Gute Luft mit wenig Energie: Das vom Umweltbundesamt und BAFA entwickelte Qualitätssiegel Raumlufttechnik kann jetzt angewendet werden.
Ob Schule oder Büro – oft entspricht die Raumluftqualität (Indoor Air Quality, IQA) nicht wesentliche Anforderungen an Gesundheit und Wohlbefinden. Raumlufttechnische Anlagen können dazu beitragen, das zu beheben, aber in der Praxis arbeiten sie nicht immer wie geplant. Das neue Qualitätssiegel Raumlufttechnik soll hier Hilfe bieten. Es stellt in einer dreistufigen Prüfung sicher, dass sowohl bei Planung, Installation und auch im Betrieb der RLT-Anlagen eine gute Raumluftqualität und ein energieeffizienter Betrieb sichergestellt sind.
„Die Klima- und Energiekrise sowie zuletzt die Covid-19-Pandemie zeigen uns, dass wir uns schlechte Raumluft und hohen Energieverbrauch nicht mehr leisten können“, sagt Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamts (UBA). „Das Qualitätssiegel Raumlufttechnik stellt sicher, dass raumlufttechnische Anlagen beiden Punkten Rechnung tragen“, sagt Torsten Safarik, Präsident des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Das Siegel stammt aus einem gemeinsamen Projekt von UBA und BAFA und kann jetzt angewendet werden.
Auch hochwertige Technik ist nicht automatisch effizient
RLT-Anlagen haben die Aufgabe, für eine gute Luftqualität in Innenräumen zu sorgen. Diese wird üblicherweise durch einzuhaltende Richtwerte von Kohlenstoffdioxid(CO2)-Konzentration (max. 1000 ppm ), Temperatur, Luftfeuchte und Behaglichkeit definiert. Entscheidend dafür ist, dass die Anlagen richtig ausgelegt und effizient betrieben werden:
Eine Anlage, die zu groß dimensioniert ist oder ungenutzte Räume belüftet, verschwendet selbst mit einem effizienten Ventilator und hochwertiger Wärmerückgewinnung viel Energie. Und erhält ein Raum zu wenig Luft, ein anderer zu viel, wird die geplante Luftqualität nicht erreicht. Solche Fehler fallen oft erst nach jahrelangem Betrieb auf, wenn überhaupt. Das zeigen Erfahrungen aus der energetischen Inspektion von Klima - und Lüftungsanlagen.
Dreistufiger Qualitätssicherungsprozess
Der dreistufige Qualitätssicherungsprozess des Qualitätssiegels Raumlufttechnik sieht vor: Eine unabhängige und fachkundige Person prüft die Planung, Installation und den Betrieb der raumlufttechnischen Anlagen. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass sich alle Beteiligten während der drei Projektphasen untereinander austauschen. Erst dieser Dialog helfe, eine hohe energetische Qualität der Anlagen, eine gute Raumluftqualität und einen zuverlässigen und energieeffizienten Betrieb zu erreichen. Fachleute, die für die energetische Inspektion von Klima- und Lüftungsanlagen laut Gebäudeenergiegesetz geschult sind, bringen das erforderliche Wissen mit, um das Qualitätssiegel auszustellen.
Raumlufttechnische Anlagen kosten schnell einige zehntausend Euro oder mehr, sodass wenige tausend Euro für das Qualitätssiegel ein sinnvoller Einsatz sind, der sich schnell rechnet. Denn für wenige Tage Prüfaufwand spart eine qualitätsgesicherte Anlage jahrzehntelang Strom und Wärme und stellt die gewünschte Raumluftqualität sicher. Würden zum Beispiel in einem größeren Institutsgebäude die Außenluftvolumenströme in Laboren und Nebenflächen auf den tatsächlichen Bedarf verringert und die Kanaldruckregelung im laufenden Betrieb optimiert, ließen sich pro Jahr rund 42 t an CO2-Emissionen, 70 MWh Energie und 8000 Euro Energiekosten einsparen.
Wer profitiert vom Qualitätssiegel Raumlufttechnik?
Aus Sicht von UBA und BAFA hat das Qualitätssiegel Raumlufttechnik für alle Beteiligten Vorteile:
Bauherren vermeiden Fehlinvestitionen und überhöhte Energiekosten. Und sie können ihr Engagement für „grüne Gebäude“ oder gute Raumluftqualität kenntlich machen.
Anlagenbauer und Generalunternehmen verringern das Risiko von Gewährleistungsfällen durch dysfunktionale Anlagen.
Fachplanungsbüros können sich anhand des Siegels klar mit den anderen Beteiligten über Aufgaben und Ziele verständigen und erhalten einen sichtbaren Nachweis für ihre verlässliche Arbeit.
Architekturbüros brauchen sich weniger mit lüftungstechnischen Detailfragen auseinanderzusetzen und können mit der abgesicherten Qualität planen.
Energie-Inspektoren erhalten neben der Inspektion von Bestandsanlagen ein zusätzliches Geschäftsfeld bei neuen raumlufttechnischen Anlagen.
Hersteller gewinnen mehr Akzeptanz für ihre raumlufttechnischen Produkte.
Alle Beteiligten werden noch größere Anreize erhalten, sobald das Qualitätssiegel Raumlufttechnik Eingang in die energetische Gebäudebilanzierung findet.
Hintergrundinformationen und weitere Informationen
UBA und BAFA haben das Qualitätssiegel Raumlufttechnik im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz gemeinsam in einem Forschungsprojekt entwickeln lassen. Es ist Teil der Maßnahme Gebäude „Nr. 13 Maßnahmenpaket Klima/Lüftung“ der Energieeffizienzstrategie 2050, welche in Zusammenarbeit mit dem BAFA umgesetzt wird. Das BAFA informiert Fachleute und lizensiert die Software-Dokumentation. Das Qualitätssiegel wird über ein Softwareprodukt errechnet und ausgestellt.
● BAFA: Informationen für Fachleute
● Energiewechsel: Informationen für Anwender
● Handbuch: Das Qualitätssiegel Raumlufttechnik
● Bericht: Entwicklung des Qualitätssiegels Raumlufttechnik
● Publikation: Anforderungen an Lüftungskonzeptionen in Gebäuden – Bildungseinrichtungen
● Publikation: Anforderungen an Lüftungskonzeptionen in Gebäuden – Wohngebäude
Am 18. April 2023 findet ein Online-Workshop statt, bei dem allen Interessierten das Qualitätssiegel vorgestellt wird. ■
Quelle: Umweltbundesamt / jv
Im Kontext:
Wirtschaftliche Situation in Ingenieurbüros bleibt angespannt
Leitfaden: Energieeffiziente Be- und Entfeuchtung planen
Säuren können Viren in Aerosolen inaktivieren
Empfehlung für höhere Mindestraumluftfeuchte
Luftreinigung: Oktoberfest als Härtetest für UV-C-Strahlung