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Gebäudeenergiegesetz

Die nächste Wette auf billiges Gas

„Eine ab 2024 installierte H2-ready-Heizung wird mit hoher Wahr­scheinli­ch­keit schon viele Jahre vorher ‚zwangs­weise‘ mit Wasser­stoff versorgt und die Investition damit zur Wette auf billigen Wasser­stoff.“

GV

 
Der starke Fokus auf Erdgas bei der Wärmeversorgung von Gebäuden war schon immer eine Wette auf langfristig niedrige Beschaffungspreise und niedrige Kosten für die Verteilung.

Gefördert wurde die Entwicklung durch die Erzählung, dass Erdgas ein „sauberer“ Energieträger ist.

Das galt jedoch bestenfalls bei einer isolierten nationalen Betrachtung, die aufgrund der geringen Inlandsförderung die zusätzlichen Treibhausgasimmissionen vom Bohrloch bis zum Grenzübergang unterschlägt und auch nur im Vergleich zu anderen fossilen Energieträgern.

Die neue Ausrichtung auf einen hohen LNG-Anteil hat den Treibhausgas-Rucksack von hierzulande eingesetztem Erdgas nochmals erhöht.

Endkundenpreis für Erdgas wird unweigerlich steigen

Wie sich die Beschaffungspreise in der Zukunft entwickeln, ist weitgehend offen. Klar ist aber die preiserhöhende Wirkung der CO2-Bepreisung. Inklusive 19 % MwSt. liegt der Preisaufschlag bei einem CO2-Preis von 100 Euro/t bei 2,16 Ct/kWhHs. Zum Vergleich: Im Mittel der Jahre 2019 bis 2021 lag der Anteil am Erdgaspreis für Beschaffung und Vertrieb für Haushaltskunden bei 3,63 Ct/kWhHs inkl. MwSt. Zurzeit werden CO2-Preise von mittelfristig über 200 Euro/t diskutiert.

Auch im Bereich „Netzentgelte, Messung und Messstellenbetrieb“ werden die Kosten steigen, da der Gasverbrauch sinkt und zunehmend Kunden aus der Gasversorgung aussteigen. Im Mittel der Jahre 2019 bis 2021 lag der Anteil am Erdgaspreis für Haushaltskunden bei 1,99 Ct/kWhHs inkl. MwSt.

Wasserstoff: Knapp …

Künftig soll Wasserstoff Erdgas ersetzen und über das Gebäudeenergiegesetz auch die Tür für Wasserstoff-Heizungen (H2-ready) offengehalten werden. Punktuell können sie aufgrund lokaler Rahmenbedingungen durchaus sinnvoll sein. Allerdings sind die Zweifel allgemein groß, dass aufgrund der zu priorisierenden Nutzung in anderen Sektoren im Niedertemperaturwärmemarkt in den nächsten zwei Jahrzehnten Wasserstoff für eine breite Anwendung zur Verfügung steht.

… und voraussichtlich lange teu(r)er

Allein die Knappheit wird also einen Einfluss auf den Preis haben. Warum sollte ein Wasserstofflieferant seine Ware bei hoher Nachfrage günstiger als das Vergleichsprodukt anbieten (dies trifft auch auf Biomethan zu)? Allerdings dürfte es noch länger dauern, bis sich diese Frage überhaupt stellt, auch wenn bei Wasserstoff keine (grün) oder nur geringe (blau, sofern die Betrachtung über „verbrennungsbezogen“ hinaus erweitert wird) CO2-Kosten anfallen. Zudem ist Wasserstoff nur „sauber“, wenn in der gesamten Kette weitgehend keine Treibhausgasemissionen freigesetzt werden. In einer Transportkette mit Schiffen ist jedoch der erhebliche Energieeinsatz kostensteigernd, insbesondere wenn der Energieeinsatz für den Transport ebenfalls mir grünen Kraftstoff (z.B. Wasserstoffderivate) erfolgt.

Heizung im H2-ready-Versorgunsgebiet kein „Glückslos“

Und dass in einem Wasserstoffnetz oder einem auf Wasserstoff umgerüsteten Gasnetz die Netzentgelte sinken, ist nicht plausibel. Es ist somit nicht anzunehmen, dass die geografische Lage einer schon gealterten Gas-Heizung in einem GEG-konformen H2-ready-Versorgungsgebiet ein „Glückslos“ ist. In solchen Gebieten wird es Kunden geben, deren Geschäftstätigkeit am Standort nur mit einer netzgebundenen Wasserstoffversorgung fortzuführen ist. Für deren Wettbewerbsfähigkeit wird es ein eher nahes Zeitfenster geben, in dem auf Wasserstoff und damit auf einen voraussichtlich teureren Brennstoff umgestellt werden muss.

Kostenvergleiche zeigen, dass schon bei einem politisch auf 180 Euro/t gedeckelten CO2-Preis Wärmepumpen in einem weiten Feld über eine 20-jährige Nutzungsdauer geringere Gesamtkosten als eine erneuerte Erdgas-Heizung aufweisen. Eine Nutzung von Erdgas soll zwar prinzipiell noch bis Ende 2044 möglich sein, allerdings kann die Umstellung auf Wasserstoff nicht flächendeckend erst im Jahr 2044 erfolgen. Eine ab 2024 installierte H2-ready-Heizung wird also mit hoher Wahrscheinlichkeit schon viele Jahre vorher „zwangsweise“ mit Wasserstoff versorgt und die Investition damit zur Wette auf billigen Wasserstoff.

Jochen Vorländer
Chefredakteur TGA+E Fachplaner
vorlaender@tga-fachplaner.de

Alle TGAkommentare finden Sie im TGAdossier TGA-Leitartikel

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