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Standpunkt

GEG, WPG und MEPS zum 1. Januar 2025 zusammenführen

Jon Anders Wiken – stock.adobe.com

Ziel des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) war es, überlappende Energiegesetze für den Gebäudebereich zu einen. Formal ist dies gelungen, die Vereinfachung wurde jedoch verfehlt. Mit der anstehenden GEG-Novelle, dem angekündigten Wärmeplanungsgesetz (WPG) und der parallelen Revision der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) mit „Minimum Energy Performance Standards“ (MEPS) drohen neue Ungereimtheiten und komplizierte Regelungen. Die Alternative ist, die sich daraus ergebenden Chancen zu nutzen. Dieter Wolff, Katharina Gebhardt und Kati Jagnow skizzieren, wie man GEG, WPG sowie die EPBD / MEPS zusammenbringen und vereinfachen kann.

Auch wenn die Koalitions-Fraktionen sich für die Überarbeitung des Regierungsentwurfs der GEG-Novelle auf die eignen Schultern klopfen und nach der vom Bundesverfassungsgericht untersagten Verabschiedung des Gesetzentwurfs am 7. Juli 2023 durch den Bundestag über die Sommerpause genug Zeit zum Einlesen existiert, ist aufgrund unterschiedlicher Interessenlagen von Regierungs- und Oppositionsfraktionen nicht davon auszugehen, dass im September 2023 ein „Heizungsgesetz“ mit erweiterter Mehrheit beschlossen wird.

Und die Situation ist vertrackt: Die Gesamtkosten für die Installation einer Wärmepumpe bei der Heizungsmodernisierung haben sich von 2020 und 2023 mindestens verdoppelt. Letztendlich führt das aufgrund begrenzter Mittel dazu, dass die Bunderegierung bereits eine Halbierung der förderfähigen Investitionskosten für den Heizungstausch von 60 000 Euro auf 30 000 Euro bei Einfamilienhäusern im neuen Förderkonzept angekündigt hat.

Im Kontrast dazu dürfte nach Angaben des Verbraucherschutz Bundesverbands (vzbv) eine einfache Luft/Wasser-Wärmepumpen inklusive Installation nur rund 15 000 Euro kosten. Hingegen werden im Regierungsentwurf zur GEG-Novelle vom 17. Mai 2023 (Bundestags-Drucksache 20/6875, Seite 74) in der Höhe nicht nachvollziehbar angesetzte Investitionsmehrkosten von Wärmepumpen gegenüber Gas-Brennwertheizkesseln dokumentiert, obwohl sich auch hier die Kosten (Gesamtpreis inklusive Installation) sich in den letzten Monaten nahezu verdoppelt haben. Falsche Preissignale an die staatlichen Fördergeber KfW und BAFA und an alle Marktanbieter (Hersteller, Handel, Handwerk) sind die Folge.

Auf Förderung könnte weitgehend verzichtet werde

So unbequem das Ausfüllen von Förderanträgen und der sich daran anschließende Papierkrieg auch sein mögen, die profitierenden Branchen halten am klassischen Zuschussfördersystem fest und schrauben die Forderungen immer höher.

Studien und Gutachten der Autoren, wie auch vieler Ökonomen – z. B. Prof. Ottmar Edenhofer, u. a.  Direktor und Chefökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (Klimaökonom rät zu neuem Heizungsgesetz mit CO2-Handel) – zeigen, dass bei einer beschleunigten und möglichst sektorenübergreifenden Anpassung der CO2-Bepreisung für fossile Energieträger und einer flankierenden Auszahlung einer Klimadividende an vor allem einkommensschwache Bürger auf eine Förderung von Investitionen ohne soziale Ungerechtigkeit vollständig oder zumindest weitgehend verzichtet werden kann.

Gleichzeitig beschleunigen die 2022 verkündeten und bis längstens April 2024 geltenden Gas-, Fernwärme- und Strompreisbremsen zum Teil ungerechtfertigte Energiepreiserhöhungen bei gleichzeitig hohen Gewinnen vieler Versorgungsunternehmen, vor allem im Bereich leitungsgebundene Wärme. In Abschätzungen (Stand Frühjahr 2023) werden die unterschiedlichsten Milliardenschätzungen genannt. Und: Der Fachkräftemangel im Handwerker, bei Energieberatern und Fachplanungsbüros bremst zusätzlich schnelle Umsetzungen.

Die ARD-Sendung Plusminus vom 22. Juni 2023 zeigt beispielhaft prägnant einen Ausschnitt der derzeitigen Konflikte: Heizungsgesetz: Abzocke bei der Energieberatung und Fernwärmenetze: Wo bleiben die Verbraucherrechte?

Einen Neustart wagen

Nach nunmehr zwanzig Jahren leidvoller EnEV- bzw. GEG-Praxis mit komplexen Nachweisberechnungen, mit wenig aussagekräftigen Bedarfs- und Verbrauchsausweisen sollte ein Neustart ab dem 1. Januar 2025 gewagt werden – möglichst übergreifend von allen demokratischen Fraktionen im Deutschen Bundestag.

Zunächst wird nach der Sommerpause mit der in der Warteschleife befindlichen Novelle das GEG mit der 65-%-Vorgabe für erneuerbare Energien umfassend und verändert und regelt zusammen mit dem Wärmeplanungsgesetz (WPG) als „Schwestergesetz“ die Anforderungen für neue Heizungsanlagen ab 2024. Wichtig ist, dass § 71a („Messausstattung von Heizungsanlagen, Informationspflichten, Gebäudeautomation“) aus dem Regierungsentwurf (Seite 25, siehe oben) vollständig übernommen wird. Bisher konnte niemand begründen, warum die Vorgaben einer die Investoren schützenden Effizienzkontrolle im Rahmen der Leitplanken-Konkretisierung weggefallen sind.

Für die Zeit ab 2025 wird von den Autoren ein grundsätzlich anderer Weg für die kommunale Wärmeplanungs- und Gebäudeenergie-Gesetzgebung vorgeschlagen:

1. Umstellung der Nachweisführung von GEG und WPG auf reale Erfolgsnachweise auf Basis unterjährig (mindestens monatlich) gemessener Verbrauchswerte (Wärme und Strom) – als eine Energieanalyse aus dem Verbrauch (EAV) wie im § 71a beschrieben

2. In einem aus GEG und WPG zusammengeführten „WP-GE-G“ wird der Primärenergiebezug durch einen Endenergie- und CO2-Bezug ersetzt.

Dies würde den Nachweis drastisch vereinfachen und eine zukünftige Nachweisgröße kgCO2/(m2 ∙ a) anstelle kWhPE/(m2 ∙ a) entspräche der Zielgröße des Klimaschutzes. Eine zukünftig notwendige höhere CO2-Bepreisung könnte dadurch einfach in mikro- und makro-ökonomische Optimierungsberechnungen integriert werden.

Gefordert wurde bereits früher (2004/05), den kompletten EnEV-Nachweis sowie Energieausweise mit realen Verbrauchsmessungen und dem Verfahren der EAV als Erfolgsnachweis zu führen. Dabei wären Mindestanforderungen an die Gebäudehülle und an die Anlagentechnik zu erfüllen – ein Verfahren, das sich vor Einführung der EnEV und des EEWärmeG mit den früheren Wärmeschutz- und Heizungsanlagenverordnungen bewährt hat.

Energieanalyse aus dem Verbrauch (EAV)

Die langjährige Auswertung mehrerer tausend Gebäude durch die Ostfalia Hochschule Wolfenbüttel und co2online seit dem Jahr 2004 ergab für die durchgehende Anwendung von EAV-Kennwerten eine hohe Praxistauglichkeit, Einfachheit und Verständlichkeit. Aufwendige Witterungsbereinigungen und Abgleiche mit bedarfsbasierten Energiekennwerten entfallen.

Die EAV könnte auch das heutige bedarfsbasierte GEG-Nachweissystem und das für die Förderung notwendige und aufwendige Energieberatungssystem, z. B. für den individuellen Sanierungsfahrplan (iSFP) ergänzen und gegebenenfalls vereinfachen. Und: Für eine zukünftig notwendige, deutschlandweite Gebäudedatenbank im geplanten WPG kann geschätzt mit einem um den Faktor 10 verringerten Zeit- und Kostenaufwand gerechnet werden.

Die EAV-Methodik wurde in zwei Studien / Gutachten als Grundlage für Gesamtkosten- und Wirtschaftlichkeitsberechnungen inklusive CO2-Bepreisung, als Planungsgrundlage, zur Qualitätssicherung und zum Erfolgsnachweis von Energiesparmaßnahmen weiterentwickelt. Das Verfahren hat sich damit als standardmäßiges Bewertungs- und Nachweisinstrument für die Qualitätssicherung von Gebäude und Anlagentechnik bei Modernisierungen, aber auch bei Neubauplanungen bewährt. Die vollständig nachvollziehbare Methodik wurde im Zeitraum 2020/21 als Excel-Werkzeug „Standardbilanz“ der Öffentlichkeit als Freeware zur Verfügung gestellt.

Ein deutlicher Vorteil des skizzierten Verfahrens ist der konsequente Verzicht auf komplizierte Berechnungen und auf unzählige Annahmen für die Nachweisführung. Das Ergebnis wird ehrlicher und spiegelt die realen Bedingungen wider. Weiterhin ist eine Kontrolle schnell und einfach (auch für den Nutzer nachvollziehbar) durchführbar. Die Verwendung der EAV ab dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme und als laufende Qualitätskontrolle kann allen Beteiligten helfen, unerkannte Fehler schnell zu entdecken und die Anlagentechnik und das Nutzerverhalten zu optimieren. Siehe auch: www.delta-q.de/energie/eav-verbrauch

Aktuell besteht die Chance, forciert durch die europäische Gesetzgebung EPBD zu Gebäudeeffizienzklassen, diese Vorschläge in einem zusammengeführten Gesetz „WP-GE-G“ von WPG und GEG zu realisieren. Hintergrund: auch der derzeitige Gesetzesentwurf (Stand Juni 2023) des WPG verlangt „gebäudescharfe“ Endenergiekennwerte. Nach Ansicht der Autoren sollten diese aber für eine realistische Einschätzung grundsätzlich auf Verbrauchsbasis und nicht auf Bedarfsbasis erhoben werden. Zusätzlich wird dringend empfohlen, auch den Haushalts- bzw. Anwenderstrom mit in die Gesamtbewertung für Wohn- und Nichtwohngebäude aufzunehmen.

Die Chancen für ein neues Konzept der Nachweisführung haben sich deutlich verbessert. Gefordert wird in den technischen Mindestanforderungen für die Förderung des Einbaus eines neuen Wärmeerzeugers als Einzelmaßnahme schon heute, dass dieser mit Messeinrichtungen zur End- und Nutzenergiemessung sowie einer Effizienzanzeige ausgestattet wird.  ■

Prof. Dr.-Ing. Kati Jagnow
lehrt Anlagentechnik und Energiekonzepte an der Hochschule Magdeburg-Stendal – Fachbereich Wasser, Umwelt, Bau und Sicherheit, www.bauwesen.hs-magdeburg.de

Jagnow

M. Eng. Katharina Gebhardt
studierte Architektur und Energieeffizientes Bauen an der Hochschule Magdeburg-Stendal. Nach zehn Jahren als wissenschaftliche Mitarbeiterin ist sie seit 2022 selbstständig tätig.

Gebhardt

Prof. Dr.-Ing. Dieter Wolff
Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften, Campus Wolfenbüttel, Fakultät Versorgungstechnik, d.wolff@ostfalia.de www.ostfalia.de

Wolff

Seminarreihe geplant

Ab Herbst 2023 geplante 1,5-tägige Seminarveranstaltungen werden die oben beschriebenen Vorschläge der Fachwelt konkret vorstellen. Die Modernisierung des Gebäudebestands steht dabei im Vordergrund. Ergebnisse und Schlussfolgerungen aus 30 Jahren empirischer und wissenschaftlicher Praxiserfahrung und aus dem „Gutachten für den Deutschen Bundestag: Energiespareffekte und Kosten-Nutzenrelationen der energetischen Gebäudesanierung“ sowie dem „DBU-Projekt: EAV-Anwendung in der Wohnungswirtschaft“ sind Grundlage für die Vorschläge.

Mit den Instrumenten: „Energieanalyse aus dem Verbrauch EAV“, dem daraus abgeleiteten Excel-Werkzeug „Standardbilanz“ und „Best Practice Anforderungen“ für die Gebäude und Anlagentechnik (inklusive Serieller Planungskonzepte) können aus Sicht der Referenten die zukünftig erforderlichen Umsetzungen für die Wärme- und Energiewende drastisch vereinfacht und damit beschleunigt werden.

Das Seminar vermittelt energetisch hochwertige Entwurfsgrundsätze bei der klimagerechten Gebäudeplanung und zeigt Möglichkeiten weitgehend erneuerbarer Versorgungskonzepte, die hohe Wirtschaftlichkeit mit Nutzerkomfort und Hygiene vereinen. Die Veranstaltung richtet sich an Architekten, Ingenieure, TGA-Fachplaner, Energieberater, Sachverständige, Stadtwerke, kommunale und überregionale Energieagenturen, Klimaschutzmanager und Verbände.

Interessenten für das Seminar wenden sich an Prof. Dr.-Ing. Dieter Wolff: d.wolff@ostfalia.de