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Standpunkt

Bootcamps für Wärmepumpen-Fachkräfte?

Ganz schnell viel mehr Wärmepumpen-Installation: Gemeinsame Wege für einen schnellen Hochlauf muss die TGA/SHK-Branche erst noch finden.

PhotoGranary – stock.adobe.com

Ganz schnell viel mehr Wärmepumpen-Installation: Gemeinsame Wege für einen schnellen Hochlauf muss die TGA/SHK-Branche erst noch finden.

Für den Wärmepumpen-Rollout werden zusätzliche SHK-Fachkräfte benötigt. Ein Vorschlag, diese in Bootcamps zu drillen, empört ZVSHK-Präsident Michael Hilpert.

Die Gaskrise und die lange verschlafene und verstolperte Wärmewende erfordern in vielen Bereichen und Branchen weitreichende und teilweise schnelle Maßnahmen für eine Neuausrichtung. Bestes Beispiel in der TGA/SHK-Branche ist der Wärmepumpen-Rollout: 6 Mio. Wärmepumpen bis 2030 waren von Berlin schon in der letzten Legislaturperiode gesetzt. Nur haben weite Teile der Branche lange geglaubt oder gehofft, das aussitzen zu können.

Durch die Folgen des Russland-Ukraine-Kriegs hat der bei Neubauten schon weitgehend abgeschlossene Wärmepumpen-Hochlauf nun auf allen Ebenen für den Bestand Fahrt aufgenommen: In der Politik, in der Industrie, bei Planern, im Handwerk, bei Verbänden und vor allem bei Heizungsmodernisierern: Im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) sind für die Anträge für Einzelmaßnahme Heizungserneuerung mit einer Heizungs-Wärmepumpe in die Höhe geschnellt.

Finden schnelle Umbrüche statt, ist Knirschen im Gebälk fast vorprogrammiert. Für Michael Hilpert, Präsident des ZVSHK, wurde offensichtlich aber eine Linie überschritten. Mit einem Standpunkt macht er seinem Unmut über Schuldzuweisungen gegenüber dem SHK-Handwerk öffentlich:

Michael Hilpert

www.christoph-papsch.de

Michael Hilpert

„Wir kennen das schon zur Genüge! Läuft es in unserer Branche mal nicht wie vorgesehen, dann zeigen nicht wenige Marktpartner reflexartig auf das Handwerk! Die Vorwürfe dabei sind austauschbar. Wir sind entweder ‚nicht motiviert‘, ‚nicht in der Lage‘ oder – der Klassiker – ‚personell chronisch unterbesetzt‘. So ist das eben oftmals in unserer Gesellschaft: Bevor man vor der eigenen Türe kehrt, zeigt man gerne auf andere!

Zumeist können wir diese pauschalen Vorwürfe gelassen an uns abprallen lassen, gemäß dem Motto: ‚Was kümmert es die Eiche…‘ Letztlich sind es immer unsere Betriebe, welche die Sache richten.

„Hinter dem Rücken angeschwärzt“

Für uns hört dieser ‚Spaß‘ jedoch dann auf, wenn wir als Handwerk hinter unserem Rücken angeschwärzt werden. So jüngst geschehen gegenüber der Bundespolitik. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, das für die Bundesregierung federführend deren ehrgeizige Klimaschutzziele zu realisieren hat, bekam im Frühjahr ein Papier auf den Tisch, das eines der wesentlichen Probleme auf dem Weg zu einem klimaneutralen Gebäudebestand in Deutschland zu lösen versprach: den steigenden Fachkräftebedarf im Handwerk.

Das Papier suggeriert den politischen Entscheidern, dass alles ganz schnell und einfach ginge, wenn die Ausbildungszeit der zukünftigen Fachkräfte für die Energiewende drastisch verkürzt würde. Lediglich 10 bis 12 Wochen Ausbildung sollten reichen. Zur Umsetzung böten sich sogenannte ‚Bootcamps‘ an, in denen mit ‚der Unterstützung der Hersteller- und Handelsindustrie‘ die jungen Menschen zu Experten für Klimaschutz gedrillt werden könnten. ‚Bootcamps‘ kennt man aus amerikanischen Filmen auch als Straflager – ein Schuft der Böses dabei denkt!

„Heilen durch Hand auflegen?“

Für mich klingt das wie Heilen durch Hand auflegen! Das haben schon ganz andere versucht und sind gescheitert. So skurril das auch ist, so erschreckend ist es, wenn man auf die namentlich genannten Unterstützer dieses nicht zu Ende gedachten Möchtegern-Konzeptes schaut. In einer Phase weitreichender klimapolitischer Entscheidungsprozesse, bei denen es jetzt darauf ankommt, der Politik ein geschlossenes wie auch realistisches Bild unserer Branche als entscheidender Faktor für die Klima- und Wärmewende zu vermitteln, leben einige Vertreter von Heizungsindustrie und Großhandel ihre Profilierungsneurose gegenüber der Politik aus – zum Schaden des Handwerks.

Und letztendlich zum Schaden unser aller Kunden. Denn die zahlen die Zeche für eine solche Strategie, die auf Stückzahlen um jeden Preis abzielt und alles, was Planung, After Sales, Wartung, eine tatsächliche Energieeffizienz und CO2-Reduzierung betrifft, hinten anstellt.

Wir könnten den Spieß natürlich auch umdrehen und empfehlen der Politik Booster-Schulungen für industrielle Wärmepumpenfacharbeiter. Dann würden dem Handwerk endlich genügend ‚hochwertige‘ Wärmepumpen geliefert und die Industrie könnte künftig darauf verzichten, unseren Handwerksbetrieben ausgebildete Fachkräfte zu entziehen.

Aber lassen wir das. Uns bleibt die Genugtuung, dass sich in Berlin niemand von diesem einseitigen und oberflächlichen ‚Fachkräftebooster‘-Papier hat blenden lassen. Das im Papier vorgeschlagene Konzept offenbart schließlich ein bemerkenswertes Nichtwissen über die vorgegebenen Rahmenbedingungen allgemeiner Schulpflicht und dualer Ausbildung in Deutschland. Deshalb begrüßen wir es umso mehr, dass das in diesen Tagen vorgelegte Sofortprogramm mit Klimaschutzmaßnahmen für den Gebäudesektor einige profunde Vorschläge des ZVSHK aufgreift, mit denen die Politik das Fachkräftethema offensiv angehen will. Sie finden sich wieder im Aufbauprogramm und der Qualitätsoffensive Wärmepumpe.

Darüber hinaus haben wir weitere zielführende Vorschläge in petto, die in den zuständigen Ministerien bereits hinterlegt sind. Für deren Erfolg ist es wünschenswert, wenn die Branche hier an einem Strang zieht und eine einheitliche politische Positionierung vornimmt. Dann geht es beim Fachkräfteaufbau auch ohne ‚boostern‘.

Produktion von Wärmepumpen hochfahren

Zudem wäre es aktuell hilfreich für uns, wenn die Industrie sich mehr Gedanken darüber machte, die Produktion von Wärmepumpen hochzufahren. Dann bekämen wir womöglich die Chance, die ein oder andere vor dem Winter in Betrieb zu nehmen.

Derzeit müssen wir stattdessen mehr als nur Erfindergeist an den Tag legen, hybride Systeme provisorisch über den Winter zu bekommen, weil das eigentliche Herz der neuen Anlage wegen fehlender Einzelteile noch im Werk schlummert. Vielleicht werden die uns dann mit Glück im Januar oder Februar auf den Hof gestellt. Wohl dem Kollegen, der die Lagerkapazitäten hat und vor allem die Ausdauer und Geduld.

Wie immer stirbt die Hoffnung zuletzt. Es ist endlich an der Zeit, dass diese Branche mit einer Stimme gegenüber der Politik, aber auch gegenüber dem Wichtigsten im Bunde, dem Kunden und Endverbraucher spricht. Nur so schafft man Vertrauen in die Branche, lebt Partnerschaft und kann sich ohne Nebenkriegsschauplätze auf das eigentliche Ziel konzentrieren, diese gesellschaftliche Mammutaufgabe der Klimawende gemeinsam auf den Weg zu bringen.“

Zumeist ist Knirschen in Umbruchphasen ein gutes Zeichen: Dinge kommen auf den Tisch und selbst wenn dann die Atmosphäre schon etwas vergiftet ist, lassen sich pragmatische Lösungen finden. Die werden für den Wärmepumpen-Rollout, der auch schon vor Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine ohne Alternativen war, auch dringend benötigt. Nicht nur aus der Erfahrung des ersten Wärmepumpen-Rollouts sollte dabei klar sein: Eine hohe Qualität bei Produkten, Planung, Installation und Inbetriebnahme sowie eine Erfolgskontrolle sollten Leitlinien für alle Beteiligten sein. ■
Quelle: ZVSHK / jv

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