Bundeskanzleramt, BMWK und BMF haben am 02. November 2022 ein „Eckpunktepapier zur Umsetzung der Entlastungsmaßnahmen Gas und Strom“ vorgelegt.
Mit dem Eckpunktepapier sollen möglichst rasche, umfassende und unbürokratische Entlastung der Gas- und Stromverbraucher bei gleichzeitigem Erhalt von Einsparanreizen umgesetzt werden. Bei Gas zielt es nur auf Lieferung über das Erdgasnetz ab (SLP-Verbraucher oder Verbraucher mit RLM). Bei Flüssiggaskunden (LPG), die über Tanklastwagen beliefert werden, existieren solche Profile / Messvorrichtungen im Normalfall nicht.
Der Zeitplan zur Umsetzung der Entlastungsmaßnahmen sieht zwei Stufen vor:
● Stufe 1 – Soforthilfe: Die Entlastung der Verbraucher für Gas und Fernwärme soll im Dezember 2022 erfolgen. Die rechtliche Umsetzung soll in einem „Soforthilfepaket Gas und Wärme“ bis Mitte November 2022 erfolgen, da die Versorger Vorlauf benötigen und die Erstattungen an die Versorger möglichst bereits ab dem 01.12.2022 erfolgen sollen.
● Stufe 2 – Gas-, Wärme- und Strompreisbremsen für Haushalte und KMU: Die finanzielle Wirkung für Erdgas- und Fernwärme bei nicht-industriellen Abnehmern soll zum 01. März 2023 (angestrebt wird eine rückwirkende Entlastung zum 1. Februar 2023), für Strom zum 01. Januar 2023 erfolgen. Die Gas- und Strompreisbremse für Industrie soll ab dem 01. Januar 2023 greifen. Die rechtliche Umsetzung der Gas-, Wärme- und Strompreisbremsen soll in einem Gesetzgebungsverfahren erfolgen und nach einem für den 18. November 2022 angesetzten Kabinettsbeschluss noch im Dezember 2022 abgeschlossen werden.
Soforthilfe: Abschlagszahlung Dezember für Gas und Wärme
Im Dezember 2022 soll eine einmalige Entlastung der Verbraucher für die Lieferung von Gas und Wärme erfolgen. Begünstigt sind alle Verbraucher, die nach Standardlastprofilen (SLP) abgerechnet werden (z. B. Haushalte, KMU, soziale Einrichtungen u. a.) sowie Verbraucher mit registrierter Leistungsmessung (RLM) sofern ihr Verbrauch unter 1,5 GWh/a liegt und es sich nicht um Verbrauch für den kommerziellen Betrieb von Strom- und Wärmerzeugungsanlagen handelt. Per Sonderregelung werden zusätzlich weitere Verbraucher unabhängig von ihrem Jahresverbrauch einbezogen, etwa Pflege- und Rehabilitationseinrichtungen oder Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen. Sofern administrativ und technisch umsetzbar sollen alle Krankenhäuser von dieser Regelung ausgenommen sein, da angestrebt wird, sie über die zweite Stufe ab dem 1. Januar 2023 zu entlasten.
Die Entlastung entspricht bei Erdgas dem Produkt aus einem Zwölftel der Jahresverbrauchsprognose, welche der Abschlagszahlung im September 2022 zugrunde gelegt wurde, und dem für Dezember 2022 vereinbarten Arbeitspreis, ergänzt um eine anteilige Entlastung bei den anderen Preiselementen. Das Abstellen auf die für Dezember 2022 vereinbarten Preise soll gewährleisten, dass die teilweise sehr unterschiedlichen und teils erheblichen Preisanstiege zum Ende des Jahres 2022 zugunsten der Letztverbraucher berücksichtigt werden. Da eine genaue Berechnung des Entlastungsbetrags häufig noch nicht rechtzeitig zum Dezember 2022 möglich ist, soll – zunächst als vorläufige Maßnahme – die Pflicht der Kunden zum Leisten der Abschlags- oder Vorauszahlung entfallen; ein präziser Abgleich mit dem ermittelten Entlastungsbetrag erfolgt dann über die nächste Rechnung.
Bei Wärme ergibt sich die Höhe der staatlichen Entlastung durch den Betrag der Abschlagszahlung im September multipliziert mit dem gesetzlich festgelegten Anpassungsfaktor (120 %), der die Entwicklung der Wärmepreisabschläge im Zeitraum September bis Dezember 2022 widerspiegelt.
Die Entlastung des Vermieters soll an die Mieter mit der Betriebskostenabrechnung für 2022 weitergegeben werden, bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft an die Wohnungseigentümer mit der Jahresabrechnung für 2022. Mieter, die seit dem Frühjahr 2022 bereits erhöhte Betriebskostenvorauszahlungen leisten, sollen im Dezember 2022 von der Pflicht zur Leistung des Erhöhungsbetrages befreit werden.
Gesetzentwurf für die Soforthilfe Dezember 2022
FAQ-Liste für die Soforthilfe Dezember 2022
Gas- und Wärmepreisbremse SLP-Kunden (insb. Haushalte und KMU)
In der 2. Stufe soll die Entlastung von Haushalten und KMU bei ihren Gas- und Wärmekosten anhand der Empfehlungen der Gaskommission erfolgen. Ab 01. März 2023 bis zum 30. April 2024 soll SLP-Kunden (mit Ausnahmen und Erweiterungen entlang der Kundengruppe), die auch von der Soforthilfe Gebrauch machen konnten, eine Entlastung mittels eines garantierten Gas-Bruttopreises von 12 Ct/kWh für 80 % der prognostizierten Jahresverbrauchs gewährt werden; bei Fernwärme von 9,5 Ct/kWh.
Diese Preisbremse soll auch für Wohneinheiten gelten, die Gas über eine RLM beziehen. Auch staatliche, staatlich anerkannte oder gemeinnützige Einrichtungen des Bildungs-, Wissenschafts- und Forschungsbereichs mit einem Verbrauch unter 1,5 GWh/a sollen unter die Gas- und Wärmepreisbremse ab dem 01. März 2023 bis zum 30. April 2024 fallen.
Es wird darüber hinaus eine rückwirkende Entlastung zum 1. Februar 2022 angestrebt.
Der Differenzbetrag zum Vertragspreis soll als verbrauchsunabhängige Prämie ausgezahlt werden. Der Einsparanreiz bleibe damit vollständig erhalten. Bei Fernwärme gilt die Prämienauszahlung unabhängig vom Gasanteil an der Wärmeerzeugung.
Für die Gas- und Wärmepreisbremse vom 01. Januar 2023 bis zum 30. April 2024 bei Unternehmen mit einem Gasverbrauch über 1,5 GWh/a (RLM-Kunden) sind andere Regelungen und Garantiepreise vorgesehen.
Strompreisbremse für SLP-Kunden (insb. Haushalte und KMU)
Die Mechanismen zur Entlastung von Haushalten, KMU und kleineren Einrichtungen bei ihren Stromkosten orientieren sich an den Vorschlägen der Gaskommission für Stufe 2.
Eine Soforthilfe (Stufe 1) wird nicht auf Strom übertragen, da die Strompreisbremse für alle Letztverbraucher bereits ab dem 1. Januar 2023 wirken soll. Sofern die operative Umsetzung nicht sofort zum 1. Januar 2023 möglich ist, soll die Entlastung zu einem späteren Zeitpunkt rückwirkend zu diesem Datum realisiert werden. Die Laufzeit der Deckelung ist bis zum 30. April 2024 vorgesehen.
Ab Januar 2023 berechnet sich die Entlastung auf Basis einer Deckelung auf 40 Ct/kWh (brutto) für ein Grundkontingent von bis zu 80 % des historischen Verbrauchs bei Haushalten und KMU. Der historische Verbrauch soll sich voraussichtlich an der durch den Verteilnetzbetreiber erstellten Jahresverbrauchsprognose bemessen. Dadurch sollen administrative Probleme bei (ggf. mehrfachen) unterjährigen Versorgerwechseln sowie SLP-Neuanschlüssen vermieden werden. Zudem soll noch eine zielgenauere, handhabbare Unterscheidung zwischen privaten und gewerblichen Kunden als die Unterscheidung zwischen SLP-Kunden und Nicht-SLP Kunden geprüft werden.
In wie weit in dem „historischen Verbrauch“ auch erst künftig erhöhte Verbräuche, beispielsweise aufgrund einer Umstellung der Wärmeversorgung auf eine elektrisch angetriebene Wärmepumpe berücksichtig werden (können), lässt das Eckpunktepapier offen. Da diese Problematik allerdings auch auf Neubauten zutrifft, wird ohnehin eine Regelung notwendig werden. Eine ähnliche Problematik ergibt sich bei der Nachrüstung einer privaten Ladeinfrastruktur sowie gegenläufig bei neuen Photovoltaik-Anlagen mit Eigenverbrauch.
Die Strompreisbremse für nicht-SLP-Kunden (insb. Industrie) soll ebenfalls ab dem 01. Januar 2022 aber aus beihilferechtlichen Gründen zunächst nur bis zum 31. Dezember 2023 gelten. Die Entlastung soll auf Basis eines garantierten Preises von 13 Ct/kWh (netto) für ein Strom-Grundkontingent von 70 % des historischen Verbrauchs gelten. Der historische Verbrauch soll sich voraussichtlich am durch den Messstellenbetreiber gemessenen Jahresverbrauch für das Jahr 2021 bemessen. ■
Quelle: Eckpunktepapier / jv
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