemenge sowie mit einer Energieverbrauchs- und Effizienzanzeige auszurüsten. Die Messwerte müssen entweder über ihre Benutzerschnittstelle, ein übergeordnetes Energiemanagementsystem, ein externes Gerät oder eine externe Applikation angezeigt werden […]. Die Effizienzanzeige muss zugänglich sein und über einen angemessenen Schutz vor Zugriffen Dritter verfügen. Bei einer elektrischen Wärmepumpe ist auch die benötigte Strommenge zum Betrieb von Elektro-Heizstäben und Wärmequellenpumpen zu erfassen. Satz 1 ist nicht für eine Biomasseheizung […] oder eine Luft-Luft-Wärmepumpe anzuwenden.

(2) Die Energieverbräuche und Wärmemengen der nach Ablauf des 31. Dezember 2024 eingebauten Heizungsanlage sind messtechnisch zu erfassen. Die Messwerte sind mit monatlicher Auflösung für drei Jahre in einem maschinenlesbaren Format vorzuhalten. […]“

Im Rahmen der „Einarbeitung“ der Ampel-Leitplanken wurden die Regelungen ersatzlos gestrichen. Eine Stellungnahme von Haus & Grund Deutschland zeigt, wie auf Gesetze Einfluss genommen wird: Erst wird eine nette Unterstützung formuliert und dann der Fortschritt ohne konstruktive Verbesserungsvorschläge zerredet:

Haus & Grund unterstützt grundsätzlich Maßnahmen für mehr Transparenz beim Betrieb einer Heizungsanlage durch digitale Anzeigen. Die nach § 71a vorgesehenen Anforderungen an die Messausstattung von Heizungsanlagen und die Informationspflichten korrespondieren jedoch in keiner Weise mit den Vorgaben und Fristen der Heizkostenverordnung (HeizkostenV). […] Außerdem ist es insbesondere privaten Eigentümern kaum zuzumuten, mehrere Regelwerke (GEG und HeizkostenV) miteinander abzugleichen, um herauszufinden, welche Anforderungen bis wann zu erfüllen sind. Haus & Grund fordert, die geplanten Regelungen von § 71a […] zu streichen.

Literatur

[1] von Cube, Hans Ludwig; Steimle, Fritz: Wärmepumpen – Grundlagen und Praxis. Düsseldorf: VDI-Verlag, 1977

[2] Glaesmann, Nicolas. Wärmepumpenheizungen: Planungshilfe und Ratgeber für Neubauten und Bestandsgebäude. Wiesbaden: Springer Vieweg, 2023

[3] Wolff, Dieter; Jagnow, Kati: Exceltool „EAV und Witterungskorrektur“. [Online] www.delta-q.de/energie/eav-verbrauch

[4] BMWI: Bekanntmachung der Regeln für Energieverbrauchswerte im Wohngebäudebestand. Berlin: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, 29. März 2021

[5] Wolff, Dieter; Jagnow, Kati: Exceltool „Standardbilanz für Wohngebäude“. [Online] 2020 www.delta-q.de/energie/standardbilanz

[6] VDI 4650 Blatt 1 Berechnung der Jahresarbeitszahl von Wärmepumpenanlagen. Berlin: Beuth Verlag, März 2019

[7] Jagnow, Kati; Wolff, Dieter; Teuber, Peter: Effizienz von Wärmeerzeugern. Stuttgart: Gentner Verlag, TGA Fachplaner 10-2004

[8] Das Erste: ttt vom 3. Dezember 2023, Beitrag: Klima-Katastrophe: Wie wir Druck auf die Politik machen können. Video verfügbar bis 03. Dezember 2024