Der Primärenergieverbrauch in Deutschland ist 2023 auf ein historisches Tief gefallen. Die energiebedingten CO2-Emissionen sind voraussichtlich noch deutlicher gesunken.
Die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AG Energiebilanzen) rechnet für das Jahr 2023 mit einem Rückgang beim Primärenergieverbrauch von 7,9 % auf 10 791 PJ (Petajoule). Das entspricht 2997,5 TWh (Mrd. kWh) oder besonders anschaulich: 368,2 Mio. t Steinkohleneinheiten (SKE), also rund 4,3 t SKE pro Einwohner. Damit liegt der Verbrauch an Primärenergien in Deutschland um mehr als ein Viertel unter dem bisherigen Höchststand von 1990, teilte die AG Energiebilanzen mit.
Der Rückgang ist allerdings nicht hauptsächlich auf die Energiewende oder ähnliche Anstrengungen zurückzuführen. Den größten Einfluss auf den Rückgang des Energieverbrauchs hatte die zurückgehende wirtschaftliche Leistung in Deutschland. Vor allem die energieintensiven Industriezweige verzeichneten Produktionsrückgänge, was spürbare Auswirkungen auf den Energieverbrauch hat.
Von der im Jahresverlauf gegenüber dem Vorjahr leicht wärmeren Witterung ging nach Berechnungen der AG Energiebilanzen nur ein schwacher verbrauchssenkender Effekt aus. Witterungsbereinigt hätte sich der Energieverbrauch um etwa 7,4 % vermindert.
Der einzige verbrauchssteigernde Effekt ging 2023 von der demographischen Entwicklung aus. Durch den Zuzug von 1,35 Mio. Menschen wuchs die Gesamtbevölkerung auf knapp 85,5 Mio. Menschen.
Zuwächse nur bei erneuerbaren Energien
Der Verbrauch von Mineralöl sank 2023 im Vergleich zum Vorjahr insgesamt um 5,5 % auf 3879 PJ bzw. 1077,5 TWh. Während der Verbrauch von Ottokraftstoff um 2,3 5 zunahm, verringerte sich der Verbrauch von Dieselkraftstoff um gut 4 %. Der Verbrauch von Flugkraftstoff stieg um 3,9 %. Der Absatz von leichtem Heizöl verringerte sich dagegen leicht um 2,3 %. Die Lieferung von Rohbenzin an die chemische Industrie sank um 16,7 %.
Der Erdgasverbrauch verringerte sich 2023 um 4,3 % auf 2641 PJ bzw. 733,6 TWh. Der Nachfragerückgang betraf sowohl die Industrie wie auch private Haushalte und den Bereich Gewerbe, Handel, Dienstleistungen (GHD). Zur Stromerzeugung wurde gegenüber dem Vorjahr etwas mehr Erdgas (+ 1 %) eingesetzt. Die Erzeugung von Fernwärme aus Erdgas verminderte sich um 2 %. Die Witterung hatte nur einen eher geringen Einfluss auf die Verbrauchsentwicklung. Vielmehr geht der Verbrauchsrückgang vorrangig auf Einsparungen bei den Verbrauchern zurück.
Der Verbrauch an Steinkohle nahm im Berichtszeitraum um 16,9 % auf 937 PJ bzw. 260,3 TWh ab. Die Kraftwerke verringerten ihren Brennstoffeinsatz um gut 30 %. Der Bedarf an Kohle und Koks in der Eisen- und Stahlindustrie verringerte sich dagegen nur relativ gering um 2,1 %.
2023 lag der Primärenergieverbrauch von Braunkohle mit 912 PJ bzw. 253,3 TWh um 21,9 % unter dem Niveau des Vorjahres. Die Lieferungen von Braunkohle an die Kraftwerke der allgemeinen Versorgung sanken um 23 %.
Die Stromerzeugung aus Braunkohle blieb um rund 25 % unter dem Vorjahresergebnis. Ursachen dieser Entwicklung waren der allgemeine Rückgang des Stromverbrauchs in Deutschland, die Verringerung weiterer Erzeugungskapazitäten im Zuge des schrittweisen Kohleausstiegs, die angestiegene Stromproduktion aus Windenergieanlagen sowie erhöhte Stromimporte aus dem benachbarten Ausland.
Die Stromerzeugung aus Kernenergie ging 2023 um knapp 80 % zurück. Der starke Rückgang ist auf den Streckbetrieb der letzten drei Kernkraftwerke und deren endgültige Stilllegung zum 15. April 2023 zurückzuführen. Seit diesem Zeitpunkt leistet die Kernenergie in Deutschland keinen Beitrag mehr zur Energieversorgung.
2023 wurden 9,2 TWh Strom mehr aus dem Ausland importiert als exportiert. Damit wurde Deutschland erstmals seit 2002 wieder Netto-Importeur von Strom. Die Ausfuhren sanken 2023 gegenüber dem Vorjahr um 24 %, die Importe stiegen dagegen um 38 % an.
Der Beitrag der erneuerbaren Energien erhöhte sich 2023 insgesamt um 2,3 Prozent auf 2.118 PJ (72,3 Mio. t SKE). Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien wuchs um etwa 5 %. Wichtigste Ursache dieser Entwicklung war die vor allem in der zweiten Jahreshälfte deutlich höhere Stromproduktion der Windenergieanlagen an Land (+ 15 5). Bei der Solarenergie gab es trotz eines starken Zubaus bei den PV-Anlagen nur einen leichten Zuwachs bei der Stromproduktion (+ 1 %). Die Stromerzeugung aus Wasserkraft erhöhte sich um 11 %. Die Biomasse, auf die mehr als Hälfte des gesamten Primärenergieverbrauchs der erneuerbaren Energien entfällt, blieb um 4 % hinter dem Vorjahreswert zurück.
Kohlen und Kernkraft verlieren Anteile im Energiemix
Der Energiemix der deutschen Energieversorgung wird weiterhin von einem breiten Energieträgerangebot geprägt. Als Resultat der energie- und klimapolitischen Beschlüsse und Vorgaben kommt es allerdings zu einer stetigen Veränderung bei den Anteilen der einzelnen Energieträger.
2023 ist die Kernkraft nach dem Auslaufen des Streckbetriebs der drei verbliebenen Anlagen aus dem deutschen Strommix faktisch ausgestiegen. Die Steinkohle verminderte ihren Anteil am Energiemix um knapp 1 Prozentpunkt und die Braunkohle um 1,5 Prozentpunkte. Leichte Anteilserhöhungen gab es dagegen beim Mineralöl und beim Erdgas mit jeweils 0,9 Prozentpunkten. Mit knapp 2 Prozentpunkten konnten die erneuerbaren Energien ihren Beitrag zum Energiemix am stärksten ausweiten.
Rückgang der CO2-Emissionen
Die energiebedingten CO2-Emissionen nahmen nach Schätzung der AG Energiebilanzen 2023 infolge des gesunkenen Gesamtverbrauchs insbesondere bei den fossilen Energieträgern um gut 10 % ab. Dies entspricht einer Reduktion in der Größenordnung von 66 Mio. t/a. ■
Quelle: AG Energiebilanzen / jv
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